Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
109. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 Februar 3
Osnabrück 1648 Februar 3
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 II)fol. 1–3’, 18–18’, PSfol. 16–17, praes. 1648 Fe-
bruar 14 = Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. – Konzept: RK FrA Fasz. 92
XIV nr. 1952fol. 173–175’, 176–176’.
Rücksprache mit den katholischen Gesandten; Erhalt der Declarationes ultimae der katho-
lischen Reichsstände (1648 II 2), kurzfristige Irritation über deren Haltung betreffend die
Amnestie und Autonomie in den kaiserlichen Erblanden; positive Einschätzung der katho-
lischen Declarationes ultimae; geplante Übergabe an die protestantischen Reichsstände; Un-
terredung mit den schwedischen Gesandten angestrebt.
Unterredung mit Gesandten der Reichsstädte (1648 II 1).
Informationen Fromholds über Krankheit Blumenthals; Unklarheit über die Haltung Kur-
fürst Friedrich Wilhelms von Brandenburg zu den kaiserlichen Änderungswünschen am
KEIPO4A .
Abschiedsbesuch Longuevilles in Osnabrück: dessen Hoffnung auf Fortsetzung der spanisch-
französischen Verhandlungen, Drängen Longuevilles auf vorrangige Lösung der hessen-kas-
selischen Fragen.
PS Unterredung mit Leuber (1648 II 3): Vorliegen der Instruktion Kf. Johann Georgs seit acht
Tagen, schneller Friedensschluß angestrebt, Katholische sollen jedoch nicht auf KEIPO4A
verpflichtet werden; Bedingungen für die Übernahme des CE -Direktoriums durch Kursach-
sen. Ersuchen an Leuber, die Einigung über Amnestie und Reichsreligionsrecht zu befördern.
Rezepisse auf die Weisung vom 18. Januar 1648 (Nr. 91). Verweis auf die
Relationen vom 23., 27. und 30. Januar 1648 (Nr.n 96, 99 und 104): Bera-
tungen der katholischen Reichsstände über die Declarationes ultimae der
protestantischen Reichsstände. Damit nuhn aber die catholische sich in
solcher ihrer absonderlichen consultation und verfaßender gegendeclara-
tion desto beßer mit Ewer Kayserlicher Majestätt allergnädigsten inten-
tion conformirn thetten, so haben wir ihnen nit allein von allem, waß mit
den Schwedischen und protestirenden vorgeloffen, umbständtliche anzeig
gethan, sondern auch, und weil sie es gantz instendich begehret, völlich
eröffnet, warauff Ewer Majestätt endtliche resolution uber diese zween
haubtarticul de amnestia et gravaminibus gestelt wehre
Volmar hatte am Abend des 27. Januar 1648 eine entsprechende Unterredung mit Raigers-
perger , Meel und Krebs geführt und diesen dabei die Art. IV–V KEIPO6 ausgehändigt.
Bedingung war jedoch, daß sie nur in consilio verlesen, aber ad dictaturam nit geben, son-
dern finito consilio unß alsbaldt restituirt werden (APW [III C 2/2, 962 Z. 28–32, 963 Z.]
21–29).
solches alles woll in acht genohmen und unß demnach gestrigen abendts
ihre verfaste gegenerclehrung durch einen auschuß
Die Deputation bestand aus Ges. der kath. Rst. Kurmainz, Kurbayern (Ernst), Bamberg
(Göbel) und der Reichsstadt Köln (Halveren) (vgl. APW [ III C 2/2, 965, Z. 30–31] ). Zum
Inhalt der religionsrechtlichen Forderungen vgl. Schneider, 390 Anm. 322.
Weil wir aber befunden, daß sie darin, waß die restitutionem der pros-
cribirten und des religionsexercitii in Ewer Kayserlicher Majestätt erb-
landen belangt
Gemeint sind Art. IV § „Tandem omnes“ (vgl. [Nr. 17 Anm. 53] ) sowie Art. V § 13 KEIPO4A
(später Art. IV,51IPO = § 40IPM bzw. Art. V,38IPO ← § 47IPM).
remittirt
Gemeint ist wahrscheinlich eine erste Fassung der abschließenden Declarationes ultimae
der Mehrheit der kath. Rst. Dafür spricht, daß es im CC -Protokoll vom 2. Februar 1648
im Hinblick auf die kath. Declarationes ultimae heißt, daß es die herren abgesandte [ ge-
meint sind die ksl. Ges. ] factis hinc inde exiguis mutationibus darbey ließen. Die Ur-
sprungsfassung (Vorstufe) der kath. Declarationes ultimae konnte nicht ermittelt werden.
hab, alß wölten die catholische dies ortts ein sönderung einführn, so sich
Ewer Mayestätt, alß welche biß daher mit eußeristen cräfften ihrer erb-
landen das gemeine catholisch wesen im Reich verfochten und noch ver-
fechten thetten, keinesweegs versehen, sondern billich sein würde, bey-
derseits causam communem zu machen und vor einen mann zu stehen.
Nit weniger würden wir mit einer solchen remission beschwehrt sein,
daß die gegentheil desto starcker in unß tringen werden, in ein und an-
dern punct ein mehrers nachzugeben, da wir doch wüsten, daß es Ewer
Kayserliche Majestätt nimmermehr thuen wölten.
Hierauff haben die deputati geanthworttet, es ginge der ständen meinung
nit dahin, daß man hierunder einige sonderung einzuführn gedachte, het-
ten allein unß nit vorgreiffen wollen; es wehre aber bereits in consilio
beschloßen worden, daß auff unßer begehrn bemelte zween puncten an-
ders eingerichtet werden solten, wie dan auch beschehen
Im entsprechenden Text der kath. Declarationes ultimae ( Meiern IV, 926 letzter Absatz,
928 fünfter Absatz) wird in den gen. Punkten für den jüngsten ksl. Textvorschlag zur
Amnestie in den ksl. Erblanden ( [Nr. 99 Beilage 4] ) bzw. für die ksl. Haltung bei der Auto-
nomie in den ksl. Erblanden gestimmt.
demnach Ewer Kayserliche Majestätt hiebey ein abschrifft solcher von
denen catholischen verfasten gegenerclehrung allergnädigst zue empfan-
gen und darauß zu ersehen, daß sie per maiora alles daßienig, waß unßere
instruction mit sich bringt, ahnnehmen und für ihre endtliche gegen-
erclehrung behaubten, zwar ethliche restrictiones anhencken thuen
che sie aber unß, nach inhalt der instruction, wan es endtlich darahn haff-
ten solt, in der handtlung außzulaßen, unschwer heimbgestelt sein laßen
werden. Und dieweil sie dan solche schrifft heutigen tags denen protestie-
renden ubergeben thuen, alß wollen wir sehen, daß wir morgen hierüber
mit den Schweden in conferentz glangen mögen.
Wir haben auch immittls nit underlaßen, ethlich von denen reichsstätten,
lautt extractus protocolli, vor unß zu erfordern und ihnen uber diese
materias gantz beweglich zuzusprechen, allermaßen zuvor gegen denen
Braunschweig Lüneburgischen auch beschehen , befinden aber allerseits
nur auffzügliche vertröstungen, iedoch wöllen wir verhoffen, es werde
auff der catholischen gegenerclehrung ethwaß näher zu der sachen getret-
ten werden.
Von dem Churbrandenburgischen rath Dr. Frombholt vernehmen wir,
daß der freyherr von Plumenthall bey selbigen churfürstlichen durchl-
laucht nit ahnkommen, sondern sich entschüldigt, daß er zugestandener
leibsschwachheit halber seine vorgenohmene reiß nit vortsetzen könte
also daß wir in ungewißheit stehen, ob und waß von derselben für
gnembhaltung Ewer Kayserlicher Majestätt gnädigster instruction zu
verhoffen sein werde.
Nechstverwiechenen freytags abendts, den letzten Januarii, ist der hert-
zog von Longavilla alherkommen, wie vorgeben worden, seinen ab-
schiedt von denen Schwedischen plenipotentiariis zu nehmen, weil er
vorhabens, heudt dato von Münster abzureisen und sich wiederumb in
Franckreich zu begeben. Sintemahlen er dan unß seine ankunfft notificirn
laßen, alß haben wir ihne folgenden sambstags [ 1. Februar 1648] besucht,
wie er hingegen auch unß eodem die revisita erstattet und noch selbigen
tags wieder abgereißet ist. Bey dieser besuchung ist nuhn nichts anders
alß complimentn passirt worden, außerhalb daß er hoffnung geben, die
friedenstractaten zwischen Spanien und Franckreich würden durch seine
hinderlaßene collegas vortgesetzt und verhoffentlich zum gutten ende
gebracht werden. Im ubrigen hat er gantz instendig begehret, daß wir
die Heßen Caßlische sachen ehist richtig machen wolten, dan darahn be-
stünde nuhmehr alle difficultet des Teutschn friedens.
Dargegen wir unß erclehrt, sobaldt die beyde puncten de amnestia et
gravaminibus ihre richtigkeit erlangt, daß wir auch die Caßlische sach
vornehmen und darbey unßerseits nichts underlaßen würden, waß der
billichkeit gemeß sein könte.
PS Ewer Kayserlicher Majestätt sollen wir auch gehorsamst anzeigen, alß
wir heudt den Chursachßischen abgesandten, Dr. Leubern, befragen la-
ßen, ob er noch von seinem gnädigsten herrn keine weitere resolution
uber die communicirte Kayßerliche instruction empfangen, wie er vor 8
tagen dern gewehrtich zu sein sich vernehmen laßen
Gemeint ist der 26. Januar 1648 (vgl. [Nr. 99 Beilage 2] ).
mittag zu unß kommen und vermeldet, er hette sich in seinem damahlen
empfangenen befehl weiter ersehen und wölte fast nit darfürhalten, daß
ihme hierunder waß weiters einkommen würde, sondern es wehre ihr
churfürstlicher durchllaucht meinung uber berürtte instruction fast uff
alle puncten in seinem befehl enthalten, allermaaßen er unß bereiths an-
vor selbige guttentheils eröffnet hette, und dieweil ihme ahnbefohlen
wehre, davon auch denen sambtlichen protestirenden parte zu geben und
ihnen anzuzeigen, daß sein gnädigster herr nit befinden könte, daß man
allein derer von Ewer Kayserlicher Mayestätt vorgestelter correctionum
Bezug auf die Notae mit den ksl. Anderungswünschen am KEIPO4A ([vor 1647 Dezem-
ber 27]; wie [Nr. 76 Anm. 5] ).
wegen den krieg ein stundt lenger vortsetzen, noch viel weniger die ca-
tholischen nöttigen sölte, alles daßienig, so hievor bey herrn graffens zu
Trautmanstorff excellentz ahnwesenheit eventualiter bewilligt worden ,
gnembzuhalten, also wölte er diesen abendt, weil ohnedaß die protestie-
renden sich zu empfahung der catholischen gegenerclehrung beysamen-
finden thetten, ihnen den inhalt dieses befehls vorlesen und sie beweglich
ermahnen, sich lenger mit vergeblichen disputaten nit auffzuhalten. Wan
sie auch solcher churfürstlichen ermahnung stattthuen und beyfall geben
würden, so hette er befehl, sich des directorii umb soviel under denen
evangelischen wiederumb
Schwedischen ferners zu negociirn, noch selbige umb einige interposition
anzulangen
Zur ablehnenden Haltung Kf. Johann Georgs von Sachsen bezüglich der Einmischung der
Kronen in die reichssachen vgl. bereits die Relation vom 20. Januar 1648 ( [Nr. 92 bei Anm. 6] ).
durchllaucht intention nit bequemen wolten, so wehre er befehlicht, sich
des directorii nochmahlen zu entäußern.
Wir haben ihme geanthworttet, unß würde sehr lieb gewesen sein, wan
unß der inhalt seines befehls solchergestalt vor 8 tagen wehre erclehrt
worden, so würden wir nit underlaßen haben, mit ihme von eim und an-
dern puncten mehrers in particulari zu handtlen. Ersuchten ihne, er wolte
seinem erbieten und habendem befehl gemeß bey vorangedeuter glegen-
heit solche erinnerung thuen, auff daß man dermahleneinst ohne weiter
disputat zum schluß dern bevorstehenden puncten de amnestia et grava-
minibus kommen konne und keinesweegs zugeben, daß man die Schwe-
den den ordinem invertirn und die sachen dahin setzen laße, daß unerle-
digt derselben zu den Caßlischen praetensionibus und satisfactionsver-
gleichung der Schwedischen soldatesca geschritten werden solte. Welches
er auch zu thuen versprochen.
Beilage [1] zu Nr. 109
Declarationes ultimae der Mehrheit der katholischen Reichsstände auf die Declarationes
ultimae der protestantischen Reichsstände zu Präambel und Art. I–V *KEIPO4B* und
*KEIPO5* (lat.),s.l. [praes. 1648 Februar 2]. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 II)fol. 4–9’ ;
GehStReg Rep. N Ka. 97 Fasz. 69 pars 2 nr. 46 ; Giessen 200fol. 424–428
Meiern IV, 925–930.
Beilage [2] zu Nr. 109
Protokoll, [Osnabrück] 1648 Februar 1. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 II)fol. 12; KHA A
4 nr. 1628/23 unfol. – Druck: APW III C 2, 965 Z. 5 – 21
Text des (ausführlicheren) Protokolls Giffens von dieser Unterredung: Meiern IV, 918 –
922.
1. Februar 1648. Die Kaiserlichen erfordern die Gesandten der Reichsstädte Straßburg, Re-
gensburg, Lübeck und Nürnberg zu sich und halten diese an, bei ihren Mitständen für eine
Unterstützung der kaiserlichen Haltung in den Amnestie- und Reichsreligionsrechtsfragen
zu werben. Die reichsstädtischen Gesandten wollen dieser Bitte entsprechen, merken jedoch
an, daß die katholischen Reichsstände es bei dem, was bereits verglichen wurde, bewenden
lassen sollen.
Beilage [3] zu Nr. 109
Erinnerungen einiger katholischer Reichsstände (16 Punkte),s.l. [praes. 1648 Februar 2].
Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 II)fol. 14–15; GehStReg Rep. N Ka. 97 Fasz. 69 pars 2
nr. 46
Weitere Kopien: RK FrA Fasz. 94 III nr. 524, 681–682; ebenda Fasz. 98e p. 1219–1219’.
Der Relation vom 10. Februar 1648 liegt ebenfalls ein (allerdings nur 14 Punkte umfas-
sendes) Exemplar der kath. Erinnerungspunkte bei (vgl. [ Nr. 118 Beilage [2]] ). Dieser Um-
stand resultiert vermutlich aus etwas missverstandt bei der Verfassung der Erinnerungs-
punkte, weswegen die endgültige Fassung den ksl. Ges. erst am 3. Februar zimblich spat
eingereicht wurde (vgl. APW III C 2/2, 968 Z. 39 – 969 Z. 6).