Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
27. Nassau, Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1647 Dezember 5
Osnabrück 1647 Dezember 5
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 53b (1647 XII)fol. 15–17’, 36, PSfol. 18–19, praes. 1647
Dezember 15 = Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 XIII [nr. 1893] fol. 180–183 (ohne
PS)
174–177, PSfol. 178–179.
Keine Erklärung der protestantischen Reichsstände zu Einzelfragen.
Ankunft Buschmanns (1647 XII 3); Übergabe der Korrekturvorschläge an katholische
Reichsstände: deren Zustimmung zum geplanten Verhandlungsmodus; Stillstand der Ver-
handlungen bis zum Erhalt der geforderten Erklärung der katholischen Reichsstände. Ver-
weis auf Beilagen: kurbayerische Haltung.
Unterredung mit Caspars (1647 XII 4): Kenntnis der Schweden von kurbayerischen und
kaiserlichen Schreiben, daraus resultierende Zweifel an kurbayerischem Friedenswillen.
Kaiserlich-französische Verhandlungen: beiderseitige Rechtsvorbehalte zum kaiserlich-fran-
zösischen Vorvertrag (Elsaß-Titel; Umrechnung Livres-Reichstaler); Klage über das Drän-
gen Kurbayerns auf eine Einigung mit Frankreich.
PS Unterredung mit Buschmann (1647 XII 5): zurückhaltende Reaktion Kurbrandenburgs
auf den kurkölnischen Tauschplan; grundsätzliche Unterstützung der kaiserlichen Politik
durch Kurköln; kurkölnische Partikularinteressen.
Auf die Weisung vom 20. November 1647 (Nr. 5). Verweis auf die Rela-
tionen vom 18., 21., 25., 28. November und vom 2. Dezember 1647 (Nr.n
3, 6, 10, 16, 22). Und wiewol wir auch von denn protestierenden sambt
und sonders zu penetrieren uns angelegen sein, ob und warinn sie einige
temperamenta zu leiden erbiettig, so verbleiben selbige iedoch bis dato
fast allerdings uf diser generalantwortt, das sie sich versehen, es solle bei
allem deme, waß im instrumento
Gemeint sind wahrscheinlich die von den Ges. der prot. Rst. als unstrittig erachteten Teile
des *KEIPO4B* (s. [Einleitung, LXVIII] ).
allein von dennihenigen puncten, an welchen sich die entliche verglei-
chung gestossen
Im August 1647 hatten Krane und Salvius den Vertragsentwurf zuletzt umfassend verhan-
delt , die noch bestehenden Differenzpunkte schriftlich fixiert und diese den prot. Rst. aus-
gehändigt (Differentiae proiectorum Caesarei et Suecici in eorum collatione per dominum
Crane et dominum Salvium in Augusto 1647 notatae, d.i. APW II A 6 Nr. 231 Beilage [1]).
auch die fürsorg, sie werden sich, ehedann von denn catholischen ver-
nommen werde, warauf dieselben ihre temperamenta zu sezen gemaint,
zu einigen specialiteten nit außlassen, sonderlich weil sie darauf bestendig
verharren, das die reassumption ohne mittel mit denn Schweden vor-
genommen werden müeste.
Nun ist vorgestrigen zinstags der Churcölnische abgesandt Dr. Buschman
auch herbeykommen, und haben wir daraufhin gleich am nachmittag alle
hier anweesende catholische gesandten in das predigercloster beschaiden
Vgl. das Protokoll dieser Unterredung in APW [ III C 2/2, 913 Z. 14–41] . Außerdem: Pro-
tokoll kath. Provenienz,s.l. 1647 Dezember 3. Kopie: RK FrA Fasz. 94 III nr. 505 p. 587–
593; ebenda Fasz. 98efol. 1162–1165’; StK FrA Ka. 11 p. 1767–1774; MEA FrA Fasz. 20
(2. collectio) unfol.
inen, warauf bis dato die sachen erwunden, vorgehalten, auch die Euer
Kayserlicher Mayestät mit negstvorgehender post bereits überschickhte
correctiones et temperamenta
Ksl., dem CC vorgelegte Korrekturvorschläge zu Art. I–XV *KEIPO4B* ,s.l. praes. 1647
Dezember 3 ( [Nr. 22 Beilage [1])] .
innerung, das sie sich darüber entschliessen wolten, ob doraufhin die
handlung und conferentzen anzutretten sein möchten, ob sie auch einig
andere erinnerungen nöthig erachten wurden. Die wolten wir gern und
guetwillig anhören, ersuechten sie allein, selbige uf solche absaz zu rich-
ten, dardurch waß fruchtbarliches zue erhoffen sein könde und weitere
ruptur verhüettet werden möge
Anspielung auf das erste kath. Ga. vom 7. Oktober 1647, das nach Ansicht der ksl. Ges. als
Grundlage für erfolgversprechende Verhandlungen unbrauchbar war (vgl. [Nr. 22 bei Anm. 3] ).
ren, wie hochnöttig dem Heiligen Römischen Reich der friden seye und
daß ie mit weiterer fortsezung deß kriegs die sachen wie lenger, ie be-
schwärlicher werden.
Sie haben sich darauf der beförderlichen deliberation erbotten und zu-
gleich angemelt, weil die protestierenden die handlung mit denn Schwe-
den reassumiert haben wolten, so liessend sie es auch dahingestelt sein,
wie sie dann auch heüt dato solcher berathschlagung einen anfang ge-
macht haben. Wir werden also vor einlangender ihrer erclärung nichts
fruchtbarliches handlen können, undterdessen aber geleben wir der
underthenigsten hoffnung, es werde Eur Kayserlicher Mayestät haubtre-
solution allergenedigist vertröstermaassen einlangen und wir darauf mit
sovil mehrer schleünigkeit verfahren können.
Als wir auch in negstvorgehender gehorsamisten relation andeüttung
gethan, waßgestalt der Churbayrische abgesandt aus bevelch seines gnä-
digsten herrns an den Schwedischen plenipotentiarium Oxenstirn geschri-
ben, das seine churfürstliche durchlaucht die cron Schweden bei allem
deme, was deren in puncto satisfactionis im namen Eur Kayserlicher
Mayestät versprochen worden, mantenieren helffen wolle, item, was ire
durchlaucht ebenmässig denn catholischen ständen wie auch uns vor-
zuhalten bevolchen, und er uns nun von solchen schreiben copias zue-
kommen lassen, als haben Eur Kayserlicher Mayestät hiemit selbige auch
gehorsamist uberschickhen sollen.
Darzue kombt noch diß weiter, das mir, Crane, gestrigen tags der Pfalz
Neüburgische abgesandt erzehlt, von dem Salvio aus seinem mundt ver-
nommen ze haben, das sie, Schweden, underschidliche schreiben, so
Churbayrn an Eur Kayserliche Mayestät und sie widerumb an uns abge-
hen lassen, in handts bekommen und wol wüsten, was seiner churfürst-
lichen durchlaucht intention wer, was auch Eur Mayestät bevelch mit sich
brächten, und er hete in specie angezogen die Churbayrischen vom 8.,
16., 22. und 27. Octobris, Eur Mayestät aber vom 2. Novembris
abgangen, dessen innhalt wer, das wir keinen ausschlag zwischen denen
catholischen und protestierenden geben, doch allen bruch verhüetten und
an Eur Mayestät umb weiter resolution gehorsamist überschreiben solten.
Er, Salvius, hete auch dabei angehenckht, ie mehr inen dergleichen inten-
tiones vorkommen theten, ie weniger glaubten sie, das seiner churfürst-
lichen durchlaucht ernst zum friden seye, sondern dz man nur hierdurch
catholischentheils die Schweden und protestierenden in sicherheit sezen
und inmittlst den krieg zu continuieren gemaint. Sachen, die uns ie be-
schwerlich und bedaurlich fürkommen, die auch alle handlung über die
maassen schwer und unfruchtbar machen.
Was dann die Franzößische handlung anlangt, da werden hierzwischen
Eur Kayserliche Mayestät auß unser, dess grafen von Nassau und Vol-
mars weiterer relation vom 12. Novembris allergnädigst angehört haben,
das es wegen der Lothringischen restitution, auch entschlagung der
sachen mit der cron Hispanien, renunciation derselben assistentz
Die Frage, ob der Ks. in seiner Eigenschaft als Ehg. von Österreich dem span. Kg. nach
erfolgtem Friedensschluß militärische Assistenz leisten dürfe, war Ende 1647 eine der
wenigen, dafür aber zentralen Streitfragen zwischen dem Ks. und Frk, für das ein Assistenz-
verbot einen zentralen Punkt der Friedensassekuration bedeutete (vgl. APW [ II B 6, CVIIf] ). Ferdinand III. dagegen stellte das in den Verhandlungen mit Frk. bislang Er-
reichte unter den Vorbehalt seines Assistenzrechts für Spanien (vgl. Nr.n 13 und 52).
dess titls der landtgrafschafft in Elsäß noch allerdings in terminis contra-
dictoriis beruehet, gleichwol aber der punctus satisfactionis nach innhalt
deren den 13. Septembris anno 1646 bey denn herren mediatoren deposi-
tierten convention mit anhang deren darauf gehöriger cessionum undter
der clausul de non addendo etc. außgeferttigt
Bezug auf den ksl.-frz. Vorvertrag über die frz. Satisfaktion vom 11./14. November 1647
(APW II A 6 Nr. 273 Beilage 10). Die gen. Klausel lautet: Punctum satisfactionis coronæ
Galliæ inserendum de verbo ad verbum tractatui universali pacis Germanicæ absque ulla
facultate addendi, demendi, mutandive (Text: Meiern V, 161 vorletzter Absatz). Im Ge-
gensatz zu den Satisfaktionsartikeln vom 13. September 1646 war der Vorvertrag damit
zeitlich unbefristet und sollte unverändert bis zum Friedensschluß gelten.
depositiert worden, iedoch dergestalt, wann Eur Kayserliche Mayestät die
begebung vorberüerten tituls nit einwilligen wolten, die Franzosen und,
wann dise die declaration dess valors der Franzößischen livres nit be-
stimbten
Gemeint ist die Erklärung der ksl. Ges. betr. den Umrechnungskurs der Livres tournois
zum Rt. für die Zahlungsverpflichtungen Frk.s an Ehg. Ferdinand Karl (Münster 1647
November 11; vgl. APW II A 6 Nr. 273 Beilage 9), wonach die Umrechnung auf der
Grundlage des üblichen Umrechnungskurses der Livres zum Rt. von zweieinhalb zu eins
erfolgen sollte. – Im Vorvertrag (hier: ST VI/1, 248; später § 88IPM) war als Entschädi-
gung für die Abtretung der habsburgischen Rechte und Besitzungen im Elsaß eine Zah-
lung in Höhe von 3 000 000 Livres tournois von Seiten Frk.s an Ehg. Ferdinand Karl ver-
einbart.
schrifften obligiert sein solten, allermaassen die damals mit der relation
überschickhte beylagen und die aniezt mitkommende abschrifft dess
Franzößischen reservats, so am 12. Novembris noch nit bey der handt
gewest, außweisen thuend. Und seint wir zu diser handlung umb sovil
mehr bewogen worden, weil uns der Churbayrische abgesandt stetigs in
ohren gelegen, die sachen mit denn Franzosen richtig ze machen, wi[r]
auch in dess herrn churfürsten schreiben vom 16. Octobris, an Eur
Mayestät abgangen , gesehen, das seine churfürstliche durchlaucht eben
solches geandet und darauf getrungen haben. Es ist aber umb sovil noch
res integra, das wann aus Eur Kayserlicher Mayestät allergenedigisten
bevelch denn herren mediatoren angezeigt werden soll, daß sie den titul
besagter landtgrafschafft nit renuncieren wolten, die Franzosen sonder
allen zweifl ire schrifft widerumb zuruggforderen und also die sachen
widerumb in vorigen standt wie dem 13. Septembris 1646 sein werden.
Solten nun die sachen alhie mit denn Schweden und protestierenden
sambtlich oder mit disen absönderlich zum entlichen vergleich kommen,
so verspüren wir so viel, das sich die protestierenden mit und neben denn
catholischen eüfferist werden annemmen, das die sachen auch mit denn
Franzosen mögen verglichen und derselben neüerliche gesuech aus dem
weeg gehalten werden.
PS Eur Kayserlicher Mayestät soll auch allerunderthenigst unverhalten
sein, das ich, Volmar, anheüt noch vor der catholischen abgesandten rath-
gang mit dem Dr. Buschman zu reden kommen, der mich berichtet, waß-
gestalten er bei der churfürstlichen durchlaucht zue Brandenburg eristens
in namen der churfürstlichen durchlaucht zue Cölln remonstration ge-
than wider die von der frau landtgräfin zu Cassel
praetensiones
Schaumburgischen ämpteren irer durchlaucht zu Brandenburg einge-
raumbt und dem haus Braunschweig die an Osnabrugg suechende alter-
nativa
Am 3. Juni 1647 hatten die Verhandlungsparteien eine alternierende Sukzession im Hst.
Osnabrück beschlossen ( APW II A 6 Nr. 142). Nach diesem Konstrukt, in das die ksl. Ges.
am 26. Mai 1647 eingewilligt hatten ( APW II A 6 Nr. 130), wechselte die Herrschaft in
dem westfälischen Hst. nach dem Tode Wartenbergs zwischen einem ev. Fbf. aus dem
Hause Braunschweig-Lüneburg und einem kath. Fbf. (vgl. Knoch, 149–152, 154–158;
Schindling, Konfessionsfrage, 31–34; Feldkamp, 81–85; Steinert, 9–21).
Zu dem Tauschplan im einzelnen vgl. [Nr. 4 Anm. 4] .
hierauf zwar alles gueten anerbotten, aber dabei vermeldt, sie wolten nit
verhoffen, das man dzihenig, so mit ihnen in puncto aequivalentiae abge-
handlet
Gemeint ist der ksl.-kurbg. Rezeß betr. die kurbg. Entschädigung, Osnabrück 1647
Februar 9/19 ( APW [II A 5 Nr. 277 Beilage 2] ).
Mayestät versichert weren. Sonsten aber möchten sie wol leiden, daß die
frau landtgräfin sich zue solchen mittlen behandlen liesß, dardurch das
fürstliche hauß Hessen künfftiger feindtschafften mehrers entübrigt ver-
bleiben köndte, sonderlich weil seine churfürstliche durchlaucht in ge-
danckhen stüenden, dero fräulin schwester mit dem jungen herrn landt-
grafen zu vermählen
negster tagen nach Cleven kommen thue
aber sonsten die vorgeschlagene außtauschung an sich selbst anlangte, da
were zu bedenckhen, das man diß ortts nit nur mit der frau landtgräfin,
sondern auch mit denn beeden cronen zu schaffen haben und dieselben
solches keinesweeges wurden gestatten wollen. Seye also mit disem be-
scheidt abgeferttigt worden
Zum Verlauf der Gesandtschaft Buschmanns an den kurbg. Hof in Bielefeld vgl. seine
Relation in APW [III C 3/2, 1220–1228] .
Irer churfürstlichen durchlaucht zu Cöln intention bey disen tractaten
betreffend, da were deroselben instruction vor disem in materia der
religionsgravaminum iederzeit dahin gestelt gewesen, das, wann irer
durchlaucht in sachen dero particularinteresse anlangendt satisfaction
beschechen, im übrigen sie alles Eur Kayserlicher Mayestät heimbgestelt
sein lassen wolten, wie er dann seine vota zu begebenden fählen uf solche
formb gefüehret und abgelegt. Was aber aniezt ire fürstliche gnaden, herr
bischoff von Osnabrugg, vor mehrere instruction von irer durchlaucht
möchte erhalten haben, seye ime noch nit bewust, inmitlst werde er sich
an die vorige halten und derselben gemäß votieren. Ire churfürstliche
durchlaucht stüenden allein wegen secularisation derihenigen stiffter, so
den Schweden in partem satisfactionis vergeben werden
Im ksl.-schwed. Vorvertrag vom 8./18. Februar 1647 waren das Est. Bremen und das Hst.
Verden als weltliche Reichslehen für Schweden vorgesehen (Text: ST VI/1, 156). Im Zuge
der weiteren durch die Territorialsatisfaktion für Schweden notwendigen Entschädigun-
gen sollten u.a. auch die Hst.e Halberstadt, Minden und mit Abstrichen Osnabrück an
prot. Rst. abgetreten werden (vgl. später Art. XI,1, 4 und Art. XIII,1–8IPO).
vermeinte, der sachen köndte mit einem interimstermino, wie in dem Pra-
ger friden mit denn vier Magdenburgischen ämbteren, so irer churfürst-
lichen durchlaucht in Saxen übergeben worden, beschechen
In § 18 des PF (Hauptvertrag; Text: BA NF II 10/4 Nr. 564A) und dem einschlägigen
Nebenrezeß betr. die magdeburgischen Ämter ( ebenda Nr. 564E) waren Kursachsen die
magdeburgischen Ämter Querfurt, Jüterbog, Dahme und Burg, biß sie mit Seiner Kfl. Dt.
gutem belieben und willen per aequipollens wider außgewechselt würden, übertragen
worden. Sie blieben imIPO aus der Entschädigung für Kurbg. ausgenommen (vgl. Art.
XI,9IPO).
werden.
Sodann möchten ire churfürstliche durchlaucht zu Cölln auch sehr gern
sechen, wann die alternativa uf dise stifft gegen dem hauß Braunschweig
in etwas anders könte verwandlet und damit solch schweres praeiudicium
verhüettet werden.
Beilage [1] zu Nr. 27
Kf. Maximilian von Bayern an Ernst, München 1647 November 13. Kopie (Auszug): RK
FrA Fasz. 53b (1647 XII)fol. 24–32’; KHA A 4 nr. 1628/44 unfol.
Beilage [3] zu Nr. 27
Erklärung der französischen Gesandten betreffend die kaiserliche Führung des Titels Land-
gravius Alsatiae (it.), Münster 1647 November 11. Fehlt [Kopie: GehStReg Rep. N Ka. 96
Fasz. 68 unbez. pars Nr. 26]
Dies ist eine durch den venezianischen Gesandtschaftssekretär Alemano Angelo Donini
(Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden) beglaubigte Kopie, dat. 1647 November
25. Zur frz. Überlieferung vgl. APW [II B 6 Nr. 261 Beilage 4.]