Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
96. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 April 30
Osnabrück 1648 April 30
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 IV) fol. 145–151’, 158 = Druckvorlage – Konzept:
RK FrA Fasz. 92 XV nr. 2041 fol. 120–126’
In KHA A 4 nr. 1628/24 unfol. ist lediglich eine gekürzte Fassung vorhanden, die knapp
die Hauptpunkte von Nr. 96 erwähnt (vgl. hierzu [Nr. 32 Anm. 1] ). – Die Relation wurde
am selben Tag nach Münster übersandt (vgl. Lamberg, Krane und Volmar an Nassau,
Osnabrück 1648 IV 30; Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/24 unfol.).
Aufforderung an Oxenstierna 1648 IV 28 zur Unterzeichnung der Amnestieregelungen für
die kaiserlichen Erblande und der Pfalzvereinbarungen; Voraussetzung zur Abhandlung der
schwedischen Armeesatisfaktion; Beschwerde der kaiserlichen Gesandten über die von den
Schweden abgefangene Post; Oxenstiernas Ablehnung der Unterzeichnung.
Übergabe eines Textvorschlags Gesandter protestantischer Reichsstände zu Friedensvollzug
und -sicherung durch Raigersperger und Meel; für den Kaiser nicht akzeptable Zusätze und
Klauseln; Aufstellung dieser Punkte.
Treffen mit Gesandten der katholischen Kurfürsten 1648 IV 29; Vorhaltungen über ihre Se-
paratverhandlungen mit Gesandten protestantischer Reichsstände und Abweichen von der
gemeinsamen Linie; Entschuldigung und Rechtfertigung der kurfürstlich katholischen Be-
vollmächtigten; ihr Versprechen, wegen der Amnestie in den kaiserlichen Erblanden auf die
schwedischen Gesandten und die Gesandten protestantischer Reichsstände einzuwirken;
gleichzeitige Bitte um Zugeständnisse der Kaiserlichen in dieser Frage; Vorschlag der kur-
fürstlich katholischen Bevollmächtigten über einen internen Vergleich mit den Kaiserlichen
zu Friedensvollzug und -sicherung; Ablehnung der kaiserlichen Gesandten; kein Nachgeben
bei der Amnestie in den kaiserlichen Erblanden.
Unterredung mit Gesandten Kurbrandenburgs und Kursachsens; deren Unzufriedenheit mit
Haltung und Forderung der kaiserlichen Gesandten nach Abhandlung der schwedischen Ar-
meesatisfaktion; Schreiben der böhmischen Exulanten; Beharren der Kaiserlichen auf ihrem
Standpunkt.
Unterredung mit Raigersperger und Krebs; deren Bericht über Verhandlungen mit Gesand-
ten protestantischer Reichsstände über die Amnestie in den kaiserlichen Erblanden.
Satisfaktion Hessen-Kassels und Marburger Erbfolgestreit; Rechtfertigung der kaiserlichen
Gesandten für ihr Vorgehen in dieser Frage.
Rezepisse auf Nr.n 78 und 82. Nuhn werden wir unß gehorsamst angle-
gen sein laßen, solchem allen mit allem underthenigstem fleiß nach-
zukommen, gestalten Ewer Kayserliche Mayestätt bereiths auß unßerer
vorgehenden relation vom 27. huius allergnädigst zu vernehmen gehabt,
waßgestalten wir nit allein mit denen Churmayntz- und Bayrischen, son-
dern auch mit denen Sachßen Altenburgischen, Weimar- und Braun-
schweigischen gehandtlet, daß, da sie im nahmen ihrer gnädigsten und
gnädigen herren principalen den frieden befordert haben wölten, einmall
die gnembhalt- und underschreibung beyder ad amnestiam gehöriger
puncten, die Pfaltzische sach und diesen § „Tandem omnes etc.“ betref-
fendt, richtig gemacht werden müsten. Darbey haben wir es auch nit blei-
ben laßen, sondern vorgestern ahn den Schwedischen plenipotentiarium
graff Oxenstirn geschickt, ihne deßen, so wir ihme nach anleitung von
Ewer Kayserlicher Majestätt unß einglangten befehls vor 8 tag angezeigt
hetten, erinnern laßen mit andeuten, wan die cron Schweden lust und
liebe hette, den frieden schleunig zu beschließen, so verhofften wir, er
und sein mitgesandter würden kein weiteres bedencken tragen, bedeuten
paragraphum sambt dem Pfaltzischen vergleich nuhmehr bey der amnesti
materi zu underschreiben, welchenfalls wir unß bey ihnen einfinden und
zugleich auch ubrige puncten des instruments, soweith die vergliechen, zu
underschreiben und alles zu völligen schluß zu richten, auch alsogleich
die satisfactionem militiae in die reichsräthe ad deliberandum bringen
laßen wölten. Haben ihme auch dabey die absatzung der posten, so von
denen Schwedischen parteyen laut Ewer Majestätt unß vom 11. Aprilis
zugethanen befehls verübt worden , vorhalten laßen.
Er hat zwar dieses betreffendt zur anthwortt geben, daß er deßentwegen
ernstlich dem Schwedischen general zuschreiben und die abstellung sol-
cher ungebühr verschaffen wolte, wegen der subscription aber sich ent-
schüldigt, daß er sich ohne erledigung satisfactionis militiae darüber nit
erclehren könte. Hette verhofft, es würden immittls seines abwesens sol-
che difficulteten guttentheils erörttert worden sein. Weil es aber nit ge-
schehen und der Frantzösischen gesandter conte Servient folgenden tags,
alß gestrigen mitwochs, alherkommen solle, welcher dan willens wehre,
bey gesambten ständen zu verschaffen, daß von denselben auch die satis-
factio coronae Galliae underschrieben werden sölte, gleichwie mit der
Schwedischen satisfaction
Bezug auf das zweite ksl.-schwed. Vorabkommen über die schwed. Territorialsatisfaktion
von 1648 III 8/18 ( [Beilage [2] zu Nr. 79).]
ob wir die conferentz mit ihnen so lang anstehen laßen wölten.
Underdeßen haben die Churmayntzischen räthe Dr. Reigersperger und
Dr. Meel beyliegenden auffsatz de executione et assecuratione pacis, litte-
rae A et B, so die protestierenden bey deren eodem die zwischen besagten
Dr. Meel, dem von Vorburg und Dr. Krebßen catholischen- und denen
Sachßen Aldenburgischen, Weimarischen und Braunschweig Lüneburgi-
schen abgesandten protestierendentheils vorgangener conferentz herauß-
geben, mir, Volmarn, zugestelt, mit begehren, daß wir sambtlich sölche
schrifft erwegen und waß darüber zu thuen, an handt geben wölten.
Alß wir nuhn dieselb gegen Ewer Kayserlicher Mayestätt unß vom 6.
Decembris negstvorgehenden jahrs uberschickten auffsatz
Bezug auf den 1647 XII 6 übersandten ksl. Textvorschlag zu Art. XVI *KEIPO5* (Text-
nachweis: APW [ II A 7 Beilage [3] zu Nr. 29] ; vgl. später Art. XVI und XVII IPO sowie §§
98[1], 99–106[1], 107–120 IPM) zu Friedensvollzug und -sicherung.
wir befunden, daß erstens die ordtnung gantz umbgekehrt, sodan ethlich
gantz newe und theils gefährliche passus beygerückt, theils aber auch eth-
lich wörtt und clausulen in contextu hin und wieder eingemischt worden,
welche salva substantia des Kayserlichen auffsatz nitt woll zugelaßen
werden könten. Haubtsachlich aber haben wir nachfolgende enderungen
gantz unleidentlich befunden, alß erstlich, daß im § „Qui vero huic trans-
actioni etc.“ eine den geistlichen fürsten und ständen gantz nachtheiliche
und zumahlen in cassation des geistlichen vorbehalts
Bezug auf Art. VI ARF (Text: Brandi, 40ff) betr. reservatum ecclesiasticum. Dort war
geregelt, daß ein geistlicher Landesherr, der künftig zum Protestantismus konvertierte,
seines Amtes und seiner Würden enthoben und ein kath. Nachfolger installiert werden
sollte (vgl. Gotthard, Religionsfrieden, 143–159).
angehenckt wirdt
Vgl. § „Qui vero huic“ des den Ges. Schwedens und der prot. Reichsstände 1647 XII 26
übergebenen Art. XVI *KEIPO5* (Text: Meiern IV, 835 erster Abs. Z. 10–13; vgl. später
Art. XVII,4 IPO = § 114 IPM) betr. Strafbestimmungen für Zuwiderhandlungen gegen
den Frieden mit § „Qui vero huic“ der Beilage A. – Die Klausel lautet: Et quidem si
praesul aliquis pacem turbaverit non solum ipse, sed etiam capitulares, nisi tumultus aver-
terint aut cohibuerint, ditionibus, iure, dignitate et benificiis excidant (vgl. RK FrA Fasz.
55a [1648 IV] fol. 152’).
etc.“
Vgl. § „Pax vero“ des den Ges. Schwedens und der prot. Reichsstände 1647 XII 26 über-
gebenen Art. XVI *KEIPO5* (Text: Meiern IV, 835 zweiter Abs.; vgl. später Art.
XVII,5 IPO = § 115 IPM) betr. allgemeine Gewähr des Friedens mit § „Pax vero“ der
Beilage A.
ßen und darfür „regina regnumque Sveciae“ gesetzt werden, welches zu
keinem anderen ende angesehen, alß daß, wan’s also ahn diesem ortt
nachgeben, solche außlaßung auch bey dem erste articul de constitutione
pacis behaubtet, consequenter die königliche majestätt in Hispanien
allerdings von dem Teutschen frieden außgeschloßen bleiben müste, un-
angesehen, die Spanische waffen mit und neben Ewer Majestätt, auch der
catholischn chur-, fürsten und ständen kriegsheern wieder die cron
Schweden und die protestierenden im feldt gestanden, auch daher im
Teutschen frieden eben sowoll alß mit Franckreich per expressum active
et passive eingeschloßen werden oder wiedrigenfalls der gefahr außgestelt
bleiben müßen, daß die cron Schweden uber kürtz oder lang auß gleich-
maßigen praetext, wie weylandt könig Gustavus Adolphus gegen Ewer
Kayserlicher Majestätt in Gott ruhendem herrn vatter, kayser Ferdinandt
den anderen glorwürdigisten angedenckens, gethan, die waffen wieder
Spanien ergreiffen mögte
fürsten und ständt sich selbst hierdurch der mitthülfflichen manutention
des friedens von der cron Spanien (deren sie iedoch mit der zeitt woll
bedürfftig sein werden) berauben thetten. Drittens werden bey dem
§ „Quae vero iudicis sententia etc.“ die craißverfaßungen in ein newe
modul gegoßen und alle Kayserliche auctoritet uber ein hauffen geworf-
fen
tio sociorum etc. dolose außglaßen, damit man die intention, warumb
Spania hier eben ubergangen worden, nit mercken solle
Vgl. § „Hac pacificatione“ des den Ges. Schwedens und der prot. Reichsstände 1647 XII
26 übergebenen Art. XVI *KEIPO5* (Text: Meiern IV, 835 dritter Abs.; vgl. später Art.
XVII,10 IPO ~ § 119 IPM) betr. Inklusion dritter Mächte in das IPO von seiten des Ks.s
mit § „Hac pacificatione“ der Beilage A.
wirdt bey dem § „Loca ipsa etc.“ ahnstatt der wörtten „quam per Impe-
rium“ gesetzt „quam per caeteros Imperii circulos“, welches dan ein ver-
borgener und zu dem ende angesehener grieff ist, daß hierdurch Ewer
Kayserlicher Majestätt erbkönigreich Boheimb, hertzogthumb Schleßien
und marggraffthumb Mähren von der restitution außgeschloßen werden,
sintemahlen bekandt, daß dieselben under keinem reichscrayß begrieffen,
zumahlen die Schweden und Frantzosen noch auff diese stundt determi-
nate nit zugeben wöllen, daß solche königreich unnd landtschafften under
Ewer Majestätt erblanden verstanden werden sollen
Vgl. § „Loca ipsa“ des den Ges. Schwedens und der prot. Reichsstände 1647 XII 26 über-
gebenen Art. XVI *KEIPO5* (Text: Meiern IV, 834 zweiter Abs.; vgl. später Art.
XVI,14 IPO ≙ §§ 106[1] und 107 IPM) betr. Restitution besetzter Orte sowie wechselsei-
tigen Vollzug des Truppenabzugs mit § „Loca ipsa“ der Beilage B.
te, daß die Schwedischen sich zue abtrettung deren darin habender plät-
zen nit schüldig erkennen, sondern derentwegen der krieg mit ihnen zu
continuiren oder newer tractat zu pflegen sein würde. Zum sechsten ist
hiebey die clausula „cessantibus etiam pactis et foederibus huice restitu-
tioni adversantibus“ außglaßen . Zum siebenden werden die paragraphi
„Dum vero etc.“ et „Habeant etiam restituendi etc.“ gantz newerlich bey-
gesetzt . Und endtlich werden de solutione militiae zwar wenig, aber
sehr nachdenckliche wortt angehenckt, die sonder allen zweiffl von den
protestierenden dahin gemeindt sein, daß allein die Schwedische militia
von den catholischen und protestierenden bezahlt, hingegen Ewer Kay-
serlicher Mayestätt immediat- wie auch die Churbayrische reichsarmada
hindangewiesen werden sölle.
Dieweil nuhn obgemeldte deputati sich vorgestrigen dinstags abermahlen
zusamengethan und Dr. Meel das mir, Volmarn, zugestelte concept wie-
derumb abgefordert, so haben wir ihme solches zurückgeschickt, aber
gleichwoll zu verhinderung einigen schluß, so sie undereinander machen
mögten, ihme dabey die in dem zettul littera C vermerckte wahrnung
angeführt.
Gestern vormittag haben wir die sämentliche räth der catholischen chur-
fürsten für unß erfordert
nehmen, daß der articulus assecurationis et executionis mit ethlichen pro-
testierenden privatim abgehandtlet werden wölle, gestalten unß derselben
proiect zu handen kommen, warauß wir vermercken, daß darin dem hie-
vor unßerseits außgeliefferten auffsatz gantz wiedrige verenderungen
eingerückt werden. Dieweilen aber ihnen sambtlich bewust, daß wir
unßern auffsatz mit ihnen communicirt, sie auch denselben allerdings
approbirt und mit beysetzung der wörtten „cessantibus“ verbeßert und
der folgendts mit ihren rath und guttfinden dem gegentheill außgelieffert
worden
Die Ges. der kath. Kf.en hatten 1647 XII 26 dem Art. XVI *KEIPO5* (Text: Meiern IV,
833ff ; vgl. später Art. XVI und XVII IPO sowie §§ 98[1], 99–106[1], 107–120 IPM) zu
Friedensvollzug und -sicherung zugestimmt und wünschten lediglich, die o.g. Änderung
einzurücken (vgl. APW [III C 2/2, 933 Z. 1–4] ; APW [ II A 7 Nr. 65)] .
vorgangene privatconferentz darmit enderung vornehmen werden, mit
fernern außführung aller obverzeigneten gefährlicher enderungen, auch
ahngehencktem ersuchen, daß sie sich in einige handtlung mit den pro-
testierenden nit einlaßen, sondern, weil sie wüsten, daß Ewer Majestätt
ernstlicher will und meinung seie, zu abhandtlung einigen anderen
punctens ferner nit fürzuschreitten, es wehre dan vorderist der § „Tan-
dem omnes etc.“ gesetztermaßen underschrieben, und [!] vielmehr mit
unß ahnzuhalten, auch den protestierenden zu erkennen zu geben, daß,
wan sie den frieden befordert haben wölten, sie darahn sein müsten, daß
solche underschreibung lenger nit verzogen würde, dan sie wüsten, daß
Ewer Kayserliche Majestätt biß daher alle ihre kräfften zu handthabung
chur- und fürsten interesse ahngewändt, daß Churmayntz sich schrifft-
und mündtlich gegen deroselben erclehrt, den gegentheilen ein mehrers
nit nachgeben werden sölle, alß im getrücktem instrumento begrieffen
Gemeint ist KEIPO4A (vgl. [Nr. 3 Anm. 6] ).
daß Churtrier ieweils solch gantzes instrumentum guttgeheißen, daß
Churbayren bey churfürstlichem wortt die handthabung versprochen
Zur kurbay. und kurmainzischen Versicherung der Unterstützung des Ks.s vgl. APW II A
7 [Beilage [1] zu Nr. 29] . Die kurtrierischen und kurmainzischen Ges. hatten wiederholt auf
einen Schluß auf der Grundlage vom KEIPO4A , lediglich mit wenigen Abweichungen,
gedrängt (vgl. etwa APW [II A 7 Nr.n 92] und [100).]
und sonderlich die zwischen Ewer Kayserlicher Majestätt und seiner
churfürstlichen durchllaucht auffgerichtete coniunctionsnottul solche
reciprocam manutentionem außweisen thette
Bezug auf den ksl.-kurbay. Rekonjunktionsrezeß von 1647 IX 7 (Text: Londorp VI,
211ff; DuMont VI/1, 399f; Meiern V, 48ff ; Ziegler II Nr. 346). Im vierten Punkt
(Text: Ziegler II, 1238) hatten beide Parteien sich gegenseitig versichert, socius belli et
pacis zu bleiben.
sie, churfürstliche räthe, Ewer Kayserlicher Majestätt hierunder beysten-
dig sein und gleichergestalt wie auch wir mit den protestierenden in ei-
nige weitere handtlung nit eintretten werden, es habe dan mit obbedeuten
beyden puncten seine richtigkeitt, dan dies seie das einige mittl, dardurch
man endtlich zum schluß kommen könte.
Hierauff haben sie sich vorderist entschuldigt, daß einige privatconferentz
vorgelauffen, solches wehre nit geschehen, sich in einigen vorgreifflichen
schluß einzulaßen, sondern es hetten sich die protestierenden selbst bey
ihnen angemelt und ihnen die unß communicirte schrifft zugestelt und
gebetten, die sachen dahin zu richten, daß solche materia auch mögte be-
dacht und mit unß und ubrigen catholischen ständen communicirt wer-
den. Sodan den § „Tandem omnes etc.“ betreffendt, da wöllen sie nit un-
derlaßen, sowoll bey denen Schwedischen selbst alß denen protestieren-
den alle gutte officia einzuwenden, bitten aber darbey nochmahlen, wa
wir einige temperamenta und ethwan mit einem stück geldt eine außwei-
sung der praetendenten einzugehen bemächtigt, wir wolten unß darmit
nitt auffhalten, sondern darvon vertrewliche apertur thuen. Waß demnach
die materialia des articuli assecurationis etc. belangte, hetten sie selbst
ethlich darein eingerückte gefährliche clausulas vermerckt, es habe auch
mit außlaßung des königs in Spania die meinung nit, daß seine majestätt
vom frieden sölten außgeschloßen sein, sondern es wehre in fine spacium
glaßen, Ewer Kayserlicher Mayestätt zugewandte einzuschließen. Stelle-
ten zu unßern belieben, ob wir diesen articul mit ihnen absonderlich
deliberiren wöllen, nit zwar der meinung, daß der § „Tandem omnes etc.“
derentwegen zurückgestelt verbleiben solte, sondern daß man allein ex
parte catholicorum uber die materiam assecurationis et executionis sich
eines gewißen schlußs vergleichen und darmit gleichwoll so lang einhal-
ten mögte, biß die Schwedischen dermahlen zu der begehrten subscrip-
tion vermögt sein würden.
Wir haben dagegen replicirt, daß wir unß zwar des anerbottenen bey-
standts bedancken thetten, es seie aber der sachen anderst nit zu helffen,
alß daß sie ebensowoll alß wir darbey bestendig verharren, daß diese sub-
scription vorderist erfolgt sein müste, ehedan zu einiger weiterer handt-
lung fürgeschritten werden könte. Wie wir dan unß der ursachen super
dicto articulo assecurationis in einige deliberation einzulaßen bedenckens
trügen, unnd seie nitt gnug, daß des königs in Hispanien in fine instru-
menti sub comprehensione sociorum gedacht werde, sondern es müste
zumahlen ob causas supradictas in ipsa dispositione geschehen. Daß wir
unß aber auff einige temperamenta erclehren solten, da wehren Ewer
Kayserlicher Mayestätt gnädigste befehl schnurstracks zuwieder, betten
also, sie wölten unß mit solchen zumuthen nit allein vor sich verschönen,
sondern auch solchen wohn denen protestierenden und Schwedischen
selbst benehmen.
Nachmittag haben wir die Chursachßischen und Brandenburgischen vor
unß erfordert, ihnen gleichergestalt zugesprochen, weil ihnen nuhmehr
bewust wehre, daß es dermahlen haubtsachlich ahn offtberührten § „Tan-
dem omnes etc.“ hafften thette und daß wir keinen anderen befehl hetten,
dan darauff praecise zu verharren und vor deßen erlangter subscription zu
keiner weiteren handtlung fürzuschreitten, benebens aber unß versiechert
hielten, daß ihre gnädigsten herren principales gar nit der meinung seien,
daß hierunder Ewer Kayserlicher Majestätt ein mehrers zugemuthet noch
der frieden derentwegen auffgehalten werden sölte, also ersuchten wir sie,
hierunder den Schwedischen und protestierenden zuzusprechen und
ihnen diesen verzuglichen auffhalt zu benehmen.
Sie bekenten beyderseits, daß ihnen solche difficultet unlieb zu verneh-
men wehre, auch ihre herren principales gar nit gehrn sehen, daß derent-
wegen der friedt auffgehalten werden solle, wie dan herr graff von Witt-
genstein auß befehl seiner churfürstlichen durchllaucht zu Brandenburg
heudt vormittag dem Oxenstirn und Salvio hierunder gantz beweglich
zugesprochen. Sie blieben aber noch ieweils darauff, daß man die satis-
factionem militiae vor handts nehmen, wie auch wegen restitution der
exulanten auff einige geldtaußweisung und ethwan den 10. pfenning des
wehrts entzogener gütter handtlen solte ; wendeten vor, daß ihnen von
ihrer generalitet derentwegen scharffe schreiben zugethan würden, und
ließ der Chursachßischer abgesandter zugleich ein wortt schießen, daß
dieser tagen wiederumb ein beweglich schreiben von denen vertriebenen
Böheimbischen standen (wie er’s nennete) umb ihre restitution einge-
schickt und von denen Sachßen Aldenburgischen ad dictaturam geben
worden sein solle
Bezug auf das Schreiben der böhm. Exulanten an die prot. Ges. von 1648 IV 7[/17] (Bei-
lage [ 3 zu Nr. 100).]
Alß wir ihnen aber replicirt, daß Ewer Kayserlicher Mayestätt sich ein-
mahl keines mehreren, alß bereiths geschehen, erclehren würden, man
mache auch mit derselben, waß man immer wölle, und daß ia keiner bil-
ligkeit gemeß seie, daß man diesen schwehren krieg, so gleichwoll mit den
Schwedischen umb solcher Boheimbischer exulanten willen nit angefan-
gen worden, allein nuhmehr umb ihrentwillen continuiren soll, daß auch
von bezahlung des kriegsvolcks zu handtlen, ehedan das vollige instru-
mentum pacis geschloßen, ein pur, lauter vergeblich ding seie, haben sie
sich benohmen, ahn ihrm ortt nichts erwinden zu laßen, auff daß diese
difficultet auß dem weeg geraumbt werde. Beschwehrten sich darbey ab
den vorgehenden privatconferentzen ebensowoll alß wir.
Gleich nach abtritt beyder dieser churfürstlichen gesandten haben sich
Dr. Reigerspergen und Dr. Kreebs wiederumb bey unß eingefunden und
referirt, waß sie mit denen Sachßen Aldenburg-, Weymar- und Braun-
schweigischen wegen des § „Tandem omnes etc.“ gehandtlet, welche
aber nochmahlen darauff bestünden, daß man auff eine geldtaußweisung
solcher praetendenten handtlen solte
den, daß Ewer Kayserliche Mayestätt solches keineswegs zugeben wür-
den, wir auch dergleichen zu tractiren keinen gewaldt hetten, so wehre
von ihnen vorgeschlagen worden, daß man solche difficultet in die reichs-
räthe kommen laßen und der ständen guttachten darüber einlangen solte.
Sie, beyde churfürstliche, hetten zwar darauff replicirt, daß es ein unthun-
lich ding seie, dan wan der außschlag vor unß fallen sölte, so würden die
Schweden darmit nit zufrieden sein, solte es aber vor die Schwedischen
außschlagen, so würden wir darin nit willigen. Hetten’s iedoch unß also
referiren wöllen. Halten ihrsortts vor gewiß, daß alle churfürstliche sich
zu Ewer Kayserlicher Majestätt gnädigsten intention erclehren, denen
auch die maiora im fürsten- und stätträth beyfallen werden, und diente
dies zum wenigisten darzu, daß alßdan in gesambter ständen nahmen
denen Schwedischen angezeigt werden könte, daß sie sich derentwegen
ferner nit auffhalten solten.
Wir haben aber angezeigt, daß wir diesortts nit allein vor unß selbst
denen ständen dergleichen deliberation nit submittiren könten, sondern
auch sie, abgesandte, auff’s allerfleißigste ersucht haben wölten, es
ihresortts dahin keineswegs kommen zu laßen, dan Ewer Kayserliche
Mayestätt sonder zweiffel hierab ein großers mißfallen empfangen wür-
den. Daß einig und beste mittl seie, bey der resolution zu bleiben, daß
kein weitere handtlung vorgenohmen werde, alßdan werden die pro-
testierenden schon selbst nachfolgen und wegen einer handtvoll exulan-
ten ihre erlangte gerechtigkeiten nit weiter in gefahr des kriegs setzen
wöllen.
Waß dan endtlich die Heßen Caßlische indemnitet und Marpurgische
successionstreittigkeiten ahnlangt, da ist vorderist unßer ahn herrn landt-
graffen Georgens fürstliche gnaden abgangenes schreiben
Gemeint ist das Schreiben Lambergs, Kranes und Volmars an Lgf. Georg II. von Hessen-
Darmstadt von 1648 IV 2 ( [Beilage D zu Nr. 59).]
vorwarnung der gefahr, so sie ihrs interesse halber von gesambten ständen
beyder religionen zu gewahrten hetten, gemeindt gewesen, weil wir woll
gesehen, daß wir daßienig, waß im getrücktem instrumento begrieffen, zu
erhalten nit vermögten
Bezug auf Art. XIV §§ „Cum etiam“ – „Quarto, ut in“ KEIPO4A (Text: Meiern IV,
586–587 zweiter Abs.; vgl. später Art. XV,13 IPO = § 58 IPM) betr. Regelung der Mar-
burger Erbfolge.
allerunderthenigsten relation erscheindt, daß, wa wir nit bey unßer con-
tradiction verblieben, gleich damahlen der von den Schwedischen unß
vorgelegter auffsatz
Bezug auf den 1648 IV 7 den Ksl. übergebenen Textvorschlag der Ges. Hessen-Kassels zur
Marburger Erbfolge ( [Beilage A zu Nr. 71)] .
lich wehre placidirt worden. So ist ebenmeßig die abhandtlung der prae-
tendirten indemnitet ahm wenigsten mit unßerm zuthuen, sondern durch
die Churmayntzische und Bayrische, auch die Churcöllnische selbst vol-
lenführt, die exemption des herrn churfürsten von Brandenburg und herrn
landtgraffen von Heßen Darmbstatt, welcher ohnedaß hievor nit in der
Caßlischen contribution gewesen, ohne unßer ahnmuthen eingewilligt,
wegen herrn pfaltzgraffens von Newburg aber, herrn graffen von Ost-
frisslandt und andere[r] exemption von den protestierenden zwar in ihren
deßwegen mit den interessirten gehabten conferentzien ansuchung be-
schehen, aber weder von unß denselben zugemuthet noch viel weniger
im tractat nachgeben worden. Es ist auch außer zweiffl, wa die interessir-
te, und sonderlich der Churcollnischer gesandter , sich diesortts mehrers
ahn unß gehalten und nit von denen Churmayntzischen unnd Bayrischen
hette einnehmen laßen, daß der sachen mit etwaß milteren conditionibus
hette abgeholffen werden können. Weilen er aber selbst nit gewölt, so
haben’s wir auch dahin gestelt sein laßen müßen.
Wegen der pactorum confraternitatis
Vgl. [59 Anm. 34.]
sondern weill die Braunschweigische deputati sich deren wiedrig erzei-
gen, auch von ihnen vorgeben wirdt, daß die Schweden selbst darein nit
willigen werden, so hatt’s solcher confirmationum halber desto leichter
bey dem getrückten instrumento zu verbleiben
Bezug auf Art. XIV § „Praeterea confirmabit“ KEIPO4A (Text: Meiern IV, 587 sechster
Abs.) betr. hessische Hausangelegenheiten.
Beilage A zu Nr. 96
Textvorschlag der Gesandten protestantischer Reichsstände zur Friedenssicherung (lat.),
[praes. den kaiserlichen Gesandten Osnabrück 1648 IV 27]. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648
IV) fol. 152–153 (vgl. später Art. XVII,1–9 IPO sowie §§ 111–118 IPM).
Beilage C zu Nr. 96
Volmar an Meel (mit eingeschlossenem Protest), Osnabrück 1648 IV 28. Kopie: RK FrA
Fasz. 55a (1648 IV) fol. 156 .
Herr graff von Lamberg, herr Crane und ich haben den auffgesetzten executionsarticulum
ersehen und gegen den Kayserlichen proiect conferirt, denselben aber in vielen örtteren
manglhafft und theills mit praeiudicirlichen clausulen vermengt befunden, daß ihr Kayser-
liche mayestätt darin nimmer willigen können noch werden. Wir können unß auch darüber
in einige handtlung nit einlaßen, solang und -viel nit vorderist die causa Palatina sambt dem
§ „Tandem omnes etc.“ unßerseits verfastermaßen underschrieben und also die gantze
materia amnestiae complirt sein wirdt, sondern wöllen hiemit wieder alle anderwehrts für-
gehende handtlung in optima forma protestirt haben, welches ich hiemit dem herrn ex
communi placito dominorum Caesareanorum andeuten und verwahrnen wöllen.