Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
21. Ferdinand III. an Lamberg, Krane und Volmar Prag 1648 Februar 27
Prag 1648 Februar 27
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 92 XIV nr. 1988 fol. 435 – Konzept: RK FrA Fasz. 55c (1648
I–III) fol. 132.
Verhandlungen mit dem kurmainzischen Obersthofmeister Waldenburg über einen kaiser-
lichen Vorgriff in den Friedensverhandlungen und die kaiserliche Rücksicht auf spanische
Interessen; Verweis auf die Beilage.
Verweis auf die Beilage.
Beilage [1] zu Nr. 21
Resolution Ferdinands III. für Waldenburg, Prag 1648 II 22. Kopie: RK FrA Fasz. 92 XIV
ad nr. 1988 fol. 437–443 = Druckvorlage; RK FrA Fasz. 55c (1648 I–III) fol. 133–144.
Verweis auf das Anbringen Waldenburgs
Vgl. die Proposition Waldenburgs an Ferdinand III., s.l. [praes. dem Ks. vor 1648 II 8].
Kopie: MEA FrA Fasz. 10 unfol.; FA Harrach HS 102 (1648/49) Tom. III nr. 24 unfol.
– APW [ II A 7 Beilage [4] zu Nr. 117.] Eine Kopie seiner Instruktion von 1648 I 18 befindet
sich in RK FrA Fasz. 96 II fol. 268–272.
lichen gnaden zu allerhöchstgedachter ihrer Kayserlichen majestät tragender getrewisten
devotion vornemblich darin bestehet, nachdem sich die friedenstractaten von einer zeit zur
andern mit höchstem schaden und gefahr deß Heyligen Reichs biß anhero verweilet und
kein einiges rechtschaffenes adaequatum medium zum frieden an ortt und enden, wo es
nötig, recht gefasset werden wollen, also daß allerhöchstgedachte ihre Kayserliche majestät,
wan man bey dem bißherigen langsamen modo consultandi beharren wolte, endtlich aus
Kayserlicher machtvolkommenheit vorzugreiffen sich vernemmen lassen müessen. Und ob-
schon ihr majestät das instrumentum pacis alhie nochmahls mit fleis durchgehen lassen,
auch dem catholischen weesen zum besten solche temperamenta in vorschlag gebracht, daß
darmit die catholische sowol als die protestirende zufrieden sein können
Bezug auf die in der ksl. Hauptinstruktion von 1647 XII 6 (vgl. [Nr. 3 Anm. 1] ) aufgeführ-
ten Änderungen an KEIPO4A .
tholischentheils auf vorigem umbschweiffigen modo deliberandi noch immerfort bestanden
und fast kein andere conclusa, als welche vor diesem zwar zu Münster per maiora gemacht,
aber von dem gegentheiligen gar nit angenommen werden wollen
Vgl. [Nr. 13 Anm. 9] . – Besonders Kf. Maximilian I. von Bayern hatte die Ga. der minder-
mächtigen, aber zahlenmäßig stärkeren kath. Reichsstände abgelehnt (vgl. APW II A 6
Beilagen A und B zu Nr. 260; APW [II A 7 Nr. 48] ; Ruppert, 317ff).
sowol als die protestirende in ihren impressionibus besterckht würden, samb man hierunter
nur continuationem belli oder doch das reichsfriedenswerckh so lang aufzuziehen suchte,
biß beede cronen, Spanien und Frankhreich, in ihren weitleuffigen strittigkeiten auch ver-
glichen und dardurch zu abermahligen newen verfassungen und engern verbündtnussen
veranlast werden möchten, hingegen dieserseits bey denen allerortts zerrunenen mitteln
daß werckh auf die fortsezung deß kriegs gar nit zu stellen, sondern nunmehr durch den
starckhen ruckhen der cronen daßjenige, so den catholischen durch ihrer Kayserlichen
mayestät obristen hofmaister und zu den universalfriedenstractaten verordneten principal-
gesandten dazumahl angekündigt und den protestirenden bereits deferiert, dessen handtha-
bung auch Chursachsen und Brandenburg von ihrer Kayserlichen majestät sincerirt worden,
ohne bruch der tractaten und eusseriste gefahr sowol deß Reichs als ihrer Kayserlichen
maiestät erbkönigreich und landen selbst nicht mehr wol zurukhzuziehen, noch auch die
geringste gedanckhen zu schöpffen, das die protestirende, ehe und bevor sy in der thatt
verspühren, daß die cronen mit ihren satisfactionen, vorterist auch die protestirende ihrer
gravaminum halber dergestalt vergnügt, daß sy sich inkünfftig einiger streittigkeit von ca-
tholischer seiten nicht mehr zu befahren, sich zum zweckh im geringsten nicht legen, son-
dern bey lengerer verzögerung dieses friedenswerckhs zu anderen desperatis consiliis ver-
laitet werden möchten. Daß solchem nach kein stundt mehr übrig mit accommodation der
protestirenden und deß reichsfriedens lenger zuruckhzuhalten, da bevorab ihr Kayserliche
majestät und Bayerns churfürstliche durchlaucht das werckh mit denen waffen ferner aus-
zuführen nit getrawen und zu besorgen, es möcht auf den eusseristen fall ihr churfürstliche
durchlaucht sowohl als andere getrewe chur- und fürsten, ein yeder uff absonderliche ret-
tung seiner landt und leüthe trachten und dardurch eine genzliche zergliederung deß Reichs
sic urgente necessitate erzwingen werden.
Welches ihre churfürstliche gnaden zu Mainz allerhöchstgedacht ihrer Kayserlichen maje-
stätt durch dieße enge abordtnung zu remonstriren und umb schleunige befürderung deß
friedens mit hindansezung alles auswerttigen respects und interesse zu bitten gemüesßiget,
jedoch nit der mainung, daß weder den cronen noch protestirenden ein mehrers, als bereit
von den herrn grafen von Trauttmanstorff beschehen, eingewilliget werde, sondern es bey
dem einmahl gemachten concluso verbleiben solte. Wie dan ihre churfürstliche gnaden das
werckh also beschaffen befinden thetten, daß sie ihrer Gott und der Römischen Kayser-
lichen majestät, dem Heyligen Reich und dero erz- und stifftern gelaisten pflichten nach,
auch zu enthebung ihres christlichen gewissens, kein anders füeglichers mittel, diesem un-
wesen aus dem grundt abzuhelffen, ersinnen könten, als daß ihre Kayserliche majestätt mit
den protestirenden auf ein schleunige weiß handlen, waß für temporamenta [!] und sonsten
dem catholischen weesen zum besten noch zu erhalten, durch die ihrige [die kaiserlichen
Gesandten] mit allem fleis treiben, waß für dißmahl nicht zu erheben, gleichwol Gott und
der zeit befehlen und darauf mit zuthuen und assistenz der ihrer Kayserlichen majestätt
beystimmenden, friedtliebenden catholischen chur-, fürsten und ständen den friedenschluß,
weil es ia so weit gebracht, daß man ohne aufstossung der handlung und befahrung eines
exitialen kriegs nit zuruckhkommen könte, unverlengt schliessen lassen lassen [!] solten.
Und was ihrer [!] churfürstlichen gnaden dabey wegen deß puncti satisfactionis militiae,
auch ihres erzstiffts zuestandts weiter erinnern und bitten lassen.
Daß nun höchstgedacht ihre churfürstliche gnaden deß algemainen vatterlandts höchst be-
schwehrlichen zuestandt als die erste und vornembste seule des Reichs dergestalt sorgfältig
und eyferig beherzigen und ihrer Kayserlichen majestätt dero wolmaindende gedanckhen
aus oberzehlten ursachen in gehaimer enge durch ihne, den herrn abgeordneten, eröffnen
wollen, das geraicht allerhöchstgedacht ihrer Kayserlichen majestätt zu sonderbahren
dankhnehmigen gefallen. Sezen darbey in keinen zweifel, ihre churfürstliche gnaden werden
selbsten zeugnus geben, obzwar ihrer majestätt durch dero haubtplenipotentiarium und
obristen hofmaister, den herrn grafen von Trauttmanstorff, alles dasjehnige vorgekhert,
was zu aufhebung der bißher vorgewesen innerlichen spaltung im Römischen Reich und
rettung deß eusserist betrangten vatterlandts immer ersunnen und erdacht werden können,
in hoffnung, es wurden die catholischen sowol als die protestirenden und bevorab die
Schwedische sich darmit begnüegt und diesem bludtigen krieg mit allerseits belieb- und
genehmbhaltung deßen, was unterm nahmen der Kayserlichen gesandtschafft in offenem
truckh gegeben worden , dermahleneinist ein endt gemacht haben, daß dannoch sowol die
protestirende bey dem ihnen nachgesehenen übermessigien vortheil als bevorab die maisten
catholischen churfürsten und stände laut deß ihrer Kayserlichen majestät über das ihnen
communicirte also genente instrumentum pacis eingeschickhten bedenckens
vielen underschiedtlichen puncten durchaus nit zufrieden sein wollen, ja der Schwedische
gesandter Oxenstirn selbst sich ehender eines 24jährigen kriegs als beliebung dergleichen
proiecti ungescheucht vernemmen lassen , ob auch schon ihre Kayserliche majestät beeder-
seits ständen anzaigen lassen, wan sy das werckh noch lenger aufhalten und nit baldt aus der
sachen ein ganzes machen wurden, daß ihre majestät endtlichen als das wachende oberhaubt
aus Kaiserlicher machtvolkommenheit nicht umbhin wurden können, den sachen selbsten
einen solchen ausschlag zu geben, wie sie es zu beruhigung deß Heyligen Reichs vor Gott,
der erbaren welt und der werthen posteritet wol verandtworttlich finden möchten, so ist
doch vorderist ihrer churfürstlichen gnaden wie auch ihme, dem herrn abgeordneten, nicht
verborgen, wie ungleich der angetrohete vorgrif von den maisten catholischen auch theils
protestirenden aufgenommen worden und daß ihre churfürstliche durchlaucht zu Sachsen
der mainung, daß der Römische kaiser in dergleichen fällen die catholischen so wenig als der
Augspurgische confessionsverwantte zu zwingen berechtigt seye, und daß nunmehr, nach-
dem beederseits stände miteinander in handlung getretten, man alles fleisses antreiben und
suchen solte, damit die stände in ihren under sich habenden strittigkeiten verglichen, inner-
liche trennung und zwyspalt als gifft und verderbnus aller Reiche verhüettet und etlicher
auswertiger potentaten auf solche von vielen jahren angerichtete anschläge und gefehrliche
intentiones zuruckhgetrieben werden mögen.
Daß also aus diesem allem genuegsamb erscheinet, auch ohne das weltkündig ist, daß ihre
Kayserliche majestät deroseits auch das allerwenigste nit underlassen, waß zu ehist möglich-
ster erhebung deß lieben friedens immer hat geraichen können, wollen gleichwol auch noch
der gnedigsten zuversicht leben, es werden beederseiths stände gesandten selbst, wie sy an-
gefangen, noch ferner zusammentretten und zumahl auf der Kaiserlichen und der maisten
churfürstlichen gesandten bewegliches zusprechen und anmahnen sich dergestalt fürderlich
vergleichen, daß es einigen vorgriffs oder anderer zwangsmitel nit bedörffen werde. Solte es
sich aber wider besser verhoffen danno[c]h nicht zum vergleich schikhen wollen, so haben
ihre Kayserliche mayestät in vester zuversicht, es werden seine churfürstliche gnaden dero-
selben dißorts mit rath und thatt assistiren, bereits in eventum die notturfft anbefohlen, wie
mehrbemeltem freyherrn von Waldenburg darvon vertrewliche nachricht gegeben und die
derhalben an die Kayserliche gesandten unterm 15. Februarii abgangene expedition com-
municirt worden. Nit allein haben aber ihre Kayserliche mayestät alle vorsehung derhalben
unter dato den 15. Februarii, sonder noch den 11. December verwichenen jahrs gethan
APW [II A 7 Nr. 43. ] – Vgl. auch [Nr. 6 Anm. 1] .
wie gleichfals ihrer churfürstlichen gnaden abgeordneter darvon absonderliche nachricht
empfangen. Und darbey lassen es ihr Kayserliche mayestät nochmals allerdings bewenden.
Waß dan ferner der herr abgeordneter wegen des Spanischen friedens angeführt und das in
lengerer verweilung deß Teütschen friedens ihrer Kayserlichen mayestät und der cron Spa-
nien neben dem Römischen Reich mehrere gefahr und ungelegenheit zuewachssen wurde,
da erinnern ihre Kayserliche mayestät sich guetermassen, wessen sie sich gegen die media-
tores, das nemblich der punctus satisfactionis Gallicanae mit dem beding sine facultate
addendi et demendi abgehandlet sein solle, wan zwischen Spanien und Franckreich der
friedt gleichfals geschlossen und wegen des herzogen von Lottringen interesse ebenmessig
transigirt sein wurde, erkleret haben. Es hatt auch der Franzosen bey erstgedachter verglei-
chung des puncti satisfactionis Gallicanae gehabten absehen (dessen sie sich nit zu befür-
derung des friedens, sondern zu ansichzieh- und aufwicklung seiner fürstlichen durchlaucht
wider ihre Kayserliche mayestät und das Reich und also theils ersezung der Franckreich
entgehenden Hollendischen assistenz gebraucht) nicht anderst gestewert werden können
als durch ein solche ercler- und widerholung deßjehnigen, wessen man sich in beysein der
mediatorum mit allen dreyen Franzößischen gesandten noch under dato den 13. Septembris
anno 1646 verglichen
Vgl. [Nr. 18 Anm. 23] .
bißherigen zu Münster und Oßnabrugg gepflogenen friedensactis nicht, das die Spanische
friedenshandlung den Teutschen tractatibus daß geringste in den weeg gelegt oder solche
verhindert hette, ia vielmehr, das an seith der cron Spänien in alles, was ihresorts zu befür-
derung des friedens, ob es schon [die] nachsehung ansehenlicher landt und leüthe betroffen,
immer geschehen können, ohne aufzueg und einiger zeit verlust oder lengere tractat umb
friedensliebe gewilliget worden
Für die Abtretung des Elsaß forderte das frz.-ksl. Vorabkommen, dat. 1647 XI 11 (Text
hier: Meiern V, 163 ; vgl. später § 78 IPM), eine ausdrückliche Verzichtserklärung Spa-
niens. Art. 17 des ersten span. Gesamtentwurfs, 1647 II 24 (Text hier: NS IV, 230), hatte
diese angeboten. – Der span. Anspruch auf die frz. Satisfaktionsgebiete stützte sich auf den
geheimen Teil des Oñatevertrags, dat. 1617 III 20 (Text: Turba, 407ff; zu den Verhand-
lungen und dem Inhalt: Gliss, 20–27; Ernst, 14ff), in dem Ferdinand II., noch als Ehg.,
die Überlassung der österreichischen Rechte im Elsaß sowie der Landvogteien Hagenau
und Ortenau an Spanien zugesichert hatte, sobald diese Gebiete in seine Verfügungsge-
walt kämen. Dieser Zusage waren weder er noch Ferdinand III. während des Krieges
nachgekommen. Der Anspruch Spaniens blieb jedoch weiterhin bestehen (vgl. Gliss, 30–
59).
churfürstliche gnaden auch vor das künfftige versichern, das die Spanische tractaten, so
gleichwohl von den feindtlichen cronen selbsten in ihren propositionibus und proiectis pacis
zusammengebunden worden , [den Friedensschluß im Reich nicht behindern werden].
Wollen diesem allem nach zu deroselben der freündt- und gnediglichen zuversicht leben,
ihre churfürstliche gnaden werden in dero höchstrümblichen friedtsbegierdt unausgesezt
continuiren und dero zu Oßnabrugg anwesenden chur- und fürstlichen abgesandten gemes-
sen anbefehlen, nachdem mit ihrer Kayserlichen mayestät intention und dero Kayserlichen
gesandten zuegeschickhten resolution sich die Chursächssische abgesandte allerdings con-
formirt, das sie nit weniger mit ihren votis der Kaiserlichen sich halten und alles nach inhalt
an dieselbe abgangenen Kaiserlichen befelchs ihresorths umb sovil mehr unaußsezlich se-
cundiren und zum schlues befürdern helffen, in ansehung, das durch Göttliche hilff die frie-
denssachen dahin kommen, das, wan man nur catholischerseits vor ein man stehet, eheist
oder der friedt selbst oder wenigist die innerliche ruhe zwischen den ständten erhoben ist,
die dan die frembden cronen auch zu andern consiliis unfehlbar und unverlengt bewögen
wirdt.
Der Kaiser verspricht die Vermeidung der Belastung des Erzstifts durch kaiserliche Truppen.