Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 XI 16

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1646 XI 16
Freitag

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29 Freytags] am Rande: Protestierende.
Freytags, den 16. huius, referirn wir sein ankunfft und
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anbringen beim herrn obristhofmeister, auch waß die protestantes durch
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einen außschuss an unß gebracht, mit denn catholischen in ein conferentz
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ze tretten [ 1521 ].

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Eodem ad ducem Savelli [ 1522 ].

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34 Eodem] am Rande: Visitatio an den Oxenstirn et conuersatio super rebus pacis.
Eodem haben herr graf von Nassau und ich, Volmar, uff erinnern herrn
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obristhofmeisters den Oxenstirn per officium salutationis besuecht, der sich
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erstens solcher höflicheit bedankht mit vermelden, er were allher kommen,
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mit denn Franzosischen gsandten noch ettlich puncten zu vergleichen, so

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auch allberait geschehen. Und were demnach morgen oder übermorgen wider
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nach Oßnabrukh zu verraisen in hoffnung, weil ihre tractaten daselbsthien ver-
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legt worden; es wurden auch die Kayserlichen, selbige aldort zu volnfüeren,
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sich belieben lassen. Wie er dann erbiettig sei, alsbaldt zu seiner hinüber-
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kunfft das instrumentum pacis außzelifern, damit man sich darüber endtlich
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vergleichen köndt. Respondimus, wir vernemmen sehr ungern, daß er sein
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raiß so baldt wider zurukhnemmen wolte. Hetten verhofft, er wurde sich
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belieben lassen, die noch streittige puncten, sonderlich waß der cron Schwe-
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den praetendirte satisfaction anlangte, allhier mit Ihrer Excellentz, dem herrn
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Kayserlichen principalplenipotentiario, ze agiustirn. Dann wir wüßten zwar
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allerseits wol, daß beeder cronen fridenshandlungen an underschieden
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maalstätten verlegt, begehrten auch dißortts der cron Schweden nichts
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ze praeiudicirn, diweil aber es ie die glegenheit also an handt geben, daß
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anietzt beede herrn Schwedische plenipotentiarii sich allhier befinden theten
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und Ihrer Excellentz, dem herrn obristhofmeister, derzeit wegen obligender
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leibsindisposition über landts ze raisen ohne gfar dero constitution nit müg-
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lich , so hetten sie und wir alle verhofft, sie, herrn Schwedische gsandten,
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würden sich belieben lassen, diejenige hauptpuncten, so noch mit inen un-
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erörttert schwebten, allhie zu vergleichen. Im übrigen, wan es zu endtlicher
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stipulation, auffricht- und sollenisation der instrumentorum gelangen soll,
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so werde man sich disseit gar nit entgegensein lassen, solches an seinem
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gehörigen ortt zu verrichten. Inmittelst ist der Salvius auch herbeikommen,
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da nun diser discurs reassumirt und von unß ferner darauff insistirt worden,
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daß er, Oxenstiern, und Salvius allhie der handlung ferner abwartten sollen,
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dan anderst wurde es gwißlich der sachen nit wenig verhindernus geben und
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allerhandt misstraulichen gedankhen verursachen. Oxenstiern aber blieb fest
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uff seiner intention abzeraisen, sagte, die tractatus weren an zwei abgeson-
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derte ortt verlegt. Daß er herkommen, were auß veranlaassung ihrer mit
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den Franzosen habender alliance geschehen, daß ie ein partey mit der andern
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ze conferirn von- und zuraisen solte. Inen als ministris wurde nit verantt-
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worttlich sein, die tractatus zu verendern in praeiudicium der cron.

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Waß aber die materias pacificationis und sonderlich die satisfaction der cron
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Schweden antreffen thet, da hette er wie auch Salvius dem herrn grafen von
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Trautmansdorff umbstandtlich vorgehalten, worauff die cron Schweden zu
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verharren gedecht, bei deme es noch zu verbleiben. Replicatum, es were
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zwar solche mundtliche conversation biß daher öffters und nun über jar und
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tag vorgangen, aber noch nie kein satte verabschiedung geschehen, darauff
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man sich fundirn köndte. Wann man frid machen wolt, so müeßte man der-
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maln zum zweckh schreitten und sich gegeneinander recht vernemmen
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lassen. Unß were von dem herrn Venetianischen ambassador vertröstung
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beschehen, daß ihre postulata satisfactionis zu papyr gesetzt und unß zuge-
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stellt werden solten. Verhofften, es wurde dem also folg beschehen, damit
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wir unß darüber bedenkhen und erclären möchten. Oxenstiern sagte, herr
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Salvius hette ein concept gemacht, so er mir, Volmarn, zwar zugestellt und

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verlesen lassen, aber wider zu sich begehrt, mit andeütten, es were noch
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waß daran zu endern. Summa scripti fuit: Vorderpommern sambt einschluss
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der statt Stettin und deren suburbio jenseit der Oder an der brukh, Gartz

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Gartz (Hinterpommern), Stadt und Amt am linken Oderufer oberhalb von Stettin.
,
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insul Wollin

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Wollin, pommerische Insel, durch Swine und Dievenow, den mittleren und östlichen Mündungs-
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arm der Oder, von Usedom und dem hinterpommerischen Festland getrennt.
, bisthumb Camin, sodann statt und haven Wißmar, das fort
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Walfisch

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Walfisch (Mecklenburg), Festung auf der Wismar vorgelagerten Insel Poel.
, zweyen andern ämbtern, ertzbisthumb Bremen, bisthumb Verden,
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daß ambt Wilshausen

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Das Amt Wildeshausen (Niederstift Münster) hatte ursprünglich zum Erzstift Bremen gehört
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und war 1429 durch Verpfändung an Münster gekommen.
, so zwar zum ertzstifft Bremen gehörig, derzeit aber
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dem bisthumb Munster umb einen gwissen pfandtschilling versetzt wer;
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diße stiffter auch zu weltlichen fürstenthumb und auffhebung deß kirchen-
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staats , alle solche landtschafften zu ewigem lehen vom reich an die cron
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Schweden, derentwegen uffs reichs- und craißtagen tot vota quot principatus,
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privilegium de non appelando. Dem hertzogen von Mechelburg soll pro
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ricompensa daß bisthumb Ratzenburg

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Administrator des Stiftes Ratzeburg war Gustav Adolf von Mecklenburg (1633–1695), 1654
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Hg. von Mecklenburg-Güstrow, der 1636 auf Hg. August von Braunschweig-Lüneburg (1568–
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1636) gefolgt war und unter der Vormundschaft Adolf Friedrichs I. von Mecklenburg-Schwerin
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stand. Das Kapitel war die Verpflichtuug eingegangen, zu Administratoren immer Mitglieder
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der Häuser Mecklenburg oder Braunschweig-Lüneburg zu wählen.
allein gelassen und Lüneburg darvon
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abgewisen werden. Churbrandenburg wollen sie pro consensu praeter reli-
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qua , so ime in ricompensa ze geben, Hinderpommern restituirn. Begehren
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letstlich satisfactionem militiae.

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Als wir nun diß verlesen, haben wir vermeldet, es befinden sich hierinn sachen
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von grosser consideration und lass sich ex tempore darauff nit antwortten,
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wolten verhoffen, sie würden unß abschrifft darvon zustellen, so sie ver-
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tröstet , und möchte noch disen abendt geschehen. Sodan haben wir weiter
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instantias gemacht, in allweg nöthig ze sein, daß herr Oxenstirn sich noch
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lenger auffhalten thet, wenigs so lang, biß der Französische resident Romain
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vom churfürsten von Brandenburg zurukhkomme und man wisse, worauff
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sein resolution beruhe. Mit wölcher occasion dan weiter discurirt worden
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von diesem consens. Oxenstirn sagte, sie hetten bevelch empfangen, mit
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denn Churbrandenburgischen ze handlen und sich mit inen zu vergleichen,
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dise aber hetten erstens gar keinen gwalt gehabt, folgendts aber einen zur
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handt gebracht, so dermaassen general gewesen, daß sie mit inen nichts
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hetten schliessen könden. Es desiderirte die cron Schweden einmal, solchen
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antheil an Pommern mit deß churfürsten guettem willen ze haben, und glaubte,
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wann man demselben anderwerts entgegengienge, daß es nit so grosse
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difficultet haben wurde. Müeßten zwar an ihrem ortt bekennen, daß die cron
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Schweden ihre satisfaction nit sovil an Brandenburg als an Ihr Kayserliche
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Maiestät ze suechen, als mit deren sie den krieg gefüert; die möchten fol-
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gendts drauff gedenkhen, wie der consens von Brandenburg erhalten und

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deme ein recompensa entgegengesetzt werden möchte. Nos, auß diser sach
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sei mit kurtzen umbständen zu kommen, die cron Schweden woll ihren vor-
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nembsten partem satisfactionis auß Pommern haben, daß müess eintweder
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mit oder one consens deß herrn churfürsten von Brandenburg geschehen.
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Wann der churfürst consentir, so sei Schweden erbiettig, ime Hinder-
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pommern ze restituirn, doch daß ime darneben mehrer ricompensa erfolgt
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werde. Da sei nun die frag, waß daß vor ein recompens sein soll. Die Chur-
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brandenburgischen hetten sich gegen denn Schweden vernemmen lassen,
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daß man drei fürstenthumb in Schlesien und 5 bisthumb im reich geben soll.
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Uff dise form were der wexl wol umb das gantz churfürstenthumb Branden-
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burg und Pommern zugleich ze treffen. Einmal vor allemal aber müess man
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wissen, daß Ihr Kayserliche Maiestät dem herrn churfürsten mehr nit dan
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daß bisthumb Halberstatt mit seiner maass überlassen, auß der Schlesien
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aber und andern ihren erblanden aber ime nit eines fueß brait weiter ein-
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raumen werden. Woll der herr churfürst mit Halberstatt und halb Pommern
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content sein, wol und guett, wo nit, so werden Ihr Maiestät ihme gar nichts
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geben, inmaassen auch Sein Churfürstliche Durchlaucht dergleichen anfor-
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derung ze thuen weder fundament noch ursach hab. Ihr Kayserliche Maiestät
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haben kein anlaaß noch ursach geben, daß Pommern verlohren worden,
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seyens auch nit schuldig ze büessen. Es stehe also auff deme, ob die cron
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Schweden gegen überlassung Vorderpommern den herrn churfürsten mit
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Hinderpommern und Halberstadt gnugsamb satisfacirt achten und darauff
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den friden schliessen woll, so wurdt es baldt sein richtigkheit haben. Wann
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aber die cron Schweden die sach gegen Ihr Kayserliche Maiestät wegen deß
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Brandenburgischen aequivalents noch weiters treiben wolten, so derffte es
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nit vil disputierens, sondern wurde uff dise weiß kein fridt erhebt werden
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könden. Im fahl dann Churbrandenburg gar nit zum consens zu bewe-
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gen , alsdann müeßte man wissen, ob die cron Schweden gantz Pommern
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innzehalten begehrte und sich mit deme begnüegen lassen wolte, daß Ihr
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Kayserliche Maiestät, chur-, fürsten und stände deß reichs sambt der cron
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Frankreich sie dabei ze mantenirn sich verbündtlich machten. Casu quod sic
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sei der frid gemacht, casu quod non bedarff man sich abermaln mit disputaten
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nit auffzehalten, sondern wurde clar am tag sein, daß es zu keinem friden
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kommen köndt. Oxenstiern und Salvius haben hierüber einander angesehen
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und bekendt, daß es dahienauß müeßte, auch erbotten, ihre postulata auff
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dergleichen alternativam ze richten.

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Als wir nun hierauff den abschied genommen und ich, Volmar, dem Salvio
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zugesprochen, daran ze sein, daß der Oxenstirn noch lenger verbleiben
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möcht, mit vermelden, anderst wurden wir, Kayserliche, es vor eine ruptur
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auffnemmen müessen, sagte er, daß er es nit gern sehe, daß der Oxenstirn
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hinwegeile, doch vermeinte er, noch lenger allhie zu bleiben.

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Sobaldt wir nun herrn obristhofmeistern relation gethan, ist rathsamb be-
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funden worden, hiervon dem Venetianischen ambasciator parte ze geben.

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Gleich disen abendt umb 5 uhr hatt herr Oxenstirn in herrn grafens von

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Nassau quartier unß die revisita erstattet und nochmaln seinen abschied
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genommen, doch vermeldt, daß, als er eben ietzt bei der duchessa von
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Longavilla gewesen, ime wer angezeigt worden, daß der Saint Romain
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widerkommen, dessen relation villeicht ursach geben möcht, sein raiß morn-
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drigen tags noch einzestellen. Im ubrigen ist er bei kurtzer recapitulation
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dessen, so zuvor mit ime discurirt worden, geblieben, vermeldend, es sei
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eben Pommern böß ze theilen. Ego, der sachen wer wol ze helffen, sie sollen
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nur machen, daß Brandenburg nit consentir, so haben sie ursach, es gar
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zu behalten.

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Post ipsius discessum haben wir unß alsbaldt zum Venetianischen ambas-
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sador verfüegt und ime von allem disem verlauff parte gegeben mit ersue-
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chen , sein officia zu interponirn, daß er, Oxenstiern, von diser zurukhraiß
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möchte divertirt werden, zugleich auch bei den Franzosen zu erkundigen,
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waß Romain vor eine resolution vom churfürsten zurukhgebracht und
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worauff der Franzosen negociati mit denn Schweden bestehen theten. Dann
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weil sie, Franzosen, den punctum satisfactionis und andere noch streittige
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sachen, auch von unß gesetzte conditiones mit denn Schweden richtig ze
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machen sich benommen, so were unß daran gelegen, ze wissen, worauff ein
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und anders erwenden thet. Wölch unser begehren er, Venetus, gantz billich
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erachtet und deme alsbaldt nachzesein sich erbotten. Wie auch beschehen.

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