Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 VII 18

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1646 VII 18
Mittwoch Mercurii, 18. huius, haben wir unß sambtlich zu
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denn herrn mediatorn verfüegt und inen uff daßjenig, waß sie unß im namen

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der Franzosen nechstvorgehenden montags angebracht hatten, nachfolgende
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antwortt mündtlich vorgehalten: 1. Den salvum conductum pro Lusitanis
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betreffendt, da köndten wir unß einmahl darzu nit verstehen noch den-
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selben sive tanquam legatis sive tanquam privatis darinn willfahren. Hielten
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auch unserstheils darfür, daß sie dessen nit bederfften, dann sie biß daher
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inn- und usserhalb der statt von meniglich unbeleidigt verblieben und hetten
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sich nachmaln unserthalb nichts zu befahren, dessen sich auch die Spanischen
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gegen unß erclärt. Wann die Franzosen oder Schweden inen einigen pass
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geben wolten, daß stüende zu dero belieben. Man hette bißdaher dergleichen
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pass unviolirt passirn lassen, derfften sich auch noch keines andern befahren.
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Daß wir aber deßwegen einig parola schrifft- oder mundtlich von unß geben
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solten, daß were unß nit zuzemuetten. Ad 2. Deß don Odoardi liberation
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stüende auff der pacification mit Spania. Wann die erfolgte, so wurde es auch
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an seiner erledigung nit ermanglen. Ihr Kayserlicher Maiestät köndte man
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ein mehrers nit zumuetten. Denn ob die schon an die Spanischen, ine zu lifern,
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begehren solten, so wurden sie es doch nit thuen; daß nun darauff Ihr
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Maiestät Spanien einen krieg ankünden solten, daß würde derselben nit
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ze thuen sein. Ad 3. Daß die Franzosen den terminum amnestiae auff an-
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no 1618 mantenirn wolten, seye verwunderlich ze hören, da sie unß doch
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schon mehrmahlen gegen anerbottner satisfaction versichern lassen, daß sie
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es bei dem termino de anno 1627 wolten bleiben lassen, auch ihre confede-
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rirte darzu vermögen. Wir hetten denn reichständen allbereit annum 1624
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pro termino a quo gesetzt, darbei liessen wir es bewenden und köndten
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weiter nit zurukhgehen. Ad 4. Die clausulam ’salvis‘ etc. köndten wir
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gleichergestalt nit außlassen, seye mit consens der ständen eingesetzt;
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und würde nur zu schmählerung der Kayserlichen und churfürstlichen
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collegii autoritet außschlagen oder auch vilerley streittigkheit erweckhen,
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wann wir unß zu einem andern vermögen liessend. Ad 5. Wegen der
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Pfaltzischen sach vermerkhten wir bei der Französischen erclärung zweyer-
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lei difficultet: 1. Daß sie von der Obern Pfaltz allein einen partem dem herrn
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churfürsten in Bayern überlassen, da sie doch hiervor schon die parola geben,
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daß deme die gantz Oberpfaltz verbleiben solt, worauff wir dann nochmaln
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bestehen und keinesweegs zugeben köndten, daß einige diminution unter-
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fangen werde. Die ander difficultet wer, daß sie die Bergstraaß dem pfaltz-
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grafen auch restituirt haben wolten. Nun geschehe dem herrn churfürsten
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zu Maintz hieran offentlich unrecht, derentwegen müeßte diser theil der
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ertzstifft Maintz einmahl verbleiben; die angemaaßte restitution für Pfaltz
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sei allein dahien angesehen, daß man Churmaintz hernach, wie vormahls
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auch beschehen, mit unendtlichen processen auffhalten thue. Daß mehiste,
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so in disem puncto nachzegeben sein möcht, wer, daß man dise Bergstraaß
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uff etwas zeit sequestirn thet, biß der pfaltzgraf seine vermeinte iura deducirt
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hette. Dann anderergestalt, wann schon künfftig, wie nit zu zweiflen, für
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Maintz gesprochen, so wurde man doch zu keiner execution kommen kön-
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den , sondern dessentwegen newe motus im reich entstehen. Ad 6. Die

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grauamina ecclesiastica betreffendt, da hetten die Franzosen schon zum
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öfftern alle assistentz vor die catholische versprochen, aber biß daher nichts
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gehalten. Wir hetten unß auch inskünfftig nichts zu getrösten, sondern
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müeßten dise sach dahiengestellt sein lassen, so guett wir unß selbst
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mit denn protestirenden wurden vergleichen könden. Ad 7. Mit denn com-
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merciis etc. wurde es seine richtigkheit ohnschwer erlangen. Wir hetten
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allein wegen den ständen, so der cron Frankreich loco satisfactionis über-
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lassen , künfftiger newerung zufürkommen begehrt, im übrigen geben wir
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der cron kein maass noch ordnung, hergegen solten aber auch sie Ihr Kayser-
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licher Maiestät und dem reich kein eintrag thuen, und wie sie die reichs-
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underthanen tractirten, also wurde man auch die Franzosen in Teütschlandt
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halten. Ad 8. Der cron Schweden satisfaction stüende dahien, ob und wie
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selbe den consens von dennjenigen, so es betreffen thet, wurden erhalten
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mögen. Die Franzosen hetten aber auch die parola geben, daß Ihr Maiestät
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derentwegen indemnis bleiben solten, anietzt schweigen sie still. Hierauff
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sagte der Venetus, darvon were nit allein nichts gedacht worden, sondern
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sie, Franzosen, hetten noch darzu denn

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17 Churbayerischen] am Rande: NB. Die Churbayerischen gsandten testificirn über disen
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anzug, daß inen von denn Franzosen unrecht geschehe, die hetten vor sich selbst mel-
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dung gethan, als wann Ihr Kayserliche Maiestät dem herrn churfürsten von Branden-
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burg ein aequivalente geben müeßt, und auff die bisthumb und Schlesien gedeüttet.
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Sie, Churbayerische, aber hetten es in optima forma widersprochen und rundt gesagt,
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daß es in ewigkheit nit geschehen würde.
Churbayerischen gsandten zugemuet-
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tet , mit unß ze handlen, daß Ihr Kayserliche Maiestät dem churfürsten zu
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Brandenburg ein gegenrecompens verschaffen solten. Und als wir gefragt,
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woher, hett er geanttworttet, die gedankhen weren auff stiffter und Schlesien
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gerichtet. Nos econtra, wann es dann dise meinung haben soll, so werde es
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auch mit der Franzosen satisfaction nichts sein, weil sie ja die conditiones
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nit adimpliren wollten. Ad 9. Waß die Hessen Casselische pretension con-
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tra Darmbstatt anlangte, da köndte Ihr Maiestät denn parteyen nit vor-
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greiffen . Man verspüere wol, daß der Franzosen intention wer, dem Kayser
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allen unwillen deren bei disem streitt interessirter fürstlichen heüser auff
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den halß ze laden. Hessen Darmbstatt wolte von seinem rechten nit weichen,
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sondern vordrist restituirt sein und alsdann einem außtrag, wie in deß hauses
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Hessen erbverbrüederung versehen wer, stattthuen. Also köndten wir
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unserstheils nit darwider sein. So seyen auch die pretensiones gegen denn
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stifftern so übermässig, daß man darauff nichts ze handlen wüßte. Wann es
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etwan umb ein 50 oder 60 000 thaler ze thuen wer, so müeßte man sehen,
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wie man die stiffter hierzu behandlen möchte, daß man aber auff die weiß,
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wie es die Franzosen vorschlügen, handlen solt, darzu wurden sich die
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stiffter nit verstehen. Ad 10. Wegen der cron Frankreich satisfaction liessen
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wir es nochmaln bei unserm anerbietten bewenden und wüßten dar-
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über zu nachthl deß reichs nichts weiters einzewilligen. Ad 11. Die be-
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zahlung der soldatesca betreffendt, sey sowol der Franzosen als der Schwe-

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den zumuetten unbillich, und werden sich die reichsstände darzu nit ver-
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stehen . Die Franzosen und Schweden sollen auß deren inen überlassenden
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satisfaction ihre soldatesca bezahlen, deßgleichen werden auch die Kayser-
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liche Maiestät mit ihren immediat- und mediatreichsvölkern thuen. Ad
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12. Man lass es dahiengestellt sein, daß die clausula assecurationis also
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gesetzt werde ’quicunque pactis non stetisset, contra hunc caeteri om-
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nes sese mutuo adiuvent‘ ohne meldung einer oder anderer principal-
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partey . Endtlich, weil auch de suspensione armorum so vil gemeldet worden,
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daß sobaldt die instrumenta pacis gegeneinander werden verglichen und
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unterschrieben sein, daß alsbaldt ein suspensio generalis (Teutschlandt be-
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treffendt ) gemacht werden solte, umb der ratification desto besser und one
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fernere alteration erwartten ze haben, als liessen wir es auch unserstheils
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dabei bewenden.

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Zum beschluss aber müeßten wir auch diß melden, nachdem wir in satis-
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factione determinanda auch dise conditionem sine qua non angehenkht, daß
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auch zugleich mit Spania ein billicher friden gehandlet und beschlossen, auch
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in diesen tractat eingeschlossen werde, daß wir uff solcher condition noch-
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maln beharren theten und nit zugeben köndten, daß Spania außgeschlossen
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bleibe, allermaassen dann auch one solche pacification daßjenig, waß mit
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Teutschlandt geschlossen, zu keinem effect gebracht werden köndte.

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Ihr Excellentz, herr obristhofmeister, haben hierauff selbst recapitulirt, daß
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sie der sachen reifflich nachgedacht und befunden, daß nachfolgende impe-
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dimenta den friden noch dato uffhalten und hindern theten: 1. Die Hessen
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Casselische sach, da dann Ihr Kayserliche Maiestät nimmermehr ze rathen
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sein werde, daß sie denn Franzosen zu gefallen die pro Darmbstatt auß-
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gefellte urtl und drauff erfolgte transaction cassirn, vil weniger daß sie die
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ertz- und stiffter Maintz, Cöln, Paderborn, Fulda mit so unerträglicher und
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dem gmeinen catholischen wesen höchst nachtheiliger composition be-
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schweren , also so vil vornemer chur-, fürsten und ständen deß reichs odia
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auff sich laden solten. 2. Der Franzosen newe postulata mit Philipsburg
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und den landtvogteistätten im Elsaß, wölche einmahl nit zu verwilligen
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seyen. Bey diesem pass meldet der Venetus, es were beraits so vil vermerkht
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worden, wann schon Philipsburg nachgeben, daß die Franzosen doch damit
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nit zufriden sein, sondern noch ein lineam communicatiuam fordern wurden,
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und möchten dißortts wol ein absehen auff Germersheim

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Germersheim (Kurpfalz) war seit 1644 französisch besetzt.
haben. 3. Die be-
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zahlung der soldatesca, deren sich die reichsstände nimmer verstehen, noch
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es Ihr Kayserliche Maiestät zugeben würden. 4. Die ausschliessung der cron
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Spania, daß seye ja ein unbillich ding. Die Franzosen wollen alle ihre con-
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federirte in friden eingeschlossen haben und one diselbe nit frid machen,
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herentgegen aber Spania außgeschlossen haben. Spania sey ein pars princi-
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palis , die preliminarconuentio weise es gnugsamb auß, und haben ja die
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Franzosen mit deß Kaysers ratification nit wollen content sein, sonder solche

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auch vom konig in Spania ertheilt werden müessen. Ihr Kayserliche Maiestät
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könde sich von Spania propter ius sanguinis et successionis nit außschliessen
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lassen. 5. Die Pfaltzische sach, und wann schon alles derenthalben verglichen,
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so köndte doch Pfaltz zu keiner execution kommen noch dem verglich
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gmäß eingesetzt werden, wann nit auch mit Spania frid gemacht. Spania hab
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wegen übernommner Kayserlicher executionscommission so vil recht an die
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Unterpfaltz jenseit Reins als Bayern an die Oberpfaltz, hab die haupt-
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vestung Frankhenthal in henden, werde ihren iuribus nimmer renuncirn,
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vil weniger disen platz restituirn, wann Ihr Königliche Maiestät sehen solten,
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daß man sie allein im krieg stehen und den gantzen last auff sie weltzen
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wolte. Ein gleiche meinung hette es mit dem Elsaß, da dann daß ius succes-
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sionis der cron Spanien clar am tag und also der Franzosen satisfaction one
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der cron Spanien renunciation keinen bestand haben köndt, consequenter
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das reich stetigs derenthalben in unruhe stehen müeßt.

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Die herrn mediatores haben sich vernemmen lassen, daß sie nechster tagen
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mit denn Franzosen weiters von diser unserer ertheilten anttwortt handlen
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wolten. Verspürten aber wol, daß sich alles nach außgang der waaffen und
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nach deme, [wie] man sich mit denn protestierenden vergleichen möcht, re-
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guliren werden. Finden auch nit thuenlich, daß man sich ehender in disem
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puncto compositionis mit denn cronen vil bemüehen soll, dann es doch
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alles vergeblich sein werde.

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22–31] ursprünglich hinter S. 678,14.
Mittwochs, den 18. huius, empfangen wir a Caesare uff unsere relationes vom
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19. und 22. Junii anttwortt de 6. Julii, betreffend die freye hand der mediatorn
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wegen Philipsburg etc., daß wir recht gethan in alternatiua persistendo; 2. die
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consultation darüber noch derzeit einzestellen; 3. die reichssachen nit zu
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schliessen ohne Spania und Lothringen; 4. communication der satisfaction-
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handlung mit den Franzosen an die ständt quatenus; 5. wegen Trier referirt
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sich auff resolution, dem grafen von Trautmansdorff überschikht; 6. wegen
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deß duca di Longavilla erclärung [ 1349 ].

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Eodem ad Caesarem mit einschliessung deß Savoyischen memorials umb
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desselben hertzogen belehnung [ 1350 ].

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