Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 III 22

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1646 III 22
Donnerstag

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18 Folgenden] am Rande: Nos ad mediatores duplicando contra Gallos in puncto satis-
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factionis .
Folgenden tags, den 22. huius, haben wir unß zu
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denn herrn mediatorn begeben und hab ich, Volmar, selbigen vordrist in
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genere den vortrag gethan, daß zwar Ihr Kayserlicher Maiestät nichts liebers
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gewest wer, dann daß wir alsogleich auff der Französischen plenipotentiarien
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einkommne replicas duplicando verfahren und auff ieden articul Ihr Maiestät
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endtliche meinung eröffnen könden, seitemaln aber durch die gegentheil dise
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handlungen dahien gerichtet worden, daß man vordrist alles mit denn reichs-
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ständen communicirn müeßt, so were unß obgelegen gewesen, zu erwartten,
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waß diselbe hierüber vor guettachten abfassen möchten, Und ob sie wol
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darmit noch nit allerdings auffkommen, dieweil wir iedoch so vil berichts
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hetten, daß allberait ihre meinungen über den punctum satisfactionis coro-
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narum gefaßt, so hette unß vor guett angesehen, unterdessen, biß die stände
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ihre gantze consultation geschlossen haben möchten, inen, herrn mediatorn,
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zu eröffnen, wohien bei disem puncto sowol der ständen als Ihrer Maiestät
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gedankhen zihlen theten, und diß zwar zu disem ende, auff daß sie, media-
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tores , crafft übernommnen mittlerambts mit ermeldten Französischen pleni-
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potentiariis dest vollkomner handlung pflegen und, wo müglich, selbige zu
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ende bringen möchten.

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Hierauff hab ich auß der Französischen replic den articulum 13. vor die
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handt genommen und darauß die summa capita praetensae satisfactionis ver-
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lesen , auch mithien die caussas duplicando remonstrirt, warumb Ihr Kayser-
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liche Maiestät und daß reich in keinem weeg der cron Frankreich einige
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satisfaction nit schuldig, derentwegen selbige auch mit anerbottner cession

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der dreyen bisthumb Metz, Tull und Verdun mehr dann überflüssig conten-
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2 inmassen] am Rande: NB. Duplica nostra in puncto satisfactionis.
tirt weren, inmaassen solche duplica apud acta [ 1104 ] ze finden. Zu ende der-
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selben hab ich die documenta, darauff ich mich bezogen, vor die handt nem-
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men und auß denselben ein und andern anzug mehrers außfüeren und ad ocu-
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lum demonstrirn wöllen. Es habens aber die herrn mediatores vor unnöthig
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erachtet, weil sie der duplic in hoc puncto ein abschrifft ze haben begehrt.

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Demnach sagte erstens herr nuncius, mit denn Franzosen were mehrmals
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von diser materi und sonderlich von ettlichen dabei angefüegten conventio-
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nibus discurrirt worden. Sie hetten sich aber mit deme außzereden unter-
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standen , daß mit ihren confaederirten ettlich geheime conventiones, ehe
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dann es zu offnem krieg zwischen Frankreich und dem Kayser kommen wer,
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auffgericht und inen dergleichen versprechen de restitutione etc. gethan
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worden; nachdem es aber zu offentlichem brach kommen, weren solche con-
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ventiones auch verendert worden und sie daher nit schuldig, auff daß vor-
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gehend zu sehen.

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Der Venetianische ambassador verfolgte hierauff den discurs weitter und
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sagte, die Franzosen wurden sich einmahl an unsere eingewendte remonstra-
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tion nicht kehren, und dunkhte ine auch, daß auff solche weiß, da wir heüt
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diß, morgen ein anders offerirten, zu keinem friden ze kommen noch auch
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rathsamb sein, daß wir inen, Franzosen, in Ihr Maiestät namen einige offerta
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thuen lassen solten, dann es wurde solchergestalt am begehren nie kein endt
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sein, sondern von inen allzeit replicirt werden, diß oder jenes nemen sie an,
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es wer aber noch nit gnug etc. Vermeinte demnach, daß beste sein, wann sie,
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mediatores, von unß wissen köndten, waß wir in Ihrer Maiestät namen endt-
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lich ze thuen gesinnt und dabei man endtlich ze bleiben gedacht, daß alsdann
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sie vor sich selbst nit per modum obligationis, sondern interrogationis mit
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den Franzosen ze negocirn, wie weit sie ze bringen sein würden, erforschen
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theten. Sie beharrten noch bestendig auff dem Elsaß, doch wurden sie auch
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uff gewisse conditiones ze handlen nit außschlagen. Waß die stände deß
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reichs anlangte, wöllen die Franzosen derselben conclusa vor sich außge-
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fallen ze sein halten. Sagen außtruklich, daß hohe chur- und fürsten und in
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specie Churbayern in solche zurukhlassung deß Elsaß consentirn und ein-
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willigen . Ja, sie berüembten sich, schreiben vom Kayserlichen hof und (wie
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sie sich vernemmen liessend) gar vom Churbayerischen cammerpresidenten
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Mandl, wölcher uff ihr selbstaigen begehren zu Ihr Kayserlicher Maiestät
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verschikht wer, ze haben, darinnen desselben gantzes negociatum inen ent-
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dekht werde und daß der herr churfürst Ihr Kayserlicher Maiestät hette auß-
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truklich sagen lassen, daß der cron Frankreich daß Elsaß müeßte überlassen
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werden, auch Ihr Maiestät darein gewilligt. Und es praesupponirte der herr
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churfürst, wann solches geschehe, so wurde durch der Franzosen auctoritet
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zugleich mit Schweden fridt gemacht und selbe cron mit leidenlichen con-
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ditionibus abgeferttigt werden könden. Ob nun aber solches dergestalt er-

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folgen werde, daß wüßte er zwar nit, die Franzosen geben dergleichen
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stetigs vor und sagten, wann die Schweden schon weiters den krieg füeren
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und auß disem wesen einen offenbaren religionskrieg machen wolten, so
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weren sie doch nit gemeint, weiter mit inen anzehalten, sondern sich dises
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kriegs zu entschlagen, auch denn Schweden einige geltmittl nit mehr folgen
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ze lassen. Wir solten zum wenigsten ein versuch thuen, wie Churbayern diser
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erwähnung möchte disingannirt werden, wir müeßten darumb nit eben unß
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praecise obligirn, sondern conditionaliter setzen, wann die Schweden etc.
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diß oder jens thuen werden. Erfolgte es in der that, so hetten wir zum wenig-
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sten einen friden quantumvis iniquam, wa nit, so würden wir auch gegen
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denn Franzosen nit obligirt sein, zumahln Churbayern handtgreifflich ver-
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merkhen , das er betrogen wer, und daher ursach nemmen, mit Ihr Kayser-
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licher Maiestät besser anzehalten. Sonsten aber, wafern Ihr Kayserlicher
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Maiestät sachen also bestellt, daß sie dise campagna außhalten köndten und
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wenigst sich vor weiterm verlust verwahren köndten, so wolt er selbst nit
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rathen, daß man sich so weit gegen den Franzosen oder Schweden bloß-
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geben solt, dann die zeit würde alsdann die handlung wol etwas leichter
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machen.

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Demnach ist er auch auff die Spanische proposition kommen, vermeinte, daß
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diser modus, so sie gebraucht, gar nit fürträglich. Die Franzosen hetten
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gleich sich darüber vernemmen lassen, die Spanier wurden sich betrogen
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finden, wann sie vermeinten, daß Frankreich von denn eingenommnen
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plätzen einigen fueß brait zurukhgeben wurden, wo inen nit ein equivalente
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dagegen eingeraumbt wer. Ja sie begehrten noch, daß man inen Tarracona,
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Tortosa, Lerida

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Tarragona, Tortosa und Lérida, befestigte Städte in Südkatalonien.
abtretten solt etc. Einweder müeßten ine alle coniecturae
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betrüegen oder es werde dabei verblaiben, daß die Franzosen weiter nichts
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dann Catalonia abtretten, daß übrig aber alles innbehalten und sich weiter nit
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treiben lassen werden. Der conte d’Avaux wer ime heüt begegnet, den er
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gefragt, wo er gewesen, und als der geanttworttet, bei denn Hollendern,
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zu wissen begehrt, waß dann diselben zu der Spanischen proposition sagten.
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D’Avaux geanttworttet, sie hofften, die Franzosen würden hierinn nit weni-
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ger generose als sie, Hollender, procedirn und denn Spanischen nichts zu-
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rukhgeben , dann sie weren es auch nit bedacht, allermaassen ihre mit Frank-
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reich auffgerichte letztere pündtnus solches außweisen thet. Neben deme ist
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er, ambassador, wider auff die practic vom heurath zwischen Spania und
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Frankreich kommen und sagte, man hette villeicht vermeint, ein gelosia dar-
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durch bei denn Hollendern zu erwekhen, die beruefften sich aber auff eine der
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Niderlanden halb alberait zwischen inen und Frankreich gemachte abthei-
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lung , wie weit namblich ein und ander theil mit seinen waaffen progredirn
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solt, und sagten, Frankreich wurde dißortts bei demselben pacto bleiben
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müessen, so hetten die Staaden hingegen den andern theil under sich ze
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bringen.

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Herr obristhofmeister bedankhte sich selbst dises discurs und darinn ver-
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merkhter avertimenti, gab aber zu vernemmen, wir hetten dißortts anderst
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nit verfahren könden, sondern wenigst die iustitiam caussae nostrae ver-
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fechten müessen, auff daß mitler zeit der gantzen weit die unbillicheit, mit
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deren die cron Frankreich gegen Ihr Kayserliche Maiestät und dem reich
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verfahren, vor augen gestellt werden köndte. Neben deme so wer auch der
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ständen gmeiner schluss, der protestirenden sowol als der catholischen, da-
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hien gangen, daß dise offerta repetirt, auch dabei die caussae außgefüert
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werden solten, warumb Frankreich damit content ze sein und dem reich mit
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weitern zumuetten zu verschonen. So wir diß nit gethan und zu andern
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mediis vorgeschritten weren, so wurden die stände sich entschuldigt haben,
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daß solches wider ihren willen geschehen, und also den last einzig und allein
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Ihr Maiestät und dero hauß auffm halß ligen lassen. Waß sonsten sich die
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Franzosen vom Kayserlichen hof vor nachricht ze haben berüembten, da
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weren die nit also bewandt noch auch dem Mandl selbst bewußt, wahien Ihr
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Kayserlicher Maiestät resolutiones in specie giengen. Sed Venetus perseuera-
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bat in opinione sua, daß einmal die Franzosen von allem umbstendliche
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nachricht durch schreiben vom Kayserlichen hof erlangt. Im übrigen haben
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sie, mediatores, sambtlich geanttworttet, daß wir hieran nit unrecht theten.
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Und diweil unsere duplica allerhandt wichtige considerationes in sich hielte,
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so begehrten sie, wir inen selbige in schrifften zustellen wolten, allein damit
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sie ihre notanda darauß machen und desto bestendiger darauff mit denn
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Franzosen negocirn köndten. Wölches auch bewilligt, doch allein zu ge-
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meldtem ende und nit, das man sich hierunter mit dem gegentheil in fernere
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schrifftwexlung einzelassen begehrt. Ita discessum.

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