Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 III 11

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1645 III 11
Sonntag

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36 Dominica] am Rande: Venetus cum Trautmansdorfio de satisfactione Gallorum.
Dominica, 11. huius, seind Ihre Excellentz, herr
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obristhoffmeister, vonn dem herrn Venetianischen pottschafter besuecht
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worden, da nun die discorsi hauptsachlich auff deme bestanden:

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Der Venetus, als er vom puncto satisfactione zu reden angefangen, meldet,
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daß die Franzosen einmahl vom Elsaß nit weichen wolten. Darauff wurdt
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ime geanttworttet, es köndte sich hingegen Ihr Kayserliche Maiestät zu

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dessen vergebung nit verstehen, mit einfüerung aller hierzu dienlicher ur-
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sachen . Unter anderm aber wurde vornemblich angezogen, daß hierdurch
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auch daß gantze hertzogthumb Lothringen verloren gehen wurde, wölches
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ja nit zu veranttwortten, daß man dises hohe und uralte hauß dergestalt von
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landt und leütt verjagen und vertreiben lassen solt.

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6 Der] am Rande: Lothringen.
Der Venetus anttworttet, die Franzosen liessen sich vermerkhen, wann der
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Kayser Lothringen abbandonirn thet, daß sie hingegen auch daß Elsaß desto
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ehender abzetretten sich resolvirn derfften. Responsum, diß köndte sine nota
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perfidiae nit sein, aber daß möcht wol geschehen, daß man Frankreich die
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vestungen Jamais, Astenay und Clermont

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Jamets, Stenay und Clermont-en-Argonne (Hgt. Bar) hatte Karl IV. von Lothringen im Vertrag
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von Paris 1641 III 29 auf immer an Frankreich abgetreten.
inhalts anvor vom hertzogen mit
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der cron gemachten verglichs überlassen thet. Durch wölche plätz, weil one-
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das La Motta beraits demolirt, hette Frankreich ein freyen pass in Lothringen
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und auß demselben neben denn stätten Metz, Tull und Verdun in Teutsch-
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landt , so zu der pretendirten sicherheit mehr dann gnugsamb. Daß sie aber
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mit gantzer macht dem Teutschlandt uffm halß ligen und solchen ansehen-
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lichen tractum am Rein und Voges unter sich haben solten, daß köndte man
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nit gestatten. Ihr Excellentz allegirten dabei ein discors, so hievor mit der-
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selben ein Venetianischer pottschaffter wegen Pignerolo gehalten, der ge-
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sagt , die Italianischen stände hetten gnug daran, wann die Franzosen dise
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porten in Italien offen hetten, damit sie sich etwan deroselben hilff bedienen
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köndten, wann die Spanier ze insolent werden wolten; daß sie aber mit
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dem gantzen corpo in Italien eintringen solten, daß were nit zuzelassen.
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Ein gleiche meinung hett es auch mit der Franzosen pretension auff das
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Elsaß.

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Solches alles namb der Venetianer wol auff und hielts für billich. Sagte
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weitter, die Franzosen weren in euentum erbiettig, der Tyrolischen lini
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järlich in 50 000 cronen vor die einkunfften deß Elsaß zu bezahlen. Respon-
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sum , landt und leütt weren nit ze schätzen und köndte man diser pension
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benebens nit lenger gesichert sein, dan solang es denn Franzosen beliebte.
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Sie argumentirten steets, daß inen vom hauß Österreich vil entzogen wor-
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den . Sie müeßten aber wissen, daß daß Teutsche hauß Osterreich mit dem-
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jenigen , so sie an Spania pretendirten, immediate nichts ze thuen und derent-
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wegen auch nichts zu entgelten. Und eben diß wer ein ursach, warumb Ihr
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Excellentz in denn tractaten nit fortfahren köndten, dann weil beede häuser
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gegeneinander interessirt und mutuam successionem hetten, so köndte der
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punctus restitutionis oder satisfactionis nit erledigt werden, biß ein erclä-
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rung von Pariß komme, waß die königin über deß königs in Hispanien an sie
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beschehene remission ze thuen gesinnet wer. Deßgleichen müeßten Ihr Ex-
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cellentz auch ein resolution von Ihr Kayserlicher Maiestät erwartten. Sie
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fragten demnach den Venetianer, posito non concesso, wan man sich mit

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denn Franzosen ie vergliche, waß für ein fructus darauß zu verhoffen, ob sie
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dem Kayser contra Schweden und die protestierenden wegen ihrer allerseits
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unbillicher praetensionum beistehen würden. Ille respondebat, quod non,
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daß aber hetten sie inen, mediatorn, an handt geben, wann sie mit Österreich
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verglichen, so wolten sie die Schweden autoritate et interpositione sua ver-
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mögen , daß sie sich mit billichen conditionibus müeßten begnuegen lassen,
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deßgleichen die protestierenden behandlen, daß sie von dem termino ad
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annum 1618 abweichen, auch die res iudicatas et transactas in ihrem standt
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lassen wie auch sonst wegen der grauaminum sich anderst accomodirn
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müeßten. Daß Pfaltzische wesen wolten sie dergestalt accommodirn mit
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auffrichtung deß achten electorats, daß die anforderung der 13 million in drei
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theil abgetheilt, ein part daran Bayern nachlassen, den andern Ihr Maiestät
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und den dritten Pfaltz zahlen solt. Sed replicatum, Ihr Maiestät müeßte diß-
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ortts nichts zugemuettet werden. Die waaffen aber wider ein und ander theil
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zu ergreiffen, weren sie nit gesinnt.

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Vom armistitio redten sie, Franzosen, weiter nichts. Sie beclagten sich, Ihr
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Excellentz hette denn Schweden a part vil offerte gethan, deßgleichen auch
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die stände mit schenkhen und gaben an sich zu ziehen unterstanden. Respon-
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sum , denn Schweden were bei weittem nit so vil anerbotten worden, als
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gegen denn Franzosen beschehen. Mit anziehung der ständen geschehe
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ihnen unrecht, dann dergleichen were nie gedacht noch gesuecht worden.
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Man hette dennselben liberrima vota gelassen. Man werde auch in tractandis
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grauaminibus weiter nit gehen, als, waß die stände selbst untereinander wer-
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den vergleichen, selbiges cum autoritate nominis Caesaris ze approbirn und
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etwan, wo sie der interposition deferirn würden, waß zu vergleichung thuen-
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lich wer, anzewenden. Daß aber die Franzosen sich von ettlichen deputirten
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mit außgefallnen votis betrogen finden, dessen hetten sie sich nit zu ver-
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wundern , dann solche deputati müeßten secundum instructiones ihrer prin-
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cipaln votirn, wölche sich das interesse publicum mehrers als etwan solche
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privatpersonen angelegen sein liessend. Mit dergleichen discorsi hatt der
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pottschafter sich in 3 stuendt bei Ihrer Excellentz auffgehalten.

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