Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 IX 16

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1645 IX 16
Samstag Sambstags, den 16., nach Oßnabrukh, das die Mag-
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denburgischen unrecht, sich auff unß beziehen, ob solten wir inen ver-
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tröstung gethan haben, sie ad consultationes ze admittirn [ 813 ].

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Eodem an herrn churfürsten von Cöln wegen deß Benighausens abfall und
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außtretten [ 814 ].

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6 Eodem] am Rande: Haßlang referirt der Franzosen ime gethande erinnerung von deß
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Kaysers mit Spania vorhabender newen confaederation.
Eodem nachmittag hatt unß der herr von Haßlang besuecht und angezeigt,
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wie das vergangnen donnerstag der duca di Longavilla an ine geschikht, daß
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er zu ime kommen wolt sachen halb, daran gelegen. Und als er sich darauff
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bei ime eingestellt, hett er ime einen Franzosischen vom adel gewisen, na-
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mens Belgerac

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Biographische Daten konnten nicht ermittelt werden.
, sagendt, eben dis ist der, so erst von Pariß kombt und von
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dessentwegen ich den herrn ersuecht hab, zu mir ze kommen. Dabei hetten
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sich d’Avaux und Servient auch befunden. Deß duca proposition were ge-
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wesen , sie hetten auß guettem vertrawen, so sie zu denen Churbayrischen
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gesandten tragen theten, nit umbgehen mögen, ime zu eröffnen, wie daß sie
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mit disem ietztgemeldten aignen currier von Pariß weren avisirt worden, daß
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der Spanische ambassador am Kayserlichen hof, duca di Terranuova

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Diego de Aragón Tagliaviay Pignatelli (gest. 1674), duque de Terranova, principe de Castel-
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veterano , condestable y almirante de Sicilia, Reichsfürst und ksl. Geheimer Rat 1648, spanischer
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Botschafter in Wien 1645 – Dez. 1648, in Rom 1654–1657. Vgl. F. H. Schwarz S. 364f.
, mit
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Kayserlicher Maiestät newe starkhe alliance und kriegsconsilia tractiren thet,
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so zwar Ihr Maiestät noch nit hetten annemmen wollen, man stüende aber
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noch im tractat. Nun hetten sie, Bayerische gesandten, wie ihr herr selbst
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allzeit vorgeben, daß der Kayser mit ernst einen friden begehren thet, da sie
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aber bei solchen vorlauffenden handlungen daß widerspil verspüeren müß-
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ten , wie es dann mit denn Kayserlichen gesandten allhie fast gleiche meinung,
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als wölche sich iederzeit lamentirt, das sie, Franzosen, ihre propositiones nit
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edirn wolten; anietzt aber, da solche schon vor 3 monaten eröffnet, könde
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man einige anttwortt von dennselben nit erhalten, sondern werde alles uff
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den langen bankh gespilt und von tag zu tag auffgezogen. Man solte vor sich
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sehen, der fride mit Dennemarkh wer gemacht

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Schwedisch-dänischer Frieden von Brömsebro 1645 VIII 23 (Druck: Sverges Traktater
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V 2 S. 591ff).
, so stüende es mit Engellandt
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auch auff einem verglich. Waß den friden mit dem Ragoczi anlangte

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Frieden von Lampersdorf 1645 VIII 22, vom Kaiser ratifiziert Linz 1645 XII 16 (Druck:
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J. Dumont VI 1 S. 329ff).
, werde
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man Kayserlicherseits sich dessen nit zu erfröwen haben, sondern baldt waß
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anders vernemmen. Letztlich hatt er auch wegen eines cartels, so zwischen
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der Französischen armada und Ihr Churfürstlicher Durchlaucht in Bayern
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auffzerichten vor sein soll und wegen gefenklicher uffhaltung der Teütschen
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obristen Rosa, Schmidtbergs

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Die Obersten Reinhold von Rosen (gest. 1667) und Schmidtberg der Weimarischen Armee waren
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bei Mergentheim gefangen worden und wurden durch den Ulmer Waffenstillstand 1647 wieder befreit
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(F. W. Barthold II S. 510, 594).
etc. meldung gethan etc.

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Uff dise proposition hett er, von Haßlang, ime geanttworttet, waß den duca
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di Terranuova anlangte, hette er von seinem gnädigsten herrn die bestendige
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nachricht, daß er dergleichen commission gar nit hab, sondern vilmehr daß
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pacificationwesen starkh ze treiben bevelcht sei und allein als ordinari am-
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bassador am Kayserlichen hof sich auffhalten soll. Wie dann an Ihr Kayser-
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licher Maiestät und deroselben gesandten auffrichtiger fridensintention sie ze
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zweiflen gar kein ursach, dann er wüßte, daß sie mit genugsamer instruction
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gefaßt und allein verlangten, daß sie dessentwegen mit denn ständen zu
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deliberation kommen möchten. Daß aber die stande bißher so uneinig
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undereinander und sich noch nit zu einem rechten modo consultandi ver-
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gleichen wollen, dessen tragen die Kayserlichen nit, sondern sie, Franzosen,
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schuldt. Er hetts inen öffter gesagt, daß die erscheinung aller reichstände
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nichts anders dann solche confusiones und verlengerungen causiren wurden.
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Waß aber die Dennemarkhischen und Engellandischen fridenssachen an-
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langte , müeßte mans dahiengestellt sein lassen, es derfften dannenher inen,
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Franzosen, selbst wol ebenso grosse gfarlicheiten uff den halß wachßen, als
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sie vermeinen, das Teütsche catholische weesen darvon solte zu gewartten
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haben. Vom cartel were ime nichts bewußt. Ihr Churfürstliche Durchlaucht
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wurden der sachen schon ze thuen wissen, und hetten sie, Franzosen, wegen
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auffhalts der Teütschen obristen kein billiche clag ze fueren, dann es wer ein
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grosser unterschiedt zwischen dennselben und andern außlendischen, so
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sich in Französischen diensten befinden theten. Dise weren subditi et vasalli
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deß reichs, und hette man also mehr ursach zu inen als andern. Sie, Franzo-
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sen , sollen bedenkhen, ob sie einem Französischen vasallo, so in deß Kaysers
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diensten von inen gefangen, so leicht wurden pardoniren. Dises hette er unß
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also im vertrawen anzeigen wollen.

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Wir haben unß dessen bedankht und gesagt, daß er recht und wol geantwort-
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tet hette. Wie wir dann ein und anders mit mehrerem außgefüert und sonder-
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lich remonstrirt, wann schon waß dran wer, das der duca di Terranova solche
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commission haben solt, so wunderte unß doch, wie die Franzosen so unver-
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schambt , daß sie dem Kayser dessen unrecht geben wolten, so doch bekandt,
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daß sie die gantze zeit, als sie von Pariß ab- und hieher geraißt und sich allhie
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auffgehalten, nichts anders gethan, als daß sie ein pundtnus über die ander
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und newe kriegsverfassungen wider Ihr Kayserliche Maiestät und dero hauß
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practicirt, wie solches ihre Hollendischen, Dennemarkhischen, Schwedischen,
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Polnischen, Ragocischen und Constantinopolitanischen handlungen und noch
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anietzt die Benninghausischen practicquen gnugsamb vor augen stellen the-
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ten . Ob sie dann vermeinen, das der Kayser so blindt sei und dis nit sehen
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oder so schläffrig sein und sich nit uffs allerbest mit seinen freunden in gegen-
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verfassung halten soll? Im ubrigen were unß nichts liebers, dann daß wir ad
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editionem responsionum ad propositiones aduersariorum gelangen köndten.
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Es weren aber bewußtermaassen die disputata zwischen denn ständen super
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modo consultandi biß annoch im weeg. Weren iedoch erbiettig, sobaldt nur
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uber daß iungst allhie gemachte conclusum von denn zu Oßnabrukh ein er-

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clärung einlangte, mit der communication fortzefahren, dann wir zweifelten
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nit, biß nechts kommenden zinstag wurde von Ihr Kayserlicher Maiestät
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über das, so zu Munchen ze emendirn nothwendig befunden wer, ein resolu-
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tion einkommen. Ja, wir wolten auch endtlich dahien bedacht sein, ob bei
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lenger continuierender unrichtigkheit inter status nit immediate mit der edi-
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tion an die gegentheil fürzegehen sein werde. Darauff sagte Haßlang, sein
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gnädigster herr considerirte eben disen casum und wolte von unß vernem-
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men , wie wir unß uff disen fahl ze guberniren gedächten, dann Sein Churfürst-
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liche Durchlaucht vermeinten, daß man sich solche disputata statuum nit solte
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auffhalten lassen. Respondimus, es werde in allweg vonnöthen, vordrist
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denn ständen in crafft Ihr Maiestät gnädigsten bevelchs die verfaßte respon-
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siones ze communicirn. Quo facto wolten wir ein tag ettlich der consultation
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zuwartten. Wann wir aber solten verspüeren, daß es sich zu lang verweilen
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thet, so wolten wir die deputatos ordinarios zu unß erfordern und inen
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anzeigen, wo die stände sich nit resolviren, sondern das werkh lenger auff-
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halten solten, so weren wir benöthigt, mit der edition ad coronas immediate
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fürzegehen. Quod et approbauit.

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Darauffhien seiend wir der Münchischen correcturen ze red worden, da er in
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puncto armistitii et satisfactionis sich nit lassen entgegen sein, wann man es
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schon preteriren solt. Deßgleichen apud articulum 10 von deß Bragantini
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liberation

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Eduard Hg. von Braganza (1605–1649), Bruder des Königs Johann IV. von Portugal; seine Frei-
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lassung war in Punkt 10 der französischen Proposition vom 11. Juni 1645 gefordert worden.
sagt er in specie, daß sein gnädigster herr ime deßwegen nichts
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geschriben.

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Eodem sambstag abendts, 16. huius, von Oßnabrukh anttwortt uff unser vor-
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gehendes vom 15. huius. Seyen mit unß einig, das ungehindert deß Kayser-
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lichen bevelchs die propositiones beeder ortten uff einen tag ze thuen, so aber
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ante 20. huius nit sein köndt, und daß wir interea die responsiones, qua forma
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die ein und andern ortts ze producirn, einander communicirn solten [ 815 ].

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