Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 VII 8

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1645 VII 8
Samstag

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28 Disen] am Rande: Continuatae instantiae Gallorum pro titulo altessa duci Longavillano.
Disen freytag nach- und folgenden sambstag vormit-
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tag haben sich die Franzosen vilfeltig bemühet, uns zu bereden, daß wir dem
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duca di Longavilla daß predicat altesse geben oder wenigst ine in tertia per-
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sona ansprechen und vor dem conte Pineranda visitiren wolten. Dann es
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schikhte der d’Avaux underschiedlich zu mir, Volmarn, und liess allerhandt
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partiti vorschlagen. Zuletzt, als sie sachen, daß nichts außzerichten wer, haben
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sie auch an die churfürstlichen gesandten geschikht, wölche darauff den cantz-
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ler Buschmann dreimahl nacheinander zu mir geschikht, und erstens, daß man
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die visite gegen denn Pineranda antehen anstehen lassen wolt, biß von Ihr Kayserlicher
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Maiestät ein resolution einkömme, sodann, daß man den duca in tertia per-
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sona vorvisitirn, und endtlich, daß man wenigst zum conte d’Avaux schikhen

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solt, weil wir ie die visita nit mehr abstellen köndten, so were doch unser
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meinung nit, hiedurch dem bißher gebrauchten rango in ablegung der visi-
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ten ze praeiudicirn oder ine, duca, ze despectirn, sondern uff erfolgenden
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Kayserlichen bevelch ime alsdann sein gebür auch zu erweisen.

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Seitemaln wir aber über dise beede erste vorschläg iedesmals mit don Saa-
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vedra communicirt und so vil vermerkht, daß weder eins noch anders an-
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nemblich , sondern hierdurch bei denn Spanischen weit mehrern ungunst als
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bei den Franzosen gunst zu gewartten sein werde, unß auch nit verantt-
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worttlich sein wöllen, daß wir dem Kayser ein so nachverwandten, starkhen
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und mächtigen freundt gegen eines feindts unversichertem anerbietten be-
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unlustigen solten, und noch darzu bewußt gewesen, daß der duca di Lon-
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gavilla dise praetension nit auß ordre seines königs oder der königin, son-
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dern vor sich selbst suechte, inmaassen beede, d’Avaux et Servient, dem
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herren nuncio, ut ipse domino comiti a Nassau coram retulit, selbst bekennt
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haben, also haben wir beede vorschläg den Franzosen rundt abgeschlagen,
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aber den von Salis

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Henri de Sailly.
zu dem conte d’Avaux sambstags nachmittag umb 2 uhr
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geschikht mit disen formalibus: Wir vernemmen, daß die herrn Französische
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plenipotentiarii etwas ungleich vermerkhen wolten, daß wir vorhabens we-
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ren , den conte Pineranda zu besuechen. Nun weren wir willens gewesen,
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solche ehr dem hertzog von Longavilla gleich nach seiner einkunfft und also
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vor dem Spanischen gsandten, als der noch nit vor handts gewesen, zu erwei-
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sen , inmaassen wir eben zu solchem ende ine, Sali, zu dem besagten hertzo-
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gen geschikht und ine bewillkommen, auch die anzeig thun lassen wollen,
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daß wir erbiettig weren, sobaldt es sein gelegenheit sein werde, ine selbst
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zu besuechen und unser gebür gegen ime zu verrichten. Dieweil aber der
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unserige nit vorgelassen noch sein commission von andern angehört wor-
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den , zumaln man sich biß daher wegen des angemaaßten predicats altesse
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nit verglaichen könden, auch in unserer macht nit stüende, hierunder one
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Kayserlicher Maiestät bevelch waß nachzegeben, inmittelst unß auch ge-
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büeren wolle, den conte Pigneranda zu besuechen und nach anlaittung deren
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zwischen Kayserlicher Maiestät und dem könig in Hispanien stehender
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nahender verwandtschafft, confoederation und pündtnus nothwendige con-
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ferentz über die gegenwerttige tractatus mit ime einzefüeren, so hetten wir
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solches lenger nit könden anstehen lassen, sondern werend bedacht, uff disen
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nachmittag umb 4 uhr unsere visita gegen demselben zu verrichten. Wir
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begehrten aber hierdurch deren bißher im visitirn unter denn anlangenden
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und anwesenden gsandten allhier gehaltner ordnung nichts ze pregiudicirn,
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sondern bliebendt erbiettig, uff einlangenden Kayserlichen bevelch alsdann
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auch gegen offtbemeldtem duca unser gebür zu verrichten.

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Der von Salis hett zur anttwortt bekommen, erstens daß wir zu keinem
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afronte auffzenemmen hetten, daß er vom duca nit gehördt worden, dann er
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hette nichts von ime gewüßt. Sodann hetten er, d’Avaux, und Servient sich

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bißher bemuhet, ein mittlung ze treffen, und ersuechte er unß, wir wolten
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ime doch wenigst in tertia persona die visita, noch ehe wir zu denn Spani-
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schen giengen, anerbietten. Er versicherte, daß der duca damit content sein
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wurde, inmaassen die mediatores beraits auch in solcher formb die visita
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gegen ime verrichten wurden, und wann wir ie vermeinten, daß es gegen
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denn Spanischen difficultet geben solte, so möchte villeicht sich der duca uff
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solch unser anerbietten entschuldigen, daß es ietzt sein glegenheit nit sein
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würde. Ausserhalb dessen sorgte er, daß es sonst wol möchte unglegenheit
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in denn tractaten abgeben. Wir haben unnöthig erachtet, hierauff ferners
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ze replicirn, sonderlich weil wir anderwerts aviso gehabt, daß es eben dahien
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gemeint, wann wir auch in tali forma gegen ime, hertzog, geschikht, er sim-
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pliciter die audientz oder visita wurde außgeschlagen haben. Wer also
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doppleter affronto gewesen.

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14 Und] am Rande: Visitatio ad comitem Pineranda.
Und seyend demnach zu dem conte Pineranda gefahren, der sich wegen
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etwas unglegenheit ex parotide zu beth gefunden, und haben nach abgelegten
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complimenti ime den gantzen verlauff mit diser Longavillischen pretension
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erzehlt, auch sonderlich von ime zu vernemmen begehrt, ob er vermeinte,
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daß wir ine in tertia persona besprechen möchten. Er sagte aber kurtz mit
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disen wortten: ’Ego vero non faciam. Hoc ipso enim videbimur nos ipsosmet
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indigniori titulo insignitos confiteri, quam dux ille sibi conuenire arbitrare-
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tur ‘. Darauff haben wir unß gegen ime erclärt, daß wir es auch dabei bewen-
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den und, wann schon die mediatores bei unß ansuechen solten, daß wir
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ihrem exempel folgen und in tertia persona die visita verrichten möchten,
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unß dessen nichts irren lassen wolten. Ita post multas ultro citroque factas
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beneuoli animi declarationes discessimus.

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Eodem, ehe wir auß deß herrn grafen losament unß begeben, waren die
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mediatores ambo beraits beim Longavilla. Und ob wir zwar erst post sextam
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wider zurukhkommen, weren sie doch noch bei ime.

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