Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 VI 26
1645 VI 26
Montag Montags, 26. huius, seyend die herrn Churcölnischen,
Bayrischen und Brandenburgischen zu unß kommen
Vgl. APW [ III A 1,1 S. 162ff. ]
, und haben wir inen
vorgehenden verlauff ad longum erzehlt und zu ihrer weitern consultation
gestellt. Darauff sie ihre meinung per Dr. Buschmann dahien eröffnet: Sie
bedankhten sich vordrist unserer bei disem werkh zu fürkommung aller
unglegenheiten gebrauchter sorgfalt, woltens ihren herrn principalen ze refe-
rirn und anzerüemen nicht underlassen. Möchten im übrigen wünschen,
daß die sachen also beschaffen, daß sie ein oder anders der proponirten
mittlen köndten annemmen. Nachdem aber von dem Venetianischen am-
bassador alles auff die extrema gesetzt werde, so wuerden sie, churfürstliche,
mit annemmung der vorgeschlagnen mittlen anders nichts außrichten, als daß
sie ime die waaffen wider sich selbst in die handt geben theten. Solte ie ein
medium ergriffen werden, so müeßts also gestaltet sein, daß dardurch dem
Veneto kein actus possessorius nachgeben noch auch denn herrn chur-
fürsten benommen werde. Es were nun gnugsamb bekandt, daß die herrn
churfürstlichen bißher an ihrem ortt nichts hetten ermanglen lassen. Und ob
sie zwar kein ursach hetten, sich in einige mittlung zu verstehen, als die sich
in possessorio fundirt ze sein wüßten, jedoch und damit nochmaln an ihrer
seitten daß geringste nit ermanglen thue, so wolten sie unß anheimbgestellt
sein lassen, ob wir, doch ihrer unvermerkht und vor unß selbst, nochmaln
dise mittel proponiren wolten: 1. Daß beede theil sich diser cortesia deß ent-
gegenschikhens enthalten, 2. wann diß nit annemblich, ob der Venetianisch
pottschaffter seinen ministrum in deß herrn nuncii gutschen einkommen
liesse, so wolten es die churfürstlichen auch also halten und ihre ministros zu
denn Kayserlichen in dero wagen einkommen lassen. Und diß ein und
andern fahls sine utriusque praeiudicio, auch also zu verstehen, daß es simul et
in uno eodemque actu geschehen solt.
Soluto consilio war ich zwar willens, mit guettfinden herrn grafens also-
gleich zum herrn nuncio ze gehen und ime solche fernere proposition ze
thun, weil es sich aber zu lang verzogen und gleich vom herrn nuncio ein ca-
pellan vorhanden war, der die beschaffenheit zu vernemmen bevelch hatte, so
haben wir ime, wie weit es kommen wer, zuentbotten und ersuecht, mit dem
Veneto hierunder weiter zu handlen. Er hatt aber baldt hernach wider zu
mir geschikht und mich ersuecht, ich wolte selbst mit dem Veneto reden. Hab
mich derentwegen alsbaldt zu demselben verfüegt und ime in Italienischer
sprach nachfolgenden vortrag gethan:
Wir hetten denn herrn churfürstlichen gesandten die von ime, ambassador, an
unß gelangte erclärung bestermaassen vorgetragen und köndten ime bezeu-
gen , daß sie sich diß werkh nit wenig liessen angelegen sein und zwar gern
einig mittel ergreiffen wolten, dardurch anderwerttige unglegenheiten, son-
derlich sein, ambassadors, verunlustigung köndt verhüettet werden. Nach-
dem aber sie, churfürstliche, vermerkht, das er so expresse und beharrlich die
praecedentz seiner republic wider die herrn churfürsten behaupten wolte, so
theten die sich nunmehr auch benöthigt finden, auff die handthabung dessen,
so sie ihren herrn principalen zustendig ze sein erachteten, zu gedenkhen.
Hetten iedoch unß, Kayserlichen, nochmaln anheimbd geben, ob wir einig
beeden theilen unpreiudicirlich mittel erfinden möchten. Wir hetten unsers-
theils der sachen mit fleiß nachgedacht, und möge er, ambassador, versichert
sein, daß wir ob diser begegnus ein grosses missfallen tragen theten, als die
wir von Kayserlicher Maiestät bevelcht weren, alle occasiones zu vermeiden,
dardurch man in solchen competentzstreitt würdte eingefüert werden. Wir
wißten auch gar wol, daß Ihr Kayserliche Maiestät noch mehrere empfindt-
licheit darob fassen und deren will und meinung gar nit sein werd, daß der
republica noch ein so hochqualificirtem ministro derselben einiger disgusto
solte causirt werden, als wir auch verhofften, er wurde unß daß gezeügnus
geben, daß wir biß daher unß aller gebür gegen ime betragen und bei disem
particular nichts hetten an unserem zuthuen zu erhaltung guetten glimpffs
ermanglen lassen. Dem allem nach so hetten wir nach erwegung aller bißher
uff die baan gebrachter mittel keine befunden, deren eins one wenigern
nachtheil der beederseitts interessirter parteyen admittirt werden köndte, als
die beede obgemeldt. Ersuechten ine hiermit, er wolte sich pro sua prudentia
auch so weit darvon nit absöndern. Es hette die republic ein grosse reputation
erhalten, daß sie unter denn höchsten potentaten der christenheit sich der
mittlung unterzogen, ihre reputation wurde noch grösser sein, wann sie
auch in disem accidenti, so ihr aigen reputation betreffe, nit so gar in extre-
mis verharren, sondern mit ihrer schleunigkheit ein exempel geben thet,
waßmaassen die streittende und kriegende parteyen ihre gemüetter mit hind-
ansetzung der privatrespetti gegeneinander lindern und vermiltern sol-
ten , etc.
Hierauff hatt er sich ebenmässig mit einer glimpffigen und wolgemässigten
anttwortt vernemmen lassen. Er wißte wol, daß Ihr Kayserliche Maiestät
der republic alle müglichste satisfaction zu geben genaigt und dero ministri
ebenmässig solches ze thun begihrig weren, wie er auch sich gegen unß zum
höchsten zu bedankhen hett, daß wir hierunder mit solcher dexteritet ver-
fahren weren, und wolte es der republica, auch dem ambassador am Kayser-
lichen hof anzerüemen nit underlassen, waß aber die vorgeschlagene mittel
anlangte, da wüßte er sich ie dazu nit zu verstehen. Er streitte nit de lucro
captando, sondern de damno vitando. Er begehre denn churfürstlichen
nichts ze nemmen, sondern allein daß zu behalten, dessen er in possessione
sei und so sie ime nit geben hetten. Die mittel weren also beschaffen, daß sie
nit allein ime von seinen rechten entsatzen, sondern auch bei denn cronen
allerhandt nachgedenkhens caussirn theten. Derentwegen hoffte er, wir
wurden ime nit ubel außdeutten, daß er auff seiner resolution verharren
müeßt. Er wolte sein carozza, wie bißher iederzeit beschehen, immediate
denn cronen nachschikhen. Solte er darvon vertrungen werden, so wurde er
sich retiriren und der republic ordre erwartten müessen. Repetirte damit
kurtzlich die argumenta pro republica und darunder sonderlich, daß auch in
consilio Tridentino die precedentz contra Bayern et electores derselben were
zugesprochen worden.
Und alß ich sagte, meines erinnerns theten die herren Churbayrischen gesand-
ten disen actum pro se contra rem publicam allegirn, stuende er gleich vom
stuel auff und bracht mir auß seinem gabinetto einen Lateinischen histori-
cum , si bene memini, Monsazeni
genant, wolcher die Venetianischen histo-
rias ab anno 1521 biß uff 1615 beschreibet, in wölchem er mir einen pass vor-
gewisen , darinn vermeldet würdt, es hette hertzog Albert auß Bayern beim
concilio seine legatos gehabt, einen freyherrn, Paumbgarttner genant, sambt
einem theologo auß der societet Iesu
, wölche sich der precedentz wider den
Venetianischen gesandten angemaßt, und als man sie nit hette vergleichen
könden, were es endtlich an Ihr Papstliche Heyligkheit gelangt und von der-
selben resolvirt worden, daß man denn Bayerischen die unthuenlicheit ihres
begehrens solte zu verstehen geben, und da sie sich nit bequemen wolten, per
sententiam der republic die precedentz zusprechen, wie beschehen. Darauff
hette die Bayerische gesandtschafft sich zwar erclärt, daß propter commune
bonum vor dißmal den Venetianischen pottschafftern den vorsitz verstatten,
im übrigen aber quoad futuros casus denn principibus electoribus et statibus
imperii daß ius praeeminentiae in optima forma reservirt und behalten
haben wolten. Der Venetianische ambassador aber hette alsbaldt dargegen
protestirt, nit nur vor dißmal, sondern zu allen künfftigen fählen were der
republic die precedentia de iure et iustitia zustendig. His ita ultro citroque
dictis et replicatis officiis discessi. Aduertendum tamen, das er hiebei auß-
truklich gesagt, es sei hierauß clarlich abzenemmen, daß die churfürsten den
Kayser für ein stummes idolum machen, allen gewalt an sich reissen und
sonderlich Bayern zu keinem billichen friden sich verstehen wolle. Deß-
wegen er und sein instrumentum, der bischoff von Oßnabrukh, dergleichen
competentzstreitte erfunden hetten, dardurch sie wol wüßten, daß dise con-
gress zerschlagen werden müeßten.
Bayrischen und Brandenburgischen zu unß kommen
Vgl. APW [ III A 1,1 S. 162ff. ]
vorgehenden verlauff ad longum erzehlt und zu ihrer weitern consultation
gestellt. Darauff sie ihre meinung per Dr. Buschmann dahien eröffnet: Sie
bedankhten sich vordrist unserer bei disem werkh zu fürkommung aller
unglegenheiten gebrauchter sorgfalt, woltens ihren herrn principalen ze refe-
rirn und anzerüemen nicht underlassen. Möchten im übrigen wünschen,
daß die sachen also beschaffen, daß sie ein oder anders der proponirten
mittlen köndten annemmen. Nachdem aber von dem Venetianischen am-
bassador alles auff die extrema gesetzt werde, so wuerden sie, churfürstliche,
mit annemmung der vorgeschlagnen mittlen anders nichts außrichten, als daß
sie ime die waaffen wider sich selbst in die handt geben theten. Solte ie ein
medium ergriffen werden, so müeßts also gestaltet sein, daß dardurch dem
Veneto kein actus possessorius nachgeben noch auch denn herrn chur-
fürsten benommen werde. Es were nun gnugsamb bekandt, daß die herrn
churfürstlichen bißher an ihrem ortt nichts hetten ermanglen lassen. Und ob
sie zwar kein ursach hetten, sich in einige mittlung zu verstehen, als die sich
in possessorio fundirt ze sein wüßten, jedoch und damit nochmaln an ihrer
seitten daß geringste nit ermanglen thue, so wolten sie unß anheimbgestellt
sein lassen, ob wir, doch ihrer unvermerkht und vor unß selbst, nochmaln
dise mittel proponiren wolten: 1. Daß beede theil sich diser cortesia deß ent-
gegenschikhens enthalten, 2. wann diß nit annemblich, ob der Venetianisch
pottschaffter seinen ministrum in deß herrn nuncii gutschen einkommen
liesse, so wolten es die churfürstlichen auch also halten und ihre ministros zu
denn Kayserlichen in dero wagen einkommen lassen. Und diß ein und
andern fahls sine utriusque praeiudicio, auch also zu verstehen, daß es simul et
in uno eodemque actu geschehen solt.
Soluto consilio war ich zwar willens, mit guettfinden herrn grafens also-
gleich zum herrn nuncio ze gehen und ime solche fernere proposition ze
thun, weil es sich aber zu lang verzogen und gleich vom herrn nuncio ein ca-
pellan vorhanden war, der die beschaffenheit zu vernemmen bevelch hatte, so
haben wir ime, wie weit es kommen wer, zuentbotten und ersuecht, mit dem
Veneto hierunder weiter zu handlen. Er hatt aber baldt hernach wider zu
mir geschikht und mich ersuecht, ich wolte selbst mit dem Veneto reden. Hab
mich derentwegen alsbaldt zu demselben verfüegt und ime in Italienischer
sprach nachfolgenden vortrag gethan:
Wir hetten denn herrn churfürstlichen gesandten die von ime, ambassador, an
unß gelangte erclärung bestermaassen vorgetragen und köndten ime bezeu-
gen , daß sie sich diß werkh nit wenig liessen angelegen sein und zwar gern
einig mittel ergreiffen wolten, dardurch anderwerttige unglegenheiten, son-
derlich sein, ambassadors, verunlustigung köndt verhüettet werden. Nach-
dem aber sie, churfürstliche, vermerkht, das er so expresse und beharrlich die
praecedentz seiner republic wider die herrn churfürsten behaupten wolte, so
theten die sich nunmehr auch benöthigt finden, auff die handthabung dessen,
so sie ihren herrn principalen zustendig ze sein erachteten, zu gedenkhen.
Hetten iedoch unß, Kayserlichen, nochmaln anheimbd geben, ob wir einig
beeden theilen unpreiudicirlich mittel erfinden möchten. Wir hetten unsers-
theils der sachen mit fleiß nachgedacht, und möge er, ambassador, versichert
sein, daß wir ob diser begegnus ein grosses missfallen tragen theten, als die
wir von Kayserlicher Maiestät bevelcht weren, alle occasiones zu vermeiden,
dardurch man in solchen competentzstreitt würdte eingefüert werden. Wir
wißten auch gar wol, daß Ihr Kayserliche Maiestät noch mehrere empfindt-
licheit darob fassen und deren will und meinung gar nit sein werd, daß der
republica noch ein so hochqualificirtem ministro derselben einiger disgusto
solte causirt werden, als wir auch verhofften, er wurde unß daß gezeügnus
geben, daß wir biß daher unß aller gebür gegen ime betragen und bei disem
particular nichts hetten an unserem zuthuen zu erhaltung guetten glimpffs
ermanglen lassen. Dem allem nach so hetten wir nach erwegung aller bißher
uff die baan gebrachter mittel keine befunden, deren eins one wenigern
nachtheil der beederseitts interessirter parteyen admittirt werden köndte, als
die beede obgemeldt. Ersuechten ine hiermit, er wolte sich pro sua prudentia
auch so weit darvon nit absöndern. Es hette die republic ein grosse reputation
erhalten, daß sie unter denn höchsten potentaten der christenheit sich der
mittlung unterzogen, ihre reputation wurde noch grösser sein, wann sie
auch in disem accidenti, so ihr aigen reputation betreffe, nit so gar in extre-
mis verharren, sondern mit ihrer schleunigkheit ein exempel geben thet,
waßmaassen die streittende und kriegende parteyen ihre gemüetter mit hind-
ansetzung der privatrespetti gegeneinander lindern und vermiltern sol-
ten , etc.
Hierauff hatt er sich ebenmässig mit einer glimpffigen und wolgemässigten
anttwortt vernemmen lassen. Er wißte wol, daß Ihr Kayserliche Maiestät
der republic alle müglichste satisfaction zu geben genaigt und dero ministri
ebenmässig solches ze thun begihrig weren, wie er auch sich gegen unß zum
höchsten zu bedankhen hett, daß wir hierunder mit solcher dexteritet ver-
fahren weren, und wolte es der republica, auch dem ambassador am Kayser-
lichen hof anzerüemen nit underlassen, waß aber die vorgeschlagene mittel
anlangte, da wüßte er sich ie dazu nit zu verstehen. Er streitte nit de lucro
captando, sondern de damno vitando. Er begehre denn churfürstlichen
nichts ze nemmen, sondern allein daß zu behalten, dessen er in possessione
sei und so sie ime nit geben hetten. Die mittel weren also beschaffen, daß sie
nit allein ime von seinen rechten entsatzen, sondern auch bei denn cronen
allerhandt nachgedenkhens caussirn theten. Derentwegen hoffte er, wir
wurden ime nit ubel außdeutten, daß er auff seiner resolution verharren
müeßt. Er wolte sein carozza, wie bißher iederzeit beschehen, immediate
denn cronen nachschikhen. Solte er darvon vertrungen werden, so wurde er
sich retiriren und der republic ordre erwartten müessen. Repetirte damit
kurtzlich die argumenta pro republica und darunder sonderlich, daß auch in
consilio Tridentino die precedentz contra Bayern et electores derselben were
zugesprochen worden.
Und alß ich sagte, meines erinnerns theten die herren Churbayrischen gesand-
ten disen actum pro se contra rem publicam allegirn, stuende er gleich vom
stuel auff und bracht mir auß seinem gabinetto einen Lateinischen histori-
cum , si bene memini, Monsazeni
rias ab anno 1521 biß uff 1615 beschreibet, in wölchem er mir einen pass vor-
gewisen , darinn vermeldet würdt, es hette hertzog Albert auß Bayern beim
concilio seine legatos gehabt, einen freyherrn, Paumbgarttner genant, sambt
einem theologo auß der societet Iesu
Venetianischen gesandten angemaßt, und als man sie nit hette vergleichen
könden, were es endtlich an Ihr Papstliche Heyligkheit gelangt und von der-
selben resolvirt worden, daß man denn Bayerischen die unthuenlicheit ihres
begehrens solte zu verstehen geben, und da sie sich nit bequemen wolten, per
sententiam der republic die precedentz zusprechen, wie beschehen. Darauff
hette die Bayerische gesandtschafft sich zwar erclärt, daß propter commune
bonum vor dißmal den Venetianischen pottschafftern den vorsitz verstatten,
im übrigen aber quoad futuros casus denn principibus electoribus et statibus
imperii daß ius praeeminentiae in optima forma reservirt und behalten
haben wolten. Der Venetianische ambassador aber hette alsbaldt dargegen
protestirt, nit nur vor dißmal, sondern zu allen künfftigen fählen were der
republic die precedentia de iure et iustitia zustendig. His ita ultro citroque
dictis et replicatis officiis discessi. Aduertendum tamen, das er hiebei auß-
truklich gesagt, es sei hierauß clarlich abzenemmen, daß die churfürsten den
Kayser für ein stummes idolum machen, allen gewalt an sich reissen und
sonderlich Bayern zu keinem billichen friden sich verstehen wolle. Deß-
wegen er und sein instrumentum, der bischoff von Oßnabrukh, dergleichen
competentzstreitte erfunden hetten, dardurch sie wol wüßten, daß dise con-
gress zerschlagen werden müeßten.