Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1649 II 1

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1649 II 1
Montag

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26 Montags] am Rande: Status ad Caesareanos. Accusant Suecorum tergiuersationem
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super commutatione ratificationum.
Montags, den 1. Februarii, seind vormittag die deputati
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ordinum, 1. auß dem churfürstenrath wegen Maintz Raigensperg und Meel,
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wegen Bayern Dr. Krebs, wegen Saxen Dr. Leüber, wegen Brandenburg
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Wesembeccius, 2. auß dem fürstenrath wegen Bamberg Cobelius, wegen
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Saxen Aldenburg Thumbshiern und Carpzovius, wegen Braunschweig
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Langenbekh und Lampadius, 3. auß dem stattrath die Cölnischen und Lube-
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khischen abgesandten vor unß sambtlich erschienen und folgendes anbringen
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gethan: Wir wüßten unß zu erinnern, wie offt und vil sie sich bißher be-
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müehet , bei der cronen plenipotentiariis die außwexlung der ratificationum
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dermahlen richtig ze machen, inmaassen es nunmehr mit dem Servient
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dahien kommen, daß der sich willig darzu erclärt und ihres wissens nichts

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mehr einzewenden hett noch begehrte. Wiewol sie nun verhofft, es solte bei
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denn Schweden gleichmässige willfahrigkheit erfolgen, allermaassen sie
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dessen vilfeltig vertröstet worden, so wolte doch fast daß widerspil erschei-
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nen , indem sie, Schweden, noch allerhandt difficulteten vorwenden theten,
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selbige nit allein denn ständen durch ein schrifftlich memorial zugestellt,
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sondern erst gestern abendts durch den Klere

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Vermutlich Sweder Dietrich Kleihe (vgl. unten [ S. 1249 ] ).
anzeigen lassen, wie daß auch
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der Schwedische generalissimus selbst hieher geschriben, daß er ehender
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kein commutationem ratihabitionum fürgehen lassen köndt, es were dann
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vordrist die Oßnabrukhische capitulation verglichen, 2. inen die so offt
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begehrte attestata wegen der stätten Erfuerdt und Minden immuniteten
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und privilegien ertheilt, 3. die restitutiones ex capite amnestiae et grauami-
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num durchgehend volnzogen, 4. die Churbrandenburgische cession über
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Vorpommern bei der handt und inen eingelifert, 5. die 18 tonnen goldts in
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parem gelt wie zugleich die assignationes der 1 200 000 thaler mit der gene-
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ralitet verglichen, zu wölchem ende begehrt werde, daß die stände zu der-
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selben gwisse gwaltshabere abordnen solten, mit dem anhang, weil inen,
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denn Schwedischen plenipotentiariis, bißher über dise puncten kein satis-
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faction geben worden, sondern vilmehr verspürt werde, daß die stände
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nichts zur sachen ze thuen begehrten, so were herr Oxenstirn entschlossen,
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sich nach Oßnabrukh zu begeben, deßgleichen wolte auch Salvius sich ehen-
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der hinübertragen lassen, als vergeblich also zuwartten. Nun hetten sie,
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deputati, dises anbringen, wie billich, mit sonderm befrembden angehört und
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nit underlassen, dem abgeordneten alsogleich uff ieden puncten ihre mei-
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nung und in summa so vil schließlich anzedeütten, daß sie alle solche einwen-
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dungen vor gantz unerheblich hielten, daß man derentwegen die commu-
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tationes lenger auffhalten solten. Dann waß die Oßnabrukhische capitulation
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belangte, da wer diß eine sach, so aigentlich allein den herrn bischoff und
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sein thumbcapitul, sodann daß fürstliche hauß Braunschweig angienge, und
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wer man in voller arbeit, sich derenthalben zu vergleichen; es begehrte auch
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Braunschweig keinesweegs, daß unter disem vorwandt die commutatio auff-
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gehalten werden solte. Die attestata wegen Erfurdt und Minden hette man
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niemals bewilligen wollen, sondern weil man dessen nit eins werden könden,
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so wer es entlich dahien verglichen worden, daß solcher municipalstätten
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halber der § ’Nulli autem ciuitati‘ art. 16 einkommen solt, wölchen herr
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Salvius selbst auffgesetzt und darinn derselben iura, priuilegia et immunita-
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tes uberflüssig verwahrt. Sovil die restitutiones ex capite amnestiae et gra-
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uaminum anlangte, hetten die stände sambtlich nichts mehrers gewünscht,
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dan solches allerortten gnugsamb wer vollzogen worden. Weil es aber auch
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in so kurtzer zeit nit hette geschehen könden, so seyen die stände beeder reli-
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gion dessen miteinander einig, daß es allerdings bei dem auffgerichten in-
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strumento verbleiben und, waß darinn begriffen, dem buchstaben gmäß exe-
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quirt werden und die stande beederseits mit Ihr Kayserlicher Maiestät ein-
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ander darzu crafftiglich verholffen sein sollen, wie dann ihr dessentwegen an

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dieselb unlangst abgelassnes schreiben und darinn erclärter modus exe-
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quendi mit mehrerm außweisen thet, nit zweiflend, Ihr Maiestät solches also
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ins werkh zu setzen sich gnedigst werden angelegen sein lassen. Und köndten
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die stände demnach gar nit gestatten, daß man dises punctens halber die com-
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mutationem ratificationum lenger stekhen lassen solte. Wegen der Branden-
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burgischen cession, da wer unß ein proiect zugestellt, wie man vermeint, daß
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die außzelifern; indem gleichwol diejenige praetensiones, so von denn
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Schweden super determinatione pertinentiarum latitudine litoris orientalis et
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limitum auff die baan gebracht worden, noch nit liquidirt oder verglichen,
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liessens die stände dahiengestellt sein, ob wir unser meinung eröffnen oder
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dem Churbrandenburgischen darunder selbst zusprechen wolten.

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Mit bezahlung der 1 800 000 reichsthaler seyend die stände so weit auffkom-
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men , daß sie daran biß in 1 600 000 thaler paren gelts beisamen und deren
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versichert, wolten auch der ubrigen 200 000 halber ein solch mittl ergreifen,
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daß derentwegen kein obstaculum sein solte. Mit denen 1 200 000, so uff
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assignationes außgestellt, bederffte es nichts anders, dann daß allein von dem
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generalissimo solche officir denen designirten ständen heimbgewisen wurden,
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die sich dan selbst mit inen wurden zu vergleichen wissen. Daß man aber
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zum generalissino schikhen und mit ime ein und anders abhandlen solte, daß
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hielten die stände vor ein unbillich zumuetten, man hett allein mit denn
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Schwedischen plenipotentiariis in crafft auffgelegter vollmacht ze handlen
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und sich an diselbe ze halten. Es möchte ihrer generalitet wol nimmer gele-
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gen sein, den geschlossnen friden zu volkomnem standt kommen ze lassen.
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Weiln dann auß disen nun in 6 wochen lang gebrauchten tergiuersationibus
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leichtlich zu verspüeren, daß man Schwedischerseits nur daß absehen dahien
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gerichtet, wie daß reich vollendts außgemärglet und ins verderben gestekht
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werden möge, also wer ihr, der deputirten, pitten im namen gesambter
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ständt, wir wolten inen unser guettachten und rath ertheilen, waß bei soge-
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stalten dingen vor eine resolution zu ergreiffen sein wurde und ob wir unß
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nicht etwan wolten belieben lassen, auch unserstheils selbst denn Schweden
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mehrers zuzesprechen.

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Nos habita deliberatione haben dafür gehalten, daß wir unß vordrist selbst
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zum Oxenstirn verfliegen und uff dise der ständen an unß gelangte instan-
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tiam ime beweglich zusprechen und allen fleiß anwenden wolten, ob wir ine
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zu der außwexlung behandlen und ein gewissen tag und stund mit ime ver-
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gleichen köndten. Wan es aber nit verfänglich, so wolten wir alsdann gern
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mit denn ständen von der sachen weiters handlen, angesehen eben diß auch
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Ihr Kayserlicher Maiestät gnedigste intention und darauff unser vom 4.
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Januarii abgelegte proposition fundirt wer. Waß die Brandenburgische
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cession anlangte, da hetten wir selbige ersehen und zwar dem instrumento
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gemäß eingericht, aber dabei ein clausulam reseruatoriam wegen obberüert-
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ter praetensionum eingerukht befunden, da wir besorgen müeßten, man
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wurde darüber mit denn Schweden in disputat gerathen. Und weiln im instru-
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mento nit geordnet, daß dise cessio vor der commutation vel in ipso actu

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commutationis edirt werden soll, als möchte die wol biß uff die evacuation et
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exauctorationem, dahien es dann aigentlich gehörte, zurukhgestellt und als-
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dann gesehen werde, wie man auß der sachen kommen köndt. Illi bedankhen
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sich unser resolution und halten es selbst nöthig, daß uff dise weiß von unß
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verfahren werde.

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Eodem nachmittag umb 3 uhr haben wir unß sambtlich zum Oxenstirn be-
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geben und nachlengs erzehlt, waß die stande bei unß angebracht, den
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schluss aber dahien gesetzt, daß wir dißortts mit denn ständen allerdings
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einig und ja nit begreiffen köndten, warumb man Schwedischerseits die com-
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mutationem under berüertten einwendungen auffhalten soll, demnach ine
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requirirt, daß er sich mit unß dermaln solcher außwexlung vergleichen wolt,
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auff daß man hernach auch zu volnziehung des übrigen, so im instrumento
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begriffen, gelangen köndt. Dann wo diß nit geschehe, so wurden Ihr Kay-
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serliche Maiestät, auch chur-, fürsten und stände nichts anders darauß ze
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schliessen haben, als daß man Schwedischentheils in andern gedankhen be-
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griffen und den so theür erkaufften friden dem reich nit zuguetten wolte
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kommen lassen. Ille entschuldigt sich anfangs, daß er bißher unß die visite
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nit restituirt, were dran durch andere negociationes verhindert worden,
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wolt es iedoch nechstens, und wa unß solches nit zuwider, morndrigen tags
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verrichten. Unsern vortrag betreffend, befinde er selbigen der importantz,
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daß er sich allein alsogleich nit darüber entschliessen köndt, sondern müeßts
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vordrist mit seinem collega, dem Salvio, conferirn; der wer so übel disponirt,
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das er dene nit hette zu sich fordern könden, und wer auch die glegenheit nit,
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daß man dise conferentz in desselben quartier anstellen mögen. Darauffhien
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ist er von eim puncten zum andern discurrendo verfahren, da wir ime seine
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opiniones iedesmahls zu genüegen refutirt und ime remonstrirt, daß man uff
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dise weiß der sachen je nit wurde zusehen könden. Entlich war sein vor-
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nembste außred, die stände hetten ime ihre particularratificationes noch nit
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vorgewisen, vil weniger selbige gegen der verglichnen minuta conferirn
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lassen, diß müeßte ja necessario vor der commutation geschehen. Damit wir
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ime nun auch dise remoram benemmen, so haben wir unß erclärt, daß wir
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verordnung thuen wolten, damit solches uff den mitwoch vormittag be-
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schehe . Im ubrigen wolten wir seiner antwortt uf morgen nachmittag umb
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4 uhr, wölche stundt er ime belieben lassen, erwartten, unß aber versehen, die
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werde unserm und der standen begehren gmäß sein.

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