Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1648 III 10

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1648 III 10
Dienstag Inmaassen folgenden dinstag morgens die catholi-
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schen vor unß erschienen und unß solches anbringen eröffnet, so uff
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nachfolgenden puncten bestanden:

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11 Erstlich] am Rande: Intercessio.
Erstlich beschwehrten sich die pro-
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testierenden , daß wir die begehrte remissionem intercessionis pro maiori
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religionis libertate in terris haereditariis Imperatoris ad futura comitia
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gentzlich abgeschlagen und gleichsamb denn Schweden und inen daß
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maul beschliessen wolten, daß sie nit vor ihre religionsgenossen reden
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derfften, wölches die Schweden gleichsamb vor ein punto d’honore auff-
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nemmen theten, und stüende zu besorgen, daß man darüber gar zu einer
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ruptur gerathen derffte. Scheinte fast, daß wir schlechten lust zum friden
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hetten und solche difficulteten nur zu verhinderung desselben einwenden
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theten. Sie begehrten Ihr Kayserliche Maiestät hierdurch in nichts, weder in
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affirmatiuam noch negatiuam partem, ze obligirn, und stüende bei unß, solche
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reservation so unverbindtlich, als unß beliebte, ze setzen. Wolten es im übri-
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gen allerdings bei unserm auffsatz bewenden lassen, und were inen dißortts
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mehist darumb ze thuen, daß sie publicum testimonium haben möchten, vor
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ihre religionsgenossen nichts underlassen ze haben. Wegen der wortten ’ prin-
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cipi libero et absoluto‘ hetten sie mit wenigem gedacht, daß die etwas nach-
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gedenkhens causirn wolten und derentwegen besser sein wurde, selbige
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gantz außzelassen. Es bliebe doch im übrigen dabei, daß Ihr Maiestät ihre
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iura gleich andern königen, potentaten, fürsten und herrn undisputirlich ze
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exercirn, allein machten die Schweden darüber vil beschwehrung. Dem allem
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nach hetten sie die catholischen gebetten, bei unß einzekommen, damit dise
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difficulteten auß dem weeg geraumbt und der punctus autonomiae, wamüg-
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lich noch heüt, beschlossen werden möge. Wann dann sie, catholische, nit
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aigentlich wüßten, waß wir dißortts für fundamenta hetten, als were für
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nöthig erachtet worden, unß solches anbringen ze communicirn und gleich-
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wol ze pitten, wa immer müglich, disem begehren der protestierenden statt-
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zethuen , dan ja Ihr Kayserlicher Maiestät dardurch nichts vorgeschriben
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noch die hendt gebunden seyen, daß sie eben ja sagen müeßten, sondern
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stüende allzeit bei deroselben, solche intercessiones abzuschlagen. Belan-
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gendt aber die wort ’principi libero et absoluto‘, da hetten die catholischen
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selbige in consideration gezogen, und wie sie Ihr Kayserlicher Maiestät hoheit

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in kein disputat zu ziehen gedächten, also hielten sie auch darfür, daß mit
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derselben außlassung Ihr Maiestät im geringsten nicht praeiudicirt wurde,
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seitemaln die comparatio gegen andern königen, potentaten, fürsten und
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ständen inner- und usserhalb reichs nichtsdestoweniger stehen verblibe.
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Derentwegen ihr, der catholischen ständen, fleissiges pitten wer, wir wolten
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unß hierinnen auff das allerbestmüglich bequemen.

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Re inter nos deliberata haben wir zwar befunden, daß solche einwilligung
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extra terminos unserer instruction, hingegen aber erwogen, daß wir gegen
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Ihr Kayserliche Maiestät es nit verantwortten köndten, wann wir die sachen
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hierauff zum bruch gelangen solten, und daß wir auch mit unserer verwaige-
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rung die catholischen merklich offendirn, inen zumaln ursach geben wurden,
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widerumb ad particulares tractatus fürzegreiffen und Ihr Kayserliche Maie-
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stät stekhen ze lassen, seitemaln unß wol bewußt wer, wann wir schon die
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sachen nur ad referendum nemmen wolten, daß sie, catholische, doch wegen
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verlengerung der zeit nit zuwartten, sondern für sich selbst verfahren wur-
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den . Auß wölchem allem dann Ihr Kayserlicher Maiestät mehr schaden und
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nachtel als auß unserer resistentz nutzen und vorstandt zu gewartten wer.
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Dem allem nach haben wir vor daß besser gehalten, in disen postulatis nach-
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zegeben , dabei gleichwol denn catholischen vordrist die caussas remonstrirt,
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warumb wir denn Schweden ein abschlagige antwortt geben müssen, dabei
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auch Ihr Kayserlicher Maiestät unß vom 30. Octobris nechsthien zugethan-
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den bevelch vorgelesen und zu erkennen geben, waß Ihr Maiestät auß der-
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gleichen intercessionibus für beschwehrung und müehwaltung iederzeit ent-
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standen und uffgewachßen, item, daß die wortt ’principi libero et absoluto‘
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nun über jahr und tag im instrumento pacis gestanden und niemaln disputirt
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worden, auch Ihr Maiestät solche souvranitet keinesweegs widersprochen
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werden köndte. Weiln aber die catholischen dafürhielten, daß mit unserm
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nachgeben die sachen mehrers befürdert werden köndte, also und damit man
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ja sehe, daß wir an Ihr Kayserlicher Maiestät seitten nichts begehrten ze un-
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derlassen , waß immer zu einiger befürdernus köndte dienstlich, auch in hoff-
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nung , solches gegen deroselben zu verantwortten sein würde, wolten wir
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in respect derselben bewilligen, daß die reseruatio intercessionis ad futura
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comitia dem instrumento einverlaibt, auch die bedeütte wortt außgelassen
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wurden, doch cum reseruatis ut infra. Diser resolution haben sich die catho-
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lischen hoch bedankht, auch gegen ihren gnedigsten herrn anzerüemen und
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verantwortten ze helffen benommen.

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37 A] am Rande: Kayserische erclären sich gegen denn protestierenden, quibus condi-
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tionibus sie in den vorbehalt der intercession ratione religionis in denn erblanden
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verwilligen wolten.
A meridie hora tertia ist der ausschutz protestantium bei unß erschienen,
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deme wir dann umbständtlich vorgehalten, waß mit denn Schweden passirt,
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warumb wir unß solchen zumuettens verweigert, auch nochmaln drauff
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zu bestehen ursach hetten, nun aber auff der catholischen einrathen und
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zu mehrer fürdernus diser tractaten bewilligen theten, daß die wortt ’ prin-

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cipi libero et absoluto‘ außgelassen, hingegen die reseruatio intercedendi
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protestantibus in futuris proximis comitiis im instrumento einverleibt
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werde, iedoch unserseits sine ulla obligatione, wenig oder vil nachze-
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geben , und mit nachfolgenden außtrucklichen conditionibus: 1. Daß es im
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übrigen allerdings bei dem § ’Silesii etiam‘, wie wir den außgehendigt und
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unß noch letstens darüber gegen den Schweden erclärt hetten, ungeendert
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verbleiben soll. 2. Daß wegen der autonomia im reich weiter in die catholi-
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schen nit getrungen, sondern alles bei dem gelassen werde, dessen man sich
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noch letstens gegen denn Schweden erclärt hette. 3. Bedingten wir unß
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éxpresse, daß durch außlassung der wortten ’libero et absoluto‘ Ihr Kayser-
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licher Maiestät an deren souvranitet, hoheit, rechten, herrlicheiten und
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gerechtigkheiten über dero erbkönigreich und landen durchauß nichts bege-
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ben , sondern solches alles in optima forma vorbehalten und bewahrt sein
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solle. Dises möchten sie denn Schweden anzeigen, und wofern sie der sachen
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also zefriden, so weren wir erbiettig, alle stundt mit inen zusamenzetretten
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und den punctum antonomiae autonomiae vollendts richtig ze machen. Hierauff haben
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sich die protestierenden solcher gegebnen resolution bedankht und den
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Schweden ze überbringen, auch die conferentz uff morndrigen tag zu veran-
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lassen , sodann die sach under sich inmittelst zu beratschlagen erbotten.

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