Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 V 21

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1646 V 21
Montag Konferenz der katholischen Stände

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Vgl. APW III A 4,1 S. 275ff.
. – W bei
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Trauttmansdorff. W: Weiln er ahn die catholische stendt des Paderborni-
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schen canzlern Buschmans mitthinüberraiß nach Oßnabrück pro assistentia
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begeren laßen, will man es zwarn gern gestatten [...], es seyen aber ein-
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und andere obstacula im weeg, die sie ihme ad longum erzehlet, und proto-
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collo vorhin enthaltten sein. Warauff der herr graff: Befinde die ratio-
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nes zwarn relevant, weyln aber er Buschmann alldorten bey den uncatho-
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lischen gar woll bekandt seye und viell penetriren und guetes verrichten
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köntte, hette er seine mitthinüberraiß gar woll leiden mögen. I. H. G.:
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Daß er nun so viele wochen darüben gewest seye, gleichwoll nicht abge-
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nommen werden können, daß durch ihnen oder auch andere viell were
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gerichtet worden. Welches der herr graff wahr zue sein bekennen müe-

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1
ßen . W: Äußerungen Oxenstiernas wegen Aufhebung des geistlichen
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Charakters der abzutretenden Stifter. Und hab man also [...] desto meh-
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rers sich vorzusehen, werde ein gar große consequenz bey anderen stiffteren
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verursachen, und Churbrandenburg mitt Halberstatt auch andere derglei-
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chen begerten, welches dan absonderlich bey den tractaten zue praeca-
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viren . Warzue er sich erpotten. W: Beschwerde wegen Verden mitt
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angehenckter protestation, daß sie einmaln ihren consensum darzue nimmer
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geben köntten. Trauttmansdorff: Sie thetten daran gar wohl, er sähe
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aber seines theilß nicht, wie es könne geendert werden. W: Nachdeme
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unter andern bey gestrigem in negocio gravaminum gemachtem schluß der
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mediatritterschafft mitt gedacht werde

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Gemeint sind die katholischen 19 Punkte 1646 V 19 (vgl. unten [ S. 489 Anm. 2 ] ). Erste
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Eingabe der protestantischen Ritterschaft der Stifter Münster, Paderborn und Osna-
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brück , dikt. 1646 II 14/24 (Druck: J. G. Meiern II S. 806 ff).
, welches Churmainz, Churcölln
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und I. H. G. wegen des Eichßfeldts, stiffter Hildeshaimb, Paderborn, Mün-
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ster , Oßnabruck und Minden betreffen thette, und die authonomia einer
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sehr bösen consequenz sein würde, und daß unerhört der catholischen und
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interessenten nichts vorgehen oder gestattet werden möchte, so woltten sie
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inen derentwegen sowohl in genere alß ihrer ritterschafft halber in particu-
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lari solches praeiudicium abzukehren ersucht haben. Trauttmansdorff:
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Hat die schon vorstellig gewordene Ritterschaft an den Landesherrn gewie-
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sen
, und soltte ihme nun gar lieb sein, einige declaration von I. H. G. zu
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vernehmen. W: Kann sich nicht erklären, ohne das Begehren gesehen
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zu haben; wenn man sich bei ihm angibt, wird er sich den reichsconstitu-
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tionen und herkommen gemeeß zu ercleren nicht underlaßen. Das exerci-
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tium der ritterschafft auf ihren häußeren oder sonst in I. H. G. stiffteren
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zuzulaßen, seyen sie nicht gedacht, könttens auch bona conscientia nicht
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thuen, so wenig es von dero vorfahren gestattet worden, wie es dan auch in
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aller obig bemelter stiffter keinem würde zugegeben, würde ein rechtes
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medium sein, die widrige religion in den stiffteren noch mehrers zue plan-
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tiren , dan solcher der vom adell diener, knecht und aigenbehörige bey-
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wohnen , und alßo die underthanen verführet würden. Bißhero seyen sie
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von ihro noch auch von ihren vorfahren nicht gezwungen, noch das ius
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emigrandi gegen sie vorgenommen, sondern iederzeitt dissimulirt worden,
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alßo daß in den benachparten uncatholischen orten sie ihr exercitium außer
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der kindtstauff und dergleichen haben können. Darauff der herr graff:
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Wan es alßo gemaint, hetten sie insoweith keine pilliche beschwernuß, son-
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dern musten sich wohl befriedigen laßen. W: Wegen der in den prote-
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stantischen
Gravamina genannten Städte Minden und Osnabrück möge
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ohne sein Vorwissen nicht beschlossen werden. Kann sich noch nicht erklä-
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ren
, da sich bei ihm noch niemand angegeben hat, seye gleichwohl schwer,
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daß die municipal stette, so dem landtsherrn underworffen, privilegia den
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reichsstetten gleich soltten begeren dörffen, welches den reichsconstitutio-
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nibus , dem Passawer vertrag und religionsfried recta zuewieder. Trautt-

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1
mansdorff
: Die Osnabrücker haben bei ihm auf eine possession vor dem
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Passawer vertrag biß auff dato continuirlich sich bezogen, die er aber
3
ahn I. H. G. gewiesen hette. W: Änderung des Religionswesens in
4
offenem Aufstand gegen den Bischof, Restitutionsurteil Karls V. und Exe-
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kution
, neue Rebellion und vom Kapitel angestrengter Prozeß bis zum
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Urteil von 1628, wonach die alten und neuen Kirchen den Katholiken zu
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restituieren waren, weshalb die Stadt keine quietam possessionem allegiren
8
kann

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Zur Reformation in Osnabrück vgl. J. C. Stüve II S. 86ff.
. Er hat keinen bürgern propter religionem zue emegriren zugemuth-
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tet , weniger verwehrt, außer landes dem exercitio nachzugehen; wohl
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hetten sie in ihrer residenz- und hauptstadt keine andere alß die catholische
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religion, wie pillig, leiden wollen, deßwegen sie dan nicht würden zu ver-
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dencken sein. In der Stadt Minden hat er in religione keine mutation ver-
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genommen , sondern alles in der stadt, wie er es gefunden, gelaßen.

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Trauttmansdorff: Minden ist vorstellig geworden, um nicht unter die
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schwedische Satisfaktion zu kommen, und hat sich über seine Vertröstungen
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erfreut bezeigt. W: Die Franzosen haben ihm gestern erklärt, wenn
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Trauttmansdorff vor seiner Abreise nach Osnabrück nicht mit ihnen ver-
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handle
, würden sie sofort nach Paris melden, daß es den Ksl. nicht ernst
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mit dem Frieden sei. Warüber der herr graff von Trautmansdorff mitt
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etwas alteration vermeldet, wie man mitt dießen leuten tractiren könne,
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man hab alberait so viel gethan, und sagten sie doch von sich selbsten daß
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sie nicht rationis capaces. I. H. G.: Alles beruhe allein auff dem ein-
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zigen Breysach, sie hetten noch gestert assecurirt, daß wan sie damitt satis-
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faction bekehmen, sie den frieden schließen und im übrigen dergestaldt sich
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ercleren woltten, daß darauß die Kayserliche selbst würden sehen und
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sagen konnen, daß ihrerseits keine mora gemacht werde. Seye woll zu
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betauren, daß wegen eines einzigen platzes so viell difficulteten gemacht,
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dah man doch underschiedtliche stiffter sub titulo summae necessitatis pacis
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et belli Turcici hinwegkgebe, und werde man sich noch in mehrere gefahr
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sezen, noch mehrer landt und leut zu verlieren, und darnach bey den frie-
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denstractaten zurugkzulaßen. Der her graff: Die bedencken seyen
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wichtig, und die gefahr so dem reich darauß entstehen köntte, so groß, daß
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es nicht zu glauben. Müste auf Oßnabrugk nothwendig, dan die Schweden
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seiner wartten thetten. I. H. G.: Woltten gepetten haben, das werck
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wohl zue überlegen, wan nach seinem wegkraißen die Franzosen andere
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resolution nehmen, und alles über und über gehen und mehrer blut darüber
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vergoßen werden soltte, obs bey der posteritet zu verandtwortten. Neben
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deme daß gewiß nicht von geringer consideration, von geistlichen stiffteren
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dergestaldt wegkzuschencken und hingegen auff einigem plaz, so dem hauß
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Österreich gehörig, zu bestehen und benebens die andere geistliche fürsten-
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thumb und stiffter in mehrere gefahr des verlusts zu sezen, ob nicht endt-
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lich ein jeder anderst gedencken, und andere resolution, gleich Churbayeren

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1
auch gethan, faßen würde. Wegen der festung Brysach das Römische reich
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und die catholische religion in gefahr zu stellen, werde kein eyfriger catho-
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lischer noch getrewer patriot rathen können. Der herr graff: Brysach
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gehöre dem Kayser nicht, und soltte man sehen, waß für starcke schreiben
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vom jungen erzherzogen zue Insprugk geschehen, der auch wegen des Elsas
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keinen consensum geben, sondern sich passive haltten, und seinen regress ahn
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dem Kayser suchen woltte. I. H. G.: Sie und die catholische protestir-
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ten wegen der stiffter, so aber sub specie boni publici nicht wolle attendirt
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werden; sagten ihres theilß nicht, daß Brysach hingegeben werden soltte,
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dan pillig keiner dem anderen sein landt abzurahten, und köntten sie wegen
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ihres stiffts Verden gar woll begreiffen, wie schwer es einem thue, daß man
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ihme seine landen ahn andere verschencken wolle, sondern meldeten es
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alleine, damitt die tractatus nicht zur ruptur kommen mögtten, sonderen
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auff dieß oder ein anders mitt den Franzosen handlen und dermaln schlie-
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ßen , außer deme nichts gewißers, alß daß dissolutio totius imperii darauß
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erfolgen werd. Darauff er stillschweigend I. H. G. starck angeschaw-
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et . I. H. G. repetirten, daß sie seine raiß nacher Oßnabrugk, ehe mitt
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den Franzosen weiter tractirt, nicht köntten guet befinden, und desto meh-
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rer , daß der duc de Longeville nebenst den anderen beeden (welches I. H. G.
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in vertrawen angedeutet haben wollen) sie noch gestern außtrucklich asse-
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curirt , auch gegen den abend der comte d’Avaux in specie wißen laßen,
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daß wan man mitt inen tractiren und schließen würde, sie alßdan den
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Schweden ratione der stiffter, daß solches ihrer confoederation zuewieder,
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auch den uncatholischen stenden starck und eyfriger zusprechen woltten;
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waß sie auch nebenst deme, wegen einer alliance mitt dem Teutschen hauß
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Österreich und anderen catholischen sich vernehmen laßen, und alberait hie
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oben angefürt ist. Warauff er abermaln nichts geandtworttet; endtlich
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vermeldet, wan dergleichen guetes zu hoffen, möchte noch etwas geschehen
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können; es seye aber selzamb, daß die Franzosen dergestaldt eben auff
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einem plaz verseßen weren. I. H. G.: Die Franzosen hetten unter ande-
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ren auch gestern erwehnet, daß sie der comte Pineranda außtrucklich
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wißen laßen, daß dem könig in Spanien bey dem Elsas und Brißgaw und
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denen orten großes interesse, auch die superioritet und direction gebühren
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thette, welches sie vorhin nicht gewust; und sehe man, wie die Spanier in
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die Teutsche sachen sich mischen thetten; desto weniger sie Französische
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von ihrem proposito abweichen würden. Der herr graff: Eben iezt
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fahre der Longeville von ihme, hette dergleichen unter anderen auch ge-
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dacht , er aber demselben explicirt, daß die Spanische lini die erste vom
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hauß Österreich, und Carolus V. ihnnen alß ein patrimonialguett resignirt,
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hernacher durch gewiße verträg certis conditionibus auff die Teutsche lini
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kommen, alßo daß die Spanier zwarn extincta hac linea den regress zwarn
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wieder haben, nicht aber die direction oder ein weiteres ius praetendiren
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köntten oder auch thetten, welches sie alßo nicht verstanden zu haben, der
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Longeville vermeldet hette. I. H. G. paten darauff nachmaln, weilen

[p. 488] [scan. 538]


1
dan die Spanier kein interesse dabey, daß er doch die tractatus fortsezen
2
und deßwegen noch etwas hier verpleiben woltte. Warauff der herr
3
graff: Wan nur waß guets darauß zu hoffen. I. H. G.: Köntten ein
4
mehrers alß sie ihme gesagt nicht versicheren, mitt abermaliger bitt, die
5
occasion nicht auß handen zu laßen, und köntte doch alles mitt Brysach sub
6
conditione, gleich auch mitt dem Elsas geschehen, daß die oblation, wan der
7
fried oder effectus pro religione catholica nicht erfolgt, für sich selbst nicht
8
sein solle. Der herr graff: Ob er wohl innerhalb 2 tagen zu verraißen
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genzlich endschloßen gewest, woltte ers doch in so weith änderen, den
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sachen nachdencken und noch dieße ganze wochen über hier verpleiben,
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auch gleich iezt zue den Spaniern fahren.

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W bei den Bayern. Gespräche mit den Franzosen und mit Trauttmansdorff.
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Die Bayern wollen morgen Trauttmansdorff zur Fortsetzung der franzö-
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sischen Verhandlungen zu disponieren suchen.

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15 W ] am Rande: folgt was bey den Hessen vorgangen. Secretarii Ernesti hand.
W an die Hessen: Bitte um Verschonung eines ihm zur Erholung vom Dom-
16
propst

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Adolf Heinrich Droste zu Vischering.
zur Verfügung gestellten Hauses außerhalb Münsters von zusätz-
17
lichen Kontributionen. Vulteius: Die Maßnahmen durch den augen-
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blicklichen Schwedeneinfall bedingt, will sich an die Beamten in Coesfeld
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und die Landgräfin wenden. Zurückweisung des Gerüchtes, Hessen habe
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die schwedische Armee herbeigezogen, vielmehr leiden die eigenen Kontri-
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butionen , und man muß die Verlagerung des Krieges nach Hessen befürch-
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ten ; damit ist der Gewinn von Paderborn und Stadtbergen

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Heute Obermarsberg; nach zweitägiger, am 21. Mai begonnener Belagerung nahmen die
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Schweden die Stadt, die militärisch die Verbindungen von Westfalen nach Hessen be-
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herrschte .
nicht zu ver-
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gleichen . Beiderseitige Klagen über die schwedischen Truppen.

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