Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 III 1

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1646 III 1
Donnerstag Kurfürsten- und Fürstenrat . Nach der Sitzung
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des nur von den Katholiken besuchten Kurfürstenrates erinnert W die Main-
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zer , den Beschluß hinsichtlich des gestrigen Fernbleibens von Österreich und
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Salzburg den Brandenburgern mitzuteilen. Pfälzer Anbringen bei Trautt-
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mansdorff . Die Mainzer sind davon unterrichtet und fragen, ob ins-

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gesamt beraten werde solle, welche Antwort den Pfälzern zu erteilen sei,
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falls sie sich beim Direktorium angeben, und ob nicht die 1642 suspen-
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dierte Vermittlung des Kurkollegs wiederaufzunehmen sei; dabei könne
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man aus den brandenburgischen Voten die Absichten der Brandenburger
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und Pfälzer ersehen. Die anwesenden Kurfürstlichen stimmen zu.

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Staatische Gesandte bei W

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Insgesamt vier von ihnen; namentlich erwähnt van Gent und van Reede.
. [...] Die auch im Interesse ihrer eigenen Sicher-
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heit
liegende Befriedung des Reiches sei am besten durch eine General-
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amnestie
mit dem Stichjahr 1618 und durch Einigung über die Satisfaktionen
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zu erreichen. W: Es sind, wie z. B. im dänischen Krieg, von dieser Seite
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verschiedene Amnestieangebote gemacht und von vielen auch angenommen
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worden, so daß etwa in seinen Landen niemand mehr Forderungen hat,
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während von den Schweden noch vielen ihre Güter vorenthalten werden.
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Die amnistia muste nicht vor einen theil, sondern reciproca sein. Daß aber
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solche amnistia soltte gar ad annum 1618 gezogen werden, da köntte man
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ex parte Caesaris gar nicht sehen, wie von dem reichs solemni concluso de
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anno 1641 abzusehen, weniger mit waß fuegen beede cronen, welche erst
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anno 1630 auf des reichs boden kommen, die vorige sachen wieder in dis-
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putat soltte ziehen können. Es seyen verschiedene pacta et pactata biß
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dahero, in specie auch der Lübeckischer vertrag vorgangen, dabey sie die
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Staden ihren abgesandten den Foppium

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Foppe van Aitzema (um 1580–1637), staatischer Resident bei den Hansestädten 1617–
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1636.
auch gehabt, daß nun solches alles
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wiederumb in vorigen standt und confusion soltte gepracht werden, were
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gar nicht zu rahten, soltte aber immittelß einer oder der ander in particu-
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lari wiederumb beschwert zu sein vermeinen und umb die remedirung sich
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gehöriger orten angeben, würde demselben zue seiner satisfaction mögligst
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endgegen gangen werden; wegen dießer aber were nicht alles wiederumb
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umb- und auf ein hauffen zu stoßen. Auf Bedenken gegen die Ausschreibung
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von Kontributionen per maiora antwortet W, die Staaten könnten nach
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Belieben Steuern ausschreiben, im Reich sei die Zustimmung der Stände
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nötig; daß nun dieienige, so gegen Ihre Kayserliche Mayestätt und das
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reich mitt den feynden offentlich gehaltten, oder der schuldigkeit nach
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nicht assistirt, vermainen woltten, daß die andere getrewe stendt, welche sie
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zu underdrucken gesucht, dem Kayser nicht soltten haben under die armb
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gegriffen oder sich selbst des reichs herkommen gemeeß in defension zu
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stellen haben, da weren sie in magno errore, und hetten sich solche selbst
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zue imputiren, daß sie sich a consiliis imperii et libertate außgeschloßen.

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Auf den Einwurf, daß gleichwohl eine notturfft sein woltt, die grava-
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mina zue accomodiren und beizulegen, daß interim, so zu Passaw gemacht,
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aufgehebt und ein bestendiger fried getroffen würde, korrigiert W, daß das
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Interim gerade durch den Paßawer vertrag abgethan, und alles auff beeden
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seiten hochbetewerlich verglichen worden. Die gantze difficultet aber be-
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stunde darin, daß von den uncatholischen solch so crefftiglich clausulirter

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vertrag nicht gehaltten, sondern demselben zuewieder, anderst zu geschwei-
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gen , an ertz- und bischoflichen kirchen in die 17 an sich gezogen, und
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anitzo zu behaltten gedächten, und noch weiters zu befahren, daß sie-noch
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mehrers umb sich greiffen und dadurch totus imperii status immutirt
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werden mögtte. Deßgleichen hab auch die cron Franckreich 3 stiffter Metz,
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Tüll und Verdun dem reich endzogen, die herrn Staden hetten das
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ansehnenliche stifft Utrecht mitt andern appertinentiis occupirt. Diskussion
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der durch Karl V. bewirkten Veränderungen im Rechtsstand von Stift und
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Bistum Utrecht. Darauff I. H. G. den vorigen discursum reassumirt,
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daß wan in puncto satisfactionis den cronen in ihren petitis deferirt werden
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soltte, zu deme von denselben über die 30 furstenthumb und landen prae-
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tendirt wurden, ließen sie die abgesandten selbst judiciren, waß vom reich
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letztlich pleiben würde, und sonderlich daß Pommer, Wißmar, Brehmen, in
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quantitate (de qualitate seye kein zweiffel) woll großer und beßer alß das
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konigreich Schweden, da sie dan nicht sehen köntten, indeme vorgeben
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würde, daß der krieg nicht gegen das reich und deßen stendte angesehen, sie
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dannoch solche vornehme stuck, und zwarn von ihren freunden selbst, alß
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Churbrandenburg, abzuziehen begehren dörfften. Warauff einer von
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den Hollendischen abgesandten, daß Franckreich vor dießem viele land-
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schafft biß an dem Rhein gehabt. I. H. G., wan ein ieder mitt fuegen
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wieder praetendiren kontte, waß ein ieder vor dießem gehabt, wurden
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nicht wenig sein, so zue kurtz kehmen, auch in den Niederlanden guet vor
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die Spanier sein. Daruber sie lachend worden, und der herr von Gent
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vermeldet, man offerirte den Frantzosen die stiffter Metz, Tull und
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Verdun, so sie ohne deme innen hetten. Darauf I. H. G., mitt gewaldt
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zwarn, das reich aber hab allemahl contradicirt, und die iura deroselben,
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wie auch der 3 reichsstetten, sich vorbehaltten. Beispiele.

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W bei Bergaigne. Mitteilung der katholischen Gravamina zur Weitergabe
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an Peñaranda und einer die Rechte Cambrais als Reichsstand anerkennen-
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den spanischen Erklärung von 1560. – Deputation der katholischen
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Stände an Contarini .

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