Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 I 14
1646 I 14
Sonntag W bei Chigi. Dieser vermutet als Grund des
Verbots zur Weitergabe der Replik die Unzufriedenheit der Franzosen mit
der Antwort der Stände wegen der Deputation und glaubt, man werde auf
die Rückkehr Rosenhanes warten müssen, der eilig nach Osnabrück gereist
ist. W sieht den Grund in der Nichtzuziehung des französischen Resi-
denten in Osnabrück, der auch deshalb bei den Schweden unbeliebt ist, weil er
sich den Rang eines Gesandten beilegen will; daher zwischen den Franzosen
und Schweden etwas disgusti seye, den zu accomodiren das werck aufgescho-
ben und der praetext mit deren von den stenden verwaigerten deputation
genommen würde. Chigi stimmt zu, daß dieses mit der deputation zum
vorwand dienen müße. Es konten aber einmal die Franzosen solche evoca-
tionen statuum auf keinerley weiß mit raison behaubten; doch werde man
sehen müßen, wie ihnen dieser praetext durch glimpffliche mittel zue be-
nehmen . Welches ihre gedancken, sagten I. H. G., ebens auch, weshalb er
heute zu Longueville will. Als auf die Frage nach dem Inhalt der fran-
zösischen Replik Chigi sich mit dem Verbot zur Weitergabe entschuldigt,
trägt W die ihm zugekommenen Informationen vor, zu denen Chigi jeweils
Stellung nimmt: 1. Trotz Einspruch der Mediatoren bleiben die Franzosen
bei der Klausel ‘salvo iure addendi’. Chigi: Die Franzosen berufen sich
darauf, daß die Klausel auch in der ksl. Responsion enthalten ist. Als man
ihnen mit dem Hinweis, daß ihre Proposition dazu den Anlaß gegeben
habe, die beiderseitige Streichung vorschlug, haben sie abgelehnt. Sie wollen
auch nicht versichern, daß keine neuen Punkte aufgebracht werden, wenn
bei den abgehandelten die Klausel entfällt. 2. Die Replik enthält viele
Ausführungen zur Rechtfertigung des Krieges. Chigi: Die Mediatoren
haben deshalb viel Zeit mit den Franzosen verloren und beabsichtigen
nicht, diese Ausführungen den Ksl. oder anderen weiterzugeben. 3. Es
wird auf dem Verbot ksl. Hilfe für Spanien bestanden. Chigi: Die
Franzosen argumentieren, daß auch von ihnen die Lösung ihrer Bünd-
nisse verlangt wird. Die Mediatoren haben dargelegt, daß nicht nur
solche Forderungen von den Franzosen zuerst aufgebracht worden sind,
sondern auch der Kaiser als Reichsoberhaupt und das Reich nie ein
förmliches Bündnis gegen Frankreich eingegangen sind, vielmehr die Stän-
de gegen ihren Willen in den Krieg gezogen wurden. Auf die Frage,
warum der Kaiser nicht, wie es anderen Ständen gegenüber Frankreich und
Schweden freistehen soll, als Erzherzog Bündnisse eingehen dürfe, haben
die Franzosen geantwortet, daß er in ea qualitate [...] mit Spanien in con-
foederatione wol verpleiben kondte. 4. In allem soll der Zustand von
1618 wiederhergestellt werden. Chigi: Die Franzosen argumentieren,
daß sie dadurch religioni catholicae per exceptionem der stiffter mehr guts
thun kondten alß reducendo die sachen ad annum 1628, 1629 vel 1630 (auf
welche er nuncius und Venetus bey den Franzosen vorschlagsweiß getrun-
gen hetten), da sie ad malum positive, wan die andere stiffter zuruckplie-
ben , consentiren thetten. Er hat ihnen zu gemuht gefuhrt, quod exceptio
non possit maior esse regula, sondern regula billich praevaliren solte, nebens
mehr andern gegen sie militirenden rationibus, es hette aber nichts verfan-
gen wollen. 5. Die Franzosen bestehen auf Abhandlung der Religions-
gravamina . Chigi: Sie haben sich trotz aller Umstimmungsversuche
darauf berufen, daß die gravamina causa et origo belli, so nohtwendig weg-
genommen werden müßte. 6. Verbot der Wahl eines römischen Kö-
nigs . Chigi: Man hat vergeblich dargelegt, daß der Kaiser, soweit da-
mit der gänzliche Ausschuß Österreichs erreicht werden soll, nie zustimmen
wird. W: Die Franzosen versichern, daß die Forderung alß nit sondern
dahin gemeind sey, damit nit bey vivente adhuc Imperatore vorgehenden
wahl auß denen vielfaltig bekenden praeiudiciis noch kunfftig fernere con-
fusiones und ungelegenheiten contra libertatem et iura statuum et electorum
imperii sich begeben möchten. Chigi: Darauf hat man die Franzosen
gefragt, ob dan sie uber die churfursten den pedanten oder schulmeister
machen, auch die churfursten solches würden leyden wollen. 7. In der
Satisfaktionsfrage erbieten sich die Franzosen zur Rückgabe ihrer Erobe-
rungen in Kurmainz, Kurtrier und Kurpfalz, wenn dergleichen auch von
allen anderen Seiten geschehe, insbesondere die Pfälzer Besitzungen den
antiquis et legitimis dominis sive eorum heredibus restituiert würden.
Chigi: Es ist die conditio der gegenrestitution allein in genere absque
restrictione auf dießen oder jenen gestelt worden. W: Daß man ihre
intention leicht konne abnehmen, solches aber dem vorigen anerpiethen und
offerten der Pfalz halben ganz nicht gemeß seye. Worauf der her nun-
cius die schulter zuckendt, daß es freylich also, und habe man darauß leicht
abzumessen, was kunfftig dergleichen wortten und zusag zu trawen,
welches sich bey der handlung selbst, und ob der Franzosen dergestalt
Churbayern wurden zusezen wollen, zeigen würde. Alß hierbey I. H. G.
gedachten, daß die Franzosen in diesen drey gemelten churfurstenthumb
wenig orth innen hetten, consequenter es großer restitution, gleich sonsten
mit Lottringen und andern landen nicht bedorfft, sagte der herr nuncius,
daß sie in hoc passu orationem longam gefuhrt, was fur tapffere leuth die
cron Franckreich bey diesem krieg verlohren, wie viel millionen goldts
spendirt, auch ihren statum zue underschiedlichen malen in hazart gesezt
hetten, und dahero sowol iure belli alß gentium alles was sie possedirten
innen behalten kondten, auß welchem abzunehmen, daß durch obbedeut
anerpiethen die Franzosen ein gahr großes zu thun vermainen. W:
Französische Satisfaktionsforderungen auf Unter- und Oberelsaß, die
Waldstädte, Sundgau, Breisgau, Zabern, Philippsburg samt Unterhalt der
Garnison durch die umliegenden Orte, Kommunikationslinie nach Frank-
reich und Lothringen, alles unter Anerkennung der Oberhoheit des Reiches
und unter den Rechtstiteln der bisherigen Besitzer, ferner Bezahlung ihrer
Truppen, Aussetzung der lothringischen Restitution zu anderen Verhand-
lungen , ein Defensivbündnis der Reichsstände mit Frankreich und Schwe-
den gegen jede künftige Verletzung des Friedens. Welches solch schwere
postulata, die einzugehen uberschwer, ja unmuglich sein wurden. Chigi:
Daß es freylich schwere petita, wolte aber doch verhoffen, beym cursu
tractatuum das werck sich anderst geben und die Franzosen beßer erhand-
len laßen würden. Sonsten seye auch obgemelten offerten noch dieses bey-
gesetzt , daß sie dasienige, was vom hern graffen von Trautmanstorff wegen
Metz, Tull und Verdun, item mit Pignorola ultro angepotten, fur bekand
auff- und annehmen, welche uberflußige promptitudinem des herrn graff
von Trautmanstorffs er so wenig alß der Venetus gern gesehen hetten, zue-
malen nun iezt, da dieses und anderß mehr a parte Caesaris vorherauß,
man desto beschwerlicher mit den Franzosen werde dingen und handlen
konnen. Trotz ihrer Bedenken hat Trauttmansdorff jedoch auf dem Ange-
bot bestanden. Klagen von Deputierten des Kölner Klerus gegen die Stadt
Köln. Xantener Sache. Des hauses Bayern und in specie Churcollens, auch
des hern coadiutors gutter und trewer diener seye er zwarn, gedulte sich
auch und leide deßhalber so lang er konne, einmal aber hette er große ur-
sach , sich, wie ihme von den ministris begegnet worden, zue beklagen,
wolte es dannoch biß in Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht selbst gegen-
wart einstellen, wiße gar wol, wie in diesem und anderem Ihrer Churfürst-
lichen Durchlaucht rei veritas ob privata interesse verhalten würde [...].
Certo che io e la sede apostolica siamo trattati male a Bonna. [...]
W mit Reck/Buschmann bei Longueville. Klage über die Ablehnung der
Deputation, zumal die Franzosen vermaint, den stenden hiedurch eine ehr,
daß sie nemblich von ihrer intention nachricht geben mochten, zue erwei-
ßen . W: Man hat nicht verweigert, mit den Franzosen in conferenz zu
tretten, es were aber nur diß dabey in consideration gefallen, daß die her-
ren Kayserlichen die replic selbst noch nit gehabt, und es also ihnen frembd
vorkommen würde, wan die stend sie anteveniren wolten. Sodan auch were
es eine sach, dabey die stende sich sammetlich gern einfinden wurden,
dahero sie Franzosische lieber in pleno vernehmen wolten. So were aber
bräuchlich, daß wan bey den stenden dergleichen anpringens in pleno zue
thun, daß solches ahn dem orth, wo sich die stende zu versamblen pflegen,
geschehe. So haben es die ksl. Gesandten mit der ersten Proposition, 1630
Frankreich, 1636 Polen und 1642 Dänemark gehalten
. Longueville:
Die Franzosen weigern sich nicht grundsätzlich, vor den Ständen in pleno
zu erscheinen, haben aber angesichts der Beschaffenheit ihrer Replik eine
Konferenz für besser gehalten. W: Daß bey den stenden auch endlich
der conferenz halber keine difficultet sein würde; daß sie aber darzu ahn
ihr der Franzosen hauß evocirt werden solten, würde etwaz bedenckens ab-
geben . Wan nun sie Franzosische den Kayserlichen die replic außfolgen lie-
ßen und demnegst den stenden, wie solche conferenz vorzunehmen, heimb-
stelleten , oder in publico ihre generalproposition thetten und dan den sten-
den heimbgeben, wan und wie sie fernere erleutterung von ihnen vernehmen
wolten, wurde man zweiffelßohne eine abordnung zu thun nit difficul-
tiren . Auf welches der duc de Longevill sich erpotten, mit seinen col-
legis hierauß zu reden, underdeßen aber nehme ihn wunder, daß, nach-
demal zu Oßnabruck von den stenden die deputation von den Schweden
unwaigerlich geschehen, daß ihnen alhie zu Munster dergleichen verwaigert
würde. I. H. G., man hette die nachricht, daß die deputatio zu Oßna-
bruck ex corpore omnium statuum auch nit geschehen, gestalt weder die
Churmainzische noch das Osterreichische directorium davon einige Wissen-
schaft hetten, sondern bloß und allein drey auß den protestirenden, von
denen es gesonnen worden, sich eingestelt. Worauff er, daß die catholi-
sche pillich ebensolche confidenz zu ihnen Franzosen, alß die protestirende
zu den Schweden erzeigen solten. I. H. G. replicirten, es mochte viel-
leicht von den catholischen dafur gehalten werden, daß die Schwedische
den protestirenden mehr ursach zu solcher confidenz, alß sie Franzosische
den catholischen geben, wie dan under andern I. H. G. sich hochlich zue
beklagen, daß obwoln von ihme duc de Longeville vor wenig tagen sie die
sichere vertröstung empfangen, daß beyde stiffter Oßnabruck und Minden
ihro nicht solten disputirt werden, so hetten sie doch bericht, daß die
Schweden nach dero alhie mit den Franzoßen ratione replicae gehaltener
conferentz nun auch ermelte beyde stiffter under andern loco satisfactionis
praetendirt. Worauf der herzog geandworttet, daß sie zwarn hierin den
Schweden sich starck wiedersetzt, und weren diese beyde stiffter wieder
ihren wissen und willen in die Schwedische forderung mit gepracht, sie
hetten sich aber gegen denselben erklehrt, daß, alß viel Bremen und Verden
belangete, solche beraiz in uncatholischen, nemblich des prinzen von Den-
nemarck handen, sie zwarn sich passive in der begehrung halten kondten,
wegen Oßnabruck Minden und Halberstatt aber sie ex professo ihnen zu-
wieder sein, und nicht zulaßen wolten. I. H. G. haben sich hierauf
bedanckt, und die fundamenta all ihrer 3 stiffter eiffrig remonstrirt, auch
noch ferner zu thun sich erpotten, mit begehren, daß doch die Franzosen in
hoc et similibus passibus sich nicht ubereylen, sondern rechten bericht ein-
nehmen mochten. Hierauf ist man auf der Franzoßen praetendirende satis-
faction kommen, und ihnen die exorbitantien ihrer forderung, wie auch die
unbillichkeit, daß die unschuldige erzherzogliche pupillen
Vgl. oben [ S. 324 Anm. 3 ] .
des ihrigen be-
raubt werden sollen, zu gemuth geführt. Worauf er geandworttet, daß
sie vom reich nichts, sondern ihre satisfaction vom hauß Osterreich, alß
davon sie offendirt worden, begerten, und wolten solche landen vom reich
in eadem qualitate, wie sie Osterreich gehabt, auch noch mehrers alß sie
gethan, recognosciren und tragen, und wurde auch bey Ihrer Kayserlichen
Maiestät stehen, wan sie die pupillen unschuldig erkenneten, dafur ander-
werttige satisfaction auß dem ihrigen ihnen wiederfahren zu laßen. Wie
nun diese materi lang controvertirt worden, hatt er endlich sich dahin ver-
nehmen laßen, daß eben der cron Franckreich umb solche landen so hoch
nit zue thun, sondern daß sie darumb dieselbe in handen zue behalten
sucheten, damit sie eines bestendigen friedens inskunfftig so viel beßer ge-
sichert , und wan darzu andere mittel zue finden, mochten sie vielleicht auff
dieser forderung eben so hart nit bestehen. – [...]
W an die Brandenburger: Da Franzosen und Spanier bei den Staatischen
die Visite abgelegt haben, mögen sich die Brandenburger, damit man
Contarini zuvorkommt, erkundigen, ob in Abwesenheit der Ksl. die Kur-
fürstlichen unmittelbar folgen könnten. – Wenig später melden die Bran-
denburger , Contarini habe sich bereits angemeldet und für morgen einen
Termin erhalten. Daraufhin hält W für richtig, daß die Kurfürstlichen die
Rückkehr der Ksl. abwarten und nach diesen die Visite verrichten . [...]
Verbots zur Weitergabe der Replik die Unzufriedenheit der Franzosen mit
der Antwort der Stände wegen der Deputation und glaubt, man werde auf
die Rückkehr Rosenhanes warten müssen, der eilig nach Osnabrück gereist
ist. W sieht den Grund in der Nichtzuziehung des französischen Resi-
denten in Osnabrück, der auch deshalb bei den Schweden unbeliebt ist, weil er
sich den Rang eines Gesandten beilegen will; daher zwischen den Franzosen
und Schweden etwas disgusti seye, den zu accomodiren das werck aufgescho-
ben und der praetext mit deren von den stenden verwaigerten deputation
genommen würde. Chigi stimmt zu, daß dieses mit der deputation zum
vorwand dienen müße. Es konten aber einmal die Franzosen solche evoca-
tionen statuum auf keinerley weiß mit raison behaubten; doch werde man
sehen müßen, wie ihnen dieser praetext durch glimpffliche mittel zue be-
nehmen . Welches ihre gedancken, sagten I. H. G., ebens auch, weshalb er
heute zu Longueville will. Als auf die Frage nach dem Inhalt der fran-
zösischen Replik Chigi sich mit dem Verbot zur Weitergabe entschuldigt,
trägt W die ihm zugekommenen Informationen vor, zu denen Chigi jeweils
Stellung nimmt: 1. Trotz Einspruch der Mediatoren bleiben die Franzosen
bei der Klausel ‘salvo iure addendi’. Chigi: Die Franzosen berufen sich
darauf, daß die Klausel auch in der ksl. Responsion enthalten ist. Als man
ihnen mit dem Hinweis, daß ihre Proposition dazu den Anlaß gegeben
habe, die beiderseitige Streichung vorschlug, haben sie abgelehnt. Sie wollen
auch nicht versichern, daß keine neuen Punkte aufgebracht werden, wenn
bei den abgehandelten die Klausel entfällt. 2. Die Replik enthält viele
Ausführungen zur Rechtfertigung des Krieges. Chigi: Die Mediatoren
haben deshalb viel Zeit mit den Franzosen verloren und beabsichtigen
nicht, diese Ausführungen den Ksl. oder anderen weiterzugeben. 3. Es
wird auf dem Verbot ksl. Hilfe für Spanien bestanden. Chigi: Die
Franzosen argumentieren, daß auch von ihnen die Lösung ihrer Bünd-
nisse verlangt wird. Die Mediatoren haben dargelegt, daß nicht nur
solche Forderungen von den Franzosen zuerst aufgebracht worden sind,
sondern auch der Kaiser als Reichsoberhaupt und das Reich nie ein
förmliches Bündnis gegen Frankreich eingegangen sind, vielmehr die Stän-
de gegen ihren Willen in den Krieg gezogen wurden. Auf die Frage,
warum der Kaiser nicht, wie es anderen Ständen gegenüber Frankreich und
Schweden freistehen soll, als Erzherzog Bündnisse eingehen dürfe, haben
die Franzosen geantwortet, daß er in ea qualitate [...] mit Spanien in con-
foederatione wol verpleiben kondte. 4. In allem soll der Zustand von
1618 wiederhergestellt werden. Chigi: Die Franzosen argumentieren,
daß sie dadurch religioni catholicae per exceptionem der stiffter mehr guts
thun kondten alß reducendo die sachen ad annum 1628, 1629 vel 1630 (auf
welche er nuncius und Venetus bey den Franzosen vorschlagsweiß getrun-
gen hetten), da sie ad malum positive, wan die andere stiffter zuruckplie-
ben , consentiren thetten. Er hat ihnen zu gemuht gefuhrt, quod exceptio
non possit maior esse regula, sondern regula billich praevaliren solte, nebens
mehr andern gegen sie militirenden rationibus, es hette aber nichts verfan-
gen wollen. 5. Die Franzosen bestehen auf Abhandlung der Religions-
gravamina . Chigi: Sie haben sich trotz aller Umstimmungsversuche
darauf berufen, daß die gravamina causa et origo belli, so nohtwendig weg-
genommen werden müßte. 6. Verbot der Wahl eines römischen Kö-
nigs . Chigi: Man hat vergeblich dargelegt, daß der Kaiser, soweit da-
mit der gänzliche Ausschuß Österreichs erreicht werden soll, nie zustimmen
wird. W: Die Franzosen versichern, daß die Forderung alß nit sondern
dahin gemeind sey, damit nit bey vivente adhuc Imperatore vorgehenden
wahl auß denen vielfaltig bekenden praeiudiciis noch kunfftig fernere con-
fusiones und ungelegenheiten contra libertatem et iura statuum et electorum
imperii sich begeben möchten. Chigi: Darauf hat man die Franzosen
gefragt, ob dan sie uber die churfursten den pedanten oder schulmeister
machen, auch die churfursten solches würden leyden wollen. 7. In der
Satisfaktionsfrage erbieten sich die Franzosen zur Rückgabe ihrer Erobe-
rungen in Kurmainz, Kurtrier und Kurpfalz, wenn dergleichen auch von
allen anderen Seiten geschehe, insbesondere die Pfälzer Besitzungen den
antiquis et legitimis dominis sive eorum heredibus restituiert würden.
Chigi: Es ist die conditio der gegenrestitution allein in genere absque
restrictione auf dießen oder jenen gestelt worden. W: Daß man ihre
intention leicht konne abnehmen, solches aber dem vorigen anerpiethen und
offerten der Pfalz halben ganz nicht gemeß seye. Worauf der her nun-
cius die schulter zuckendt, daß es freylich also, und habe man darauß leicht
abzumessen, was kunfftig dergleichen wortten und zusag zu trawen,
welches sich bey der handlung selbst, und ob der Franzosen dergestalt
Churbayern wurden zusezen wollen, zeigen würde. Alß hierbey I. H. G.
gedachten, daß die Franzosen in diesen drey gemelten churfurstenthumb
wenig orth innen hetten, consequenter es großer restitution, gleich sonsten
mit Lottringen und andern landen nicht bedorfft, sagte der herr nuncius,
daß sie in hoc passu orationem longam gefuhrt, was fur tapffere leuth die
cron Franckreich bey diesem krieg verlohren, wie viel millionen goldts
spendirt, auch ihren statum zue underschiedlichen malen in hazart gesezt
hetten, und dahero sowol iure belli alß gentium alles was sie possedirten
innen behalten kondten, auß welchem abzunehmen, daß durch obbedeut
anerpiethen die Franzosen ein gahr großes zu thun vermainen. W:
Französische Satisfaktionsforderungen auf Unter- und Oberelsaß, die
Waldstädte, Sundgau, Breisgau, Zabern, Philippsburg samt Unterhalt der
Garnison durch die umliegenden Orte, Kommunikationslinie nach Frank-
reich und Lothringen, alles unter Anerkennung der Oberhoheit des Reiches
und unter den Rechtstiteln der bisherigen Besitzer, ferner Bezahlung ihrer
Truppen, Aussetzung der lothringischen Restitution zu anderen Verhand-
lungen , ein Defensivbündnis der Reichsstände mit Frankreich und Schwe-
den gegen jede künftige Verletzung des Friedens. Welches solch schwere
postulata, die einzugehen uberschwer, ja unmuglich sein wurden. Chigi:
Daß es freylich schwere petita, wolte aber doch verhoffen, beym cursu
tractatuum das werck sich anderst geben und die Franzosen beßer erhand-
len laßen würden. Sonsten seye auch obgemelten offerten noch dieses bey-
gesetzt , daß sie dasienige, was vom hern graffen von Trautmanstorff wegen
Metz, Tull und Verdun, item mit Pignorola ultro angepotten, fur bekand
auff- und annehmen, welche uberflußige promptitudinem des herrn graff
von Trautmanstorffs er so wenig alß der Venetus gern gesehen hetten, zue-
malen nun iezt, da dieses und anderß mehr a parte Caesaris vorherauß,
man desto beschwerlicher mit den Franzosen werde dingen und handlen
konnen. Trotz ihrer Bedenken hat Trauttmansdorff jedoch auf dem Ange-
bot bestanden. Klagen von Deputierten des Kölner Klerus gegen die Stadt
Köln. Xantener Sache. Des hauses Bayern und in specie Churcollens, auch
des hern coadiutors gutter und trewer diener seye er zwarn, gedulte sich
auch und leide deßhalber so lang er konne, einmal aber hette er große ur-
sach , sich, wie ihme von den ministris begegnet worden, zue beklagen,
wolte es dannoch biß in Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht selbst gegen-
wart einstellen, wiße gar wol, wie in diesem und anderem Ihrer Churfürst-
lichen Durchlaucht rei veritas ob privata interesse verhalten würde [...].
Certo che io e la sede apostolica siamo trattati male a Bonna. [...]
W mit Reck/Buschmann bei Longueville. Klage über die Ablehnung der
Deputation, zumal die Franzosen vermaint, den stenden hiedurch eine ehr,
daß sie nemblich von ihrer intention nachricht geben mochten, zue erwei-
ßen . W: Man hat nicht verweigert, mit den Franzosen in conferenz zu
tretten, es were aber nur diß dabey in consideration gefallen, daß die her-
ren Kayserlichen die replic selbst noch nit gehabt, und es also ihnen frembd
vorkommen würde, wan die stend sie anteveniren wolten. Sodan auch were
es eine sach, dabey die stende sich sammetlich gern einfinden wurden,
dahero sie Franzosische lieber in pleno vernehmen wolten. So were aber
bräuchlich, daß wan bey den stenden dergleichen anpringens in pleno zue
thun, daß solches ahn dem orth, wo sich die stende zu versamblen pflegen,
geschehe. So haben es die ksl. Gesandten mit der ersten Proposition, 1630
Frankreich, 1636 Polen und 1642 Dänemark gehalten
Die Franzosen weigern sich nicht grundsätzlich, vor den Ständen in pleno
zu erscheinen, haben aber angesichts der Beschaffenheit ihrer Replik eine
Konferenz für besser gehalten. W: Daß bey den stenden auch endlich
der conferenz halber keine difficultet sein würde; daß sie aber darzu ahn
ihr der Franzosen hauß evocirt werden solten, würde etwaz bedenckens ab-
geben . Wan nun sie Franzosische den Kayserlichen die replic außfolgen lie-
ßen und demnegst den stenden, wie solche conferenz vorzunehmen, heimb-
stelleten , oder in publico ihre generalproposition thetten und dan den sten-
den heimbgeben, wan und wie sie fernere erleutterung von ihnen vernehmen
wolten, wurde man zweiffelßohne eine abordnung zu thun nit difficul-
tiren . Auf welches der duc de Longevill sich erpotten, mit seinen col-
legis hierauß zu reden, underdeßen aber nehme ihn wunder, daß, nach-
demal zu Oßnabruck von den stenden die deputation von den Schweden
unwaigerlich geschehen, daß ihnen alhie zu Munster dergleichen verwaigert
würde. I. H. G., man hette die nachricht, daß die deputatio zu Oßna-
bruck ex corpore omnium statuum auch nit geschehen, gestalt weder die
Churmainzische noch das Osterreichische directorium davon einige Wissen-
schaft hetten, sondern bloß und allein drey auß den protestirenden, von
denen es gesonnen worden, sich eingestelt. Worauff er, daß die catholi-
sche pillich ebensolche confidenz zu ihnen Franzosen, alß die protestirende
zu den Schweden erzeigen solten. I. H. G. replicirten, es mochte viel-
leicht von den catholischen dafur gehalten werden, daß die Schwedische
den protestirenden mehr ursach zu solcher confidenz, alß sie Franzosische
den catholischen geben, wie dan under andern I. H. G. sich hochlich zue
beklagen, daß obwoln von ihme duc de Longeville vor wenig tagen sie die
sichere vertröstung empfangen, daß beyde stiffter Oßnabruck und Minden
ihro nicht solten disputirt werden, so hetten sie doch bericht, daß die
Schweden nach dero alhie mit den Franzoßen ratione replicae gehaltener
conferentz nun auch ermelte beyde stiffter under andern loco satisfactionis
praetendirt. Worauf der herzog geandworttet, daß sie zwarn hierin den
Schweden sich starck wiedersetzt, und weren diese beyde stiffter wieder
ihren wissen und willen in die Schwedische forderung mit gepracht, sie
hetten sich aber gegen denselben erklehrt, daß, alß viel Bremen und Verden
belangete, solche beraiz in uncatholischen, nemblich des prinzen von Den-
nemarck handen, sie zwarn sich passive in der begehrung halten kondten,
wegen Oßnabruck Minden und Halberstatt aber sie ex professo ihnen zu-
wieder sein, und nicht zulaßen wolten. I. H. G. haben sich hierauf
bedanckt, und die fundamenta all ihrer 3 stiffter eiffrig remonstrirt, auch
noch ferner zu thun sich erpotten, mit begehren, daß doch die Franzosen in
hoc et similibus passibus sich nicht ubereylen, sondern rechten bericht ein-
nehmen mochten. Hierauf ist man auf der Franzoßen praetendirende satis-
faction kommen, und ihnen die exorbitantien ihrer forderung, wie auch die
unbillichkeit, daß die unschuldige erzherzogliche pupillen
Vgl. oben [ S. 324 Anm. 3 ] .
raubt werden sollen, zu gemuth geführt. Worauf er geandworttet, daß
sie vom reich nichts, sondern ihre satisfaction vom hauß Osterreich, alß
davon sie offendirt worden, begerten, und wolten solche landen vom reich
in eadem qualitate, wie sie Osterreich gehabt, auch noch mehrers alß sie
gethan, recognosciren und tragen, und wurde auch bey Ihrer Kayserlichen
Maiestät stehen, wan sie die pupillen unschuldig erkenneten, dafur ander-
werttige satisfaction auß dem ihrigen ihnen wiederfahren zu laßen. Wie
nun diese materi lang controvertirt worden, hatt er endlich sich dahin ver-
nehmen laßen, daß eben der cron Franckreich umb solche landen so hoch
nit zue thun, sondern daß sie darumb dieselbe in handen zue behalten
sucheten, damit sie eines bestendigen friedens inskunfftig so viel beßer ge-
sichert , und wan darzu andere mittel zue finden, mochten sie vielleicht auff
dieser forderung eben so hart nit bestehen. – [...]
W an die Brandenburger: Da Franzosen und Spanier bei den Staatischen
die Visite abgelegt haben, mögen sich die Brandenburger, damit man
Contarini zuvorkommt, erkundigen, ob in Abwesenheit der Ksl. die Kur-
fürstlichen unmittelbar folgen könnten. – Wenig später melden die Bran-
denburger , Contarini habe sich bereits angemeldet und für morgen einen
Termin erhalten. Daraufhin hält W für richtig, daß die Kurfürstlichen die
Rückkehr der Ksl. abwarten und nach diesen die Visite verrichten . [...]