Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 I 4

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1646 I 4
Donnerstag Antrittsbesuch Giffens

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Johann von Giffen (gest. 1656), Rat und Gesandter Erzherzog Leopold Wilhelms,
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vertrat für ihn Deutschorden, Straßburg, Passau, Halberstadt, Hersfeld, Murbach,
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Lüders, Hohnstein, ferner den Johanniterorden und Andlau.
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Volmar bei W. Oxenstierna hat den Ksl. vorgeschlagen, künftig mündlich
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zu verhandeln. Sie haben gebeten, daß die Antwort auf die ksl. Responsion
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noch schriftlich erfolge, danach könne der Vortrag der Parteien bei den

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Mediatoren mündlich geschehen, wobei durch Unterzeichnung das Proto-
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koll zu bestätigen sei; in Osnabrück könne Trauttmansdorff mit den
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Schweden direkt verhandeln. Klagen Oxenstiernas wegen Einschränkung
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der Amnestie, besonders in Württemberg und den Erblanden. Man hat
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geantwortet, der Kaiser könne ebensowenig wie Schweden sich in den eige-
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nen Landen Vorschriften machen lassen. Für Württemberg könne die Zu-
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rückweisung der Amnestie, durch die auch der Kaiser sich gebunden habe,
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bei einem für den Kaiser günstigen Kriegsverlauf gefährlich werden. Zur
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Beilegung der Religionsgravamina hat Oxenstierna vor allem die Auf-
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hebung des geistlichen Vorbehalts gefordert. Die Ksl. haben sich auf den
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Passauer Vertrag berufen, während gegen den angeblichen damaligen Pro-
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test der Gegenseite gegen den Vorbehalt der aktenkundige Verlauf der
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Verhandlungen spreche; zudem sei der Vertrag mit dem geistlichen Vor-
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behalt von den Protestanten unterschrieben und mit ihrer Zustimmung
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dem Reichskammergericht als Entscheidungsnorm zugestellt worden;
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schließlich sei die rechtliche Bedeutung eines solchen Protestes fraglich,
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da der Vertrag einseitige Konzessionen der Katholiken betreffe und diese
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dafür die Bedingungen festlegen konnten. [...] Rückkehr Trauttmans-
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dorffs vermutlich nach Übergabe der schwedischen Replik. Wittgenstein
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hat unter Berufung auf die Amnestie bei Trauttmansdorff die Rück-
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gabe Hachenburgs gefordert, ist aber auf den in Wien anhängigen Prozeß
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verwiesen worden, über den W auf Volmars Bitte nähere Auskunft gibt.

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Longueville bei W. Versichert auf Ws Klagen über den Zeitverlust, die
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Replik solle übermorgen ausgeliefert werden. W: Daß zu verhoffen,
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gleich wie die hayligen drey konig dem kindlein Jesu annehmbliche ge-
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schänck mit gold gethan, auch zur nachfolg sie Franzosische mit angeneh-
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men sachen würden herfurkommen. Longuevillus ridendo subiecit, es
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muste auch von weyrauch und myrrhen was darmit sein. I. H. G. hin-
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wieder , myrrhen hab man von Franzosen eine zeit her nur gar zuviel
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bekommen, iezt nun golt et quae grata essent verhoffen wolt. Ad
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quod Longueville, die mira wurde sein divisio replicae in vier haubtpunc-
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ten , worauff sie die ubrige reduciren wolten. Dabey I. H. G. in hohem
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vertrawen angedeut haben wolt, daß die Schweden auf Oßnabruck und
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Minden sehr starck bestanden, endlich aber auf ihr der Franzosen Opposi-
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tion bey den stifftern Bremen, Halberstatt und Verden gelaßen. War-
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auf f sie hinwiederumb vermeldet, wolten nicht hoffen, der Franzosen mai-
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nung zu sein, daß die Schweden solche stiffter zu behaubten gedencken sol-
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ten , auch solche ohnedas, sozusagen, mitten im reich und ihnen gantz abge-
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legen weren. Der Longeville aber, solches wurde von Schweden ge-
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schehen , damit Churbrandenburg loco Pommern satisfaction zue geben.

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Alß I. H. G. gefragt, woher die Schweden auff Verden praetension
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machen kondten, da doch selbiger stifft eiusdem naturae mit Oßnabruck
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und Minden? Sagt er Longeville, weiln sie es dem prinzen von Denne-
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marck abgenommen. W: Dieser hat es unrechtmäßig erworben und ist

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von den Landständen für die dabei gemachten Aufwendungen entschädigt
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worden

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Vgl. oben [ S. 70 ] .
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Hinzu Reck/Buschmann. Nähere Ausführungen, daß alle verandtwort-
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tung , dafern man catholischer seits etwas der religion zu nachtheyl einwilli-
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gen müste, auf die cron Franckreich fallen würde. Warauff er Longe-
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ville replicirt, daß billich vor allen dingen das gewissen in acht zu nehmen,
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im ubrigen aber riethe er, solche streitigkeiten nach beschaffenheit der
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iezigen zeiten, so gut man konne, beyzulegen. Und werde man spuhren, daß
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dadurch der religion vielmehr alß durch fortsetzung des kriegs genuzt
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würde. Wie aber weitter in ihn getrungen, wan nun die protestirende
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mit solchen mitteln, die im gewissen zu verandworten, nicht zufrieden sein
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wolten, weßen man sich dan zu der cron Franckreich ex parte catholicorum
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zu versehen. Hatt er darauff cathegorice nichts geandworttet, sondern es
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bloßlich bey dießem bewenden laßen, daß sie Franzosen erst sehen musten,
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wie sich Ihre Kayserliche Maiestät hierbey bezeigen, und weßen dieselbe
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sich erklehren würden. Und ob man ihme auch weitlauffig zu gemuth
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gefuhrt, daß einmal die catholische in diese gegenwertige angustias durch
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die Franzosische waffen getrieben, daß im wiedrigen es ahn mittelen, die
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protestirende a la ragione zu pringen, und sie in terminis des religionfrie-
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dens , welcher fur die catholische klärlich strebe, zue halten, nit ermanglet
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haben würde. Hat er doch alle schuld auf f Ihre Kayserliche Maiestät und
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das hauß Osterreich, alß welches die Franzosen durch anfangung unpilli-
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chen kriegs mit gewalt ins spiel gezogen, gelegt, und daß ermeltes hauß
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Osterreich, wo nur die geringste ratio status herfurschiene, causam religio-
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nis , auch die geistliche stifft und gutter zuruckzulaßen, kein groß bedenk-
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kens mache. Mit den Schweden ist verabredet worden, die Repliken in vier
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Punkte zu gliedern: 1. Rechte der Reichsstände einschließlich der Amnestie,
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2. Satisfaktion der Kronen, 3. Assekuration, 4. Durchführung des Friedens.
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Die Franzosen wollen ihre Replik den Mediatoren mündlich eröffnen und
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nur kurze Notizen über die einzelnen Punkte beigeben, die sie auch an die
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Reichsstände bringen wollen. Dabei besteht die Schwierigkeit, daß sie
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wegen Zeremoniellfragen weder mit Mainz noch mit Österreich als den
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Direktoren der beiden Kollegien verhandeln können. Scharfe Kritik der
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Franzosen an den Mainzern, die trotz zweimaligen Entgegenschickens die
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Visite nicht in ihrer gepuhrenden ordnung annehmen wollten, warinnen sich
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dan der churfurst von Mainz nicht alß ein churfurst, sondern alß ein Spa-
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nischer pensionarius erwiesen. Alß lang nun dieser fehler nicht reparirt,
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konten sie die Mainzische nit fur churfürstliche gesandten erkennen, und
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wurde Churmainz diesen den Franzosen erwiesenen affronto, inmaßen dan
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Seine Churfürstliche Gnaden solches alberait empfinden thetten, noch in
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viele wege zu entgelten haben.

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W: Nachdem die Spanier sich zuerst zur Visite angemeldet hatten, haben
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die Mainzer, weil sie sich nicht in den Präzedenzstreit mischen wollten,

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lieber ganz auf die Besuche verzichtet. Longueville bleibt dabei, daß
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die ihnen beschehene iniuria auf solches weiß, wie sie begangen, reparirt
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werden müsse, daß nemblich die Churmainzische ihnen den Franzosen vor
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den Spaniern die visita geben. [...]

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Buschmann bei Saavedra und bei Brun. Die Spanier wollen den staatischen
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Abgesandten, die man bald erwartet, die gleichen Ehren wie den anderen
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Gesandten

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7 erweisen] an Köln/Bayern 1646 I 5/6
erweisen.

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