Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 XII 27
1645 XII 27
Mittwoch W bei Nassau. – W bei Volmar. Bericht über
das Gespräch mit Servien. Volmar: Verteidigung des Rechtes der Inns-
brucker Erzherzoge. Den Mediatoren zufolge behaupten die Franzosen,
daß underschiedlich zu Oßnabruck anwesende stend die transportation des
Elsaß ahn Franckreich nicht unpillichten und daß sie ihre mainung von
theyls underschrieben beraiz inn handen hetten. Deme hetten sie Kayser-
liche zur andwort geben, daß sie solches nimmer glaubten, vielmehr katho-
lische und unkatholische Stände instruiert zu sein erklärten, daß den coro-
nen zur praetendirender satisfaction ahn land und leuthen nichts bewilligt
werden solt. W: Daß wo immer muglich vom reich nichts dismembrirt
werden solle, deßgleichen man sich dan auch ex parte der geistlichen chur-,
fursten und stende zue versehen, daß von den erz- und stifftern ichtwas
veralienirt noch den catholischen ahn ihren iuribus praeiudicirt werde. Und
alß dabey er Volmar auf verainigung der stende under sich gefallen, sagten
I. H. G., daß diese intention zwarn gutt, und hielte man von seitthen der
catholischen stende solches ein gar nuzlich und nohtwendiges ding, allein
seye mans mit einander ratione modi, mediorum et temporis nicht eins,
zumaln die uncatholische auff Ihrer Majestät intention mit undertruck-
oder schmäherung der catholischen geistlichen stend zu pringen, seye ganz
kein medium ad pacem vel unionem, und werde der effectus gar gewiß
nicht zu erheben, weder von Gott genad zu hoffen sein, so wenig alß man
post pacificationem Pragensem erfahren. Der herr Vollmar replicirte,
man muste dannoch sehen, wie zum frieden und allerseiz beruhigung
dermaln zu gelangen. Dem Kayser Rudolpho hab der beruhmbte doctor
Pistorius
Dr. Johann Pistorius (1546–1608), ksl. Rat, Generalvikar von Konstanz, Propst in
Breslau (vgl. ADB XXVI S. 199ff ).
ein guttachten ubergeben, warinnen er vermaint, pro con-
scientia et religionis catholicae augmentatione zu sein, daß die un-
catholische ad praebendas et dignitates catholicorum episcopatuum et
vice versa die catholische auf denen von den acatholicis besitzenden stiff-
tern admittirt würden, wodurch selbige stiffter zum ersten wiederumb
recuperirt werden kondten. I. H. G. wolten diß fur kein gute maxi-
mam , sondern balder dafur halten, daß dadurch der geistliche vorbehalt
in mercklich praeiudiz und gefahr gesetzt, ad libertatem credendi im
reich, consequenter zu genzlicher exterminirung der catholischen religion
thur und thor eröffnet würde, auff welche weiß man alle tag zum frie-
den , wan es ein frieden zu nennen, gelangen kondte [...], dan solches
kein rechter fried, der sich nit mit sowol in religion alß reichssachen auf die
posteros deriviren laßen wird. Welches er Vollmar, daß man ad futura
tempora mit zu gedencken, wahr und nottig zu sein vermeldet. Und
fragten I. H. G., ob er wol vermain, wan den uncatholischen schon alle
mugliche satisfaction gegeben, daß sie dadurch auf Ihrer Majestät seitthen
und zur zusammensezung mit den andern stenden werden zu pringen sein.
Ihrestheyls musten sie gar sehr darahn zweifflen, 1. wegen der alliantz und
intelligentz etlicher stend mit den coronen, die gegen ihre intention und
willen nimmer thun würden, 2. des privat und heimblichen interesse; die
Landgräfin und ihre vornehmsten Minister erhalten große Summen, in den
meisten Reichsstädten ist der eine oder andere Ratsverwandte und Syndi-
kus von den Kronen abhängig, und wan solches nit, würden gegenwertige
tractatus lengst anderst gangen sein. Die obligation der uncatholischen
stend gegen die coronen sey daher desto großer, daß sie vermainen, auch
getrawen, durch ihre assistenz ein mehrers alß sonsten zu erlangen.
Volmar gibt zu , daß underschiedliche pensionarii im reich sich befinden
mochten, nachdem aber in specie die landgraffin zu Hessen Cassel und
deren ministri dero bey Franckreich habende pensiones ebensowol tempore
pacis genießen werden, so seye auch zu vermutthen, daß die fürsten, deren
ministri corrumpirt, dergestalt sich werden verlaithen laßen, und wan die
stend im furstenrhat recht zusammensezten und solche pensionarios ihrer
pflichten erinnerten, werde sich viel dergleichen verhindern laßen. Wor-
auf I. H. G., wan solches geschehe, mochte man undereinander zu beßerer
intelligenz gerathen, das werck aber scheine darauß desto beschwerlicher,
daß Ihrer Majestät und der catholischen und getrewer stend intention
vorhero behorend nicht recht concertirt, indeme von seitthen Ihrer Kay-
serlichen Majestät den mediatorn, auch den coronen und uncatholischen
selbst propositiones und offerta beschehen, ehe daruber die getrewe stend
gehort. Über Metz, Toul und Verdun ist vorher nicht einmal das Kurkolleg
gehört worden. 2. Entgegen den Regensburger Beschlüssen von 1636 ist
den Protestanten die Beteiligung der Katholiken an der Geldentschädigung
für Schweden angedeutet worden. 3. Ihnen ist die Behandlung der Reli-
gionsgravamina auf dem Kongreß in Aussicht gestellt worden. Und gehen
beraiz von ein und anderm uber solch procedere allerhand klagten, die
sagen, was man dergestalt alhier zu machen habe, alß allein, was den
coronen proponirt, zu approbiren. Desgleichen sich auch vor diesem bey
Prager frieden sowol catholische alß uncatholische stend beschwerd, und
daß solchenfalß die kostbare gesandtschafften beßer verpleiben kondten.
4. Trauttmansdorff äußert, im Reichshofrat werde überlegt, wie weit den
protestantischen Gravamina nachgegeben werden könne, ohne daß andere
Stände bisher davon Nachricht haben. Volmar: Daß was geschehen, alles
unvorgreifflich seye, und hetten sonst sowol die herren mediatores alß
coronen nachgefragt, ob mit den beschehenen offerten die stände zuefrie-
den . Denen zur andwort geben, daß es nur resolutiones Caesaris, und man
daruber noch der stende mainung zu vernehmen hab. Alß I. H. G. hie-
bey vermeldet, cui bono dan solche propositiones geschehen, wan die stende
nicht darmit einstimmen, und ob nicht solchenfalß große disreputation
sowol Ihre Majestät alß die stende und das reich, alß wan sie zum frieden
kein lust, werden auffheben, und dan aller undanck auff die Kayserlichen
geschoben werden. Sagte er Volmar, daß zu erwartten stehe, was der
herr graff von Trautmanstorff bey einem oder andern werde negotiirt
haben, davon er bey seinem wiederkommen sonder zweiffel relation thun
werd, so alßdan den stenden unverhalten pleiben solt. [...]
[...]
das Gespräch mit Servien. Volmar: Verteidigung des Rechtes der Inns-
brucker Erzherzoge. Den Mediatoren zufolge behaupten die Franzosen,
daß underschiedlich zu Oßnabruck anwesende stend die transportation des
Elsaß ahn Franckreich nicht unpillichten und daß sie ihre mainung von
theyls underschrieben beraiz inn handen hetten. Deme hetten sie Kayser-
liche zur andwort geben, daß sie solches nimmer glaubten, vielmehr katho-
lische und unkatholische Stände instruiert zu sein erklärten, daß den coro-
nen zur praetendirender satisfaction ahn land und leuthen nichts bewilligt
werden solt. W: Daß wo immer muglich vom reich nichts dismembrirt
werden solle, deßgleichen man sich dan auch ex parte der geistlichen chur-,
fursten und stende zue versehen, daß von den erz- und stifftern ichtwas
veralienirt noch den catholischen ahn ihren iuribus praeiudicirt werde. Und
alß dabey er Volmar auf verainigung der stende under sich gefallen, sagten
I. H. G., daß diese intention zwarn gutt, und hielte man von seitthen der
catholischen stende solches ein gar nuzlich und nohtwendiges ding, allein
seye mans mit einander ratione modi, mediorum et temporis nicht eins,
zumaln die uncatholische auff Ihrer Majestät intention mit undertruck-
oder schmäherung der catholischen geistlichen stend zu pringen, seye ganz
kein medium ad pacem vel unionem, und werde der effectus gar gewiß
nicht zu erheben, weder von Gott genad zu hoffen sein, so wenig alß man
post pacificationem Pragensem erfahren. Der herr Vollmar replicirte,
man muste dannoch sehen, wie zum frieden und allerseiz beruhigung
dermaln zu gelangen. Dem Kayser Rudolpho hab der beruhmbte doctor
Pistorius
Dr. Johann Pistorius (1546–1608), ksl. Rat, Generalvikar von Konstanz, Propst in
Breslau (vgl. ADB XXVI S. 199ff ).
scientia et religionis catholicae augmentatione zu sein, daß die un-
catholische ad praebendas et dignitates catholicorum episcopatuum et
vice versa die catholische auf denen von den acatholicis besitzenden stiff-
tern admittirt würden, wodurch selbige stiffter zum ersten wiederumb
recuperirt werden kondten. I. H. G. wolten diß fur kein gute maxi-
mam , sondern balder dafur halten, daß dadurch der geistliche vorbehalt
in mercklich praeiudiz und gefahr gesetzt, ad libertatem credendi im
reich, consequenter zu genzlicher exterminirung der catholischen religion
thur und thor eröffnet würde, auff welche weiß man alle tag zum frie-
den , wan es ein frieden zu nennen, gelangen kondte [...], dan solches
kein rechter fried, der sich nit mit sowol in religion alß reichssachen auf die
posteros deriviren laßen wird. Welches er Vollmar, daß man ad futura
tempora mit zu gedencken, wahr und nottig zu sein vermeldet. Und
fragten I. H. G., ob er wol vermain, wan den uncatholischen schon alle
mugliche satisfaction gegeben, daß sie dadurch auf Ihrer Majestät seitthen
und zur zusammensezung mit den andern stenden werden zu pringen sein.
Ihrestheyls musten sie gar sehr darahn zweifflen, 1. wegen der alliantz und
intelligentz etlicher stend mit den coronen, die gegen ihre intention und
willen nimmer thun würden, 2. des privat und heimblichen interesse; die
Landgräfin und ihre vornehmsten Minister erhalten große Summen, in den
meisten Reichsstädten ist der eine oder andere Ratsverwandte und Syndi-
kus von den Kronen abhängig, und wan solches nit, würden gegenwertige
tractatus lengst anderst gangen sein. Die obligation der uncatholischen
stend gegen die coronen sey daher desto großer, daß sie vermainen, auch
getrawen, durch ihre assistenz ein mehrers alß sonsten zu erlangen.
Volmar gibt zu , daß underschiedliche pensionarii im reich sich befinden
mochten, nachdem aber in specie die landgraffin zu Hessen Cassel und
deren ministri dero bey Franckreich habende pensiones ebensowol tempore
pacis genießen werden, so seye auch zu vermutthen, daß die fürsten, deren
ministri corrumpirt, dergestalt sich werden verlaithen laßen, und wan die
stend im furstenrhat recht zusammensezten und solche pensionarios ihrer
pflichten erinnerten, werde sich viel dergleichen verhindern laßen. Wor-
auf I. H. G., wan solches geschehe, mochte man undereinander zu beßerer
intelligenz gerathen, das werck aber scheine darauß desto beschwerlicher,
daß Ihrer Majestät und der catholischen und getrewer stend intention
vorhero behorend nicht recht concertirt, indeme von seitthen Ihrer Kay-
serlichen Majestät den mediatorn, auch den coronen und uncatholischen
selbst propositiones und offerta beschehen, ehe daruber die getrewe stend
gehort. Über Metz, Toul und Verdun ist vorher nicht einmal das Kurkolleg
gehört worden. 2. Entgegen den Regensburger Beschlüssen von 1636 ist
den Protestanten die Beteiligung der Katholiken an der Geldentschädigung
für Schweden angedeutet worden. 3. Ihnen ist die Behandlung der Reli-
gionsgravamina auf dem Kongreß in Aussicht gestellt worden. Und gehen
beraiz von ein und anderm uber solch procedere allerhand klagten, die
sagen, was man dergestalt alhier zu machen habe, alß allein, was den
coronen proponirt, zu approbiren. Desgleichen sich auch vor diesem bey
Prager frieden sowol catholische alß uncatholische stend beschwerd, und
daß solchenfalß die kostbare gesandtschafften beßer verpleiben kondten.
4. Trauttmansdorff äußert, im Reichshofrat werde überlegt, wie weit den
protestantischen Gravamina nachgegeben werden könne, ohne daß andere
Stände bisher davon Nachricht haben. Volmar: Daß was geschehen, alles
unvorgreifflich seye, und hetten sonst sowol die herren mediatores alß
coronen nachgefragt, ob mit den beschehenen offerten die stände zuefrie-
den . Denen zur andwort geben, daß es nur resolutiones Caesaris, und man
daruber noch der stende mainung zu vernehmen hab. Alß I. H. G. hie-
bey vermeldet, cui bono dan solche propositiones geschehen, wan die stende
nicht darmit einstimmen, und ob nicht solchenfalß große disreputation
sowol Ihre Majestät alß die stende und das reich, alß wan sie zum frieden
kein lust, werden auffheben, und dan aller undanck auff die Kayserlichen
geschoben werden. Sagte er Volmar, daß zu erwartten stehe, was der
herr graff von Trautmanstorff bey einem oder andern werde negotiirt
haben, davon er bey seinem wiederkommen sonder zweiffel relation thun
werd, so alßdan den stenden unverhalten pleiben solt. [...]
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