Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 XII 11

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1645 XII 11
Montag Konferenz der katholischen Stände .
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Bayern bei W: Da Kurbayern ye lenger ye mehr verspuhren thette, daß die
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cronen ganz und zumal keinen lust zum frieden, sondern ihr intentum mit
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den waffen außzuefuhren, und diese tractatus bloß und allein zum schein
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angesehen, zumal Oxenstierna und Salvius persönlichen Gewinn aus der Ver-
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längerung
des Krieges zögen, ist der Kf. der Meinung, daß auf andere mittel,
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und zwarn auf verainigung der reichsstende, gedacht werden muße, damit
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per hoc die cronen ad aequas conditiones desto mehrers stringirt werden
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möchten. Von einem sehr hohen ort sey ihnen der bestendige bericht gesche-
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hen , daß außer ieztgemelter der stende verainigung kein fried im reich zue
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hoffen, wie sie dan auch nachricht haben, daß zu Pariß wegen des herrn
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graffen von Trauttmanstorff gegenwart, und daß er auf solch der stend
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union sehen werde, starcke apprehension gemacht werd. Wolle also nur in
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modo bestehen, wie mans der gravaminum halber eins werden konne. In
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politicis seye man schon zimblich weitt gangen; in ecclesiasticis werde man
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auch sehen mußen, was im gewissen verandtworttlich. Des hern graffen
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von Trautmanstorff intention gehe auch dahin, und seye Churbayern mit

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verlangen erwarttendt, wie sich das werck von ihm wolle erheben laßen,
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erpiethen sich zu aller guten cooperation, was allein dem gewissen und reli-
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gion nicht zuwieder. Gegen sie seye der von Trautmanstorff so weit schon
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heraußgangen, daß die bedencken zu hoff beraitz aufgesezt; daruber die
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stende zue vernehmen, und wohin mans mit der protestirenden gravamini-
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bus werde pringen konnen. Das meist werde wegen des catholischen reser-
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vats , 2. der geistlichen jurisdiction und 3. des iuris emigrandi zue thun sein.
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Ad 1. hab der herr graff von Trautmanstorff vermaint, wan sie auf den
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geistlichen vorbehalt verzeyhen, daß alßdan auch disseits der stiffter halb
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nichts zu moviren. Ad 2. daß das ius emigrandi freyzulaßen. Ad 3. Seye
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nicht ohn, daß sie die iurisdictionem ecclesiasticam und die visitationes in
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denen inhabenden landen gern wolten abgeschafft sehen. Her Volmar hab
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in einer ihnen iungst gegebener visita wegen der geistlichen gütter diesen
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vorschlag gethan, man mochte catholischentheyls zuegeben, daß die prote-
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stirende im besitz der geistlichen gütter, biß die religion miteinander ver-
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glichen , verpleiben solten, ob solches erträglich oder aber die jahren auf 60,
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80 hienauß zu verstrecken? Sie hetten ihme dagegen movirt, es wurden die
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protestirende besorglich sessionem fur die possedirende stiffter haben
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wollen oder doch wenigstens fur die 3 oder 4 administratores. Welches
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zwar res politica zu sein scheine, es lauffe aber dannoch die geistlichkeit
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mit under, daß es dahero groß praeiudicium religionis catholicae causiren
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könne. Begehrten I. H. G. gedancken bey einem und andern zu verneh-
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men . Buschmann: Kölnerseits erkennt man gar wol, daß biß dahero die
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dissidia statuum den frieden gehindert, wan auch solche nit gewesen, die
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sach so weit nit würde kommen sein. Auf dem letzten Reichstag ist deshalb
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die Amnestie publiziert, die Erörterung der Gravamina aber von den Frie-
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densverhandlungen
getrennt und auf eine andere Zusammenkunft verwiesen
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worden. Zu wunschen, daß es dabey sein verpleibens behalten möcht. Wie
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man aber sehe, daß die anderwertliche verweisung der gravaminum nicht
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wolle von den außwertigen cronen zugeben werden, sondern davon in den
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propositionibus meldung geschehen, worauf Ihre Majestät in affirmativam
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sich resolvirt, so besorgen I. H. G. und ubrige Churcolnische selbst wol, daß
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man diese materiam vorzunehmen also nicht werde endfliehen konnen, son-
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dern ad media sich einlaßen, und erstlich von den uncatholischen, was dan
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ihr begehren, vernehmen müßen. Zwarn seye nicht ohn, daß man catho-
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lischen theyls auch, und zwarn meistens gravirt sich befinde, dannoch aber,
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wie gemelt, zu wünschen wer, daß man der handlung pro nunc, weyln es
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dem friedensnegotio nit geringe hinderung pringen wird, endtubrigt pleiben
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köndte. Gestriges Gespräch mit Trauttmansdorff. Bayern: Bedenken
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Trauttmansdorffs zur achten Kur: 1. Widerspruch zum Reichsrecht, Not-
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wendigkeit
der päpstlichen und kurfürstlichen Zustimmung, 2. paritas
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votorum, 3. drei Kurfürsten aus einem Haus. Sie haben argumentiert: 1.
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Die Zeitumstände erfordern die Änderung der Goldenen Bulle, 2. bei Stim-
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mengleichheit
kann vielleicht eine Stimme doppelt zählen, 3. die Differenz

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zwischen beiden Linien bekannt, Köln ein Wahlfürstentum, bei Aussterben
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einer Linie kann es wieder zu der alten Zahl kommen. Ferner zu beachten,
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daß so auch ein Reichsvikariat katholisch wird. Churbayern inclinire zur
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alternativ ganz nicht, zumaln solche zwischen beyden linien vor 300 jahren
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auch verglichen

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Im wittelsbachischen Hausvertrag von Pavia 1329 VIII 4.
, die Haydebergische aber habe nicht gehalten, welches
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dan nur zu abermaligem krieg würde gerathen mußen. Vor diesem habe der
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herr Vollmar auch darauf bey den hern mediatoribus geäuget, deßwegen er
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aber einen verweiß von hoff und befelch empfangen, solches alßbalden
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wieder zue revociren.

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