Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 XII 10
1645 XII 10
Sonntag [...]
– W bei Trauttmansdorff, um ihm vor der
Abreise nach Osnabrück die Anliegen seiner Stifter zu empfehlen. Trautt-
mansdorff : Man müsse sich vor allem über die Religionsgravamina einigen,
wobei man der stiffter und geistlichen jurisdiction [...] quoad praeteritum
sich zue begeben und in futurum des geistlichen reservats halber desto
mehrer sich zu versichern. [...] Haben I. H. G. ihme zu verstehen
geben, wie schwer und unverandwortlich sein wolle, solcher geistlichen
jurisdiction in perpetuum sich zue begeben. Und sagte der Paderbornische
canzler, ob nit noch beßer ad certum aliquem terminum zu gehen und lieber
zue gestatten, daß auch ebensolang und lenger nit der geistlich vorbehalt in
vigore verpleib. Welches der her graff von Trauttmanstorff sich nit
mißfallen laßen und vermeldet, daß er der herren churfürstlichen gutt-
achten deßhalber und sonsten gern vernehmen und, wie das werck vonein-
anderzupringen , cooperiren wolte. 2. Wegen der gegen die reichsstätt
führender beschwerden ist pro medio vorkommen, daß die halbscheid der
kirchen yeder der catholischen religion und Augspurgischen confession
mochten eingeraumbt werden. Dagegen aber vom graffen von Trautt-
mansdorff movirt worden, daß die statt Nürnberg umb der einziger St.
Jacobs den catholischen nach dem Paßawischen vertrag abgenommenen
kirch vor diesem so viel zue thun gemacht, daß die damalß verordnet gewe-
ste deputirte von den bürgern gleichsamb des todtschlagens, dalß sie solche
resolution mitpringen solten, betrohet worden. 3. Der Schwedischen
satisfaction ist under andern auch dahin erwehnung geschehen, daß, alß
dem Salvio vorgehalten, wie sich offters vernehmen laßen, daß keines fuß-
breitts vom reich begerten, solches von ihme darauff genommen, und auß-
gedeuttet , daß was sie zur satisfaction praetendirten, vom reich nit ab-
gehen , sondern gleichwol dabey pleiben solt. Es hatt aber der herr graff
von Trautmanstorff anderst darzu nicht gesagt, alß daß ers, was sie im
schild führen, bey seinem dorthin verraisen nacher Oßnabruck bald ver-
nehmen wolt, besorge nit wenig, daß zwischen den Schweden und Branden-
burg dieser punct ein beraiz abgered und verglichene sach seye. 4. Die
Franzosische satisfaction anbelangendt, hetten Ihre Majestät sich wegen der
3 stiffter Metz Tull und Verdun, daß nemblich selbige mit der volligen
jurisdiction der cron Franckreich, wan es curfirsten und stend guett befan-
den , gelaßen werden soll, erklehrt, auch durch ihn den herren mediatoren
beraitz angedeuttet; imgleichen pro 2., daß ihnen zu einem paß in Italien
Pingerola bleiben, 3. Moyenvicq geschleifft, auch noch 4. zu Breysach die
nuewe fortificationes demantelirt werden mochten. Darauff zu vernehmen
stunde, ob die Franzosische plenipotentiarii befelch haben, sonsten sie ihnen
zeit, selbigen einzuholen, geben wolten. Und ob sie sich wol auf das Elsaß
mochten gedancken machen, sey doch solches lautter umbsonst, und wur-
den Ihre Majestät nit zugeben konnen, daß den Inspruckischen pupillen ihr
600jahriges patrimonium solte endzohen werden. Zumaln daß ohnedaß
auch dadurch gantz Lottringen und andere herrschafften von den Franzo-
sen wurden inclavirt sein. 5. Alß auch der amnisti red vorgefallen,
haben I. H. G. zue fragen anlaß genommen, ob der terminus usque ad
annum 1618 solte retrotrahirt werden mußen. Worauff der herr graff,
quod non und daß Ihre Kaiserliche Majestät nit weichen wurden, geand-
worttet , sondern daß, wan einer oder der ander sich in particulari solte
angeben, selbige vernommen und muglichste satisfaction geben werden solt.
6. Quoad negotium Palatinatus, alß I. H. G. davon und in specie de medio
octavi electoris meldung gethan, ist solches vom herrn graffen von Traut-
manstorff fur ein sehr schwer und wichtig bedencken gehalten und schier
mehr auf die alternativam geziehlet, mit andeutten, daß selbige dem bey
iungst zu Wien uber die Pfalzische sach vorgangenen handlung sich befun-
denen Englendischen gesandten Roe
Sir Thomas Roe (1581–1644), englischer Unterhändler in der Pfalzfrage auf dem
Regensburger Reichstag 1640/41 und in Wien 1641/42; zu den Verhandlungen vgl.
oben [ S. 16 Anm. 5 ] .
auch vor andern mediis eingangen
und nach iez regierende Churfürstliche Durchlaucht auf den curprinzen zu
bewilligen offeriert, gestalt er dan gegen ihn von Trautmanstorff selbst
gedacht hab, mit dieser formalien: non è poca cosa di dare la prerogativa a
una razza, che dura cent anni. Demnegst sagten I. H. G. weitter, die
sachen wurden sich wegen der landen auch noch wol voneinanderpringen
laßen, zumaln Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern deßhalber sich
schon vorlengst erklehrt, und were die praetension mit Ihrer Kaiserlichen
Majestät wegen der vorgeschossenen sum gebuhrend liquidirt. Worauf
der herr graff von Trauttmanstorff, Ihre Majestät wurden sich mit Chur-
bayern ratione hypothecae oder der zahlung halber anderst alß schon ge-
schehen nicht einlaßen, der konig von Engelland habe sich iungsthin zu
Wien auff eine million reichstaler herzugeben erklehrt. Und alß I. H. G.
vermeldet, daß dieses gegen die praetendirende summa ganz nit proportio-
nirt oder erklecklich, vermeinte er, daß der pfalzgraff und andere wurden
sehen müßen, wie satisfaction zu thun, und weyln schwer sein wolle, so
viele millionen auf einmal beyzupringen, zweifflete er nit, Ihre Churfürst-
liche Durchlaucht in Bayern zue disponiren sein werden, gegen einen theyl
der forderung ein stuck landts von der Pfalz erblich anzunehmen und das
ubrig ahn geld, und biß zu volliger abbezahlung ein theyl landts pro hypo-
theca einzubehalten, welches allerseiz das erträglichste sein werd. 7.
Gedachten I. H. G. der fur die Hessen praetendirenden satisfaction, und
daß man in vermutthung stehe, solche mit einem stuck geldts sich werde
richten laßen. Worauff er von Trautmanstorff, daß ihr absehen auf
Marburg, sich doch noch wol mit einem wenigern begnugen laßen dörfften,
dadurch aber das Caßelische hauß, so sich a tempore Caroli V. allezeit
wiedrig und Franckreich alliert bezeigt, desto mächtiger würde. Circa
finem liese er sich vernehmen, er wurde bald scrutiren, wo es mit dem frie-
denswerck hinaußwolle, in specie mit der satisfaction, und alßdan solchem
nach nicht lang diß orts sich auffhalten. Wurden sie noch wol andere ret-
tungsmittel und ehender derselben sich bediehnen, da es ihnen dan umb eine
viermeyl wegs lands wurde zu thun sein, alß in der Franzosen unbilliches
begehren mit dem Elsaß zu condescendiren. – [...]
Abreise nach Osnabrück die Anliegen seiner Stifter zu empfehlen. Trautt-
mansdorff : Man müsse sich vor allem über die Religionsgravamina einigen,
wobei man der stiffter und geistlichen jurisdiction [...] quoad praeteritum
sich zue begeben und in futurum des geistlichen reservats halber desto
mehrer sich zu versichern. [...] Haben I. H. G. ihme zu verstehen
geben, wie schwer und unverandwortlich sein wolle, solcher geistlichen
jurisdiction in perpetuum sich zue begeben. Und sagte der Paderbornische
canzler, ob nit noch beßer ad certum aliquem terminum zu gehen und lieber
zue gestatten, daß auch ebensolang und lenger nit der geistlich vorbehalt in
vigore verpleib. Welches der her graff von Trauttmanstorff sich nit
mißfallen laßen und vermeldet, daß er der herren churfürstlichen gutt-
achten deßhalber und sonsten gern vernehmen und, wie das werck vonein-
anderzupringen , cooperiren wolte. 2. Wegen der gegen die reichsstätt
führender beschwerden ist pro medio vorkommen, daß die halbscheid der
kirchen yeder der catholischen religion und Augspurgischen confession
mochten eingeraumbt werden. Dagegen aber vom graffen von Trautt-
mansdorff movirt worden, daß die statt Nürnberg umb der einziger St.
Jacobs den catholischen nach dem Paßawischen vertrag abgenommenen
kirch vor diesem so viel zue thun gemacht, daß die damalß verordnet gewe-
ste deputirte von den bürgern gleichsamb des todtschlagens, dalß sie solche
resolution mitpringen solten, betrohet worden. 3. Der Schwedischen
satisfaction ist under andern auch dahin erwehnung geschehen, daß, alß
dem Salvio vorgehalten, wie sich offters vernehmen laßen, daß keines fuß-
breitts vom reich begerten, solches von ihme darauff genommen, und auß-
gedeuttet , daß was sie zur satisfaction praetendirten, vom reich nit ab-
gehen , sondern gleichwol dabey pleiben solt. Es hatt aber der herr graff
von Trautmanstorff anderst darzu nicht gesagt, alß daß ers, was sie im
schild führen, bey seinem dorthin verraisen nacher Oßnabruck bald ver-
nehmen wolt, besorge nit wenig, daß zwischen den Schweden und Branden-
burg dieser punct ein beraiz abgered und verglichene sach seye. 4. Die
Franzosische satisfaction anbelangendt, hetten Ihre Majestät sich wegen der
3 stiffter Metz Tull und Verdun, daß nemblich selbige mit der volligen
jurisdiction der cron Franckreich, wan es curfirsten und stend guett befan-
den , gelaßen werden soll, erklehrt, auch durch ihn den herren mediatoren
beraitz angedeuttet; imgleichen pro 2., daß ihnen zu einem paß in Italien
Pingerola bleiben, 3. Moyenvicq geschleifft, auch noch 4. zu Breysach die
nuewe fortificationes demantelirt werden mochten. Darauff zu vernehmen
stunde, ob die Franzosische plenipotentiarii befelch haben, sonsten sie ihnen
zeit, selbigen einzuholen, geben wolten. Und ob sie sich wol auf das Elsaß
mochten gedancken machen, sey doch solches lautter umbsonst, und wur-
den Ihre Majestät nit zugeben konnen, daß den Inspruckischen pupillen ihr
600jahriges patrimonium solte endzohen werden. Zumaln daß ohnedaß
auch dadurch gantz Lottringen und andere herrschafften von den Franzo-
sen wurden inclavirt sein. 5. Alß auch der amnisti red vorgefallen,
haben I. H. G. zue fragen anlaß genommen, ob der terminus usque ad
annum 1618 solte retrotrahirt werden mußen. Worauff der herr graff,
quod non und daß Ihre Kaiserliche Majestät nit weichen wurden, geand-
worttet , sondern daß, wan einer oder der ander sich in particulari solte
angeben, selbige vernommen und muglichste satisfaction geben werden solt.
6. Quoad negotium Palatinatus, alß I. H. G. davon und in specie de medio
octavi electoris meldung gethan, ist solches vom herrn graffen von Traut-
manstorff fur ein sehr schwer und wichtig bedencken gehalten und schier
mehr auf die alternativam geziehlet, mit andeutten, daß selbige dem bey
iungst zu Wien uber die Pfalzische sach vorgangenen handlung sich befun-
denen Englendischen gesandten Roe
Sir Thomas Roe (1581–1644), englischer Unterhändler in der Pfalzfrage auf dem
Regensburger Reichstag 1640/41 und in Wien 1641/42; zu den Verhandlungen vgl.
oben [ S. 16 Anm. 5 ] .
und nach iez regierende Churfürstliche Durchlaucht auf den curprinzen zu
bewilligen offeriert, gestalt er dan gegen ihn von Trautmanstorff selbst
gedacht hab, mit dieser formalien: non è poca cosa di dare la prerogativa a
una razza, che dura cent anni. Demnegst sagten I. H. G. weitter, die
sachen wurden sich wegen der landen auch noch wol voneinanderpringen
laßen, zumaln Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern deßhalber sich
schon vorlengst erklehrt, und were die praetension mit Ihrer Kaiserlichen
Majestät wegen der vorgeschossenen sum gebuhrend liquidirt. Worauf
der herr graff von Trauttmanstorff, Ihre Majestät wurden sich mit Chur-
bayern ratione hypothecae oder der zahlung halber anderst alß schon ge-
schehen nicht einlaßen, der konig von Engelland habe sich iungsthin zu
Wien auff eine million reichstaler herzugeben erklehrt. Und alß I. H. G.
vermeldet, daß dieses gegen die praetendirende summa ganz nit proportio-
nirt oder erklecklich, vermeinte er, daß der pfalzgraff und andere wurden
sehen müßen, wie satisfaction zu thun, und weyln schwer sein wolle, so
viele millionen auf einmal beyzupringen, zweifflete er nit, Ihre Churfürst-
liche Durchlaucht in Bayern zue disponiren sein werden, gegen einen theyl
der forderung ein stuck landts von der Pfalz erblich anzunehmen und das
ubrig ahn geld, und biß zu volliger abbezahlung ein theyl landts pro hypo-
theca einzubehalten, welches allerseiz das erträglichste sein werd. 7.
Gedachten I. H. G. der fur die Hessen praetendirenden satisfaction, und
daß man in vermutthung stehe, solche mit einem stuck geldts sich werde
richten laßen. Worauff er von Trautmanstorff, daß ihr absehen auf
Marburg, sich doch noch wol mit einem wenigern begnugen laßen dörfften,
dadurch aber das Caßelische hauß, so sich a tempore Caroli V. allezeit
wiedrig und Franckreich alliert bezeigt, desto mächtiger würde. Circa
finem liese er sich vernehmen, er wurde bald scrutiren, wo es mit dem frie-
denswerck hinaußwolle, in specie mit der satisfaction, und alßdan solchem
nach nicht lang diß orts sich auffhalten. Wurden sie noch wol andere ret-
tungsmittel und ehender derselben sich bediehnen, da es ihnen dan umb eine
viermeyl wegs lands wurde zu thun sein, alß in der Franzosen unbilliches
begehren mit dem Elsaß zu condescendiren. – [...]