Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 X 11

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1645 X 11
Mittwoch Krebs (Mainz) bei W. Die Brandenburger haben
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gegen die ihnen wieder zugestellten Schreiben an Sachsen und Trier und
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gegen die Antwort an die Kurfürstlichen in Osnabrück

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Gemäß dem Beschluß des Kurfürstenrates 1645 X 5 ( APW III A 1,1 S. 348ff); vgl.
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W. Becker S. 243f.
vorgebracht: 1.
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Das Konzept ist nicht mit den Osnabrücker Ständen abgesprochen. 2. Über
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den Ausschluß Magdeburgs kann nicht ohne die Osnabrücker Stände ent-
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schieden
werden, zumal es um einen conventus extraordinarius geht; die
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hessische Frage gehört allein vor den Fürstenrat. 3. Die Osnabrücker
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Schreiben sind tendenziös wiedergegeben, den dortigen Ständen wird Ver-
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zögerung
vorgeworfen, den Brandenburgern die Unterstützung Magdeburgs.
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4. Mit den Schreiben an Trier und Sachsen greift man in das Berufungs-
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recht
des Kaisers ein. 5. Die Schreiben sind ihnen ohne vorherige Beratung
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schon mundiert zugestellt worden. Die Ksl. haben den Mainzern folgende
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bei ihnen vorgebrachte Beschwerden der Brandenburger mitgeteilt: 1.
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Schreiben an Trier und Sachsen, die dergestalt imperiose abgefast und ein-
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gerichtet , alß von Ihrer Kayserlichen Majestät selbsten nicht geschehen.
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2. Vorwürfe gegen sie in dem Schreiben an die Kurfürstlichen in Osna-

[p. 301] [scan. 351]


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brück
; man habe alhier ohne vorgangene communication mit den zu Oßna-
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bruck consultirt und conclusa gemacht contradicentibus Brandenburgicis
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und mit den furstlichen gegen genommene abred re- und correferirt, wel-
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ches zur Separation ursach gebe. Man wolle auch zu den deliberationibus in
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andern sachen schreitten, ehe der punctus admissionis Magdeburg und Hes-
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sen erledigt, solches, wan es geschehen solt, were sich einer ruptur zu besor-
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gen . Die Ksl. haben von den Mainzern nähere Angaben über diese Schrei-
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ben
, über das deshalb in Aussicht genommene Verfahren und etwas mehrer
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eröffnung und communication von demjenigen, was vor und nach geschlos-
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sen , besonders über die gegen die Admission zusammengetragenen Argu-
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mente
, gefordert. Die Mainzer haben ihr Vorgehen bei Abfassung der Schrei-
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ben
als im Reichsbrauch herkömmlich begründet; die Schreiben selbst wur-
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den
von den Ksl. gebilligt, doch soll das Schreiben nach Osnabrück nur Bröm-
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ser
zur Nachricht mitgeteilt werden, da die Brandenburger es kennen. Wegen
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der begerten communication der conclusorum sey nit brauchlich, alles was
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under den churfurstlichen vorgehet und geschloßen wird, zu communiciren.
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Waß aber die zu papier gebrachte rationes antreffe, damit hetten sie die
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herren Kayserlichen zu beschweren darumb nit vonnötthen gehalten,
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weylen er selbige schon vorhin auf des hern Volmari tisch liegen gesehen.
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Rimedia zu suggeriren habe man biß dato dieserseiz nicht ermanglet, was
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nur immer zu fortstellung der consultationen dienlich befunden, und haffte
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es nur ahn denenn zu Oßnabruck, und wie die difficultet ratione excluso-
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rum ausm weg zu raumen. Dazu baten die Ksl., auch W möge Vertreter
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nach Osnabrück schicken, damit das österreichische Direktorium nach Ein-
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zelermahnung
der Stände durch die Ksl. die Admissionsfrage proponieren
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könne, wobei man mit Hilfe von Darmstadt, Mecklenburg und vielleicht
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auch Braunschweig sich durchsetzen zu können hofft. W: Wegen des
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Schreibens an Sachsen (die Trierer Gesandten sind bereits unterwegs) hat
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man sich durch Brandenburg nicht irren zu lassen; solche Erinnerungen
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sind üblich und noch beim Deputationstag an Brandenburg ergangen. Ob
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nun aber das iezige concept also imperiose [...] verfast, konne man den
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begriff selbst wol reden laßen; so wusten auch I. H. G. nit, worinn man die
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Churbrandenburgische in dem nach Oßnabruck aufgesezten schreiben zu
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denigriren sich understanden. Daß man aber in der sachen selbst die nöttige
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rationes angefuhrt, wurden sie mit fugen nicht ubel deuten konnen, weniger
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finde sich, daß man hier zu abseithigen conclusis geeylet, sondern yedeß-
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malß die anwesende Churbrandenburgische in ihren votis, wie herkom-
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mens , gern gehört und vernommen. Daß man aber zwischen den hiesigen
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und zu Oßnabruck anwesenden churfürstlichen gesandten eine absonder-
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liche correlation unvonnöthen gehalten, seye der vernunfft selbst gemeß,
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weylen zu Oßnabruck keine gesanden befindlich, die nit auch zugleich ihre
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collegas alhie zur stell haben, und wurden selbige zweiffelßohn underein-
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ander also zu correspondiren wissen, daß von ihnen hier und zu Oßna-
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bruck keine disparia vota gefuhrt wurden, welchenfalß dan die correlatio-

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nes zue nichts anderst, alß vergeblicher verzogerung dienlich sein wurde.
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Und ob nun wol die herren Kayserlichen gesandte zugleich die anzeig
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gethan, daß die Churbrandenburgische von ihnen nicht begehrt, dieses den
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ubrigen churfürstlichen vorzuhalten, so wolte doch gleichwol die notthurfft
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erfordern, daß ihnen hinwiederumb die anzeig, was es umb diese der Chur-
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brandenburgischen gefuhrte beschwerd fur eine bewandtnus hab, geschehe,
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sie auch zugleich ersucht werden möchten, ihnen Churbrandenburgischen
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solche gleichsamb motu proprio und alß wan sie mit den ubrigen churfürst-
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lichen sich darüber von selbst in discurß eingelaßen zue remonstriren. Kur-
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köln
hat bereits den Hildesheimer Kanzler

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Dr. Joachim Stein (gest. 1649), Hildesheimer Rat und (seit 1643) Kanzler, kurkölnischer
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Geheimer Rat (vgl. APW [ II C 2 S. 288 Anm. 5 ] ; J. Foerster S. 6, 11).
nach Osnabrück beordnet, auch
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W selbst will bald dorthin abordnen. Daß aber sonsten den herren Kayser-
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lichen die communicationes einiger hie vorgehender sachen vorenthalten,
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wisten I. H. G. sich nit zu erinnern, wie dan auch die nacher Oßnabruck
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geschlossene schreiben sambt denn rationibus non admissionis der Magde-
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burg - und Hessen Casselischer (alßwelche im furstenrhat offentlich verlesen
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worden) den herren Kayserlichen keineswegs haben verborgen sein konnen,
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weylen der Osterreichisch mitabgesandter Goll

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Dr. Johann Wilhelm Goll (1598–1672), oberösterreichischer Vormundschaftsrat und
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Vertreter der Tiroler Linie, Gesandter für Österreich neben Wolkenstein und Richters-
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berger ; in Münster seit 1645 VIII 7.
, so die direction der expe-
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dition fuhret, mit dem hern Volmari in einem hauß wohnet. Hierauf
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hat der Dr. Krebß geandtworttet, daß sie Churmainzische alberait den
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herren Kayserlichen diese erinnerung gethan, sie wurden sich aber nicht zu-
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wieder sein laßen, solches nachmaln und zwarn sonderlich zu dem end zu
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wiederholen, damit die herren Kayserlichen den herren Churbrandenburgi-
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schen die behorliche gegenremonstration thun und selbige dadurch verspuh-
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ren mögen, daß man nit zu allen dingen so gleich stillschweigen konne.

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Krebs (Mainz) bei Buschmann: Klage des brandenburgischen Sekretärs bei
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den Mainzern, daß in Abwesenheit Wittgensteins Heiden nicht den Exzel-
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lenztitel
erhalte wie in Osnabrück Brömser. Auf die Antwort, Heiden sei
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weder Standesperson noch, wie jetzt Brömser für Osnabrück, Hauptge-
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sandter
, hat der Sekretär gedroht, falls man Heiden das Prädikat verwei-
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gere
, würden die Brandenburger es auch den anderen Kurfürstlichen nicht
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geben. Dabei ist er trotz der Warnung geblieben, daß so in das mit so
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großer mühe erstrittenes praedicatum nun erst wiederumb ein loch gemacht
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werden dörfft [...].

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