Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 VII 28
1645 VII 28
Freitag Mitteilung Nassaus: Die Erinnerungen wegen
der schwedischen Einwürfe gegen das Lengericher Conclusum sind bei den
Mediatoren vorgebracht worden, die sie an die Franzosen weiterleiten
wollen. Nach Mitteilung der Ksl. in Osnabrück geht der Widerstand von
Brandenburg aus. Wie ist es mit dem Entgegenschicken beim Mainzer Ein-
zug zu halten? W: Daß sowol negstmal zu Lengerich alß iüngst alhier
gnugsamb abzunehmen gewest, daß Churbrandenburg sambt den Schweden
etwas anders intendiren müßen. [...]. Das Entgegenschicken wollen die
Kurfürstlichen den Ksl. anheimstellen, gesprächsweise ist vorgekommen,
nachdem Köln, Bayern und Brandenburg diese Ehre erwiesen worden ist,
könne eine Änderung, auch wenn Mainz einverstanden ist, bei Sachsen
Schwierigkeiten verursachen; zudem sei gegenüber den Ausländern die De-
monstration der ksl.-kurfürstlichen Gemeinsamkeit angemessen.
Mitteilung der Mainzer: Im wesentlichen mit Ws Vorschlägen einverstan-
den , nur soll nach dem Brandenburger Beispiel in Osnabrück ihre Kutsche
als erste benutzt werden oder andernfalls sichergestellt sein, daß die Ein-
holung der Trierer und Sachsen mit ihrer Kutsche geschieht.
Mitteilung an Nassau, der antwortet, die Ksl. wollten entgegenschicken,
nur müsse man sehen, daß dann nicht andere folgten; wegen der Mediato-
ren und Spanier keine Besorgnis, doch mit den Franzosen möge W sich des-
halb in Verbindung setzen. W: Kein Grund für die Franzosen vorhan-
den , da Kaiser und Kurfürsten Glieder eines Reiches sind.
Mitteilung an d’Avaux: Es werden außer den Kurfürstlichen nur die Ksl.
alß welche zue dießem corpore gehörig entgegenschicken. Deßwegen er
d’Avaux sich bedanckt.
St. Romain bei W (gegen 12 Uhr): Die Franzosen wollen entgegenschik-
ken . W: Dankt für die zugedachte Ehre, doch möge man es wie beim
Einzug Longuevilles dabei belassen, daß die empfahung allein von den
nationalen oder die de eodem corpore vel collegio weren, zue geschehen.
St. Romain: Es gibt keine Vereinbarung, sie haben lediglich zur
Vermeidung von Streit zwischen Venedig und den Kurfürstlichen um
Unterlassung des Entgegenschickens gebeten. Dem hat Peñaranda dann
folgen müssen. W warnt vor Erneuerung des alten Streites und er-
bietet sich, auch die Ksl. von ihrem Vorhaben wieder abzubringen.
St. Romain: Es mochte schicken und underlaßen, wer da wolle, pliebe
bey ihnen einmal fixum und firmum, daß sie schicken wolten, weyln
zu vermercken, daß was anders darhinder verborgen seye. I. H. G.:
Sie kondten bona conscientia wol sagen, daß sie nichts wüsten. Die
herrn churfürsten hetten mit niemandts einige competenzen, nur was vor
wenig jahren von den Venedigern newerlich movirt worden seye. Aniezo
befinden sich die Churfürstlichen gesandten so numeroß und starck, daß sie
bey ihrem rechten und befugnus, wans nottig, wol würden manuteniren
konnen. Auff welches der St. Romain ridendo abermaln wiederholet,
daß einmal fixum et firmum bey ihnen pleib, die endgegenschickung zu
thun. Alß nun I. H. G. sehen, daß die Franzosen bey ihrer mainung
persistirt, haben sie dem St. Romain endtlich anderst nichts zur andtwortt
geben konnen, alß daß diß eine sach, welche sie allein nicht, sondern auch
ubrige churfürstliche gesandten concerniren thette, mit denen es dan com-
municirt werden solte.
Anfrage Heidens wegen der Sitzordnung in der Kutsche mit auf Gleich-
behandlung von Bayern und Brandenburg abzielenden Änderungsvorschlä-
gen , die aber als undurchführbar abgelehnt werden.
Botschaft an die Mainzer: Wegen der Schwierigkeiten mit den Franzosen
mögen sie vorerst den Einzug nicht fortsetzen.
Reck bei Chigi: Bitte um Interposition bei den Franzosen. Chigi: Zu
verwundern, wie man so leichtlich von den conclusis dörffte aussezen. Die
Franzosen hetten 4 augen, weren in allen sachen sehr unbestendig und
wanckelmütthig, kond mit ihnen gar nit außkommen, daß er sich auch
dieserthalb der sachen nit würde konnen annehmen.
Mitteilung der Situation an Bayern, Brandenburger und Ksl.
Nochmalige Schickung an die Franzosen. Longueville bleibt dabei, sie wür-
den unmittelbar nach Abfahrt Ws ihre Kutsche folgen lassen. – Da es in-
zwischen 3 Uhr ist, läßt W wieder ausspannen und die Vorbereitungen zum
Einzug absagen. – Mitteilung an die Ksl.: Soll man zur Aufrechterhaltung
der früheren Vereinbarung die Mainzer veranlassen, morgen früh inkognito
einzuziehen? Auch die Ksl. sehen darin den einzigen Ausweg, ein Wie-
deraufleben des venezianischen Präzedenzstreites zu vermeiden.
Mitteilung Heidens: Wenn keiner seiner Vorschläge annehmbar ist, wird er
in der eigenen Kutsche fahren, da er eine Abstufung gegenüber Bayern
nicht hinnehmen kann. W: Daß man unter den herren churfürstlichen
die Ordnung schon wisse. Wan er den platz hab, welchen der graff von
Wittgenstein, wan er selbst gegenwerttig, werde er sich nichts zu beschwe-
ren haben.
St. Romain bei W, mit vielem protestiren, daß man die anerpottene konig-
liche ehr dergestalt dedignirte, daß man deßhalber ausspannen laßen und
gar nit endgegenschicken wolte, maßen ihm seine principalen anbefohlen,
solches I. H. G. zu remonstriren, und daß deßen sie sich gegen I. H. G. und
andere churfürstliche sich nit versehen hetten. Es werde groß disgusto ver-
uhrsachen und vielleicht geschehen, daß umb deßwillen die Churmainzische
pro legitimis legatis wie andere churfürstliche nicht dorfften gehalten wer-
den , gleich dan hiervon nacher Pariß umbstendlich wurden referieren
müßen. Endzwischen blieben sie noch in der beraitschafft, hetten auch
underschiedliche vorm thor, welche aufpasten, daß wan gleich die ein-
kombst incognito geschehen solt, sie dannoch endtgegen schicken und, wan
die churfürstliche oder Kayserliche nit endtgegenkehmen, die Churmainzi-
sche auß ihrer in die Franzosische gutschen heben und also zue deroselben
quartier pringen und allein beglaiten wolten. Deme haben I. H. G. mit
abermaligen gegenremonstrationibus zu anderm zu verlaitthen gemaint, mit
andeutten, daß solches gar nit zum affronto oder wie mans andern mocht,
gemeint, sondern I. H. G. hetten die Mainzische nohtwendig avisiren
musen. [...] Wisten wol, daß sie und die andern churfürstliche solche be-
zeichnende affection den principalen hochstens ruhmen und sich auch gegen
den gesandten gebürlich bedancken würden. Ist aber bey vorigem ge-
plieben .
Mitteilung an Bayern und Brandenburger, daß aus dem einzug heut nichts
werden konne. – Kölner Legationssekretär zu den Mainzern: Darstellung
des Sachverhalts und Vorschlag des Einzuges all’incognito. Da die Mainzer
eine mündliche Besprechung darüber für nötig halten, reitet Krebs unbe-
merkt mit zurück in die Stadt, während Cratz die Kutsche wenden und das
Nachtquartier aufsuchen läßt. – Eine halbe viertelstund hiernach kamen
der drey Franzosischer plenipotentiarien in dreyen guttschen mit 6 pferden
und zimblichem comitat von dienern hienaußgeschickte, welche wolgemel-
ten hern graven Cratz biß ahns nachtsquartier nachgefahren, die compli-
menta verrichtet, demnegst umb halb 8 wiederumb hereinkommen, der her
graff Cratz aber draußen, wie er vorgehabt, verplieben. Inzwischen pro-
testiert St. Romain auch bei Bayern und Brandenburgern.
D’Avaux, den W um eine Unterredung noch vor seiner Abreise gebeten
hatte, gegen 6 Uhr bei W. Klage über die Absage des Mainzer Einzuges, mit
weittläuffigem anführen, daß sie dieienige wehren, welche des reichs chur-
und fürsten respectiren und ehren wolten, hingegen machten die Spanier
die difficultet dan in diesem, dan jenem. So mache Peñaranda neue Schwie-
rigkeiten in der Titelfrage, nur desto mehrers der herren churfursten autho-
ritet zu supprimiren, hingegen aber sui regis dignitatem zu eleviren und zu
erheben. Den nahmen solt es zwarn pro monarchia nit haben, es ziehleten
aber all ihre sachen pro dominatu Caesaris, Hispani et domus, welcher pro
placitu geführt. Peñaranda gibt vor instruiert zu sein, nicht nur den Kur-
fürstlichen den Exzellenztitel zu verweigern, sondern auch den Reichsfürsten
den Titel Altezza oder Celsitudo. Die Franzosen wollen sich post Caesare-
anos in ihrem rang und ordnung halten und werden schicken, auch wenn die
Ksl. es unterlassen. Peñaranda will die Absprachen Saavedras und Bruns
über das Zeremoniell nicht anerkennen und meint, die Franzosen müsten
auß ihrer ordnung durch die disordre und confusion mit den visiten, gleich
wie mit dem endgegenschicken beschehen, gepracht werden. Dahero die
Franzosen ihres theylß auf die ordnung desto mehrers sehen und halten
musten, darauß sie sich dan durch der Spanier gesuechte confusion und un-
ordnung durchauß nit pringen laßen, massen sie schon vor etlich dagen das
conclusum gemacht, das sie den Churmainzischen endgegenschickhen wol-
len , wie auch den Trierischen und Sachsischen. Der Pinneranda seye nun
schon so viell wochen hier, ohne daß bißdato die visita nicht verrichtet,
gebe sonsten die audienz und admittirte zur visita ahm bett, als wans der
konig in Spania selbst were. Die Kaiserliche hetten ihne tali modo und so
voreilet visitieret allein zum despect der Franzosen, auch mit ihrer selbst
aigner und des Kaisers schlechter reputation, indeme sie in so langer zeit
und etlichen wochen von ihm nit hinwieder visitiert worden. Die Kaiser-
liche machten mit dergleichen sachen schlechte confidenz und praeparativa
ad pacem. Was die difficultet zwischen den churfürstlichen und Venetia-
nern anlangen thette, deßwegen habe man sich dißmalß nichts zu befahren,
sondern wurde der Venetus keine schickung vermutthlich thun, da sich son-
sten die hern churfürstliche des medii wiederumb, wie vor diesem bei der
Curbairischen und Brandenburgischen einholung beschehen, gebrauchen
kondten. Wobey, als I. H. G. erinnert, wan ein tertius kommen würde, wie
es alßdan zu machen, sagte er de Avaux, alßdan werde sich schon ein mittel
finden. Sie hielten die herrn churfürstlichen sowol alß die Venetianer fur
ihre gute freund, und eben darumb seye der duc de Longeville ohne end-
gegenschickung hereinkommen und habe der Pinneranda, so nit mehr alß
er, billich dergleichen thun müßen. Welches ebenergestalt dem duc de
Medina, wan er kombt, gebuhren wurde. Solte er auch das endgegenschik-
ken begehren, wurde er umb soviel mehr der Spanier schlechte affection zu
den herrn churfürsten darthun und bezeigen. [...] Wiederholung des Vor-
wurfs , daß die Ksl. sich mit den Spanischen partheyisch mächten, [...], hett
ein seltzames ansehen, daß sie mehrern respect auff die Spanier alß das
reich trügen. Hiervon hat sich der discursus auf das Lengerische con-
clusum flectirt, und I. H. G. begert, daß die herrn Franzosen sich zu deßen
manutenirung bey den Schweden interponiren möchten, zuemalen ja die
exteri den reichsstenden keine novam formam consultandi würden vor-
schreiben und dadurch die andwortt auff die propositiones selbst auffhal-
ten wollen. Die materia gehore zu den tractatibus, worzu man aber, so lang
die forma verhindert würde, nicht schreitten konne. Der d’Avaux re-
plicirte , die emulatio seye zwischen ihnen und den Spaniern, es musten sie
aber desto fleisiger aufmercken, daß selbige nit auch inter colligatos ipso-
rum einschleiche. Sie weren woll zufriden, das zu Oßnabruck die reichs-
stend zusammen khommen, wollten dishalber mit den Schweden nit com-
petieren . Und alß I. H. G. vermeldete, das man vor disem de loco tertio
geredt hette, aber keinen bequem finden kundten, zudeme hetten sie die
status ad loca tractatuum selbsten beschriben. Vermeinte er, obs nit
noch zu thuen, wobei er Telgte und Warendorf vorschlägt, die W beide als
ungeeignet ablehnt. Worauff der d’Avaux, daß man gleichwol dahin
würde bedacht sein müßen, wie den Schweden einige satisfaction moge
gegeben werden, und ob nit ein mitl, das die electorum et civitatensium
collegia allhie, principum aber zu Oßnabruck weren. W: Den Reichs-
satzungen zuwider, auch mit großen Verzögerungen bei Re- und Korrela-
tionen verbunden. Es hetten die Schweden sich ganz nicht zu beschweren.
dan obschon die Churmainzische von Oßnabruck iezo anher kommen, so
seyen doch neben Churbrandenburgischen von selbiger gesandschafft allein
intuitu Suecorum einige hinderlasen und dannoch dabenebenst bewilliget,
daß eine absonderliche deputation, von deren sie alle nachricht haben kon-
nen , dorthin nach Oßnabruck verglichen. Daß aber die zusammenkunfft
der stende in specie hier zu Münster geschehen solle, darahn seyen die Fran-
zosen selbst ursach, indem sie solches zu Franckfurt urgirt und die stende
anhero beschrieben. Er sagte, sie sehen woll, das die Kaiserliche partey
die maiora machen werde bei den vorhabenden consultationes. Fragten
darauff I. H. G., ob sich die Franzosische mit den außgelassenen schreiben
und urgirung der stende nit selbst ihrer intention zuwieder gethan, zue-
malen die Churmainzische, wie sie sagen, gar zu gutt Spanisch, so gleichwol
im churfürstencollegio das directorium fuhret, gleich dan auch Osterreich
im fürstlichen, ob ihnen nit solches nachzudencken gewest, gleich auch nach
der hand die status mediati noch darzu von ihnen begert werden. Dar-
auff der d’Avaux, muste bekennen, daß es geschehen, und hetten nit ur-
sach , sich wider andere in hoc passu zu beschweren. I. H. G. sagten,
sowoll sie alß die Kayserliche und mediatores hetten ihnen vill difficulta-
tes vorgesagt, welche sich mit villheit der stend bezaigen wurden. Sie hetten
billich glauben sollen. Wan es auch geschehen, hette man iez schon einen
friden, dan vast ein ganzes jar wegen ihres außschreiben und convocieren
der stend, auch deren erwartung verflossen, nicht gehandlet, und ihnen
dannoch keine satisfaction iez seie. Er fiele darauff auff die proposi-
tion , was endtlich darauß werden würde. Sie hetten vernommen, daß den
Kayserlichen die andwortt schon zukommen, die aber also beschaffen, daß
es, wans deren nach gehen solte, noch lange tractatus geben werde. I. H.
G. haben assecurirt, daß Ihro davon nichts wissend, und urgirt, wohin dan
solche resolution ziehlen solte. Auf welches der Avaux in specie, daß sie
nur zwen oder drey puncten ad tractatus wolten kommen laßen, alle ubrige
aber damit, alß wan sie die cronen nit anginge, ablainen. I. H. G.: Es
seye nicht ohn, daß viele sachen darinnen, daruber sie nicht iudices sein
konden. Im reich habe man auream bullam, constitutiones und lobliches
herpringen. Der 18. articul melde von ab- und zuthun ihrem belieben nach,
welches weittlauffigkeit nach sich ziehen thette. D’Avaux: Daß sie
in substantialibus nichts ubrig hetten, wurden auch auf vielen conditionibus
endtlich so gar hart nit bestehen. Alß in specie cum electione regis Roma-
norum seie die intention nit, den electoribus libertatem eligendi zu bene-
men , sondern nur das nit de eadem domo, von deme der Kaiser seie, besche-
hen sollte ad fugiendam hereditariam successionem. Und wurden dardurch
electores ihr libertatem villmehr tali modo bezaigen. [...] Auf Ws Frage:
Er will innerhalb von zwei Tagen nach Osnabrück reisen. W: Bitte um
Verwendung bei den Schweden, von denen in rebus religionis so gar keine
resolution zu erhalten, wegen Gehrde, des katholischen Gottesdienstes in
der Stadt Osnabrück und eines Passes für den Paderborner Weihbischof.
Der Pfarrer von Neuss ist zum dritten Mal vertrieben und wartet hier
schon Wochen; die im Erzstift gefangenen Geistlichen werden in Neuss
festgehalten. Hierauff andworttete er de Avaux seuffzend, daß ihm
dergleichen zue hören herzlich wehe thue. Er habe seith seiner anwesenheit
in Teutschlandt in diesem punct zur remediirung allemal trewlich cooperirt,
erpiethe sich auch darzu in den specificirten puncten noch ferners darzu
und wolle es beynebens dahin richten, daß sich der Neussischen sachen der
duc de Longeville und Servient bey der landgravin nachmaln starck anneh-
men , gleich er dan auch hoffentlich von Oßnabruck in den ubrigen puncten
gute satisfaction mitpringen werde. [...]
In Begleitung des Kölner Legationssekretärs trifft Krebs (Mainz) ein. Über
seine Frage, wie die sachen am besten anzugreiffen, damit einestheylß die
Franzosen kein disgusto darab schöpffen, anderntheylß auch den herren
churfürsten wegen des Venetianischen iezt oder künfftig kein praeiudicium
zuegezogen werden möcht, soll morgen eine kurfürstliche Gesamtberatung
stattfinden.
der schwedischen Einwürfe gegen das Lengericher Conclusum sind bei den
Mediatoren vorgebracht worden, die sie an die Franzosen weiterleiten
wollen. Nach Mitteilung der Ksl. in Osnabrück geht der Widerstand von
Brandenburg aus. Wie ist es mit dem Entgegenschicken beim Mainzer Ein-
zug zu halten? W: Daß sowol negstmal zu Lengerich alß iüngst alhier
gnugsamb abzunehmen gewest, daß Churbrandenburg sambt den Schweden
etwas anders intendiren müßen. [...]. Das Entgegenschicken wollen die
Kurfürstlichen den Ksl. anheimstellen, gesprächsweise ist vorgekommen,
nachdem Köln, Bayern und Brandenburg diese Ehre erwiesen worden ist,
könne eine Änderung, auch wenn Mainz einverstanden ist, bei Sachsen
Schwierigkeiten verursachen; zudem sei gegenüber den Ausländern die De-
monstration der ksl.-kurfürstlichen Gemeinsamkeit angemessen.
Mitteilung der Mainzer: Im wesentlichen mit Ws Vorschlägen einverstan-
den , nur soll nach dem Brandenburger Beispiel in Osnabrück ihre Kutsche
als erste benutzt werden oder andernfalls sichergestellt sein, daß die Ein-
holung der Trierer und Sachsen mit ihrer Kutsche geschieht.
Mitteilung an Nassau, der antwortet, die Ksl. wollten entgegenschicken,
nur müsse man sehen, daß dann nicht andere folgten; wegen der Mediato-
ren und Spanier keine Besorgnis, doch mit den Franzosen möge W sich des-
halb in Verbindung setzen. W: Kein Grund für die Franzosen vorhan-
den , da Kaiser und Kurfürsten Glieder eines Reiches sind.
Mitteilung an d’Avaux: Es werden außer den Kurfürstlichen nur die Ksl.
alß welche zue dießem corpore gehörig entgegenschicken. Deßwegen er
d’Avaux sich bedanckt.
St. Romain bei W (gegen 12 Uhr): Die Franzosen wollen entgegenschik-
ken . W: Dankt für die zugedachte Ehre, doch möge man es wie beim
Einzug Longuevilles dabei belassen, daß die empfahung allein von den
nationalen oder die de eodem corpore vel collegio weren, zue geschehen.
St. Romain: Es gibt keine Vereinbarung, sie haben lediglich zur
Vermeidung von Streit zwischen Venedig und den Kurfürstlichen um
Unterlassung des Entgegenschickens gebeten. Dem hat Peñaranda dann
folgen müssen. W warnt vor Erneuerung des alten Streites und er-
bietet sich, auch die Ksl. von ihrem Vorhaben wieder abzubringen.
St. Romain: Es mochte schicken und underlaßen, wer da wolle, pliebe
bey ihnen einmal fixum und firmum, daß sie schicken wolten, weyln
zu vermercken, daß was anders darhinder verborgen seye. I. H. G.:
Sie kondten bona conscientia wol sagen, daß sie nichts wüsten. Die
herrn churfürsten hetten mit niemandts einige competenzen, nur was vor
wenig jahren von den Venedigern newerlich movirt worden seye. Aniezo
befinden sich die Churfürstlichen gesandten so numeroß und starck, daß sie
bey ihrem rechten und befugnus, wans nottig, wol würden manuteniren
konnen. Auff welches der St. Romain ridendo abermaln wiederholet,
daß einmal fixum et firmum bey ihnen pleib, die endgegenschickung zu
thun. Alß nun I. H. G. sehen, daß die Franzosen bey ihrer mainung
persistirt, haben sie dem St. Romain endtlich anderst nichts zur andtwortt
geben konnen, alß daß diß eine sach, welche sie allein nicht, sondern auch
ubrige churfürstliche gesandten concerniren thette, mit denen es dan com-
municirt werden solte.
Anfrage Heidens wegen der Sitzordnung in der Kutsche mit auf Gleich-
behandlung von Bayern und Brandenburg abzielenden Änderungsvorschlä-
gen , die aber als undurchführbar abgelehnt werden.
Botschaft an die Mainzer: Wegen der Schwierigkeiten mit den Franzosen
mögen sie vorerst den Einzug nicht fortsetzen.
Reck bei Chigi: Bitte um Interposition bei den Franzosen. Chigi: Zu
verwundern, wie man so leichtlich von den conclusis dörffte aussezen. Die
Franzosen hetten 4 augen, weren in allen sachen sehr unbestendig und
wanckelmütthig, kond mit ihnen gar nit außkommen, daß er sich auch
dieserthalb der sachen nit würde konnen annehmen.
Mitteilung der Situation an Bayern, Brandenburger und Ksl.
Nochmalige Schickung an die Franzosen. Longueville bleibt dabei, sie wür-
den unmittelbar nach Abfahrt Ws ihre Kutsche folgen lassen. – Da es in-
zwischen 3 Uhr ist, läßt W wieder ausspannen und die Vorbereitungen zum
Einzug absagen. – Mitteilung an die Ksl.: Soll man zur Aufrechterhaltung
der früheren Vereinbarung die Mainzer veranlassen, morgen früh inkognito
einzuziehen? Auch die Ksl. sehen darin den einzigen Ausweg, ein Wie-
deraufleben des venezianischen Präzedenzstreites zu vermeiden.
Mitteilung Heidens: Wenn keiner seiner Vorschläge annehmbar ist, wird er
in der eigenen Kutsche fahren, da er eine Abstufung gegenüber Bayern
nicht hinnehmen kann. W: Daß man unter den herren churfürstlichen
die Ordnung schon wisse. Wan er den platz hab, welchen der graff von
Wittgenstein, wan er selbst gegenwerttig, werde er sich nichts zu beschwe-
ren haben.
St. Romain bei W, mit vielem protestiren, daß man die anerpottene konig-
liche ehr dergestalt dedignirte, daß man deßhalber ausspannen laßen und
gar nit endgegenschicken wolte, maßen ihm seine principalen anbefohlen,
solches I. H. G. zu remonstriren, und daß deßen sie sich gegen I. H. G. und
andere churfürstliche sich nit versehen hetten. Es werde groß disgusto ver-
uhrsachen und vielleicht geschehen, daß umb deßwillen die Churmainzische
pro legitimis legatis wie andere churfürstliche nicht dorfften gehalten wer-
den , gleich dan hiervon nacher Pariß umbstendlich wurden referieren
müßen. Endzwischen blieben sie noch in der beraitschafft, hetten auch
underschiedliche vorm thor, welche aufpasten, daß wan gleich die ein-
kombst incognito geschehen solt, sie dannoch endtgegen schicken und, wan
die churfürstliche oder Kayserliche nit endtgegenkehmen, die Churmainzi-
sche auß ihrer in die Franzosische gutschen heben und also zue deroselben
quartier pringen und allein beglaiten wolten. Deme haben I. H. G. mit
abermaligen gegenremonstrationibus zu anderm zu verlaitthen gemaint, mit
andeutten, daß solches gar nit zum affronto oder wie mans andern mocht,
gemeint, sondern I. H. G. hetten die Mainzische nohtwendig avisiren
musen. [...] Wisten wol, daß sie und die andern churfürstliche solche be-
zeichnende affection den principalen hochstens ruhmen und sich auch gegen
den gesandten gebürlich bedancken würden. Ist aber bey vorigem ge-
plieben .
Mitteilung an Bayern und Brandenburger, daß aus dem einzug heut nichts
werden konne. – Kölner Legationssekretär zu den Mainzern: Darstellung
des Sachverhalts und Vorschlag des Einzuges all’incognito. Da die Mainzer
eine mündliche Besprechung darüber für nötig halten, reitet Krebs unbe-
merkt mit zurück in die Stadt, während Cratz die Kutsche wenden und das
Nachtquartier aufsuchen läßt. – Eine halbe viertelstund hiernach kamen
der drey Franzosischer plenipotentiarien in dreyen guttschen mit 6 pferden
und zimblichem comitat von dienern hienaußgeschickte, welche wolgemel-
ten hern graven Cratz biß ahns nachtsquartier nachgefahren, die compli-
menta verrichtet, demnegst umb halb 8 wiederumb hereinkommen, der her
graff Cratz aber draußen, wie er vorgehabt, verplieben. Inzwischen pro-
testiert St. Romain auch bei Bayern und Brandenburgern.
D’Avaux, den W um eine Unterredung noch vor seiner Abreise gebeten
hatte, gegen 6 Uhr bei W. Klage über die Absage des Mainzer Einzuges, mit
weittläuffigem anführen, daß sie dieienige wehren, welche des reichs chur-
und fürsten respectiren und ehren wolten, hingegen machten die Spanier
die difficultet dan in diesem, dan jenem. So mache Peñaranda neue Schwie-
rigkeiten in der Titelfrage, nur desto mehrers der herren churfursten autho-
ritet zu supprimiren, hingegen aber sui regis dignitatem zu eleviren und zu
erheben. Den nahmen solt es zwarn pro monarchia nit haben, es ziehleten
aber all ihre sachen pro dominatu Caesaris, Hispani et domus, welcher pro
placitu geführt. Peñaranda gibt vor instruiert zu sein, nicht nur den Kur-
fürstlichen den Exzellenztitel zu verweigern, sondern auch den Reichsfürsten
den Titel Altezza oder Celsitudo. Die Franzosen wollen sich post Caesare-
anos in ihrem rang und ordnung halten und werden schicken, auch wenn die
Ksl. es unterlassen. Peñaranda will die Absprachen Saavedras und Bruns
über das Zeremoniell nicht anerkennen und meint, die Franzosen müsten
auß ihrer ordnung durch die disordre und confusion mit den visiten, gleich
wie mit dem endgegenschicken beschehen, gepracht werden. Dahero die
Franzosen ihres theylß auf die ordnung desto mehrers sehen und halten
musten, darauß sie sich dan durch der Spanier gesuechte confusion und un-
ordnung durchauß nit pringen laßen, massen sie schon vor etlich dagen das
conclusum gemacht, das sie den Churmainzischen endgegenschickhen wol-
len , wie auch den Trierischen und Sachsischen. Der Pinneranda seye nun
schon so viell wochen hier, ohne daß bißdato die visita nicht verrichtet,
gebe sonsten die audienz und admittirte zur visita ahm bett, als wans der
konig in Spania selbst were. Die Kaiserliche hetten ihne tali modo und so
voreilet visitieret allein zum despect der Franzosen, auch mit ihrer selbst
aigner und des Kaisers schlechter reputation, indeme sie in so langer zeit
und etlichen wochen von ihm nit hinwieder visitiert worden. Die Kaiser-
liche machten mit dergleichen sachen schlechte confidenz und praeparativa
ad pacem. Was die difficultet zwischen den churfürstlichen und Venetia-
nern anlangen thette, deßwegen habe man sich dißmalß nichts zu befahren,
sondern wurde der Venetus keine schickung vermutthlich thun, da sich son-
sten die hern churfürstliche des medii wiederumb, wie vor diesem bei der
Curbairischen und Brandenburgischen einholung beschehen, gebrauchen
kondten. Wobey, als I. H. G. erinnert, wan ein tertius kommen würde, wie
es alßdan zu machen, sagte er de Avaux, alßdan werde sich schon ein mittel
finden. Sie hielten die herrn churfürstlichen sowol alß die Venetianer fur
ihre gute freund, und eben darumb seye der duc de Longeville ohne end-
gegenschickung hereinkommen und habe der Pinneranda, so nit mehr alß
er, billich dergleichen thun müßen. Welches ebenergestalt dem duc de
Medina, wan er kombt, gebuhren wurde. Solte er auch das endgegenschik-
ken begehren, wurde er umb soviel mehr der Spanier schlechte affection zu
den herrn churfürsten darthun und bezeigen. [...] Wiederholung des Vor-
wurfs , daß die Ksl. sich mit den Spanischen partheyisch mächten, [...], hett
ein seltzames ansehen, daß sie mehrern respect auff die Spanier alß das
reich trügen. Hiervon hat sich der discursus auf das Lengerische con-
clusum flectirt, und I. H. G. begert, daß die herrn Franzosen sich zu deßen
manutenirung bey den Schweden interponiren möchten, zuemalen ja die
exteri den reichsstenden keine novam formam consultandi würden vor-
schreiben und dadurch die andwortt auff die propositiones selbst auffhal-
ten wollen. Die materia gehore zu den tractatibus, worzu man aber, so lang
die forma verhindert würde, nicht schreitten konne. Der d’Avaux re-
plicirte , die emulatio seye zwischen ihnen und den Spaniern, es musten sie
aber desto fleisiger aufmercken, daß selbige nit auch inter colligatos ipso-
rum einschleiche. Sie weren woll zufriden, das zu Oßnabruck die reichs-
stend zusammen khommen, wollten dishalber mit den Schweden nit com-
petieren . Und alß I. H. G. vermeldete, das man vor disem de loco tertio
geredt hette, aber keinen bequem finden kundten, zudeme hetten sie die
status ad loca tractatuum selbsten beschriben. Vermeinte er, obs nit
noch zu thuen, wobei er Telgte und Warendorf vorschlägt, die W beide als
ungeeignet ablehnt. Worauff der d’Avaux, daß man gleichwol dahin
würde bedacht sein müßen, wie den Schweden einige satisfaction moge
gegeben werden, und ob nit ein mitl, das die electorum et civitatensium
collegia allhie, principum aber zu Oßnabruck weren. W: Den Reichs-
satzungen zuwider, auch mit großen Verzögerungen bei Re- und Korrela-
tionen verbunden. Es hetten die Schweden sich ganz nicht zu beschweren.
dan obschon die Churmainzische von Oßnabruck iezo anher kommen, so
seyen doch neben Churbrandenburgischen von selbiger gesandschafft allein
intuitu Suecorum einige hinderlasen und dannoch dabenebenst bewilliget,
daß eine absonderliche deputation, von deren sie alle nachricht haben kon-
nen , dorthin nach Oßnabruck verglichen. Daß aber die zusammenkunfft
der stende in specie hier zu Münster geschehen solle, darahn seyen die Fran-
zosen selbst ursach, indem sie solches zu Franckfurt urgirt und die stende
anhero beschrieben. Er sagte, sie sehen woll, das die Kaiserliche partey
die maiora machen werde bei den vorhabenden consultationes. Fragten
darauff I. H. G., ob sich die Franzosische mit den außgelassenen schreiben
und urgirung der stende nit selbst ihrer intention zuwieder gethan, zue-
malen die Churmainzische, wie sie sagen, gar zu gutt Spanisch, so gleichwol
im churfürstencollegio das directorium fuhret, gleich dan auch Osterreich
im fürstlichen, ob ihnen nit solches nachzudencken gewest, gleich auch nach
der hand die status mediati noch darzu von ihnen begert werden. Dar-
auff der d’Avaux, muste bekennen, daß es geschehen, und hetten nit ur-
sach , sich wider andere in hoc passu zu beschweren. I. H. G. sagten,
sowoll sie alß die Kayserliche und mediatores hetten ihnen vill difficulta-
tes vorgesagt, welche sich mit villheit der stend bezaigen wurden. Sie hetten
billich glauben sollen. Wan es auch geschehen, hette man iez schon einen
friden, dan vast ein ganzes jar wegen ihres außschreiben und convocieren
der stend, auch deren erwartung verflossen, nicht gehandlet, und ihnen
dannoch keine satisfaction iez seie. Er fiele darauff auff die proposi-
tion , was endtlich darauß werden würde. Sie hetten vernommen, daß den
Kayserlichen die andwortt schon zukommen, die aber also beschaffen, daß
es, wans deren nach gehen solte, noch lange tractatus geben werde. I. H.
G. haben assecurirt, daß Ihro davon nichts wissend, und urgirt, wohin dan
solche resolution ziehlen solte. Auf welches der Avaux in specie, daß sie
nur zwen oder drey puncten ad tractatus wolten kommen laßen, alle ubrige
aber damit, alß wan sie die cronen nit anginge, ablainen. I. H. G.: Es
seye nicht ohn, daß viele sachen darinnen, daruber sie nicht iudices sein
konden. Im reich habe man auream bullam, constitutiones und lobliches
herpringen. Der 18. articul melde von ab- und zuthun ihrem belieben nach,
welches weittlauffigkeit nach sich ziehen thette. D’Avaux: Daß sie
in substantialibus nichts ubrig hetten, wurden auch auf vielen conditionibus
endtlich so gar hart nit bestehen. Alß in specie cum electione regis Roma-
norum seie die intention nit, den electoribus libertatem eligendi zu bene-
men , sondern nur das nit de eadem domo, von deme der Kaiser seie, besche-
hen sollte ad fugiendam hereditariam successionem. Und wurden dardurch
electores ihr libertatem villmehr tali modo bezaigen. [...] Auf Ws Frage:
Er will innerhalb von zwei Tagen nach Osnabrück reisen. W: Bitte um
Verwendung bei den Schweden, von denen in rebus religionis so gar keine
resolution zu erhalten, wegen Gehrde, des katholischen Gottesdienstes in
der Stadt Osnabrück und eines Passes für den Paderborner Weihbischof.
Der Pfarrer von Neuss ist zum dritten Mal vertrieben und wartet hier
schon Wochen; die im Erzstift gefangenen Geistlichen werden in Neuss
festgehalten. Hierauff andworttete er de Avaux seuffzend, daß ihm
dergleichen zue hören herzlich wehe thue. Er habe seith seiner anwesenheit
in Teutschlandt in diesem punct zur remediirung allemal trewlich cooperirt,
erpiethe sich auch darzu in den specificirten puncten noch ferners darzu
und wolle es beynebens dahin richten, daß sich der Neussischen sachen der
duc de Longeville und Servient bey der landgravin nachmaln starck anneh-
men , gleich er dan auch hoffentlich von Oßnabruck in den ubrigen puncten
gute satisfaction mitpringen werde. [...]
In Begleitung des Kölner Legationssekretärs trifft Krebs (Mainz) ein. Über
seine Frage, wie die sachen am besten anzugreiffen, damit einestheylß die
Franzosen kein disgusto darab schöpffen, anderntheylß auch den herren
churfürsten wegen des Venetianischen iezt oder künfftig kein praeiudicium
zuegezogen werden möcht, soll morgen eine kurfürstliche Gesamtberatung
stattfinden.