Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 VI 18

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1645 VI 18
Sonntag Nassau bei W: D’Avaux hat bei Contarini den
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Titel Altezza für Longueville verlangt, da er von Franzosen, Savoyen und
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Portugal gegeben werde und die deutschen Stände ihn bei Longuevilles
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früherer Anwesenheit auch zugestanden hätten. Nassau hat geantwortet,
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die Ksl. könnten ohne besonderen Befehl keine Neuerungen einführen, in
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Frankreich gebe man den Titel nicht, die Spanier würden dann für
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Medina de las Torres das gleiche fordern. Daß er aber hiebevor also in
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Teutschland tituliret worden, konne in consequentiam nit gezogen werden,
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weilen man ihme, alß er mit solcher armada kommen, wol gar maiestett
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oder omnipotentem geben möge [...]. Hierbey ist in discursu vorkom-
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men , wan man solches eingehen solte, was es für ein grose consequenz mit
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andern, die es in Teutschland noch wol vor ihme Longueville zu praeten-
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diren haben möchten, abgeben würde, auch was alß Lockowitz

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Zdenko Adalbert Popel von Lobkowitz (1548–1628), Reichsfürst 1624.
, Eggeberg
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und andere zum fürstenstand erhebt worden, für difficulteten der session,
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tractament und sonsten sich bezeiget. Nassau: Wenn schon nicht durch die
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Hauptgesandten, begehrt d’Avaux wenigstens den Gebrauch des Titels durch
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die Vertreter beim Entgegenschicken und bei der Audienz.

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17–20 Warauff – ließen.] am Rande: omittatis ad Bavarum
Warauff I. H. G.
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geandworttet, alß viel sie belangen thett, würden sie ihres theylß solches so
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wenig thuen, alß es ihro auch von den Franzosen geschehe, welches sie suo
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modo dahingestellt sein ließen. Nassau: Paß für Rákóczy; die Franzo-
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sen
behaupten, seine Aussöhnung mit dem Kaiser sei noch nicht vollständig,
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sondern von ihnen im eigenen Interesse des Kaisers bisher verhindert
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worden, damit hier Abmachungen erfolgten, die unter der Garantie aller
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Mächte mehr Sicherheit böten [...]. Dieses mit dem Ragozzi haben
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I. H. G. ein erdichtetes ding zu sein vermeldet, zuemalen das gespräch umb-
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ginge , alß wan der allhie ankommene Ragozischer currier gantz das contra-
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rium mitgepracht, nemblich den Franzosen zu notificiren, daß der friede
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mit Ragozzi geschloßen, und sie keine assistenz von ihme zu gewartten
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hetten, und zu dem end geschehe, damit durch heraußpringung des salvi
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conductus, und anerpiethung beßerer conditionen er von der verlauttender
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accomodation wiederumb genzlich abgewendet werden kondte, gleich es
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dan der konig in Franckreich anno 1635 mit Chursachsen vorm beschluß
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des Prager friedens ebenergestalt zu practiziren vermaint (und wirkhlich
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darnach bei Hessen Cassel solches biß auf dato erhalten), [...] und sehe
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man waß die Franzosen fir leit seind die den friden uberall hindern und
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sich dessen noch darzu offendlich wie iez mit dem Ragozzi berimen derffen
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[...]. Präzedenzstreit mit Venedig. Nassau sieht kein Mittel, als daß
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Longueville nur von den Franzosen, Peñaranda nur von den Spaniern ein-
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geholt
wird. I. H. G. sagten, daß der versuch zu thun, und seyen sie vor-
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habens diesen nachmittag zum hern nuncio zu fahren, und zu vernehmen,
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wohin derselbe incliniren, und was er ahn hand geben mochte.

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Bayern bei W. Der Kurfürst läßt vorbringen: 1. Nochmaliger Versuch in
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der Präzedenzfrage, daß Contarini mit Chigi zusammen fährt. 2. Wegen
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des Titels für Longueville hat Kurköln sich nicht eindeutig geäußert; der
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Kurfürst meint, man solle Longueville nicht verärgern und, wenn die Ksl.
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und die anderen Kurfürstlichen gleicher Meinung wären, keine großen
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Schwierigkeiten machen, zumal die Franzosen den Kurfürstlichen leicht
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wieder den Exzellenztitel bestreiten könnten. 3. Gefahr der Verärgerung
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Dänemarks, falls Contarini auch die Vermittlung in Osnabrück über-
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nimmt
. W: 1. Will darüber mit Chigi reden, man habe aber biß dato
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vernommen, daß der Venetus ganz zu keinem medio verstehen wolle,
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sondern sich auff eine vermeinte possession, alhie auff die Franzosen oder
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Spanier immediate zue fahren, laine. Gespräch mit Nassau. Und wan nun
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dieses oder ein anderß mittel weitters in vorschlag kommen solt, würde die
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frag sein, durch wehn solches zu urgiren, per electorales wolte sichs nit wol
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fügen, weilen es sonst das ansehen hette, alß wan sie ex diffidentia causae
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solches also suchen und treiben thetten, so wurde nachmalen, wie auch
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iungsten vorkommen, das beste sein, daß die herrn Kayserliche, wan
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sonderlich der Volmari wieder zurückkommen, sich darunter bemüheten,
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dan mit dem herrn nuncio woll allerhandt considerationes mit underlauffen
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möchten. 2. Gespräch mit Nassau. Da Mediatoren, Ksl. und Spanier den
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Titel nicht geben wollen, sieht er nicht, wie die Kurfürstlichen damit beginnen
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können. 3. Davon wüsten sie mehrers nit, alß was deßwegen in einem von
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Churbayern hiebevor ihro communicirten schreiben, so der Venetianische
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im vorigen iahr ahn seine rem publicam abgehen laßen, gedacht und biß
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dato sonsten were in hac materia hinc inde discurriert worden. Soviel sie
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vom grafen von Naßaw vermerckt, werde solches ahn seithen Ihrer
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Kayserlichen Mayestät selbst, sonderlich ex consideratione anni nit für
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rhatsamb gehalten. Es werde sich nun, nachdem die proposition herauß,
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zeigen, wie mit den sachen fortzukommen, und demenach alßdan weitter
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hiervon zu reden sein. Paß für Rákóczy und Nassaus Meinung. Von
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Volmar zur Beratung gestellte Punkte [...].

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