Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 V 29
1645 V 29
Montag Mitteilung Nassaus: Die Spanier sind nicht bereit,
Contarini als Mediator zur Verhütung von Präzedenzstreitigkeiten beim
Einzug Longuevilles den Vortritt zu lassen.
Reck bei Chigi. Gespräch mit Contarini. Beschluß der Lengericher Konfe-
renz , wegen Behandlung der Gravamina nach Rom zu schreiben
Vgl. APW [ III A 1,1 S. 94 ] .
. Bei den
Verhandlungen in Kassel ist hessischerseits geäußert worden, Hessen müsse
Paderborn ganz oder zu einem guten Teil erhalten oder zumindest der
junge Landgraf zum Koadjutor angenommen werden; ferner ist eine
Entschädigung für die Kriegskosten und den erlittenen Schaden bean-
sprucht worden. Chigi hofft, daß ihnen bey ietziger occasion durch die
Waffen die sachen etwas anderst explicirt und imprimirt würde. Und gar
wol erkandt, was wegen einfuhrung des Calvinismi und von ihnen prae-
tendirender restitution der Pfaltz dem gemeinen catholischen weesen
darahn gelegen, wan die Hessen recht möchten humiliirt werden.
Reck: Weigerung der Spanier, Contarini als Mediator die Präzedenz
zu lassen. Chigi: Auch Contarini hat gegen eine solche Neuerung
Bedenken. Hinsichtlich der von Contarini gegenüber W zur Sprache
gebrachten Mediation in Osnabrück heißt es, daß der Kaiser den Venetum
pro mediatore zu Oßnabruck anzunehmen nit ungeneigt sein solte, und
hette er das deziphrirte schreiben gesehen, daß solches der am Kayserlichen
hoff anwesender Franzosischer ambasciador [!] dem hiesigen advisirt. Es
hetten auch die Franzosische, anfenglich, wie sie vermerkt, daß die Kayser-
lichen ratione Dani keinen zu Oßnabruck gern zuelaßen wolten, damit sie
bey den Venetianeren einen widerwillen gegen die Kayserlichen verur-
sachen mogten, ime Veneto solche mediation zue Oßnabruck angetragen,
der sich aber bey deme, was vorgangen, notando artificium propositionis
factae pro prudentia sua gegen die Kayserlichen nichts alterirt. Jetzo wan
zue alsolcher mediation Ihre Kayserliche Majestätt inclinirten, würde eß
vermuttlich seinen vortgang haben. Und nachdemahlen die Frantzosen zu
Rom und Pariß sich dergestalt bezeigt, auch allerhandt reden alhier ver-
nemmen laßen, daß man nit wißen kan, ob sie mit Ihrer Pabstlichen Heilig-
keit auch zue rumpiren gedencken, und also ex ratione aliqua politica et
status, darauff sie vor allem ihr absehen gerichtet, die Pabstliche mediation
zu verwerffen gemeindt, so wurde auf solchen fall, wan sie die tractaten
nicht zugleich abrumpirten, der Venetus allein bey der mediation pleiben.
– Fortsetzung des Gesprächs nach Besuch Contarinis und Serviens bei Chigi:
Servien, Rosenhane und Vulteius waren gestern länger bei Contarini; über
den Inhalt des Gesprächs läßt Chigi sich trotz mehrfacher Anregungen Recks
nicht aus. Contarini hat ihn zu einem Gespräch mit Servien allein zu
bewegen gesucht, doch hat er auf der Teilnahme des Mitmediators be-
standen . Bericht Recks über das Gespräch W-Contarini hinsichtlich
der geistlichen Güter. Auf die Frage, ob Hoffnung auf baldige Vorlage
der französischen Proposition bestehe, antwortet Chigi: Kontte solches
nicht eigentlich wißen. Sie, die Frantzosen, berühmbten sich sonsten und
woltten den glimpff gehrn haben, alß wan sie die Schwedischen dahin
disponirten, daß sie in ihrer proposition die den catholischen so sehr nach-
theilige puncta und postulata vermiltteren mögtten, sollen auch vermeinen,
einige guette officia darin gethan zu haben. Und ob woll noch verschiedene
schwere sachen darin sein mögtten, so müste man sehen, wie solche bey dem
tractatu zu vergleichen. Erinnerung, auf Vermeidung von Präzedenz-
streitigkeiten mit Venedig bedacht zu sein. Es hette der Venetus sich in dis-
cursu bey ihme vernehmen laßen, daß die Spanische ihr niterscheinen sich
zue keinem praeiudicio wolten angezogen haben, und ihre praetension
gegen die Frantzosen einen wegk wie den andern behaubtten. Er hette
seines theilß keine glegenheit auß der stadt zue ziehen, und einigen praetext
deßwegen zue nehmmen, den herren churfurstlichen manglete es deßwegen
ahn der gelegenheit nit. Und nachdemahln der thumbpropst bey dem herrn
nuncio wiederholet, wie hoch die herren churfürsten diese sach, und alles
waß ihnen zum praeiudicio gereichen kontte, apprehendirten, und verschie-
dener churfursten gesandten zur stelle, so hette er nuncius sich hierein sorg-
felttig zu sein bezeigt und gewünschet, daß man die curialia mitt dem ein-
holen niemahls, wie es vor seiner ankunfft bereits geschehen, hette ange-
fangen , und woltte gewißlich, wan er vor andern alhie gewesen wehre, sol-
ches verhindert haben.
Contarini als Mediator zur Verhütung von Präzedenzstreitigkeiten beim
Einzug Longuevilles den Vortritt zu lassen.
Reck bei Chigi. Gespräch mit Contarini. Beschluß der Lengericher Konfe-
renz , wegen Behandlung der Gravamina nach Rom zu schreiben
Vgl. APW [ III A 1,1 S. 94 ] .
Verhandlungen in Kassel ist hessischerseits geäußert worden, Hessen müsse
Paderborn ganz oder zu einem guten Teil erhalten oder zumindest der
junge Landgraf zum Koadjutor angenommen werden; ferner ist eine
Entschädigung für die Kriegskosten und den erlittenen Schaden bean-
sprucht worden. Chigi hofft, daß ihnen bey ietziger occasion durch die
Waffen die sachen etwas anderst explicirt und imprimirt würde. Und gar
wol erkandt, was wegen einfuhrung des Calvinismi und von ihnen prae-
tendirender restitution der Pfaltz dem gemeinen catholischen weesen
darahn gelegen, wan die Hessen recht möchten humiliirt werden.
Reck: Weigerung der Spanier, Contarini als Mediator die Präzedenz
zu lassen. Chigi: Auch Contarini hat gegen eine solche Neuerung
Bedenken. Hinsichtlich der von Contarini gegenüber W zur Sprache
gebrachten Mediation in Osnabrück heißt es, daß der Kaiser den Venetum
pro mediatore zu Oßnabruck anzunehmen nit ungeneigt sein solte, und
hette er das deziphrirte schreiben gesehen, daß solches der am Kayserlichen
hoff anwesender Franzosischer ambasciador [!] dem hiesigen advisirt. Es
hetten auch die Franzosische, anfenglich, wie sie vermerkt, daß die Kayser-
lichen ratione Dani keinen zu Oßnabruck gern zuelaßen wolten, damit sie
bey den Venetianeren einen widerwillen gegen die Kayserlichen verur-
sachen mogten, ime Veneto solche mediation zue Oßnabruck angetragen,
der sich aber bey deme, was vorgangen, notando artificium propositionis
factae pro prudentia sua gegen die Kayserlichen nichts alterirt. Jetzo wan
zue alsolcher mediation Ihre Kayserliche Majestätt inclinirten, würde eß
vermuttlich seinen vortgang haben. Und nachdemahlen die Frantzosen zu
Rom und Pariß sich dergestalt bezeigt, auch allerhandt reden alhier ver-
nemmen laßen, daß man nit wißen kan, ob sie mit Ihrer Pabstlichen Heilig-
keit auch zue rumpiren gedencken, und also ex ratione aliqua politica et
status, darauff sie vor allem ihr absehen gerichtet, die Pabstliche mediation
zu verwerffen gemeindt, so wurde auf solchen fall, wan sie die tractaten
nicht zugleich abrumpirten, der Venetus allein bey der mediation pleiben.
– Fortsetzung des Gesprächs nach Besuch Contarinis und Serviens bei Chigi:
Servien, Rosenhane und Vulteius waren gestern länger bei Contarini; über
den Inhalt des Gesprächs läßt Chigi sich trotz mehrfacher Anregungen Recks
nicht aus. Contarini hat ihn zu einem Gespräch mit Servien allein zu
bewegen gesucht, doch hat er auf der Teilnahme des Mitmediators be-
standen . Bericht Recks über das Gespräch W-Contarini hinsichtlich
der geistlichen Güter. Auf die Frage, ob Hoffnung auf baldige Vorlage
der französischen Proposition bestehe, antwortet Chigi: Kontte solches
nicht eigentlich wißen. Sie, die Frantzosen, berühmbten sich sonsten und
woltten den glimpff gehrn haben, alß wan sie die Schwedischen dahin
disponirten, daß sie in ihrer proposition die den catholischen so sehr nach-
theilige puncta und postulata vermiltteren mögtten, sollen auch vermeinen,
einige guette officia darin gethan zu haben. Und ob woll noch verschiedene
schwere sachen darin sein mögtten, so müste man sehen, wie solche bey dem
tractatu zu vergleichen. Erinnerung, auf Vermeidung von Präzedenz-
streitigkeiten mit Venedig bedacht zu sein. Es hette der Venetus sich in dis-
cursu bey ihme vernehmen laßen, daß die Spanische ihr niterscheinen sich
zue keinem praeiudicio wolten angezogen haben, und ihre praetension
gegen die Frantzosen einen wegk wie den andern behaubtten. Er hette
seines theilß keine glegenheit auß der stadt zue ziehen, und einigen praetext
deßwegen zue nehmmen, den herren churfurstlichen manglete es deßwegen
ahn der gelegenheit nit. Und nachdemahln der thumbpropst bey dem herrn
nuncio wiederholet, wie hoch die herren churfürsten diese sach, und alles
waß ihnen zum praeiudicio gereichen kontte, apprehendirten, und verschie-
dener churfursten gesandten zur stelle, so hette er nuncius sich hierein sorg-
felttig zu sein bezeigt und gewünschet, daß man die curialia mitt dem ein-
holen niemahls, wie es vor seiner ankunfft bereits geschehen, hette ange-
fangen , und woltte gewißlich, wan er vor andern alhie gewesen wehre, sol-
ches verhindert haben.