Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 IV 12
1645 IV 12
Mittwoch W bei Chigi. Haben I. H. G. sonderlich urgirt,
daß man bey diesem ubelstand im reich und allenthalben der catholischen
religion mehr alß yemaln imminirenden gefahr, und da die feinde allent-
halben uberhand nehmen, mit allem ernst und eiffer zu den sachen thun,
und dagegen, sonderlich beym Pabst und den Italianischen fursten, auch zu
Pariß eiffrig laboriren müste. Worauff der herr nuncius, daß ahn con-
tinuirlichen seinem remonstriren ahn beyden orthen wol nichts ermanglet,
auch habe das seinig hierin der Venetus trewlich gethan. Contarini hat ihn
neulich nach Mitteln zur Vermeidung von Präzedenzstreitigkeiten mit den
Kurfürstlichen beim Einzug Longuevilles gefragt, da er als Mediator nicht,
wie er als einfacher Gesandter tun würde, Münster so lange verlassen kann.
Er meint, ob nicht – wie in Italien üblich – jeweils eine Partei die An-
kommenden weiter vor der Stadt begrüßen und für sich zurückfahren
könne. W: Es were wol zu wünschen, daß aller unlust und unwillen
vermitten pleiben kondt, und man in den alten terminis verpliebe; zumaln
die herren churfursten in possessione des vortritts dergestalt fundirt, daß
auch ex altera parte bißherzu nicht ein einziger actus contrarius noch einig
recht vorpragt werden konne. Wie das vorgeschlagene mittel zu practi-
ziren , sehen sie nit, sintemalen solchenfalß die difficultet sein würde, wer
also vom weitten die empfahung thun soll. Und obwoln vermaint werden
möcht, daß es alternatim zu geschehen, und zu ankunfft des Longueville
ein theyl, und der ander, wan nemblich yemandts anderß wurde einzuholen
sein, dergestalt vorahnzufahren, so werde es alßdan doch darahn hafften,
wer der erste sein und den anfang machen solt, welches zu resolviren weder
bey ihro noch den churfürstlich Bayerischen bestunde. Zudem sie auch
darumb desto weniger sehen, wie diß medium konne zu werck gesezt
werden, weilen von den churfürstlichen sie und Churbayerische beraiz hier,
auch ehe der Longeville herbey käme, die Churbrandenburgische und wol
auch die Mainz- und Sachsische gleichfalß ankommen möchten, wie alßdan
nemblich ohne praeiuditz geschehen köndte, daß so vieler der herren chur-
fürsten guttschen solten einen andern weg hinfahren und des Venetiani-
schen allein den Franzosen und in der reyh folgen. Welches der herr
nuncius wol apprehendirt, und selbst gestehen mußen, daß sichs nit wolle
thun laßen. Begerte demnach, ob dan I. H. G. nit einen andern vorschlag
thun kondten. Worauf dieselbe zur andwort geben, daß vor diesem
under ihnen churfürstlichen vorkommen, daß derjenige, welcher der
Venetianische schickt, mit in des herrn nuncii gutschen gesessen und die
salutation mit ihme alß mediator zum ersten gethan hette. Wie sie aber
vermerckt, daß es sowol bey ihme herrn nuncio alß den Kayserlichen
bedenckens gehabt, so seye davon weitter nichts gemelt oder urgirt wor-
den . Der herr nuncius andtworttete, weilen diß mittel nit gleich von
anfang zu werck gesezt, so werde es aniezt keine geringe consideration
haben und er darzu, ohne hinderpringen und ordre, nit verstehen kondt;
auch nit wenig zu zweiflen, obs die Kayserliche wurden zugeben wollen. Ja
er wolte schier wol versichern, daß der Venetianische selbst darwieder sein
wird, weiln die grandezza recipientis et recipiendi in dem vornemblich
bestunde, daß man sehe, welche die schickung thetten, welches nit gesche-
hen konne, wan einer guttschen zwen gesandte sich bedienen solten. Auff
den fall aber der Venetianische in seiner gutschen mit ihm vorahnfahren,
und darzu die Kayserliche und anderer coronen gesandten permovirt
werden möchten, (warahn er doch, weiln es bißherzu nit geschehen, sehr
zweifflete) so hielt ers wol fur den besten weg; werde aber keine geringe
difficultet haben, daß diese ordnung allein in hoc actu und in andern nit
observirt werden solt. Begerte, daß man den sachen allerseiz möchte nach-
dencken . W: Will mit den Bayern darüber sprechen; wünscht selbst ein
temperamentum und hat bisher bewußt alle Gelegenheiten vermieden, bei
denen den Kurfürsten ein Präjudiz oder Unwillen bei Contarini entstehen
könnte. Worauf der herr nuncius, daß der Venetus biß dato gar wol
zufrieden gewest, und die dexteritet gelobt hette.
Bericht der Deputierten Ws an die Hessen nach Lippstadt wegen Konti i-
butionsermäßigung im Amt Reckenberg [...] .
W bei den Bayern. Bericht über seine Gespräche mit Volmar und Chigi.
Haslang: D’Avaux hat Montag geäußert, erstlich, daß ihnen noch
zur Zeit nit muglich zur proposition zu schreitten. 2. Ein armistitium,
wavon der von Haßlang anregung gethan, auf eine geringe zeit seye
Franckreich nit dienlich, von einem stillstand aber auf 50 jahr hienauß
mochte wol zu reden sein, und wurden sie, gleich die Schweden thun
wollen, mit den waffen in der hand frieden machen. 3. Ist von dem von
Haßlang auch der Pfalzischen sach meldung geschehen, wobey der
d’Avaux in discursu gedacht, solch negotium müßte bey diesen tractaten
geendiget werden; vor diesem hab er von einem vorschlag gehört, der ihm
so gar nit mißfallen, nemblichen, daß der pfalzgraff zu der churfürstlichen
dignitet sowol alß den landen restituirt würde, Churbayern auch in
iezigem statu verpliebe, und also 8 churfürsten weren; yedoch daß Chur-
bayern die session und votum wie iezt behielte, und der Pfalzgraff ihme
weichen und nachgehen müste. Der vatter habe so viel gesundiget, daß bil-
lich eine demonstration geschehen solt, wie ihm dan ohnedas Chursachsen
und Brandenburg nit würden weichen wollen, so must er sich wol conten-
tiren , und in ordine der achte sein. Oxenstierna, nach dessen Ansicht Has-
lang fragte, habe geäußert, wan ye Churbayern pleiben solt, muste doch
der pfalzgraff seine alte stell behalten. Auf welches er d’Avaux replicirt
habe, ihnen nehme wunder, daß er mehrer fur den pfalzgraffen begeren
wolte alß er selbsten, zumalen er hierunder mit dem pfaltzgraffen vor die-
sem gered hette, und seine intention hierinnen wol wuste. Das land müste
dem pfalzgraffen ganz restituirt werden, doch daß es Churbayern so lang
innebehielte, biß ihme von Kayser oder dem pfalzgraffen satisfaction ge-
schehen , und weilen er der pfalzgraff solches in vermögen nit hett, so müste
er sehen, daß ers von Franckreich oder Engelland bekommen möcht.
Jedoch dieses seyen allein seine discursus, welche er ihme von Haßlang in
vertrawen offenbaren wollen [...].
daß man bey diesem ubelstand im reich und allenthalben der catholischen
religion mehr alß yemaln imminirenden gefahr, und da die feinde allent-
halben uberhand nehmen, mit allem ernst und eiffer zu den sachen thun,
und dagegen, sonderlich beym Pabst und den Italianischen fursten, auch zu
Pariß eiffrig laboriren müste. Worauff der herr nuncius, daß ahn con-
tinuirlichen seinem remonstriren ahn beyden orthen wol nichts ermanglet,
auch habe das seinig hierin der Venetus trewlich gethan. Contarini hat ihn
neulich nach Mitteln zur Vermeidung von Präzedenzstreitigkeiten mit den
Kurfürstlichen beim Einzug Longuevilles gefragt, da er als Mediator nicht,
wie er als einfacher Gesandter tun würde, Münster so lange verlassen kann.
Er meint, ob nicht – wie in Italien üblich – jeweils eine Partei die An-
kommenden weiter vor der Stadt begrüßen und für sich zurückfahren
könne. W: Es were wol zu wünschen, daß aller unlust und unwillen
vermitten pleiben kondt, und man in den alten terminis verpliebe; zumaln
die herren churfursten in possessione des vortritts dergestalt fundirt, daß
auch ex altera parte bißherzu nicht ein einziger actus contrarius noch einig
recht vorpragt werden konne. Wie das vorgeschlagene mittel zu practi-
ziren , sehen sie nit, sintemalen solchenfalß die difficultet sein würde, wer
also vom weitten die empfahung thun soll. Und obwoln vermaint werden
möcht, daß es alternatim zu geschehen, und zu ankunfft des Longueville
ein theyl, und der ander, wan nemblich yemandts anderß wurde einzuholen
sein, dergestalt vorahnzufahren, so werde es alßdan doch darahn hafften,
wer der erste sein und den anfang machen solt, welches zu resolviren weder
bey ihro noch den churfürstlich Bayerischen bestunde. Zudem sie auch
darumb desto weniger sehen, wie diß medium konne zu werck gesezt
werden, weilen von den churfürstlichen sie und Churbayerische beraiz hier,
auch ehe der Longeville herbey käme, die Churbrandenburgische und wol
auch die Mainz- und Sachsische gleichfalß ankommen möchten, wie alßdan
nemblich ohne praeiuditz geschehen köndte, daß so vieler der herren chur-
fürsten guttschen solten einen andern weg hinfahren und des Venetiani-
schen allein den Franzosen und in der reyh folgen. Welches der herr
nuncius wol apprehendirt, und selbst gestehen mußen, daß sichs nit wolle
thun laßen. Begerte demnach, ob dan I. H. G. nit einen andern vorschlag
thun kondten. Worauf dieselbe zur andwort geben, daß vor diesem
under ihnen churfürstlichen vorkommen, daß derjenige, welcher der
Venetianische schickt, mit in des herrn nuncii gutschen gesessen und die
salutation mit ihme alß mediator zum ersten gethan hette. Wie sie aber
vermerckt, daß es sowol bey ihme herrn nuncio alß den Kayserlichen
bedenckens gehabt, so seye davon weitter nichts gemelt oder urgirt wor-
den . Der herr nuncius andtworttete, weilen diß mittel nit gleich von
anfang zu werck gesezt, so werde es aniezt keine geringe consideration
haben und er darzu, ohne hinderpringen und ordre, nit verstehen kondt;
auch nit wenig zu zweiflen, obs die Kayserliche wurden zugeben wollen. Ja
er wolte schier wol versichern, daß der Venetianische selbst darwieder sein
wird, weiln die grandezza recipientis et recipiendi in dem vornemblich
bestunde, daß man sehe, welche die schickung thetten, welches nit gesche-
hen konne, wan einer guttschen zwen gesandte sich bedienen solten. Auff
den fall aber der Venetianische in seiner gutschen mit ihm vorahnfahren,
und darzu die Kayserliche und anderer coronen gesandten permovirt
werden möchten, (warahn er doch, weiln es bißherzu nit geschehen, sehr
zweifflete) so hielt ers wol fur den besten weg; werde aber keine geringe
difficultet haben, daß diese ordnung allein in hoc actu und in andern nit
observirt werden solt. Begerte, daß man den sachen allerseiz möchte nach-
dencken . W: Will mit den Bayern darüber sprechen; wünscht selbst ein
temperamentum und hat bisher bewußt alle Gelegenheiten vermieden, bei
denen den Kurfürsten ein Präjudiz oder Unwillen bei Contarini entstehen
könnte. Worauf der herr nuncius, daß der Venetus biß dato gar wol
zufrieden gewest, und die dexteritet gelobt hette.
Bericht der Deputierten Ws an die Hessen nach Lippstadt wegen Konti i-
butionsermäßigung im Amt Reckenberg [...] .
W bei den Bayern. Bericht über seine Gespräche mit Volmar und Chigi.
Haslang: D’Avaux hat Montag geäußert, erstlich, daß ihnen noch
zur Zeit nit muglich zur proposition zu schreitten. 2. Ein armistitium,
wavon der von Haßlang anregung gethan, auf eine geringe zeit seye
Franckreich nit dienlich, von einem stillstand aber auf 50 jahr hienauß
mochte wol zu reden sein, und wurden sie, gleich die Schweden thun
wollen, mit den waffen in der hand frieden machen. 3. Ist von dem von
Haßlang auch der Pfalzischen sach meldung geschehen, wobey der
d’Avaux in discursu gedacht, solch negotium müßte bey diesen tractaten
geendiget werden; vor diesem hab er von einem vorschlag gehört, der ihm
so gar nit mißfallen, nemblichen, daß der pfalzgraff zu der churfürstlichen
dignitet sowol alß den landen restituirt würde, Churbayern auch in
iezigem statu verpliebe, und also 8 churfürsten weren; yedoch daß Chur-
bayern die session und votum wie iezt behielte, und der Pfalzgraff ihme
weichen und nachgehen müste. Der vatter habe so viel gesundiget, daß bil-
lich eine demonstration geschehen solt, wie ihm dan ohnedas Chursachsen
und Brandenburg nit würden weichen wollen, so must er sich wol conten-
tiren , und in ordine der achte sein. Oxenstierna, nach dessen Ansicht Has-
lang fragte, habe geäußert, wan ye Churbayern pleiben solt, muste doch
der pfalzgraff seine alte stell behalten. Auf welches er d’Avaux replicirt
habe, ihnen nehme wunder, daß er mehrer fur den pfalzgraffen begeren
wolte alß er selbsten, zumalen er hierunder mit dem pfaltzgraffen vor die-
sem gered hette, und seine intention hierinnen wol wuste. Das land müste
dem pfalzgraffen ganz restituirt werden, doch daß es Churbayern so lang
innebehielte, biß ihme von Kayser oder dem pfalzgraffen satisfaction ge-
schehen , und weilen er der pfalzgraff solches in vermögen nit hett, so müste
er sehen, daß ers von Franckreich oder Engelland bekommen möcht.
Jedoch dieses seyen allein seine discursus, welche er ihme von Haßlang in
vertrawen offenbaren wollen [...].