Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 II 16
1645 II 16
Donnerstag W / Landsberg bei d’Avaux / Servien. Bitte
um Mitteilung der von Servien schon angedeuteten Resolution wegen Be-
handlung der bayerischen Gesandten. Nach längerer Beratung antwor-
ten die Franzosen, die Resolution besage, daß obwolen die praetendirende
empfahung hiebevor dergestalt niemaln gebrauchig gewest, dannoch zu be-
zeigen , wie hoch von ihrem konig Churbayern aestimirt werde, deren ge-
sandten die ehr erwiesen werden solle. Und ob auch gleich ihnen noch nichts
vorkommen, weßen sich disfalß die Spanische erklehrt haben mochten, dem
unangesehen hetten sie mit der anzeig nit zuruckhalten, sondern hierdurch
soviel damehres bezeugen wollen, daß man a parte Franckreich die chur-
fursten nit allein bey ihrer herbrachten praeeminentz zu conserviren, son-
dern noch mehrers zu eleviren gedencke. Hierauf sagte I. H. G. fur die
gegebene resolution danck, mit vermelden, daß weder Churbayern noch sie
oder auch andere herren churfürsten andere gedancken sich yemaln machen
konten, alß daß die cron Franckreich, auch sie, dero vorneme ministri, der
angezogenen intention sein und pleiben wurden. Umb desto mehr, und
wegen Churbayern in specie, weilen ihr verstorbener konig die translation
der churdignitet auf das hauß Bayern so starck und eiffrig promovirt, und
soviel da weniger zu praesumiren gewest, daß aniezo die demselben ankle-
bende praeeminenz und ehr solte wollen endzohen werden. Und wusten
nun I. H. G., daß Churbayern solches sonderbar gern vernehmen, auch die
von ihnen dero gesandten erweisende ehr hoher aestimiren als einige ver-
waigerung von den Spanischen empfinden würden. Warauf der d’Avaux
gedacht, sie hetten die Kayserliche, den churfursten nun ins neunte jahr ver-
waigerte resolution in viele weg mercklich befurdert, und nehme sie das
Kayserliche so langes difficultiren sehr wunder. I. H. G. endthielten
sich fragens, auf was weiß solche resolution gemeltermaßen befürdert,
damit nit zu disputiren anlaß geben; aus den reden aber kondten diß wol
mercken, daß sie alles allein gethan und gern den danck haben wolten. Und
meldeten, die ursach, warumb ahm Kayserlichen hoff die resoltuion so hart
gehalten, seye, daß Venedig dem hauß Osterreich, wie notori, weiche, die
churfursten aber demselben vorgingen, und wie man nun lengst gern das
hauß Osterreich den reichschurfursten vorgezogen gesehen, so seye es auf
diese weiß per indirectum, wan nemblich Venedig den churfürsten vorge-
sezt , consequenter auch domus Austriaca, dem die Venediger weichen, vor-
gehen würde, intendirt und gesucht worden. Worauf der d’Avaux, diß
hetten sie nie gewust, seye ein sottilleza Spagnola, und fragte darauf, ob
ihm also und ob auch die churfursten des Kaysers sohn vorgingen. Sag-
ten sie von ja, und daß vivente et praesente Ferdinando II. die churfursten
dem erzherzogen zu Regenspurg, dem erzherzog Leopold Wilhelm
Erzhg. Leopold Wilhelm von Österreich (1614–1662), jüngerer Sohn Kaiser Ferdinands
II., Bf. von Straßburg und Passau 1626, Administrator von Halberstadt und Hersfeld
1627–1648, von Magdeburg 1629–1635, Bf. von Olmütz 1637, Administrator von
Murbach und Luders, Meister des Deutschen Ordens 1641, Bf. von Breslau 1655.
, anno
1623, 1630 und 1636 vorgangen, welches die Franzosische wunder bedun-
cken wollen. Und meldeten I. H. G., auß dem erscheine genugsamb, was die
churfürstliche dignitet im reich fur einen respect habe. Recht der Kur-
fürsten , vor dem Kaiser bedeckten Hauptes zu erscheinen und unterschied-
licher Gebrauch des Exzellenztitels im Deutschen und in den romanischen
Sprachen. Als Servien fragt, ob Nassau den Bayern entgegenschicken
werde, versichert W, die gestern aufgetauchten gegenteiligen Gerüchte seien
unbegründet [...]. Man konne leicht wissen, wo dergleichen einwurff und
difficulteten biß dato und noch herrühreten. Damit sie aber sehen, wie wol
die churfürsten mit ihrer praecedenz fundirt, wolten sie ihnen ex cere-
monialibus Romanis die von 200 jahren her bestendig habende bericht vor-
lesen , wie geschehen, und konte man auch noch frischere actus ex concilio
Tridentino und sonsten beypringen. Sie vernehmen zwarn, alß wan sich
Venedig auf ein privilegium Caesareum solte beruffen wollen, davon aber
seye den churfursten nie nichts vorkommen, weniger einiger actus possesso-
rius gegen dieselbe vorpracht worden, noch erwiesen werden konten. Ser-
vient sagte, die Venediger hetten gleichwol das konigreich Cypern und
Candia, und vermainten deßwegen vorzugehen. I. H. G., man wisse
wie lang sie daßelbe innengehabt, hetten aber solches niemaln, als erst vor
gar wenig jahren vorgeschuzt, sondern ye und allzeit, und lang nach ge-
habten beyden diesen konigreichen ohnwaigerlich nachgangen und geses-
sen . Auf welches der Avaux, er muste bekennen, daß die res publica sich
in gar wenig jahren gewaltig herfurgetrungen [...]. Folgendts wieder-
holten I. H. G., weiln es nun wegen endgegenschickung der gutschen seine
richtigkeit hab, ob dan noch einige difficultet ratione titulationis oder son-
sten ubrig? Sagten beyde nein. Allein monirte der d’Avaux, wegen des
nuncii und der Kayserlichen hetten sie nichts zu sagen, wolten aber sich
versehen, daß die Churbayerische ihnen die erste visiten geben wurden.
Worauf I. H. G., sie wusten nit, wie dieses gemeint. Dan weilen der nun-
cius apostolicus und die Kayserliche ihnen Churbayerischen alß ankom-
menden die erste visita geben würden, so sehen sie nit, ex quo capite dan sie
Franzosische primam visitam praetendiren wolten. Der d’Avaux hin-
wieder , diß hab seine weg, und gedächte sie eben solches auch zu thun, nur
daß ihnen die revisita gleich nach den Kayserlichen geben wurde. I. H.
G., weilen sie sich zu der endgegenschickung, auch ersten visita erpiethen
und nit bewust, was die Spanische zu thun vermeint, so seye pillich, daß
ihnen dergestalt die revisita, gleich auch von I. H. G. beschehen, gegeben
wurde. Daruber sie wol content gewesen.
um Mitteilung der von Servien schon angedeuteten Resolution wegen Be-
handlung der bayerischen Gesandten. Nach längerer Beratung antwor-
ten die Franzosen, die Resolution besage, daß obwolen die praetendirende
empfahung hiebevor dergestalt niemaln gebrauchig gewest, dannoch zu be-
zeigen , wie hoch von ihrem konig Churbayern aestimirt werde, deren ge-
sandten die ehr erwiesen werden solle. Und ob auch gleich ihnen noch nichts
vorkommen, weßen sich disfalß die Spanische erklehrt haben mochten, dem
unangesehen hetten sie mit der anzeig nit zuruckhalten, sondern hierdurch
soviel damehres bezeugen wollen, daß man a parte Franckreich die chur-
fursten nit allein bey ihrer herbrachten praeeminentz zu conserviren, son-
dern noch mehrers zu eleviren gedencke. Hierauf sagte I. H. G. fur die
gegebene resolution danck, mit vermelden, daß weder Churbayern noch sie
oder auch andere herren churfürsten andere gedancken sich yemaln machen
konten, alß daß die cron Franckreich, auch sie, dero vorneme ministri, der
angezogenen intention sein und pleiben wurden. Umb desto mehr, und
wegen Churbayern in specie, weilen ihr verstorbener konig die translation
der churdignitet auf das hauß Bayern so starck und eiffrig promovirt, und
soviel da weniger zu praesumiren gewest, daß aniezo die demselben ankle-
bende praeeminenz und ehr solte wollen endzohen werden. Und wusten
nun I. H. G., daß Churbayern solches sonderbar gern vernehmen, auch die
von ihnen dero gesandten erweisende ehr hoher aestimiren als einige ver-
waigerung von den Spanischen empfinden würden. Warauf der d’Avaux
gedacht, sie hetten die Kayserliche, den churfursten nun ins neunte jahr ver-
waigerte resolution in viele weg mercklich befurdert, und nehme sie das
Kayserliche so langes difficultiren sehr wunder. I. H. G. endthielten
sich fragens, auf was weiß solche resolution gemeltermaßen befürdert,
damit nit zu disputiren anlaß geben; aus den reden aber kondten diß wol
mercken, daß sie alles allein gethan und gern den danck haben wolten. Und
meldeten, die ursach, warumb ahm Kayserlichen hoff die resoltuion so hart
gehalten, seye, daß Venedig dem hauß Osterreich, wie notori, weiche, die
churfursten aber demselben vorgingen, und wie man nun lengst gern das
hauß Osterreich den reichschurfursten vorgezogen gesehen, so seye es auf
diese weiß per indirectum, wan nemblich Venedig den churfürsten vorge-
sezt , consequenter auch domus Austriaca, dem die Venediger weichen, vor-
gehen würde, intendirt und gesucht worden. Worauf der d’Avaux, diß
hetten sie nie gewust, seye ein sottilleza Spagnola, und fragte darauf, ob
ihm also und ob auch die churfursten des Kaysers sohn vorgingen. Sag-
ten sie von ja, und daß vivente et praesente Ferdinando II. die churfursten
dem erzherzogen zu Regenspurg, dem erzherzog Leopold Wilhelm
Erzhg. Leopold Wilhelm von Österreich (1614–1662), jüngerer Sohn Kaiser Ferdinands
II., Bf. von Straßburg und Passau 1626, Administrator von Halberstadt und Hersfeld
1627–1648, von Magdeburg 1629–1635, Bf. von Olmütz 1637, Administrator von
Murbach und Luders, Meister des Deutschen Ordens 1641, Bf. von Breslau 1655.
1623, 1630 und 1636 vorgangen, welches die Franzosische wunder bedun-
cken wollen. Und meldeten I. H. G., auß dem erscheine genugsamb, was die
churfürstliche dignitet im reich fur einen respect habe. Recht der Kur-
fürsten , vor dem Kaiser bedeckten Hauptes zu erscheinen und unterschied-
licher Gebrauch des Exzellenztitels im Deutschen und in den romanischen
Sprachen. Als Servien fragt, ob Nassau den Bayern entgegenschicken
werde, versichert W, die gestern aufgetauchten gegenteiligen Gerüchte seien
unbegründet [...]. Man konne leicht wissen, wo dergleichen einwurff und
difficulteten biß dato und noch herrühreten. Damit sie aber sehen, wie wol
die churfürsten mit ihrer praecedenz fundirt, wolten sie ihnen ex cere-
monialibus Romanis die von 200 jahren her bestendig habende bericht vor-
lesen , wie geschehen, und konte man auch noch frischere actus ex concilio
Tridentino und sonsten beypringen. Sie vernehmen zwarn, alß wan sich
Venedig auf ein privilegium Caesareum solte beruffen wollen, davon aber
seye den churfursten nie nichts vorkommen, weniger einiger actus possesso-
rius gegen dieselbe vorpracht worden, noch erwiesen werden konten. Ser-
vient sagte, die Venediger hetten gleichwol das konigreich Cypern und
Candia, und vermainten deßwegen vorzugehen. I. H. G., man wisse
wie lang sie daßelbe innengehabt, hetten aber solches niemaln, als erst vor
gar wenig jahren vorgeschuzt, sondern ye und allzeit, und lang nach ge-
habten beyden diesen konigreichen ohnwaigerlich nachgangen und geses-
sen . Auf welches der Avaux, er muste bekennen, daß die res publica sich
in gar wenig jahren gewaltig herfurgetrungen [...]. Folgendts wieder-
holten I. H. G., weiln es nun wegen endgegenschickung der gutschen seine
richtigkeit hab, ob dan noch einige difficultet ratione titulationis oder son-
sten ubrig? Sagten beyde nein. Allein monirte der d’Avaux, wegen des
nuncii und der Kayserlichen hetten sie nichts zu sagen, wolten aber sich
versehen, daß die Churbayerische ihnen die erste visiten geben wurden.
Worauf I. H. G., sie wusten nit, wie dieses gemeint. Dan weilen der nun-
cius apostolicus und die Kayserliche ihnen Churbayerischen alß ankom-
menden die erste visita geben würden, so sehen sie nit, ex quo capite dan sie
Franzosische primam visitam praetendiren wolten. Der d’Avaux hin-
wieder , diß hab seine weg, und gedächte sie eben solches auch zu thun, nur
daß ihnen die revisita gleich nach den Kayserlichen geben wurde. I. H.
G., weilen sie sich zu der endgegenschickung, auch ersten visita erpiethen
und nit bewust, was die Spanische zu thun vermeint, so seye pillich, daß
ihnen dergestalt die revisita, gleich auch von I. H. G. beschehen, gegeben
wurde. Daruber sie wol content gewesen.