Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 II 5

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1645 II 5
Sonntag Chigi bei W: Übergabe der Vollmachten an die
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Mediatoren am 1. Februar. Als dabei die Franzosen gemahnt wurden, nun
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mit ihrer Proposition nicht zu zögern, haben sie erklärt, vorher müsse
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d’Avaux sich in Osnabrück mit den Schweden vergleichen, doch wolle er
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nicht länger als sechs bis sieben Tage ausbleiben. Am folgenden Tag hat
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Servien auf Mitteilung der ksl. und spanischen Vollmachten gedrängt und
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von Änderungen in der spanischen gesprochen. Ihm wurde geantwortet,
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man könne dazu nichts sagen, da die Vollmachten noch nicht eröffnet

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worden seien, im übrigen könne die Herausgabe nicht ohne d’Avaux ge-
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schehen
. Nach Wiederholung der von den Ksl. mitgeteilten Änderungen in
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der spanischen Vollmacht äußert Chigi die Sorge, daß deßen die Franzosi-
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sche zu ihrem nacher Pariß gethanen bericht sich meisterlich bedienen und
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zu nuz machen werden. Es fiele auch noch diß dabey ein, daß alß zu Pariß
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erschollen, und von etlichen Spaniern selbst außgeben worden, daß der
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duca de Pigneranda

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Francisco de Zúñiga Avellaneda y Sandoval (gest. 1662), duque de Peñaranda.
von Spanien deputirt, der duca de Longeville sich
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gleichfalß darzu gerichtet. Nachdem sich aber folgendts befunden, daß nit
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der duca, sondern der conte Pigneranda

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Gaspár de Braccamonte y Guzmán (1595–1676), conde de Peñaranda.
, ienes verwandter, deputirt, werde
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der Longueville, weiln er anderer gestalt nit fortraisen wird, es seye dan
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auch ex parte Spanien ein anderer titulatus ahn standt ihme gleich verord-
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net , auch wieder änderen; were sonst gar nöttig und nuzlich, damit durch
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deßen authoritet der d’Avaux und Servient etwas in terminis gehalten,
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auch per maiora ein oder ander ad rationem gebracht werden konne. Und
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ob er wol noch endtlich, wan der duca de Medina sich anher begeben wird,
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folgen möcht, wird sichs damit doch noch weit hinauß verweilen, indeme er
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Medina erst ambassador nacher Rom ad praestandam obedientiam und
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folgendts auf Wien verraisen, underdeßen der conte Pigneranda, welcher
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beraiz aufm weg anher begriffen, und noch vor mitfasten hier sein kan,
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vorohnkommen soll. Inmittelst aber werde man nichts underlaßen, die trac-
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tatus zu stimuliren, und nur ietzt auf des d’Avaux wiederkunfft warten
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thett. I. H. G. fragten, wan nun der d’Avaux wieder zuruckgelangt
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und von ihnen ingesambt die plenipotenz gefordert, und die angezogene
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difficulteten bey der Spanischer befinden würden, was alßdan zu thun?

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Der nuncius vermaint, man muste mit der außlifferung einhalten, biß sie
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ihre proposition ad pacem gethan. Auf den fall aber, sagten I. H. G.,
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solches bey ihnen nit statt greiffen, sondern sie solang nit würden propo-
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niren wollen, würde man anderst nit konnen, alß die plenipotenz außzu-
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reichen , und da sie dabey difficulteten machen, dahin zu sehen, daß die
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Teutsche sachen (maßen I. H. G. vor dießem angedeut, daß solche mit
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gutem bestand zum ersten fur die hand genommen werden konten) ad
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tractatus, sobald nur der d’Avaux wieder alhier, gebracht wurden. Diesem
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nach fragten I. H. G., ob seitter nichts bey den Franzosen oder dem Veneto
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der herren churfursten tractaments halber vorgefallen. Sagt der nun-
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cius ja, und daß er den d’Avaux wol intentionirt befinde, der Servient
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auch so starck mehr nit auf seiner mainung (unwissendt, warumb) be-
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stünde , und wuste er nuncius, daß von ihnen deßwegen gar favorabel
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nacher Pariß geschrieben. Darauf haben ihme nuncio I. H. G. von dem
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vor ihren wegraisen mit den Franzosischen gefuhrten discurß parte geben,
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waruber er sich verwundert, und dazu gesagt, daß solches ihnen ein gar
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gute lection gewesen were. Hinsichtlich Contarini beteuert W, daß nicht

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seine Person oder Venedig herabgesetzt werden sollten, vielmehr sei der
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Vortritt der Kurfürsten hergebracht. Chigi: Er habe mit Contarini nur
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einmal darüber gesprochen, ihm diese Argumente auch vorgestellt und hin-
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zugefügt
, im römischen Zeremoniale seien zwar Bayern und Lothringen bei
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der Obedienzleistung hinter Venedig gesetzt, doch mit dem Zusatz, daß sie
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diese als Reichsstände nicht besonders verrichteten. Wegen Savoyen erklärt
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Chigi auf Ws Frage, von den Franzosen noch nichts vernommen zu haben;
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in Rom werde zwischen Savoyen / Toskana und anderen königlichen Ge-
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sandten
ein Unterschied gemacht, Contarini werde weder entgegenschicken
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noch einen Besuch machen, da wegen der Differenzen beider Mächte über
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Zypern

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Savoyen beanspruchte Zypern infolge Zession der Königin Charlotte de Lusignan
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(1442–1487), legitimer Erbin des Hauses Poitou-Lusignan, aus dem Jahre 1460, Venedig
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infolge Zession der Caterina Cornaro, Witwe des Königs Jakob II., eines illegitimen
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Bruders der Charlotte, aus dem Jahre 1489.
sich die Gesandten nicht zu besuchen pflegten.

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