Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 I 17
1645 I 17
Dienstag Contarini bei W. Keine Schreiben des Königs oder
der Königin durch den französischen Kurier überbracht wegen des Miß-
verständnisses zwischen beiden Gesandten. Entstehung dieser Differen-
zen ; Brasset soll nun die strittige Expedition der Schreiben übernehmen,
die Vollziehung durch beide Gesandten erfolgen. Diesem nach gedachte
der Venetianische, er hielte den sachen bey diesen tractaten nit wenig
befurderlich, wan von Ihrer Kayserlichen Majestät ein reichstag auß-
geschrieben , und durch beysammenkombst der stende die remorae abge-
schnitten wurden. Warauf I. H. G. geandtworttet, Ihre Kayserliche
Majestät hetten sich schon lengst darzu durch dero allhiesige abgesanten
crpotten, daß noch vor volligem beschluß dieser handlung die stende pro
ratificatione et confirmatione desienigen, was tractirt worden, beruffen
werden solten, daß aber die convocatio gleich iezt zu geschehen, wisten sie
nicht cui bono; sondern stehe solchen falß mehrers zue besorgen, daß deßen
sich die Franzosen zu noch weitterer tergiversation und zeitverspielung
bediehnen werden, indeme noch große weil zur zusammenkunfft gehoren
und gleichwol doch alle nit kommen würden; da sie auch schon vorgeben
mochten, daß underdeßen zur proposition und handlung geschritten wer-
den kondt, so seye doch darauff nit zu gehen, und hette anderst damit,
wans ihnen sonst gelegen, schon lengst verfahren werden konnen, undt
noch. Auff dieses fragte er, obs dan nit zue machen, daß eine quinta
essentia (wie ers nennet) von den stenden zusammen kehmen, nemblich daß
ad exemplum der herren churfursten auch einige auß dem fürsten- und stätt-
rhat geschickt würde, welche alhier von den Franzosischen, weilen sie ihrer
begert, die ursach deßen vernehmen und nachgehendts davon au ff allge-
meinem reichstag den gesambten stenden ahn dem orth, wohin sie beruffen,
relation erstatten möchten. Er müste bekennen, daß auf einen reichstag und
der stende ankunfft zu wartten große verlengerung veruhrsachen und nit
wenig beschwerlich sein wolt. Es begundtens auch die Franzosen selbst zue
begreiffen, und von diesem begehren soweit abgestanden, daß sie nicht ver-
meint , daß auf ihr zuschreiben in so geraumer zeit so wenig geandwort und
noch weniger sich eingestelt, wie dan auch die admission der mediatstende
weitters nicht behaubtet würde. Ihme gehe aber hierbey sorgfaltig zu
gemüth, wan a parte des reichs die stende nicht, hiengegen aber diejenige,
welche mit Franckreich alliirt oder von selbiger cron dependiren, erschei-
nen , so gebe er zu bedencken, ob nit alßdan dieser sachen respiciirt, und der
fried mit demselben zue ihrem vorthel desto mehr zu machen veranlasst
werden dörfft. Alß zum exempel Hessen Caßel würde bey den tractaten
alhier sein, wegen des stiffts Fulda aber niemandts erscheinen, wan nun die
landgraffin ihre sachen vorprächte, seye nicht zu zweifflen, sie würde ihre
praetension durchpringen und einen avantagiosen frieden fur sich erlangen.
Und hielte also er diese Separation dem reich weit schädlicher, alß wan alle
stend zugegen weren. Auff welches I. H. G. gemeldet, zu dem ende
werden die deputati vom churfürstlichen collegio alhier sein, daß sie inter-
esse imperii commune beobachten und ohne sie kein frieden geschlossen
werden konte. Wegen der übrigen kurfürstlichen Gesandtschaften antwor-
tet W, daß Bayern wenigstens einen Vertreter in qualitate eines churfürst-
lichen gesandtens schicken werde, doch erwarte er Näheres dazu noch von
dem zur Vorbereitung der Gesandtschaft für die nächsten Tage angekün-
digten Vertreter. Der brandenburgische Vertreter hat die Ankunft der
Gesandten innerhalb 14 Tagen angekündigt, von Mainz und Sachsen weiß
W noch nichts.
Vertrauliche Mitteilung Chigis durch Schreiben und mündliche Erläute-
rung des Boten: Saavedra hat Bedenken geäußert, so vielen kurfürstlichen
Gesandten den Exzellenztitel zu geben. Der gleichen Meinung hinsichtlich
Bayerns und Brandenburgs sind die Franzosen und Contarini. Die Fran-
zosen haben die Einwürfe des Brandenburgers dahin beantwortet, man
gestehe auch W den Titel nur zu, weil er gleichzeitig Reichsfürst sei. Be-
züglich des Königs von Böhmen, dem mindestens gleiche Ehren gebührten,
haben sie argumentiert, dieser sei mit der Wahl zum Kaiser aus dem
Kurkolleg ausgeschieden und nehme nur noch an der Königswahl teil.
Den Hinweis des Brandenburgers auf die Präzedenz der Kurfürsten
vor Venedig haben sie damit beantwortet, es würde selbige respublicq pro
testa coronata jetzt allgemein behandelt, der Befehl des Kaises an seine
Gesandten wegen Behandlung der Kurfürstlichen gehe sie nichts an. Des-
halb rät Chigi, daß die Bayern und Brandenburger ihren Einzug nicht
übereilen. W: Es sei, daß dergleichen difficultet a parte Spanien ge-
macht würde, kein wunder, und leicht zu gedencken, daß solches allein
ihres privati wegen, damit nemblich weittere praeiudicia im endgegen-
schicken ratione Franckreich zu verhuetten, herfurgesucht. Wegen des
Venetianischen auch eben wenig, zuemalen dadurch anderst nit gesucht, alß
ihre anmaßende praetension gegen die herren churfursten zu behaubten und
zu stabiliren. Was Franckreich anlangete, geschehe ein solches vermuthlich
(alß viel Churbayern betreffen thette) in favorem des proscribirten pfaltz-
graffen
kinder, wamit denselben ahn ihrer praetension vor außtrag der
sachen nichts möchte praeiudicirt werden. Wegen der Churbrandenburgi-
scher hielten I. H. G., daß der herr nuncius selbige alß uncatholische zu
empfahen bedenckens haben werde. Welches auch der abgeschickte
minister alsbald wider beandworttet, er wurde mit ihnen nichts negotiiren,
auch nit endgegenschicken konnen. I. H. G. vermelden weitter, sie be-
förchteten , daß die Schwedische zu Oßnabruck ad exemplum der Franzosen
und Spanier den Churmaintz- und Brandenburgischen eben dergleichen ein-
strewens machen. Ob nun dadurch das friedenswerck befürdert; die libertet
und privilegia der Teutschen chur- und fursten erhalten und den anderen
fürsten und stenden, welche von den Franzosen bey den tractaten zu er-
scheinen invitirt, zur abschickung, oder nicht vielmehr, da ihrem stand und
praeeminentz solchergestalt nachgestanden werden wolle, außzupleiben
ursach haben werden, geben I. H. G. dem hern nuncio und den Franzosen
selbst zu consideriren heimb. Es seye diß ihres erachtens eine solche wich-
tige sach, die von allen interessenten billich wol zu uberlegen und zu masti-
ciren .
der Königin durch den französischen Kurier überbracht wegen des Miß-
verständnisses zwischen beiden Gesandten. Entstehung dieser Differen-
zen ; Brasset soll nun die strittige Expedition der Schreiben übernehmen,
die Vollziehung durch beide Gesandten erfolgen. Diesem nach gedachte
der Venetianische, er hielte den sachen bey diesen tractaten nit wenig
befurderlich, wan von Ihrer Kayserlichen Majestät ein reichstag auß-
geschrieben , und durch beysammenkombst der stende die remorae abge-
schnitten wurden. Warauf I. H. G. geandtworttet, Ihre Kayserliche
Majestät hetten sich schon lengst darzu durch dero allhiesige abgesanten
crpotten, daß noch vor volligem beschluß dieser handlung die stende pro
ratificatione et confirmatione desienigen, was tractirt worden, beruffen
werden solten, daß aber die convocatio gleich iezt zu geschehen, wisten sie
nicht cui bono; sondern stehe solchen falß mehrers zue besorgen, daß deßen
sich die Franzosen zu noch weitterer tergiversation und zeitverspielung
bediehnen werden, indeme noch große weil zur zusammenkunfft gehoren
und gleichwol doch alle nit kommen würden; da sie auch schon vorgeben
mochten, daß underdeßen zur proposition und handlung geschritten wer-
den kondt, so seye doch darauff nit zu gehen, und hette anderst damit,
wans ihnen sonst gelegen, schon lengst verfahren werden konnen, undt
noch. Auff dieses fragte er, obs dan nit zue machen, daß eine quinta
essentia (wie ers nennet) von den stenden zusammen kehmen, nemblich daß
ad exemplum der herren churfursten auch einige auß dem fürsten- und stätt-
rhat geschickt würde, welche alhier von den Franzosischen, weilen sie ihrer
begert, die ursach deßen vernehmen und nachgehendts davon au ff allge-
meinem reichstag den gesambten stenden ahn dem orth, wohin sie beruffen,
relation erstatten möchten. Er müste bekennen, daß auf einen reichstag und
der stende ankunfft zu wartten große verlengerung veruhrsachen und nit
wenig beschwerlich sein wolt. Es begundtens auch die Franzosen selbst zue
begreiffen, und von diesem begehren soweit abgestanden, daß sie nicht ver-
meint , daß auf ihr zuschreiben in so geraumer zeit so wenig geandwort und
noch weniger sich eingestelt, wie dan auch die admission der mediatstende
weitters nicht behaubtet würde. Ihme gehe aber hierbey sorgfaltig zu
gemüth, wan a parte des reichs die stende nicht, hiengegen aber diejenige,
welche mit Franckreich alliirt oder von selbiger cron dependiren, erschei-
nen , so gebe er zu bedencken, ob nit alßdan dieser sachen respiciirt, und der
fried mit demselben zue ihrem vorthel desto mehr zu machen veranlasst
werden dörfft. Alß zum exempel Hessen Caßel würde bey den tractaten
alhier sein, wegen des stiffts Fulda aber niemandts erscheinen, wan nun die
landgraffin ihre sachen vorprächte, seye nicht zu zweifflen, sie würde ihre
praetension durchpringen und einen avantagiosen frieden fur sich erlangen.
Und hielte also er diese Separation dem reich weit schädlicher, alß wan alle
stend zugegen weren. Auff welches I. H. G. gemeldet, zu dem ende
werden die deputati vom churfürstlichen collegio alhier sein, daß sie inter-
esse imperii commune beobachten und ohne sie kein frieden geschlossen
werden konte. Wegen der übrigen kurfürstlichen Gesandtschaften antwor-
tet W, daß Bayern wenigstens einen Vertreter in qualitate eines churfürst-
lichen gesandtens schicken werde, doch erwarte er Näheres dazu noch von
dem zur Vorbereitung der Gesandtschaft für die nächsten Tage angekün-
digten Vertreter. Der brandenburgische Vertreter hat die Ankunft der
Gesandten innerhalb 14 Tagen angekündigt, von Mainz und Sachsen weiß
W noch nichts.
Vertrauliche Mitteilung Chigis durch Schreiben und mündliche Erläute-
rung des Boten: Saavedra hat Bedenken geäußert, so vielen kurfürstlichen
Gesandten den Exzellenztitel zu geben. Der gleichen Meinung hinsichtlich
Bayerns und Brandenburgs sind die Franzosen und Contarini. Die Fran-
zosen haben die Einwürfe des Brandenburgers dahin beantwortet, man
gestehe auch W den Titel nur zu, weil er gleichzeitig Reichsfürst sei. Be-
züglich des Königs von Böhmen, dem mindestens gleiche Ehren gebührten,
haben sie argumentiert, dieser sei mit der Wahl zum Kaiser aus dem
Kurkolleg ausgeschieden und nehme nur noch an der Königswahl teil.
Den Hinweis des Brandenburgers auf die Präzedenz der Kurfürsten
vor Venedig haben sie damit beantwortet, es würde selbige respublicq pro
testa coronata jetzt allgemein behandelt, der Befehl des Kaises an seine
Gesandten wegen Behandlung der Kurfürstlichen gehe sie nichts an. Des-
halb rät Chigi, daß die Bayern und Brandenburger ihren Einzug nicht
übereilen. W: Es sei, daß dergleichen difficultet a parte Spanien ge-
macht würde, kein wunder, und leicht zu gedencken, daß solches allein
ihres privati wegen, damit nemblich weittere praeiudicia im endgegen-
schicken ratione Franckreich zu verhuetten, herfurgesucht. Wegen des
Venetianischen auch eben wenig, zuemalen dadurch anderst nit gesucht, alß
ihre anmaßende praetension gegen die herren churfursten zu behaubten und
zu stabiliren. Was Franckreich anlangete, geschehe ein solches vermuthlich
(alß viel Churbayern betreffen thette) in favorem des proscribirten pfaltz-
graffen
sachen nichts möchte praeiudicirt werden. Wegen der Churbrandenburgi-
scher hielten I. H. G., daß der herr nuncius selbige alß uncatholische zu
empfahen bedenckens haben werde. Welches auch der abgeschickte
minister alsbald wider beandworttet, er wurde mit ihnen nichts negotiiren,
auch nit endgegenschicken konnen. I. H. G. vermelden weitter, sie be-
förchteten , daß die Schwedische zu Oßnabruck ad exemplum der Franzosen
und Spanier den Churmaintz- und Brandenburgischen eben dergleichen ein-
strewens machen. Ob nun dadurch das friedenswerck befürdert; die libertet
und privilegia der Teutschen chur- und fursten erhalten und den anderen
fürsten und stenden, welche von den Franzosen bey den tractaten zu er-
scheinen invitirt, zur abschickung, oder nicht vielmehr, da ihrem stand und
praeeminentz solchergestalt nachgestanden werden wolle, außzupleiben
ursach haben werden, geben I. H. G. dem hern nuncio und den Franzosen
selbst zu consideriren heimb. Es seye diß ihres erachtens eine solche wich-
tige sach, die von allen interessenten billich wol zu uberlegen und zu masti-
ciren .