Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1648 VI 6

7
1648 VI 6
Samstag W und Krane bei den Jesuiten. 1. Daß, weiln der
8
Oxenstirn so cathegorice in puncto quanti weiters zue tractiren nicht instru-
9
irt zue sein, sondern alles an die königin glangen laßen müsten, es eine gar
10
beschwerliche sach seye und sie Kayserliche nicht sähen, dafern die Schwe-
11
dische sich eines anderen nit besinnen, wie in den tractaten fortzuschreiten
12
seye. 2. Hette man die nachricht, daß sie das quantum so hoch spannen
13
würden, damitt sie Leipzig und Erffurt biß zur völliger satisfaction innen
14
behieltten. 3. Were man berichtet, daß in puncto satisfactionis Hassicae der
15
600 000 reichsthaler die uncatholische die sachen dahin spielen würden,
16
damitt deren bezahlung allein den wenig catholischen und geistlichen alß
17
Mainz, Cölln und Fulda auffgebürdet würden.

40
17–23 Dabey – kann ] am Rande: omittatur ad Bavarum.
Dabey er dan auch ferner
18
vermeldet, daß Chursachßen zue dießer satisfaction, wie dan auch in hin-
19
laßung der graffschafft Schaumburg alß in re pessimi exempli sich ungern
20
verstanden, allein sich von den anderen nit separiren wollen. So were auch
21
pro 4. der herzog von Mecklenburg mitt der ihme gegebenen satisfaction
22
noch nicht friedig. Dessen Gesandter hat einen Plan mitgeteilt, wie Wismar
23
durch einen Überfall auf die schwedische Garnison befreit werden kann.
24
Unzufriedenheit des pommerischen Adels mit der künftigen schwedischen
25
Herrschaft. 5. Hetten auch theilß protestirende den Kayserlichen in summo
26
secreto an die hand geben, daß sie nit sähen, wie man zue Oßnabruck zum
27
friedensschluß zu glangen, in betracht, daß auß allen umbstenden woll
28
abzunehmen, welchergestaldt die cronen zum frieden gantz keine lust
29
hetten, andere sich auch an selbige henckten et unitatem statuum inter se et
30
cum Caesare verhinderten, dahero das beste mittell sein würde, daß Ihre
31
Mayestet alßbaldt anderwerts ein reichstag außschrieben, die stend alda
32
zusahmenkehmen, under sich eins würden und mitt dem Kayser coniun-
33
girten . Alß nun I. H. G. wegen ihrer stiffter, auch Ihrer Churfürst-
34
lichen Durchlaucht zue Cölln etc. ertz- und stiffter, in genere auch wegen
35
desjenigen, so zue Oßnabruck in religionis catholicae totale exterminium
36
bewilliget und zugeschlagen worden, und daß sowenig Ihre Churfürstliche
37
Durchlaucht alß auch sie und ihre kirchen ein solches umb Ihre Kayserliche
38
Mayestet verdienet hetten, beschwert. Andtworttete der herr Krahn:

[p. 1105] [scan. 445]


1
Das hertz im leib thette ihme offtermaln wehe [...], daß biß dahero der-
2
gestaldt verfahren und noch würde. Sie Kayserliche würden bey den trac-
3
taten wenig geachtet, köntten Ihrer Kayserlichen Mayestet underschied-
4
liche befelch auffzeigen, daß sie gern gesehen und noch, dießes oder jenes in
5
beßeren und verandtworttlichern standt gesetzet zu werden. Zu beklagen
6
seye es aber, daß etliche wenig stend sich vom Kayser separirten, motu
7
proprio tractirten und nach geschehener sach den Kayserlichen, waß dieß-
8
falß untereinander abgerehdet, erst wißen ließen. Und dweiln Ihre Maye-
9
stet ihre gesandte einmaln auff dasyenige, was Mainz und Bayern guett
10
befinden, generaliter verwießen, trungen dahero selbige gesandte (denen
11
solches woll bekandt) dergestaldt in sie Kayserliche, und wan sie alßo
12
gleich nit zue allem ja sagtten, hieße es, die Kayserliche haben keinen
13
willen, frieden zu machen. Hingegen vantiren sich die andere darin, daß
14
der fried so weith nit kommen, wan sie nit dabeygwest wehren, welches
15
leichtlich zu glauben, weiln sie dem gegentheill alles, was nur immer
16
begehrt werden köntte, überflüßig in die händ geben. – Schreiben an
17
Bischoping

43
W an Bischoping 1648 VI 6 ( Osn. 137).
. – [...]

18
Lamberg/Volmar/Krane bei W. Verabschiedung. Äußerung Wittgensteins,
19
sie müsten auff der Schwedischen contentirung dergestaldt bedacht sein,
20
damitt sie dieselbe zue freund hieltten und sich deren wiederumb, da es
21
nöthig sein würde, bey begebenheiten nützlich hinwiederumb bedienen
22
köntten. W: Klagen wegen Minden und Osnabrück; die Lüneburger
23
wollen dem Osnabrücker Kapitel alle privilegia et iurisdictionalia per regu-
24
lam generalem abschneiden, 2. der ritterschafft- und städteständt gar über
25
das capitull erheben, 3. das Normaljahr einseitig zugunsten der Protestan-
26
ten
gelten lassen. Volmar: Er hette es auch mitt verwunderung geleßen;
27
wan aber ietzo ex parte capituli geandtworttet worden, müste man sich
28
allerseits in favorabilibus et odiosis in der allgemeinen regul anni 1624 ver-
29
haltten , dabey sie dan das ihrige gern praestiren woltten, wan nur andere
30
nicht voreyleten und wie biß dato, semotis etiam Caesareis, welches dar-
31
nach nit auffheben köntten, alles bewilligten. Er müste aber I. H. G. bey
32
dießem puncto vermelden, daß die Schwedische und Lünneburgische die-
33
jenige pastores, so weiber bey sich gehabt oder communionem selbiger zeitt
34
sub utraque distribuirt, für Lutherisch und dabey es zu verpleiben hiel-
35
tten . W: Konkubinat und Kommunion sub utraque nicht in jedem Fall
36
Zeichen der Religionsänderung. [...] Bestreitet, daß die Pfarrer früher
37
nicht ordnungsgemäß die Weihen empfangen hätten. Man soll alle Fälle
38
einzeln untersuchen; es leben noch 15 unter Philipp Sigismund ordinierte
39
Pfarrer, auch in den übrigen Fällen kann man Beweise vorlegen. Klagen
40
über Versuche, das Franziskaner- und Jesuitenkloster in Osnabrück, die seit
41
1538 dem Bischof und Kapitel unterstanden haben, den Katholiken zu neh-
42
men
. Volmar: Hinsichtlich der Jesuiten steht das Verbot der Übertra-

[p. 1106] [scan. 446]


1
gung
an andere Orden entgegen. W: Die vom Augustinerkloster über-
2
nommene
Fundation beträgt jährlich keine 200 Reichstaler, der Rest ist
3
vom Bischof gekommen; sie waren schon 1624 in der Stadt. Zurückweisung
4
des Vorwurfs aufreizender Predigten durch die Jesuiten. Mit der Fundation
5
würde nicht allein nebenst der academi die catholische religion in dießem,
6
sondern auch den benachbarten landen, vornehmblich im stifft Minden, in
7
wenig jahren zue scheitern gehen. Wenn alles streng auf den Stand von
8
1624 zurückgeführt werden soll, muß das auch für die Neuerungen im
9
protestantischen Kirchenwesen gelten. Wollten dahero die herrn Kayser-
10
liche , umb sich amore Dei et religionis in dergleichen fallen steiff zu
11
haltten, nochmaln ersucht haben. Caesarei: Sie woltten gern das ihrig
12
thuen, müsten sich aber beklagen, daß viell sachen ihrer unwißent tractirt
13
und insoweith, daß sie es zue remediiren nit vermöchten, abgerehdet wür-
14
den , und müste man dahero sorgfalttig sein, daß die Churbayerische auch
15
fest hieltten. I. H. G.: Ihre Churfürstliche Durchlaucht hetten sie deß-
16
halber belangt und gebetten, damitt doch in puncto capitulationis und son-
17
sten ihrem capittul und der religion im besten aßistirt werden möchte,
18
wollen nit zweiffelen, Ihre Churfürstliche Durchlaucht würdens ihren
19
gesandten auch gebürend anbefehlen; wie sie dan auch (doch citra omnem
20
consensum in dießen sachen, und nur daß größeste unheill abzuwenden)
21
wegen ihres capittuls zue Minden gethan, und woltte ye das unbilligste ding
22
sein, casu quo, daß Minden unter Brandenburg kommen solle (de quo pro-
23
testarentur et protestaturi essent), daß die schulden von den besitzeren
24
nicht angenohmmen, sondern auff die stendt verschoben werden sollen,
25
gleich dan dardurch per indirectum das capittul und der adell würden ver-
26
trieben sein. Imgleichen und weniger nit ahm unbilligsten, daß man den
27
stenden ex parte Brandenburg keine versprechung privilegiorum thuen,
28
auch einige capitulation oder vergleich, welches doch in allen erblanden
29
selbst geschehe, nicht eingehen wolle. Vollmari: Es were freylich unbil-
30
lig , man müste doch sehen, wie deme zu thuen. I. H. G.: Ihres verneh-
31
mens woltte auch Brandenburg das capitul zue Minden zue extinguiren,
32
maßen ihme solches bey dießem tractatu eingeraumbt sein soltte, vermai-
33
nen . Darauff die Kayserliche einander angesehen und andtworttete der
34
Vollmari: Er woltte die bewandtnuß auffrichtig heraußsagen. Nach Unter-
35
zeichnung
des Vergleichs über Minden in der Fastenzeit 1647 ist bei erneu-
36
ter
Behandlung der Äquivalente von den Schweden eine Schrift übergeben
37
worden, die die Ksl. bis nach Abhandlung des § ‘Tandem omnes’ nicht vor-
38
nehmen
wollten. Bei den Sonderverhandlungen einiger Stände ist Mainz
39
von einigen zu so plötzlicher Unterzeichnung gezwungen worden, daß
40
keine Zeit zur Durchsicht blieb

41
Die Äquivalenzpunkte waren 1648 III 25, vorerst jedoch nur von den Reichsständen,
42
unterzeichnet worden; Text der brandenburgischen Entschädigung J. G. Meiern V
S. 589–592 .
. Später hat sich gezeigt, daß der Inhalt in

[p. 1107] [scan. 447]


1
vielen Punkten von dem von Trauttmansdorff Geschlossenen abweicht.
2
Und komme dießes alleine daher, daß man mitt den Kayserlichen nichts
3
communicirt, sondern viellmehr dergestaldt vorgeeylet, auch nicht
4
einmahln zum uberleßen zeitt genohmmen, dahero dan ein so großes
5
praeiudicium der catholischen religion erfolgt. Sie Kayserliche weren
6
hieran unschuldig, plieben bey ihrem accord, so zwischen dem graffen von
7
Trautmanßdorff und den Churbrandenburgischen geschloßen worden,
8
bestendig, seye aber woll zu befahren, daß die Churbrandenburgische von
9
demjenigen, so von Mainz underzeichnet, nicht weichen werden. Sie
10
Kayserliche hetten auch nit underlaßen, den Churbrandenburgischen, daß
11
sie dergleichen sachen contra accordata hineingeruckt, vorzuhaltten.
12
Warauff sie, daß es guetter mainung geschehen, auch weilen es in nahmen
13
der stendt ratificirt, von den Kayserlichen umbgestoßen zu werden, nit
14
hoffen woltten, geandtworttet. Warauff er Vollmari, es were aber gefehr-
15
lich , dan dardurch capitulum et clerus gantz würden extinguirt werden. Die
16
Brandenburgische hetten aber von nein, und daß dieß ihre intention nicht
17
were, zur andtwortt geben. Es were aber nun die sach dahin zue negociiren,
18
daß, waß solchergestaldt dem Kayserlichen vergleich hineingesetzet, von den
19
stenden keineswegs approbirt würde; sonsten müsten bekennen, daß die
20
högste gefahr dießes stiffts und der religion gentzlicher verlust darauß be-
21
vorstehe I. H. G.: Es were woll zu betauren, daß man dergestadt proce-
22
diren thette. Caesareani: Wedder der Kayser noch sie hetten darahn
23
schuldt, müsten die verandtworttung anderen heimbstellen. I. H. G.: Es
24
were dannoch zu beklagen, daß mitt dießem modo auch so gar nichts erhal-
25
tten würde, wie sie dan nicht sähen, ia auch sogar von der Pfaltzischen sach
26
annoch keine gewißheit vernehmmen können. Caesareani: Dießes
27
weren eben dasjenig, was sie Kayserliche mehrmaln gesagtt, daß man
28
nemblich alles hingebe und sich dannoch so wenig des völligen friedens alß
29
anderer puncten schluß bestendig versichern könne; und soltte der Salvius
30
sich noch unlengst gegen einer bekandten persohn vernehmen laßen haben,
31
daß die Pfaltzische sach annoch nit richtig und sie dieselbe nicht under-
32
schreiben köntten. Beym abgangk thetten I. H. G. den herrn Kayser-
33
lichen ihrer stiffter sach nochmaln högst recommendiren, warzue sie sich, wie
34
vor dießem, erbotten, dabey incidenter fragend, weßen sich doch Ihre
35
Kayserliche Mayestet wegen Hamb resolvirt. Caesareani haben dar-
36
auff geandtworttet: Sie hetten sich zur evacuation uff nachfolgende condi-
37
tiones erklehrt, 1. daß den Kayserlichen allemahl der freyer paß und repaß
38
verstattet, 2. hingegen den Schwedischen und Hessischen verweigert und
39
3., dafern der fried nit zulangen soltte, alßdan Ihre Churfürstliche Durch-
40
laucht zue Brandenburg mitt Ihrer Kayserlichen Mayestet ihre wapffen
41
coniungiren woltten. – [...]

Dokumente