Acta Pacis Westphalicae III A 3,3 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 3. Teil: 1646 / Maria-Elisabeth Brunert
104. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica X) Osnabrück 1646 Februar 6/16
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Braunschweig-Lüneburg-Calenberg B I fol. 105’–109 (= Druckvorlage); damit identisch
Baden-Durlach A I fol. 98’–101’, Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 118–120, Braun-
schweig -Lüneburg-Celle A I unfol., Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel A I fol.
123’–127, Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel B I fol. 95–97, Fränkische Grafen
A II fol. 88–90, Hessen-Kassel A XIII fol. 109–112’, Magdeburg E fol. 141’–145’, Mag-
deburg Ea fol. 142–146’, Pommern A I fol. 93–95’, Sachsen-Altenburg A II 1 fol.
117–120, Sachsen-Gotha A II fol. 573–576, Sachsen-Lauenburg B S. 222–230, Sachsen-
Weimar A II fol. 204–205, Sachsen-Weimar B III fol. 267–270, Grafen von Schwarz-
burg A I fol. 72–74’, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg ) C 1 fol. 133’–137, Wet-
terauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken ) A III 1 fol. 431–434’, Wetterauer Grafen
( Ysenburg ) A I unfol., Württemberg A I S. 203–210, Druck: Meiern II, 364–366; vgl.
ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol., Magdeburg D fol. 90’–92’, Österreich A II
(XXXII) fol. 175–176’, Österreich B I fol. 64–66.
Französische Proposition II von 1645 VI 11, Art. 3 ; kaiserliche Responsion an Frankreich
von 1645 IX 25, zu Art. 3 ; französische Replik von 1646 I 7, zu Artikel 3 (französische
Forderung der Nichteinmischung des Kaisers in einen französisch-spanischen Konflikt; fran-
zösische Forderung, daß der Kaiser den Feinden Frankreichs und Schwedens keine Assistenz
leisten dürfe; kaiserliche Forderung der Nichteinmischung Frankreichs in einen Konflikt zwi-
schen Kaiser und Reich und Schweden; kaiserliche Forderung, daß Frankreich den Feinden
von Kaiser und Reich sowie Spaniens keine Assistenz leisten möge [vgl. später § 3 IPM]).
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten (soweit ersichtlich): Österreich (Direktorium), Bay-
ern , Würzburg, Magdeburg, Basel, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar,
Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach, Braunschweig-Lüneburg-Celle, Braunschweig- Lüne-
burg -Grubenhagen, Braunschweig-Lüneburg-Calenberg, Mecklenburg-Schwerin, Mecklen-
burg -Güstrow, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast, Anhalt (durch Sachsen-Weimar).
Österreichisches Direktorium. Die iüngst ausgestelte deliberation
super articulo 3 halte dieses in sich, so zwar ad articulum 12 gehöre
Art. 12 der frz. Proposition II behandelt die Sicherung des Friedens ( Meiern I, 447 ).
nemblich ihre mayestät sich der assistenz gegen der cron Spanien begeben
solte, worbey sich diese differenz befünde,
149,32–150,3 das – solle] Österreich A II (XXXII): daß, obschon ihr Keyserliche maye-
stät unnd das Reich propter sanguinis, universalis advocatiae, vasallagii et gratitudinis ius
die cron Spannien in ihren kriegen wider Frankhreich nit verlassen können, so wollen sie
doch salvis iuribus derselben cron, so anno 1548 mit dem ganzen Reich pactiert unnd
confirmiert worden, der cron Spanien in den kriegen, so zwischen derselben unnd
Frankhreich entstehen möchten, neque directe neque indirecte assistirn.
das Reich wegen Burgund ein radicirt ius habe
Die Freigft. Burgund, seit 1492 habsburgisch, gehörte seit 1556 der span. Linie; die zum
Teil von den burgundischen Hg.en, zum Teil von den Habsburgern zusammengebrachten
17 ndl. Provinzen unterstanden seit 1555 den span. Habsburgern. Karl V. hatte diese Ter-
ritorien im Burgundischen Vertrag vom 26. Juni 1548 zum burgundischen Reichskreis zu-
sammengefaßt und ihnen den Schutz des Reiches zugesichert. Frk. forderte die Aufhebung
aller derartiger Schutzklauseln bzw. die Ungültigkeit des Burgundischen Vertrages in die-
sem Punkt (frz. Proposition II, Art. 3, Meiern I, 446 ; frz. Replik, zu Art. 3, Meiern II,
201 ). Das radicirt ius meint das durch die nahe Verwandtschaft begründete, „ eingewur-
zelte “ Recht und die anderen in der Textvariante (s. S. 149 Z. 34) genannten Rechte des
Ks.s zur Assistenz Spaniens ( Woltjer , 664; Babel , Freigrafschaft, 199; Arndt , Nieder-
lande , 32–41; zum Burgundischen Vertrag s. APW III A 3/1 [ Nr. 24 Anm. 58 ] ; zu radicirt s.
Diefenbach , 482 s. v. radicitus ).
zosen , daß dieselbe neque directe neque indirecte der cron Spanien wieder
Franckreich assistiren solle.
Hergegen hette ihr mayestät ex aequo begeret, das die cron Franckreich
imgleichen der cron Schweden, do wieder zuversicht zwischen ihr maye-
stät und deroselben krieg sich entspinnen möchte, nicht assistiren solten .
Darwieder wendeten die Französischen plenipotentiarii eine inaequalitet
ein und wolten dieses pactum reciprocum nicht eingehen. Führeten pro
ratione an, das 1. ihre mayestät de iuribus Imperii nicht ebensowol als sie
in ihrem reiche disponiren könten etc.; 2. weil die tractaten zugleich mit
Franckreich und Schweden angestellet unnd geschloßen werden müsten
etc.; 3. sey auch der Burgundische vergleich niemahls observiret worden.
Komme also auf diese frage, ob diese rationes eine differenz machen und
ob auf dem pacto reciproco zu bestehen oder waß dißfalß fur ein tem-
perament einzuwenden.
Österreich. In allen pactis, utpote quae iuris gentium sunt, sey uf die
aequalitet unnd obligationem reciprocam zu sehen, iuxta illud: „quod uni
est iustum, alteri aequum sit oportet.“
nicht wil, daß ihr mayestät der cron Spanien assistiren solle, so sey ia
pillich, das dieselben reciproce sich deßen gegen Schweden begeben.
Undt soviel die angezogenen rationes differentiae anlanget, hielte er da-
für , daß dieselben auf ebendieselbe weise, wie sie comparative gesetzet,
gerad umbzukehren weren: Dan 1. were die cron Spanien in ihrem könig-
reich ia sowol alß Franckreich wie imgleichen ihr mayestät nebst dem
Reich unnd deßen ständen coniunctim de iuribus Imperii zu disponiren
befugt. 2. Weil die tractaten zwischen ihrer mayestät undt beeden cronen
coniunctim geschloßen werden solten, sehe man umb soviel weiniger,
warumb diß pactum nicht reciproce et aequali iure in die tractaten zu
bringen.
Und obwol 3. das Römische Reich auß gewißen erheblichen ursachen
sich in die Burgundische unnd Niederländische kriege nicht immisciret ,
so sey doch Burgund an sich selbst ein standt des Reichs, wie aus der
session, voto uf reichstagen, auch reichshülffen unndt anderen qualiteten
eines reichsstandes abzunehmen.
In der Schwedischen replic befinde sich
Siehe schwed. Replik von 1646 I 7, Klasse III,1 ( Meiern II, 189 ).
dacht nehmen wollen, alß wan man auß diesem pacto zwischen ihnen
unnd Franckreich etwas anschüren wolle, so aber seines erachtens nicht
dahin zu verstehen noch ex istis verbis folge, sondern nur, ut sit reciproca
obligatio et assecuratio. Dan solte gleichwol darfür, daß Spanien die assi-
stenz vom Reich gar verlaßen und sich derselben begeben müste, von
Franckreich nichts reciproce eingangen werden, würde daß pactum ganz
nicht aequale sein. Und müchte hierunter entlich dieses pro tempera-
mento fürgeschlagen werden können, daß in denselben paragraphum ad
verba „inter sacram Caesaream maiestatem“ hinzugesetzet werde
15–16 „et Imperium“] Österreich A II (XXXII): die clausula „una cum statibus Imperii“
[…], ita: „maiestas sua Imperialis una cum statibus Imperii neque directe neque indirecte
controversiis, quae inter Galliam et Hispaniam nasci possent, ita ut Imperator sine stati-
bus et eorum consilio se immiscere non possit et e contra“.
perium “
In der ksl. Responsion an Frk. heißt es: […] bellis & controversiis, quæ inter Majestatem
Suam Imperialem, & Sacrum Imperium ac Coronam Sueciæ nasci possent ( Meiern I,
629f. ).
Reich etwas wieder sie anfahen würde, zu befahren hette.
Bayern. Weil diese quaestion eigentlich ad punctum assecurationis ge-
höre , maßen sie von Franckreich selbst dahin gestellet worden
Siehe frz. Replik, zu Art. 3 ( Meiern II, 201 ) .
noch zur zeit darauf in specie nicht instruiret.
Was sonst die sache an sich selbst betreffe, sey nicht ohne, das es unpillich
scheine, wan Franckreich offene handt, ihr mayestät unnd des Reichs
feinden zu assistiren, behalten, hergegen aber ihr mayestät dieselbe ge-
bunden sein solte. Weil er nun noch instruction erwarte, müße er sein
votum hierüber solange suspendiren. Wan aber ie ein conclusum zu ma-
chen , laße er ihme daß von Osterreich vorgeschlagene expediens gefallen,
deßen voto er sich auch sub spe rati conformiren thue.
Würzburg. Es kommen a parte Würzburg dergleichen fragen etwas be-
frembdet für, dan wan man den statum Imperii considerire, laß sich die-
selbe leicht resolviren. Es werde ihr mayestät und dem Reich bevorste-
hen , krieg zu führen, gegen wen sie es nötig erachten, und wan ihr maye-
stät auch nötig befinden, der cron Spanien beyzustehen, werde es Franck-
reich nicht weren können. Wan man es nun in diesen terminis verpleiben
laße, wie es vor diesem gewesen unndt darbey die vorfahren sich alwohl
befunden, halte man a parte Würzburgk dafür, es werde keine noht noch
Franckreich darwieder etwas zu sprechen haben. So könne man auch die
wort „directe vel indirecte“
Siehe ksl. Responsion an Frk., zu Art. 3 ( Meiern I, 629 ).
wort „directe“ imperator et Imperium, unter dem wort „indirecte“ aber
vielleicht ihr mayestät alß erzherzog zu Österreich gemeinet sey. Solte es
den letzten verstand haben, were es gleichwol im Reich iederzeit erlaubet
gewesen, zuzuziehen, wen man wolle, wie sölches exemplo bellorum Gal-
licorum et Italicorum zu ersehen, deren zwar das Reich sich nie theilhaff-
tig gemacht, gleichwol den ständen freygestanden, welchem theile ein ie-
der zuziehen oder beypflichten wollen, welches keinem übel außgeleget
noch er deswegen angefeindet oder vor feindt erkleret worden. Also daß
man a parte Würzburg noch nicht recht heraußkommen könne, wohin
die quaestion eigentlich gemeinet. Dan das ihr mayestät und dem Reich
die hände ganz gesperret sein solten, halte er nicht dafür, das es der Fran-
zosen intention sey. Wan es aber specialius proponiret unnd expliciret
werde, wolle man sich auch darüber erklehren und laße es im übrigen
pillich bey dem herkommen bewenden.
Magdeburg. Von seiten Magdeburg habe er angehöret, waß vom hoch-
loblichen Österreichischen directorio ex articulo 3 replicae Gallicae pro-
poniret worden, ob nemblich die darinnen befindtliche rationes eine dif-
ferenz machen, ob auf dem postulato zu verharren oder waß sonst für ein
temperament zu machen. Ob nun wol ihr fürstlichen durchlaucht bey-
wohnende gedancken er gerne eröfnen wolte, weil er aber, wie Bayern
angezogen, befinde, daß es mehr in tertiam classem ad punctum assecu-
rationis gehörig und aber geschloßen worden, nicht ehe zur folgenden
class zu schreiten, biß die vorhergehende absolviret sey, alß müße er
gleichsfalß wie Bayern sein votum suspendiren. Und wolle alsdan, wan
es dahin komme, ihr fürstlichen durchlaucht mainung hierüber auch ver-
nehmen laßen.
Basel. Wie Magdeburg, daß es ad tertiam classem zu differiren.
Sachsen-Altenburg. Sey gleichsfals der mainung, das es noch nicht zeit
sey, darvon zu reden, sondern, wie Österreich, Bayern unndt Magdeburg,
ad punctum assecurationis zu versparen. Dan wan man eins ins andere
mengen wolte, würde man von dem einmahl gemachten und beliebten con-
cluso
Siehe Nr. 95, conclusum Punkt 1 und 2 (S. 26 Z. 3–9), bzw. das Conclusum des FRO von
1646 II 5 (s. [ Nr. 96 Anm. 3 ] ).
Sachsen-Coburg. Erinnere sich, welchergestalt am 24. Ianuarii[/3. Fe-
bruarii 1646] alhier den classibus der Schwedischen replic nachzugehen ge-
schloßen worden , und hette das hochlöbliche directorium eröfnung get-
han , das sölches auch zu Münster were approbiret worden . Woferne man
nun davon abweichen und eine class vor der andern vornehmen wolte, so
würde es nicht allein confusion geben, sondern auch genzliche aufhaltung
der tractaten zu besorgen sein. Bethe, es also bis dahin zu versparen.
Sachsen-Weimar. Ex iisdem rationibus wie Sachsen Altenburg, und
daßelbe auch wegen Sachsen-Gotha und -Eisenach, auch suo loco
et ordine wegen Anhalt.
Braunschweig-Lüneburg-Celle. Es sey geschloßen, erst die classem
primam hinnauszuführen. Weil nun diß ad punctum assecurationis gehöre,
so würde es bis dahin zu differiren sein. Würde sonst böse consequenz
geben. Man wiße, was ohnedes vorgehe, dahero soviel mehr fürzubawen.
Und eben also wegen Braunschweig-Lüneburg-Grubenhagen
und -Calenberg.
Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow. A parte Mecklenburg
Schwerin undt Güstrow referire er sich uf das gemachte conclusum und
conformire sich mit Magdeburg, Altenburg und Braunschweig.
Pommern-Stettin und -Wolgast. Halte es gleichsfals pro incongruo
und conformire sich mit Braunschweig Lüneburgk.
Reliqui transibant.
Österreichisches Direktorium. Bleibe bey der angefangenen ordt-
nung , dahero diese quaestio ad punctum assecurationis auszustellen.
Sölchergestalt, weil er noch keine schreiben von Münster bekommen und
also nicht wiße, waß daselbst fürgegangen, so halte er für unnötig, mor-
gen wieder zusammenzukommen. Wan noch heute was wichtiges kehme,
wolle er’s ansagen laßen, wo nicht, so kehme man uf den montag, [den
9./19. Februar 1646], wieder zusammen. Und könte alsdan zur re- und
correlation geschritten werden, es were dan, daß man so lang, biß auch
die gravamina abgehandelt, warten und zugleich auch darüber re- und
correferiren wolte.
So aber, weil die gravamina uf vergleichung stünden und man darinnen
miteinander part were, unnötig erachtet undt hergegen erinnert würde,
daß zu befürderung der re- und correlation die reichs- unndt hanseestädte
ihre gedancken super ultimo membro classis primae, de commerciis etc.
Siehe schwed. Replik, Klasse I,4 ( Meiern II, 187 ). Der SRO beschloß am 5. März 1646,
eine Deputation zu Verhandlungen über kontroverse Auffassungen in Handelsfragen zum
SRM zu entsenden ( APW III A 6, 106 Z. 12–15). Das Memorial der Reichs- und Hanse-
städte betr. Handelsfragen wurde am 26. März 1646 vorgelegt (s. [ Nr. 120 Anm. 16 ] ).
beim Churmaynzischen directorio einbringen müchten.