Acta Pacis Westphalicae III A 3,5 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 5. Teil: Mai - Juni 1648 / Maria-Elisabeth Brunert
168. Sitzung des Fürstenrats, Re- und Correlation sowie Deputation derhöheren Kurien an den Städterat Osnabrück 1648 Mai 27/Juni 6, Samstag 8 Uhr
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Sitzung des Fürstenrats, Re- und Correlation sowie Deputation derhöheren Kurien an den Städterat
Osnabrück 1648 Mai 27/Juni 6, Samstag 8 Uhr
Sachsen-Altenburg A II 2 fol. 236–243’ (= Druckvorlage); vgl. ferner Bamberg A V
fol. 187–192 (Re- und Correlation) und (damit identisch
Würzburg A I 1 fol. 517’–525’, Herzogtum Bayern A I 2 fol. 78–85’ (Re- und Correla-
tion
(3620) fol. 71–74 und fol. 87–87’ (Umfrage über die Beschwerde des Städterats, bei Re- und
Correlationen stehen zu müssen), Salzburg I 2a fol. 9’–11, 13–18’.
I (Sitzung des Fürstenrats): Verlesung des salzburgischen Entwurfs für die „Meinung“ des
Fürstenrats Osnabrück von 1648 V 26/VI 5 über die Fragen, 1. ob und was die Reichsstände
an die Königin von Schweden wegen der Höhe ihrer Forderung für die Militärsatisfaktion
schreiben sollen; 2. ob die Reichsstände mit den Kaiserlichen über die noch offenen Fragen
des Friedensvertrags verhandeln sollen, falls die kaiserlich-schwedischen Konferenzen nicht
wieder in Gang kommen.
II Re- und Correlation über dieselben Fragen sowie über den Beschluß des Fürstenrats,
in Abwesenheit Oxenstiernas Salvius über die vorangegangenen Verhandlungen und die
jüngsten Beschlüsse der Reichsstände zu informieren; ferner Beratung in Kurfürstenrat und
Fürstenrat über die Beschwerde des Städterats, bei den Re- und Correlationen stehen zu
müssen.
III (Deputation von Kurfürstenrat und Fürstenrat): Eröffnung des Beschlusses über die
Beschwerde des Städterats.
Keine Umfrage in I; eine Umfrage im Fürstenrat während der Re- und Correlation.
(Im Rathaus zu Osnabrück). In I vertreten (soweit ersichtlich): Fürstenrat wie unter II.
In II vertreten (soweit ersichtlich): Kurmainz (Reichsdirektorium), Kurköln, Kurbayern; Salz-
burg (Fürstenratsdirektorium), Bayern, Bamberg, Pfalz-Neuburg, Würzburg, Sachsen-Alten-
burg, Basel, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach, Braun-
schweig-Celle, Braunschweig-Grubenhagen, Braunschweig-Wolfenbüttel, Braunschweig-
Calenberg, Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow, Württem-
berg, Anhalt, Henneberg, Wetterauer Grafen; Straßburg (Städteratsdirektorium), Regens-
burg, Lübeck.
In III Deputierte: Kurmainz, Kurbayern; Salzburg, Bayern, Sachsen-Altenburg, Pfalz-Neu-
burg und Braunschweig-Celle. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Perso-
nenregister.)
[I] Kamen anfangs die fürstlichen zusammen, und wurd vom Salzbur-
gischen Direktorium das abgefaste conclusum der gestrigten consul-
tation abgelesen
cation:
fragen, 1., ob und was an die königliche majestät in Schweden in nah-
men der reichsständt zu schreiben, undt 2. [ob] die iüngst
Am 30. Mai 1648 hatten die Rst. in Osnabrück beschlossen, mit den Ksl. über die noch
offenen Fragen des Friedensvertrags zu verhandeln, falls die (angeblich) geplanten schwed.-
ksl. Konferenzen nicht zustandekämen oder scheitern sollten (s. S. 299 Z. 34, S. 300 Z. 1–3,
8–12; zu den teils unzutreffenden Informationen, welche der FRO nach Beendigung der
Umfrage über die Konferenzen erhalten hatte, s. S. 297 Z. 11–19).
handlung mit den Kayserlichen herren plenipotentiariis über die annoch
unerledigte puncta des instrumenti pacis fortstellig zu machen, würde
nach anleitung der im fürstlichen collegio darüber ausgefallenen maiorum
dahero unschwer zu mensuriren sein, daß man sich hiesigen orts zu kei-
nem andern ziehl und end als wegen beforderung dieser so langewiehrigen
friedenstractaten einfinde. Gleichwie sich nun ansehen laßet, ob wolten
diese tractatus nach gestalt der vom königlich Schwedischen legato herrn
graff Oxenstirn den 4. dieses denen reichsräthe deputirten auff alhiesigem
rathhauß in puncto satisfactionis militiae ertheilten resolution
Die Schweden forderten unabänderlich 6 Millionen Rt. bzw. 9 Millionen fl. für ihre
Militärsatisfaktion und wollten erst nach deren Bewilligung über die rst. Vorschlage, wel-
che (…) in der Frage „quomodo“ zu beobachten ( [Nr. 154 Anm. 2] ), und den rst. Textvor-
schlag für den Exekutionsart. ( [Nr. 151 Anm. 26] ) verhandeln. Falls die Rst. die Summe nicht
bewilligten, müßten sie Kg.in Christina um neue Instruktionen bitten. Oxenstierna hatte
den Rst. n freigestellt, der Kg.in die Unmöglichkeit zu schildern, die geforderte Summe
aufzubringen (s. S. 359 Z. 28ff.).
stecken gerathen, daß an einem die königlich Schwedische hochansehn-
liche gesandschafft von ihrem postulato der 6 millionen reichsthaler vor
einholung weiterer instruction nicht zu setzen, am andern theil aber der
stend gesandte mangel befelchs und der sachen unmögligkeit halben sich
darauff nicht einzulaßen vermögen, also hette man auch uf zulengliche
mittel zu gedencken, wie 1. die gedachte königliche instruction nicht allein
befordert, sondern auch möglichen dingen nach der ständ dabey führenden
intention gemäß erholet; sodann vors 2. und bis zu einlangung solcher
königlicher instruction in den andere[n] annoch unerörterte[n] puncta mit
denen handlungen auff alle thuenliche weiß und wege fortgefahren werden
möge.
Umb nun zu solchem intent zu gelangen, so würdet die 1. quaestio affirma-
tive dahin resolvirt, daß das an höchstermelte königin in vorschlag kom-
mene schreiben in allewegen, und zwar ye bälder, ye beßer, nomine statuum
abzulaßen, deßen ingredientia aber dem Churmaintzischen reichsdirecto-
rio mit dem angehefften ersuchen heimbzustellen seyen, daß gleichwol
der auffsatz zu erinnerung der etwa darbey erscheinenden notturfft vor
deßen mundirung denen reichsräthen per dictaturam communiciret, der-
selbe nicht weniger nervose
specie aber darin angeführt werde, wie weit man in denen tractaten durch
Göttliche verleihung gelangt, was für ansehnliche fürstenthum und lande
ihrer koniglichen majestät und der cron Schweden in satisfaction gegeben
worden
Zur schwed. Territorialsatisfaktion s. [Nr. 145 Anm. 35] .
handen, immaßen solches die königlichen herren plenipotentiarii selbsten
gern gestünden, entgegen das gantze friedenswerck anizo vornemblich an
der militiae satisfaction hafften und es gleichwol an dem sein wolte, daß
die stend, obschon auser schuldigkeit, auch unangesehen, daß ohnedas
von solcher satisfaction vor geschloßenem frieden sich nicht wol reden
ließe, dannoch zu bezeigung ihrer sonderbaren friedensbegird und daß sie
ye nichts zurückzulaßen gedächten, was zu des Heyligen Reichs beruhi-
gung immer zuelenglich erscheinen möchte, dieser militiae satisfactionem
vor erfolgtem friedenschluß auff der königlichen herren legaten begeren
mit zurückstellung anderer materien in die handlung kommen laßen und
sich darbey also bezaigt, daß verhoffentlich ihre königliche majestät denen
ständen ein mehrers vor dero soldatesca zumuthen zu laßen nicht gemeint
sein werden, gestalt man bey diesem passu neben des Reichs kleglichen
zustand dasienige ad longum anzuführen, was die bißherige handlung mit
denen königlichen herren plenipotentiariis, in specie herrn graff Ochßen-
stirn, gegeben, und solches nicht allein quoad quantum, sondern auch
quoad conditiones, welche man bey denen quaestionibus „cui“
Der FRO hatte am 4. Juni 1648 beschlossen, bei einem weiteren Angebot für die schwed.
Militärsatisfaktion zur Bedingung zu machen, daß gemäß den früheren Beschlüssen nur
die schwed., kurbay. und ksl. Armee, nicht aber die hessen-kasselsche, Militärsatisfak-
tion erhalte (s. Nr. 167 bei Anm. 12). Oxenstierna lehnte diese Bedingung am selben Tag
gegenüber den rst. Deputierten ab: Falls die kurbay. Armee Militärsatisfaktion erhalten
solle, werde Schweden die hessen-kasselsche Forderung nach Militärsatisfaktion unterstüt-
zen (s. Nr. 167 bei Anm. 14).
modo“ wie auch dem puncto executionis bedingt hat
Die Rst. hatten ihre steigenden Angebote für die schwed. Militärsatisfaktion an die Bedin-
gung geknüpft, daß Schweden ihre Vorschlaege, welche (…) in der Frage „quomodo“ zu
beobachten (s. [Nr. 154 Anm. 2] ), und den rst. Textvorschlag für den Exekutionsart. (Nr. 151
Anm. 26) akzeptiere oder wenigstens dazu Stellung nehme. Oxenstierna hatte am 3. Juni
1648 zugesagt, die geforderte Stellungnahme vorzulegen, am 4. Juni aber erklärt, sich über
beide Schriftsätze erst nach Bewilligung der geforderten 6 Millionen Rt. für die Militärsa-
tisfaktion zu äußern (s. S. 338 Z. 15–22).
ben von ietz hochwolgedachtem herrn graffen der erklärung anfänglich
vertröstet gewesen, mit dem weitern zusatz, es die natürliche vernunfft
selbsten geben thete, daß sich von diser satisfaction ia nicht mit bestand
tractiren laßenn wolte, wen man nicht zugleich der darbey erhellenden
unvermaidlichen conditionen versichert würde. Und were diesem nach die
hauptsachliche petition dahin zu stellen, daß die ständt bey dem offerirten
quanto und bedingten conditionen gelaßen, der frieden zu unverlengtem
schluß gebracht und exequirt werde, insonderheit aber auch ihrer könig-
lichen majestät ratification deßen, was dato quoad instrumentum pacis
zum schluß gelangt oder noch gelangen würde, dero königlichen herren
legaten ehistens zukommen möge. Und würde für nicht undienlich gehal-
ten, daß zu desto bälderer erlangung solcher königlichen ratification die
herren Kayserlichen zu begreiffung einer formulae ratificationis vermögt
und solche diesem vorhabenden schreiben, neben einem proiect der stende
ratification, welches noch zu vergleichen stünde, beygelegt würde. Solches
schreiben aber were schlislich zu verhüettung besorgender inconvenien-
tien ideomate Latino zu verfaßen.
Belangent nun auch die 2. frage, da würde auß anfangs geseztem funda-
mento abermahln ermeßen, daß ia kein zulenglicher modus tractandi auser
acht zu laßen, dannenhero zu versuchen, ob der hiebevorige modus trac-
tandi zwieschen denen herren Kayserlichen und königlich Schwedischen
praesentibus statibus wiederum in gang zu bringen oder, da sich ein und
ander theil darzu nicht sufficienter instruirt befinden oder doch sonsten die
conferenz abschlagen solte, alßdann mit denn andern, consequenter bey
verweigerung der herren königlich Schwedischen mit den herren Kayser-
lichen, uber die annoch unverglichene puncta die ständ zu tractiren. Da
aber uber beßer verhoffen beyde, Kayserliche unnd königliche, partheyen
die weitere conferenzen mit denen stenden abschlagen würden, solchen-
falls, damit die tewre zeit nicht alzu stillsietzend hingebracht würde, sie,
die stend, unter sich selbst in handlung zu tretten hetten. Vor allen dingen
aber were dem koniglich Schwedischen legaten herrn Salvio von deme,
was mit mehrhochwolgedachten herrn graff Ochßenstirn etliche tage hero
negotiirt und folgents yedesmahls in den reichsräthen sowol wegen des
vorhabenden schreibens an mehrhöchsternante königin alß auch der inten-
dirten weitern handlungen uber die unerledigte puncta vor gut angesehen
worden, parte zu geben
Thumbshirn, Carpzov und Heher waren am Nachmittag des 5. Juni 1648 bereits bei
Salvius gewesen und hatten von ihm vertraulich erfahren, daß die schwed. Ges. letztlich
instruiert waren, 5 Millionen Rt. Militärsatisfaktion zu fordern (nach Darstellung des heute
verschollenen sachsen-altenburgischen Diariums, s. Meiern V, 865 –868, hier 866).
vernehmen und demselben zugleich die anzeig zu thun, daß bey erfolgen-
der der stende handlung mit den herren Kayserlichen (welche man iedoch
vornbesagtermaßen nur in eum casum, wan die conferenz zwischen ihnen,
herren Kayserlichen und königlichen, nicht platz finden könte, zu ergreif-
fen entschloßen) man der königlich Schwedischen gesandschafft von allem
communication zu thun erbietig
19 seye] In Salzburg I 2a unfol. folgt: Bey dieser session ist kein umbfrag ergangen, auch
kheine sondere erinnerung des aufsatzes halber beschehen, alß daß man ahn seithen der
Augspurgischen confessionsverwanthen eingerückt haben wollen, daß neben der herren
Kayserlichen formulae ratificationis auch ein proiect der ständt ratification, welches
annoch zu vergleichen stünde, dem vorhabendem schreiben beygelegt würde. Etc.
[II] Hierauff wurd die re- und correlation in pleno angestellet und anfangs
zwieschen dem churfürstlichen und fürstlichen collegio sietzend durch das
Kurmainzer Reichsdirektorium (den Churmainzischen canzler )
a parte des churfürstlichen collegii referirt: Über die gestriegs tages zu
berathschlagung gegebene beeden fragen: 1., ob und was an die königli-
che majestät in Schweden im nahmen der stende des Reichs zu schreiben
und 2., ob die vorlengst mit denen herren Kayserlichen gesandten gut-
befundene handlung über die annoch unerledigte puncta des instrumenti
pacis nunmehr mit denenselben anzutreten, hetten die herren churfürst-
lichen gestriges tages deliberirt und, soviel die 1. quaestion betrifft, solch
schreiben nicht können rathsam befinden, in betracht, man werde dem
friedenswerck eine remoram einwerffen und die cron Schweden daher
ursach nehmen, die waffen zu continuiren. Die königlich Schwedischen
gesandten dürften sich in keine handlung wollen einlaßen, sondern der
königlichen instruction und resolution erwarten wollen,
6–8 die – beworfen] Salzburg I 2a unfol.: 2. Seye wenigers nicht zu consideriren, daß die
königliche Schwedische herren plenipotentiarii sich nit auf die cron, alß welche, zumahl
bey dieser satisfaction, nit interessirt und damit die ständt des Reichs gern verschonet
sehe, sondern yederzeit immediate auf die soldatesca und deren contentirung bezogen.
nicht uf ihre königliche majestät und die cron, sondern uf die soldatesq
beworfen
Die schwed. Ges. hatten sich bei den ersten konkreten Forderungen für die schwed.
Militärsatisfaktion im August 1647 auf Unterlagen gestützt, die der schwed. Kriegs- und
Assistenzrat Erskein zusammengestellt hatte (s. [Nr. 160 Anm. 40] ). Auch damals befand sich
Erskein, von der schwed. Armee kommend, wieder auf der Anreise zum WFK. Salvius hatte
Thumbshirn, Carpzov und Heher am 5. Juni 1648 gesagt, er werde täglich in Osnabrück
erwartet ( Meiern V, 867 ; [Nr. 156 Anm. 27] ).
herren churfürstlichen befremblich [!] vor, und daß herr graff Oxenstirn
gesagt, sie könten nicht einen thaler von den 6 millionen thalern nachlaßen,
da sie doch, die königlich Schwedischen, vorhero vorgeben, ihre königliche
majestät wolle ihrestheils gerne die stende verschonet sehen
uf solche maße und durch solches schreiben die stende an die summ der
offerirten 4 millionen [fl.] gebunden, aber die cron Schweden behalte freye
hand. Es sey leicht zu gedencken, ihre königliche majestät werde es uf
communication mit der generalitet wollen stellen, damit nicht allein der
sommer, sondern auch ein theil des winters abfließen werde. Aus diesen
und andern rationibus befinden sie obbemeltes schreiben nicht dienlich
und könten sich ohne specialbefehl ihrer herren principalen darzu nicht
verstehen, hielten aber dafür, daß nochmahln ein versuch bey herrn graff
Oxenstirn zu thun, ob die summ herunterzubringen.
Anreichend die 2. quaestion, so werde kein periculum in mora sein, weil
sowol die herren Kayserlichen als herr graff Oxenstirn noch zu Münster
Oxenstierna war bereits am Vortag wieder aus Münster abgereist (s. [Nr. 166 Anm. 39] ), so
daß er entweder schon in Osnabrück war oder, falls er in Lengerich übernachtet hatte,
doch im Laufe des Tages dort ankam. Lamberg, Krane und Volmar trafen erst am 8. Juni
wieder in Osnabrück ein (s. [Nr. 167 Anm. 1] ).
derohalben man es bis uf die rückkunfft zu differiren und bey denen Kay-
serlichen und königlich Schwedischen zu versuchen, ob sie mit zuziehung
der stende wolten tractiren. Solten die königlich Schwedischen sich deßen
verweigern, so were alsdan mit denen Kayserlichen die handlung anzutre-
ten und sich eines gewißen sowol ratione obiecti als modi zu vergleichen.
Salzburgisches Direktorium. Praemissis titulis, ein hochlöbliches
fürstliches collegium erinnere sich, [1.] aus was ursachen diese beede
quaestiones von dem reichsdirectorio proponirt und daß das hochlöblich-
ste churfürstliche collegium das schreiben an die königliche majestät zu
Schweden selbst vorgeschlagen
Der KFR hatte am 4. Juni 1648 vorgeschlagen, daß die Rst. wegen der geforderten
Militärsatisfaktion an die schwed. Kg.in schreiben sollten (s. [Nr. 166 Anm. 38] ). Speyer
hatte am 5. Juni während der Beratungen über diesen Vorschlag im FRO informiert, daß
die Kfl. das Schreiben an die Kg.in inzwischen nicht mehr für nützlich hielten (s. Nr. 167
bei Anm. 29).
und correlation gebracht, damit das fürstliche und städtische collegium sich
conformirt. So sey auch 2. die handlung mit denen herren Kayserlichen
eventualiter albereit geschloßen
Wie [Nr. 167 Anm. 18] .
seiten des fürstlichen collegii zusammengethan, undt sey per maiora diese
meynung ausgefallen, so er denn ablas, vorgesetzten inhalts.
Kurmainzer Reichsdirektorium. (Nachdem die herren churfürstli-
chen zusammengetreten und sich miteinander beredet:) Aus dem verlese-
nen concluso hetten die herren churfürstlichen vernommen, daß man in
prima quaestione plane different, indem sie aus angeführten ursachen der
meynung, daß mit dem schreiben an die königin innezuhalten, unterdeß
mit denen königlich Schwedischen plenipotentiariis die handlung zue con-
tinuiren und zu sehen, daß sie zu einer mildern resolution gebracht würden.
Hingegen sey man in dem hochlöblichen fürstenrath der meynung, daß
füglich und wol zu schreiben. Nun hetten sie nicht unterlaßen, unter sich
nochmaln die sache zu überlegen, und weil sie nicht bedencken zu schrei-
ben, stelten sie es darhin, nachdem das [chur]fürstliche collegium darauf
gangen, daß sie bey ihren gnädigsten churfürsten sich generalbefehlichs zu
erholen, unterdeß aber die handlung mit denen königlich Schwedischen
fortzustellen und zu sehen, daß man ohne dergleichen weitlauftigkeit her-
ausgelange. Churcölln und Churbeyern sagen, sie könten in ein solch
schreiben ohne specialbefelich nicht gehelen. Kehme man durch tractaten
heraus, were es am besten. Es sey umb 8 oder 14 tage zu thun, so könten
sie resolution haben, zumal man nachricht, die koniglich Schwedischen
würden sich nicht wol ferner einlaßen.
In 2. seyen fürstlichentheils 3 gradus gesezet worden: (1.) Wann die könig-
lich Schwedischen nicht fortwolten oder (2.) die herren Kayserlichen die
conferenz abschlügen oder (3.) sowol die herren Kayserlichen als die her-
ren Schwedischen weitere conferenz mit den stenden nicht antreten wol-
ten. Churfürstlicher seyte habe man uf den 1. gradum gestimmet, daß im
fall der verweigerung der herren Schwedischen mit denen herren Kayserli-
chen zu tractiren
dem andern gradu noch auch was zu thun, wan die herren Kayserlichen
und Schweden nicht fortwolten.
Salzburgisches Direktorium. Fürstlichentheils meine man, daß mit
herrn Salvio communication ohneverlengt zu pflegen und alsdan zu beden-
cken, was man thun wolle.
Kurmainzer Reichsdirektorium. Die herren churfürstlichen we-
ren’s zufrieden, hetten aber dabey dieses bedencken, ob es nicht ialousie
werde bey herrn graff Oxenstirn abgeben, weil man bißhero mit ihm
tractirt, iezo aber in seiner abwesenheit mit herrn Salvio wolle fortgehen.
Dürffte hernach wol härter stehen. Stelleten es uf nachdencken, weil herr
graff Oxenstirn doch negstkünftigen montag, [den 29. Mai/8. Juni 1648],
wiederkomme .
Salzburgisches Direktorium. (Nachdem man sich unterredet:) Es
hetten die herren gesandten des fürstenraths nicht unterlaßen, sich über
die differentien zu bereden, und finden anfangs sehr nützlich und gut,
daß die deputation an herrn Salvium, wo müglich, noch heute fortgestel-
let werde, und vermeine man nicht, daß herr graff Oxenstirn disgusto
schöpfen könne, weil sie collegae und eine instruction. Wan die resolution
gefallen, habe man sich mit dem schreiben darnach zu achten. Solten sie
uf 9 millionen fl. oder 6 millionen thaler bestehen, geben die maiora des
fürstenraths nochmahln, daß das schreiben abgehen zu laßen. Und habe
man angehört, was vor rationes denen herren churfürstlichen beygewoh-
net, derer vornembste sey defectus mandati. Man erinnere sich aber, daß
die herren churfürstlichen vorerst das schreiben in vorschlag gebracht,
und sie doch würden instruirt sein, das friedenswerck zu befordern. Die
übrigen rationes weren noch wol abzulehnen, und zwar die (1.), daß es
einen verzug gebe, worauf per dilemma zu antworten: Entweder hetten
die koniglich Schwedischen instruction zue tractiren, alsdan es seine maße,
oder aber sie weren nicht instruirt, etwas weiters zu remittiren, da man
doch zu warten, biß sie fernere instruction erlanget, welche in alle wege
der stende schreiben befordern werde, und zwar, daß sie milder gefalle
sowol ratione quanti als auch in „quomodo“ et puncto executionis. Zu
dem ende dann die proiecta in „quomodo“ et puncto executionis
Gemeint sind die Vorschlaege, welche (…) in der Frage „quomodo“ zu beobachten (Nr. 154
Anm. 2), und der rst. Textvorschlag für den Exekutionsart. ( [Nr. 151 Anm. 26] ).
schreiben beyzufügen weren. Daß (2.) die königliche majestät zu Schwe-
den nicht interessirt, sondern die soldatesque, so habe man von seiten der
stende iederzeit und bey vorhabenden deliberationibus dafürgehalten, daß
man sich mit der soldatesque nicht einzulaßen
Sachsen-Altenburg hatte allerdings am 5. Juni 1648 vorgeschlagen, die schwed. Genera-
lität über die Höhe des rst. Satisfaktionsangebots (4 Millionen fl.) zu informieren. Braun-
schweig-Grubenhagen und -Calenberg sowie die Wetterauer Gf.en hatten das abgelehnt,
Braunschweig-Celle und -Wolfenbüttel Bedenken geäußert und Hessen-Darmstadt sowie
Henneberg eine Beratung des Vorschlags in den Reichskurien befürwortet (s. Nr. 167). Der
Vorschlag wurde in der „Meinung“ des FRO von 1648 V 26/VI 5 (s. bei Anm. 4) nicht
erwähnt.
darin, man werde sich zu 4 millionen thaler verbündlich machen; allein
es geschehe die offert sub certa conditione, so dem schreiben einzuverlei-
ben. Daß (4.) die konigliche majestät werde es an die soldatesque bringen,
könne man nicht verhüten, man schreibe oder schreibe nicht. Man stelle es
aber dahin und ersuche die herren churfürstlichen, ob sie ihre instructiones
wolten also extendiren, damit casu quo, wann die koniglich Schwedischen
nicht tractiren wolten, das schreiben abgehen zu laßen.
In 2. quaestione conformire man sich und sey einig.
Kurmainzer Reichsdirektorium. Die herren churfürstlichen hetten
vernommen, was das fürstliche collegium vor anführung gethan. Befin-
den, daß man uf die königlich Schwedischen deute, wan sie nicht trac-
tiren wolten, und nicht uf die stende. Stelleten dahin, was die königlich
Schwedischen vor instruction, und were nichtsdestoweniger in der hand-
lung fortzugehen, dann schreibe man einmal, werde es hernach mehrmals
geschehen sollen. Die herren Kayserlichen hetten vormals auch gesagt, sie
müsten dis und jenes an ihre Kayserliche majestät bringen, und also könte
es wol ex aemulatione geschehen, daß die koniglich Schwedischen sagten,
sie müsten es an ihre königliche majestät referiren. Die herren churfürst-
lichen hetten sich in ihren instructionibus ersehen und hielten dafür, man
werde von seiten des fürstlichen collegii ihnen nicht beylegen, was sie nicht
in instructione. Es sey beßer, die tractaten fort[zu]stellen, als durch hin-
und herschreiben die zeit [zu] verliehren.
Sachsen-Altenburg. Daß fürstliche collegium rede von dem fall, wan
die koniglich Schwedischen nicht tractiren wolten, biß man die 9 millio-
nen fl. verwillige oder sie andere instruction eingeholet.
Kurmainzer Reichsdirektorium. Sie weren einig, daß an herrn Sal-
vium die deputation, wo müglich, noch heute abgehe.
Sonst könne er nicht verhalten, es beschwerete sich das reichsstädtische
collegium, daß sie bey der re- und correlation ingesambt stehen sollen
Am 12. Mai 1648 hatten die Ges. des SRO bei der Re- und Correlation sitzen dürfen,
aber am 28. Mai stehen müssen, während die Ges. aus KFR und FRO saßen. Am 19.
Mai und am 2. Juni standen die Ges. aller Kurien bei der Re- und Correlation, um den
Reichsstädtischen keinen Anlaß zum Disput über ihr umstrittenes Sitzrecht zu geben (s.
Nr. 149 bei Anm. 17, Nr. 154 bei Anm. 26, Nr. 160 bei Anm. 53, Nr. 164 bei Anm. 61; für
den 26. Mai liegt kein Vermerk vor, s. Nr. 158). Wann sich der SRO beim Kurmainzer
Reichsdirektorium beschwerte, wurde nicht ermittelt. Die Protokolle der SRO-Sitzungen
vom 5. und 8. Juni 1648 ( APW III A 6 Nr. 142, 143) sagen nichts darüber; die Re- und
Correlation am 6. Juni wurde von städtischer Seite nicht protokolliert.
sagten, es were, als ob man sie verurtheilen wolle, und beten, man möchte
sie sietzen laßen.
Man trat zusammen, und wurd von seiten des fürstlichen collegii eine
kurze umbfrage gehalten:
Salzburg. Stellet es darhin.
Bayern. Vor ietzo könne man es zulaßen, wann es geschehe ohne prae-
iudiz uf reichsconventen.
Bamberg. Sey indifferent.
Pfalz-Neuburg. Wie Bayern.
Sachsen-Altenburg. Man laße es bey dem reichsherkommen.
Würzburg. Sey indifferent.
Sachsen-Coburg. Wie Sachßen Altenburg.
Basel. Könne indifferent seyn.
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Beziehe sich uf das
reichsherkommen.
Braunschweig-Celle. Were indifferent.
Braunschweig-Grubenhagen. Pro nunc könne man es zuelaßen,
iedoch citra praeiudicium.
Hessen-Darmstadt, Mecklenburg, Württemberg. Vor dieses mal
könne man es laßen hinstreichen.
Anhalt. Wie Sachßen Weymar.
14–15 Henneberg – praeiudiciren] In Pfalz-Neuburg (3620) folgt: Wetterauer Gra-
fen. Wie Grubenhagen.
Conclusum per maiora: Bey wehrenden diesen tractaten hette man den stettischen
gesandten daß sitzen bey den re- und correlationibus alßdan nemblich, wan von ihren
stehenden director〈e〉 daß stettische, nit aber, wan vom Churmeintzischen directorio daß
churfürstliche undt fürstliche conclusum referirt w〈ird〉, mitt der außtrücklicher bedin-
gung zu gestatten, d〈aß〉 solches auf reichstägen in keine consequentz zu ziehen, sonderen
daß alles beym alten herkommen zu laßen seye.
keinem praeiudiciren.
Kurmainzer Reichsdirektorium. Die herren churfürstlichen ver-
meinen, daß man ihrem begehren unter wehrendem diesem convent zu
deferiren, weil derselbe doch ein conventus extraordinarius, dabey viel
extraordinaria vorgingen.
Demnach sich nun die städte eingestellet, referirte ihnen das Kurmain-
zer Reichsdirektorium, daß die beeden höhern collegia sich über die
vorkommende zwo quaestiones dahin verglichen, daß 1. mit dem schrei-
ben an die königliche majestät zu Schweden noch zur zeit einzuhalten und
künftig pro re nata davon zu reden. Unterdeß solten die deputirten sich
noch heut bey herrn Salvio angeben, was vorkommen, referiren und seine
excellenz ersuchen, in abwesenheit herrn graff Oxenstirns in der handlung
fortzufahren. Was sie sich nun werde erclehren, davon habe man hernach
zu reden.
Bey der 2. quaestion erinnere man sich, daß die conferenz mit denen
herren Kayserlichen unterschieden[e male] vorkommen, und halte dafür,
wann herr graff Oxenstirn wieder angelangt, daß derselbe, wie auch herr
Salvius, zu ersuchen, sie möchten die conferenz vermittels zuziehung der
stende, wie hiebevor, mit denen herren Kayserlichen continuiren. Würden
sie sich, oder auch die herren Kayserlichen, der conferenz weigern oder
das werk verzögern, daß alsden die stende occasion, entweder mit den
herren Kayserlichen oder mit denen herren Schwedischen die conferenz
anzutreten und die handlung zu befordern. Im fall aber, weder die Kayser-
lichen noch koniglich Schwedischen nicht daranwolten, hetten die stende
sich untereinander pro re nata zu vergleichen.
Städteratsdirektorium Straßburg. Was in beeden höhern räthen
in beeden puncten gutbefunden, habe das reichsstädtische collegium der
lenge nach vernommen. Den 2. punct hetten sie nicht in umbfrage gestellet
als eine albereit verglichene sache , in dem 1. aber angestanden, ob mit
dem schreiben fortzufahren. Wolten sich iedoch in quaestione „an“ mit
den beeden höhern reichscollegiis conformiren. Was vor ein mittel zu
erlangung des friedenszwecks am dienlichsten, sey ihnen am liebsten.
[III]
388,22–389,2 Alß – diario] Nach Salzburg I 2a hat Raigersperger mit und beneben ande-
ren deputatis den Reichsstädtischen den Beschluß der beiden höheren Kurien vor der
rathstueben eröffnet. Nach Pfalz-Neuburg (3620) waren es reichsdeputirte aus dem
Kurfürstenrat und Fürstenrat; der Beschluß sei von den Städtischen insoweit acceptirt
worden, daß es vor keine gratiam zu halten, sondern vielmehr bey dem herkommen,
warauff sie sich, in specie aber auf 〈den〉 reichstag von iahr 1613, bezogen haben, zue
laßen seye, welches gleichwoll die herren deputirte ad referendum auff- undt angenohm-
men haben.
Das Protokoll endet in Salzburg I 2a mit: Notandum! Zu vorkhommung dieser dif-
ficultät ist man auf erforderen des stättischen collegii fast allezeit gestanden. – Das
Protokoll endet in der Druckvorlage mit einem später von Carpzov eingefügten Hinweis
auf die meynung der zu Münster subsistirenden catholischen fürstlichen […] über die
proponirte quaestiones.
collegio durch den Churmainzischen canzler in beysein anderer das con-
clusum wegen ihres begehrten niedersietzens eröfnet. Was nun dabey vor-
gangen und wie sie solches nicht als ein precarium
sondern ein ius erzwingen wolten, vide in diario
Wahrscheinlich ist der Text in Meiern V, 869 f. gemeint, der Teil eines längeren Berichts
über die Verhandlungen am 6. Juni 1648 darstellt (s. ebenda, 868ff., ohne Lemma; der hier
relevante Teil beginnt 869, rechte Spalte oben). Deputiert waren demnach Kurmainz und
Kurbayern aus dem KFR sowie Salzburg, Bayern, Sachsen-Altenburg, Pfalz-Neuburg und
Braunschweig-Celle aus dem FRO . Für den SRO sprach Straßburg, bei der kontroversen
Diskussion über das Reichsherkommen meldeten sich Regensburg (Wolff von Todtenwart)
und Lübeck (Gloxin) zu Wort.
Der in der Druckvorlage (fol. 244–244’, 247) beiliegende Beschluß aus Münster von 1648
VI 8, diktiert VI 10 durch das Kurmainzer Reichsdirektorium, von Carpzov fälschlich
als „Meinung“ des FRM über die proponierten Fragen bezeichnet (s. im Variantenapparat
Z. 3f.), bezieht sich nicht auf die in dieser Sitzung behandelten Themen, sondern in Punkt 1
auf die Beratungen der Osnabrücker Rst. am 3. Juni 1648 (s. Nr. 165) und in Punkt 2
auf die Beratungen des FRO am 5. Juni 1648 (s. Nr. 167). Lemma: Continuatio in puncto
militiae (Datum) Münster; zur schwed. Überlieferung s. APW II C 4/2, 562 Z. 33. Inhalt:
Conclusum über die Fragen, 1. ob Schweden eine Militärsatisfaktion von 4 Millionen fl.
zu bewilligen sei; 2. ob die Rst. die Kg.in von Schweden schriftlich um Herabsetzung ihrer
Forderungen bitten sollen; [3.] was sonst zu tun sei, mit vorangesetztem, wiederholtem
Protest wegen der einseitigen Beratungen in Osnabrück sowie der Mahnung, daß die Rst.
wieder nach Münster kommen sollen, zumal nach der Abreise Oxenstiernas aus Osnabrück.
Zu Frage 1: Es bleibt bei der an bestimmte Bedingungen gebundenen Bewilligung von
2 Millionen fl.; zu 2: Ablehnung eines Schreibens an die schwed. Kg.in; zu 3: Fortsetzung
der Verhandlungen durch Rst. und Ksl., nachdem sich die Rst. mit dem Ks. als ihrem
Oberhaupt vereinigt haben, so daß sie mit dessen Autorität alles verhandeln und schließen
helfen.