Acta Pacis Westphalicae III A 3,5 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 5. Teil: Mai - Juni 1648 / Maria-Elisabeth Brunert
167. Sitzung des Fürstenrats Osnabrück 1648 Mai 26/Juni 5, Freitag 8 Uhr

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Sitzung des Fürstenrats


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Osnabrück 1648 Mai 26/Juni 5, Freitag 8 Uhr

4
Sachsen-Altenburg A II 2 fol. 220–220’, 225–235’, 239 (= Druckvorlage); vgl. ferner Bam-
5
berg
A V fol. 172–182 und (damit identisch) Bamberg B II fol. 222’–227’ sowie Würzburg
6
A I 1 fol. 510–517, Herzogtum Bayern A 12 fol. 65–78 und (damit identisch) Herzogtum
7
Bayern A III fol. 76’–91’ sowie Pfalz-Neuburg (3620) fol. 65–71, Salzburg I 2a fol. 1–9’.

8
Bericht des Salzburgischen Direktoriums über die fehlgeschlagenen Verhandlungen zwi-
9
schen
den reichsständischen Deputierten und Oxenstierna am 4. Juni 1648 über die Höhe
10
der schwedischen Militärsatisfaktion und die hessen-kasselsche Forderung nach Militärsatis-
11
faktion
sowie Bericht über die Re- und Correlation am selben Tag.

12
Beratung: Sollen die Reichsstände gemäß dem Vorschlag des Kurfürstenrats an die Königin
13
von Schweden schreiben und ihr die Unmöglichkeit schildern, mehr als die bewilligten 4 Mil-
14
lionen
fl. für die schwedische Militärsatisfaktion zu zahlen? Sollen die Reichsstände mit den
15
Kaiserlichen über die noch offenen Fragen des Friedensvertrags verhandeln und die Schweden
16
davon in Kenntnis setzen?

17
Eine Umfrage sowie Vorbehalt Salzburgs wegen der aus dem Linzer Vergleich von 1646
18
abgeleiteten Befreiung von allen neuen Anlagen; Vorschlag Pfalz-Neuburgs, in dem geplan-
19
ten
Schreiben an die schwedische Königin diese zu bitten, sie möge ihren Gesandten frühzeitig
20
die Ratifikation des Friedensvertrags zuschicken; Bitte Sachsen-Altenburgs und der meisten
21
übrigen Reichsstände um die schriftliche Mitteilung des vom Salzburgischen Direktorium
22
verlesenen Berichts über die Verhandlungen und Beratungen des Vortags; Protest Sachsen-
23
Altenburgs gegen den Vorsitz Bayerns und Pfalz-Neuburgs sowie Gegenprotest Bayerns; Vor-
24
schlag
Brandenburg-Kulmbachs und -Ansbachs, vor Aufnahme der Verhandlungen mit den
25
Kaiserlichen Salvius zu informieren; Suspension des Votums zur schwedischen Militärsatisfak-
26
tion
durch Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow, bis sie eine befriedigende Entschädigung
27
für ihren Beitrag zur schwedischen Territorialsatisfaktion erhalten haben.

28
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Salzburg (Direktorium), Pfalz-Neuburg, Bamberg,
29
Bayern, Würzburg, Sachsen-Altenburg, Speyer, Sachsen-Coburg, Basel, Sachsen-Weimar,
30
Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach, Fulda, Brandenburg-Kulmbach (durch Württemberg),
31
Brandenburg-Ansbach (durch Württemberg), Weißenburg, Braunschweig-Celle, Prüm,
32
Braunschweig-Grubenhagen, Braunschweig-Wolfenbüttel, Braunschweig-Calenberg, Hes-
33
sen-Darmstadt, Baden-Durlach, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast, Mecklenburg-Schwe-
34
rin, Mecklenburg-Güstrow, Württemberg (votiert auch für Pfalz-Veldenz), Sachsen-Lauen-
35
burg (durch Württemberg), Anhalt, Henneberg, Wetterauer Grafen. (Zu den Gesandten siehe
36
die Verweise im Vorläufigen Personenregister.)

37
Salzburgisches Direktorium. Es sey bekant, daß sowol die herren
38
Kayserlichen alß auch herr graff Oxenstirn heute zur nacht naher Münster
39
verreiset

40
Oxenstierna reiste nach seiner Visite bei Servien schon am Abend des 5. Juni 1648 wieder
41
aus Münster ab (s. [Nr. 166 Anm. 39] ), während Lamberg, Krane und Volmar, die am Abend
22
des 4. Juni 1648 von Osnabrück nach Münster aufgebrochen waren, am 5. Juni dort an
23
den Festlichkeiten anläßlich der Publikation des span.-ndl. Friedens teilnahmen und am
24
Montag, dem 8. Juni, wieder in Osnabrück eintrafen ( APW III C 2/2, 1076 Z. 28–34, 1077
25
Z. 9; Stiglic , 262).
, und bleibe nicht verhalten, daß die herren Kayserlichen dem

[p. 356] [scan. 446]


1
reichsdirectorio laßen andeuten und den stenden zu notificiren begehrt,
2
diese reise geschehe allein, dem freudenfest wegen des Spanischen frieden
3
zu Münster beyzuwohnen und sich versicherlich sontags, [am 28. Mai/
4
7. Juni 1648], wiederum einzufinden. Es habe ihnen, denen Keyserlichen,
5
herr graff Oxenstirn communicirt

26
Oxenstierna hatte die Ksl. am 4. Juni 1648 kurz vor deren Abreise nach Münster über seine
27
ergebnislosen Verhandlungen mit den Rst. n über die schwed. Militärsatisfaktion informiert
28
(s. [Nr. 166 Anm. 39] ).
, woran die handlung in puncto militiae
6
stehe, und sich unwillig erwiesen wegen der stende, daß sie sich uf 6 mil-
7
lionen thaler nicht wolten einlaßenn und daß er nicht eher könne in den
8
tractaten fortschreiten.

9
Sonst sey wißend, wohin die handlung gestriges tages mit herrn graff
10
Oxenstirn ausgelauffen

29
Das Salzburgische Direktorium hatte am 4. Juni 1648 nach Beendigung der Beratungen
30
zwischen Oxenstierna und den rst. Deputierten nur mit wenigen worten im FR berichtet,
31
daß Oxenstierna auf 6 Millionen Rt.n bestehe und den Rst. n freistelle, selbst an Kg.in
32
Christina zu schreiben, um eine Herabsetzung dieser Summe zu erwirken (s. Nr. 166,
33
zweitletzter Absatz des Protokolls).
. Wegen kürtze der zeit habe gestern keine nach-
11
richt geschehen können, was bey der re- und correlation vorgangen, wie
12
sonst das herkommen erfordert, dann die herren churfürstlichen hetten
13
geeylet, und habe er, was dabey und sonst vorgangen, pro memoria abge-
14
fast, so er ablas, und ist mir

34
Carpzov.
von Salzburg in nachfolgender form commu-
15
nicirt

19
15 worden] Es folgt ein Hinweis auf den beigelegten Text.
worden:

16

20
356,16–360,15 Es – ahnzuetreten] Beilage, ohne Lemma und Diktatvermerk, signiert 1648
21
VI 4.
Es thut die mit dem königlich Schwedischen hauptabgesandten herrn graff
17
Oxenstirn

35
Oxenstierna und Salvius waren dem diplomatischen Rang nach gleichberechtigt; Salvius
36
nahm an den Verhandlungen mit den Rst. n nicht direkt teil, weil er immer noch krank war
37
(s. [Nr. 155 Anm. 4] ; APW II C 4/2 Nr. 275: Bericht Salvius’ über die verzögerte Heilung
38
seiner schweren Krankheit, Osnabrück 1648 VI 5/15).
den heütigen vormittag gepflogene handlung wegen der mili-
18
tiae satisfaction in nachfolgendem summario bestehen:

[p. 357] [scan. 447]


1
Als ahnfenglich die deputirten aus den 3 reichsräthen

29
Sehr wahrscheinlich waren es dieselben, die am 3. Juni 1648 mit Oxenstierna verhandelt
30
hatten: Kurmainz, Kurköln, Kursachsen, Kurbrandenburg, Salzburg, Bamberg, Würz-
31
burg, Sachsen-Altenburg, Braunschweig-Celle, Straßburg und Regensburg (s. Nr. 165
32
Anm. 1).
bey herrn grafen
2
[Oxenstierna] in dem hauptzimmer des hiesigen rathhauses

33
Sehr wahrscheinlich ist der Saal im ersten Geschoß des Osnabrücker Rathauses gemeint (s.
34
[Nr. 157 Anm. 1] ).
erschienen,
3
hat derselbe seine hauptsachliche resolution gegen sie, die deputirten, dahin
4
eröfnet, daß er sich, soviel das quantum belangte, nicht mehr als 6 millionen
5
[Reichstaler] erclehren könte. Daßelbe uf ein geringers zu stellen, wolte
6
defectus mandati nicht erleiden; diese uff 6 millionen [Reichstaler] gestelte
7
erclehrung sey das extremum. Da man nun solch quantum ex parte statuum
8
verwilligte, so könne von der quaestion „quomodo“ und dem puncto exe-
9
cutionis pacis geredet werden. Da aber solche verwilligung nicht erfolgte,
10
so könte er weiters nicht gehen, sondern müste der sachen bewandnis an
11
seine gnädigste königin hinderbringen und sich weitern befehls erholen

35
Oxenstierna und Salvius schilderten Kg.in Christina am 8. Juni 1648 die Verhandlungen
36
mit den Rst. n über die Höhe der schwed. Militärsatisfaktion (s. APW II C 4/2, 493 Z. 4-
37
S. 495 Z. 9).
.

12
Sonsten hette der fürstlich Heßen Caßelische gesandte ihme ein memorial
13
wegen der Heßen Caßelischen militiae satisfaction zugestelt

38
Hessen-kasselsches Memorial wegen der Satisfaktion seiner Miliz von 1648 V 25/VI 4 (s.
39
[Nr. 164 Anm. 59] ).
, mit begeh-
14
ren, solches denen reichsräthen zu recommendiren, welche recommenda-
15
tion er, herr graf, insoweit einwenden wolte, als das petitum rasonable[!]
16
erscheine.

17
Diese des herrn graffen Oxenstirn so unvermuthete resolution ist alsbaldt
18
an die reichsrathe zur consultation gebracht und im fürstenrath per maiora
19
dafurgehalten worden

40
Im Protokoll vom 4. Juni 1648 ist dieser Mehrheitsbeschluß durch die Gliederung in sieben
41
Punkte klarer wiedergegeben (s. S. 350 Z. 9–39).
, es sey ihme, herrn grafen, vermittelst anführung
20
vieler in votis vorkommender rationen zue praesentiren, wasgestalt das
21
gemelte postulatum der 6 millionen des Reichs vermögen weit ubertreffen
22
thete, daher sich darauf einzulaßen unmüglich, auch einige gesante dar-
23
uber nicht instruirt, undt demnechst derselbe umb eine mildere und so
24
bewante resolution zu ersuchen sey, damit man sich folgends an seiten der
25
reichsräthe zu einem ertreglichen finaliter erclehren und dadurch aus der
26
sach ein ganzes machen könte; jedoch müste man in alle wege die quaestio
27
„quomodo“ et punctum executionis pacis wie auch, das die verwilligung
28
in quanto keine verbindligkeit nach sich ziehen solte, es würde dann der

[p. 358] [scan. 448]


1
fride hirauf immediate geschloßen und von der cron Schweden ratificirt,
2
pro conditionibus sine quibus non anhero wiederhole[n], nicht weniger die
3
vertröstete schrifftliche resolution uber das „quomodo“ et punctum exe-
4
cutionis nochmahls begehre[n]

32
Oxenstierna hatte am 3. Juni 1648 zugesagt, die schwed. Stellungnahme zu den Vor-
33
schlaege[n]
, welche (…) in der Frage „quomodo“ zu beobachten ( [Nr. 154 Anm. 2] ), und
34
zu dem rst. Textvorschlag für den Exekutionsart. ( [Nr. 151 Anm. 26] ) noch am selben Tag
35
dem Kurmainzer Reichsdirektorium zuzuschicken (s. Nr. 165 bei Anm. 15). Abends ließ er
36
dem Kurmainzer Reichsdirektorium jedoch bestellen, er sei damit nicht fertiggeworden (s.
37
Nr. 166 bei Anm. 1).
, sodann sich bey der koniglich Schwedi-
5
schen legation versichern, das es bey der stende quoad quaestionem „cui“
6
jüngst gemachten schlus seine bestendigkeit haben, consequenter die
7
stend wegen der fürstlich Heßen Caßelischen militz satisfaction weiters
8
nicht ahngefochten werden solten.

9
Bey vorgangener re- und correlation haben die herren churfürstlichen
10
dahin gezihlet, daß man es entweder bey den verwilligten 4 millionen fl.
11
bewenden zu laßen oder ein solches quantum zue verwilligen, bey welchem
12
man ein vor allemahl zue bestehen gedächte, und da solch weiteres erbie-
13
ten in quanto an seiten der herren Schwedischen nicht acceptirt würde,
14
alsdann sich erbietig zu machen, daß man an seiten der reichsräthe ihrer
15
königlichen majestät, wieweit sich die stende in puncto dises quanti amore
16
pacis ahngegriffen, gebührlich vorzustellen nicht unterlaßen wolte. Ob
17
nun wohl die herren churfürstlichen dabey in vorschlag bracht, daß man
18
alsobaldt in quanto weitergehen solte, so haben doch dieselbe entlich, nach
19
erwogenen diesen umbstenden, daß herr graff Oxenstirn sich semel pro
20
semper bey denen praetendirten 6 millionen thalern zu bestehen erclehrt,
21
sich mit dem fürstlichen concluso mit dem anhange conformirt, daß ihme,
22
herrn graff Oxenstirn, bey dem vortrag zu weiterer einwilligung uber die
23
4 millionen gülden keine hofnung zu machen, sondern die sach dahin zu
24
stellen wehre, daß, im fall er sich in quanto eines nehern erclehren würde,
25
man alsden ex parte statuum die sach in weitere berathschlagung zihen
26
wolte.

27
Mit dieser meinung haben sich folgends auch die städtischen conformirt
28
und darauf die deputirten solch conclusum an ihn, herrn graff Oxenstirn,
29
bracht, welcher sich denn abermahl dahin erclehrt, daß seine gethane for-
30
derung der 6 millionen thaler das ultimum sey und ihm als einen ministro
31
uber seine diesfals habende instruction zu schreiten nicht gebühren wolte

39
Kg.in Christina hatte ihre Ges. ermächtigt, ihre Forderungen bis auf 5 Millionen Rt. zu
40
reduzieren (s. [Nr. 151 Anm. 33] ).

[p. 359] [scan. 449]


1
noch sich von „quomodo“ reden laßen würde, weil die stende sich zu sol-
2
chen 6 millionen thalern nicht bekennen theten; müste diese der stend
3
erclehrung ad referendum nehmen und wolte seiner gnädigsten königin
4
das jezo von den reichsräthen allegirte impossibile bestens repraesenti-
5
ren. Betreffend die Heßen Caßelische praetension, so thete sich dasselbe
6
[postulatum] vornemblich auf der von Churbeyern praetendirten mili-
7
tiae satisfaction gründen

34
Bayern forderte zusätzlich zu dem ihm zugestandenen Bay. Reichskreis den Schwäbischen
35
und Fränkischen, so daß insgesamt drei Reichskreise für seine Armeesatisfaktion aufkom-
36
men sollten. Kf. Maximilian I. von Bayern hatte seine Ges. wiederholt instruiert, auf dieser
37
Forderung zu bestehen (s. [Nr. 165 Anm. 6] ). In dem hessen-kasselschen Memorial von 1648
38
V 25/VI 4 wurde unter Verweis auf die Bewilligungen für die schwed., ksl. und kurbay.
39
Armee auch für jene Hessen-Kassels Satisfaktion gefordert (s. [Nr. 164 Anm. 59] ).
. Die diesfals begehrte versicherung könte von
8
ihme nicht beschehen, sondern wolte solch Heßen Caßelisches begehren,
9
dafern die besagte Churbeyerische praetension attentirt würde, nochmahls
10
recommendirt haben.

11
Diese nochmahlige herrn graf Oxenstirns resolution ist ebenfals an die
12
reichsräthe gebracht, darüber deliberirt und vermittelst deren gewöhnli-
13
chen re- und correlationen verglichen worden, das ihme, herrn grafen, der
14
sachen unmögligkeit, dafern er anders uf seine forderung der 6 millionen
15
verharren wolte, noch eins und zum beschlus vor- und dahinzustellen, daß
16
man ihn umb bewegliche repraesentirung des Heiligen Reichs Unvermögen
17
an seine gnädigste konigin zu belangen, dabey von ihm, ob er der stende
18
disfals vorhabende nebenschreiben an ihre königliche majestät vor guth
19
halten möchte, zu vernehmen und sonsten zu deßen nachdenken zu stellen
20
hette, weil die von ihm vorhabende hinterbringung viel zeit hinwegneh-
21
men würde, ob’s nicht rathsamb, daß die stende unterdeßen entweder in
22
gegenwart der herren königlich Schwedischen oder dennoch zum wenig-
23
sten mit den herren Keyserlichen über die annoch unerledigte puncten in
24
conferenz treten theten.

25
Als nun dises weitere conclusum ihme, herrn grafen, per eosdem deputatos
26
eröfnet worden, hat sich derselbe nochmahls und ein vor allemahl dahin
27
resolvirt, daß er von den 6 million thalern auch sogahr bis auf ein tha-
28
ler nicht herabsteigen könte. Trüge kein bedenken, daß die stende neben
29
ihnen, königlich Schwedischen, an ihre konigliche majestät disfals entwe-
30
der schriftlich oder durch ein abordnung ihre notturfft gelangen lißen. Zu
31
der widerantwort aus Schweden würden 5 bis in 6 wochen vonnöthen
32
seyn. Wolte nachdenken, ob wegen des „quomodo“ und anderer sachen
33
noch etwas zu thun sey, mochte auch den herren Keyserlichen noch den

[p. 360] [scan. 450]


1
heütigen nachmittag communiciren, woran die sach in puncto satisfactio-
2
nis militiae hafftete.

3
Ob nun wohl die deputirten ihme, herrn grafen, diesem nach zu gemüth
4
geführet, daß aus so bewanter erclehrung und wann man also praecise uf
5
dem impossibili der 6 millionen thaler zue bestehen gedächte, schlechter
6
lust zum friden erschiene, und zugleich begehrt, daß er, herr graf, zum
7
wenigsten sub spe, rati zu einem milderern sich erclehren oder dennoch
8
seine mehrmahls in genere berührte media undt conditiones, wie aus den
9
sachen zu gelangen, eröfnen wolte, so hatt er sich jedoch darauf in nichts
10
herausgelaßen, sondern damit sein abschied genommen. Welchem allen
11
nach dann verahnlast worden, daß in den 3 reichsräthen morgen [1648 V
12
26/VI 5] vormittag deliberirt werden solle, ob und welchergestalt an die
13
königin in Schweden nomine statuum zu schreiben, sodann ob mit den
14
herren Keyserlichen die handlung über die annoch unverglichene puncten
15
ahnzuetreten.

16
Diesem nach sey zu berathschlagen, und zwar 1., ob das schreiben an
17
ihre konigliche majestät zu Schweden, wie das churfürstliche collegium ins
18
mittel gebracht, solle abgehen und welchergestalt es einzurichten; 2. ob mit
19
denen herren Kayserlichen die handlung über die rückstendige differentien
20
von seiten der stende anzutreten und solches denen herren Schwedischen
21
anzudeuten. Von seiten des directorii wolle man die meynungen anhören.

22
Salzburg. Soviel die 1. quaestionem betreffe, müße er es bey dem laßen,
23
was er vormals in diser materi votirt

33
Salzburg hatte sich bislang noch nicht zur schwed. Militärsatisfaktion geäußert, da es ver-
34
meinte, aufgrund des Linzer Vergleichs vom April 1646 von allen Beitragsverpflichtungen
35
und damit auch von jener zur schwed. Militärsatisfaktion befreit zu sein. Dies ist in seinem
36
Votum vom 6. Mai 1648 näher ausgeführt (s. Nr. 145, Punkt [2] des Salzburger Votums).
. Bey der 2. quaestion könne man
24
demienigen, was die mehrern stimmen geben, sich gerne conformiren.

25

28
25 Pfalz-Neuburg ] In Pfalz-Neuburg (3620) ist zu Beginn des Votums erläutert, daß
29
der bayerische Gesandte gerade, als er hätte votieren sollen, aufgefordert wurde, kurz
30
hinauszukommen, so daß der pfalz-neuburgische ausnahmsweise als erster weltlicher
31
Reichsstand votierte und auch damit fortfuhr, als der bayerische wieder hereinkam,
32
bevor er sein Votum beendet hatte.
Pfalz-Neuburg. [1.] Ob er sich wol bey vorgehenden consultationi-
26
bus super satisfactione militiae in quaestione „quis“ et „quantum“ nicht
27
[habe] herauslaßen könne[n]

37
Caspars hatte am 6., 9. und 23. Mai und zuletzt am 2. Juni 1648 im FRO instruktionsgemäß
38
Argumente vorgetragen, die beweisen sollten, daß Pgf. Wolfgang Wilhelm nicht verpflichtet
39
sei, etwas zur Militärsatisfaktion beizutragen (s. [Nr. 164 Anm. 19] ).
, habe er ihm doch die media, wie herauszu-

[p. 361] [scan. 451]


1
gelangen, gefallen laßen. Und weil das in vorschlag gekommene schrei-
2
ben an ihre königliche majestät zu Schweden auch dahin abziehle, könne
3
er sich in quaestione „an“ wol conformiren. Was aber die motiven anbe-
4
treffe, so anzuführen, halte er dafür, sie würden dem reichsdirectorio wohl
5
ohne suggestion beyfallen, daß nemblich durch beylegung der differen-
6
tien in politicis et ecclesiasticis die brunquel der uneinigkeit gestopfft, und
7
hoffe man dahero und zweifele nicht, ihre konigliche majestät werde den
8
stenden den frieden gönnen, die guarnisonen abführen und den soldaten
9
aus den harnisch und stifell bringen und abdancken. Sie habe ahnsehn-
10
liche satisfaction an land und leuthen erlanget, sey zu einem stand des
11
Römischen Reichs cooptirt

30
Gemäß der Vereinbarung über die schwed. Territorialsatisfaktion von 1648 III 8/18 wurde
31
Schweden Rst. mit drei Stimmen im FR (s. [Nr. 145 Anm. 35] ).
, und weil sich’s allein an der satisfaction der
12
miliz gestoßen, hetten die stende eine solche starke und große summ geldes
13
verwilliget, und was mehr vor motiven anzuführen. Stelle uf nachdencken,
14
ob ihre konigliche majestät auch anzulangen, ihre ratification beyzeiten
15
dero gesandten zuzuschücken, damit die abdanckung desto eher erfolgen
16
könte.

17
Was die 2. quaestionem anreiche, so sey albereit gutbefunden und geschlo-
18
ßen, daß die sachen, so ihr Kayserliche majestät allein oder dieselbe und
19
das Reich zugleich betreffenn, mit denen herren Kayserlichen gesandten
20
richtigzumachen unnd zu benehmung aller ombrage denen herren Schwe-
21
dischen davon part zu geben

32
Laut Beschluß vom 30. Mai 1648 wollten die Rst. in Osnabrück mit den Ksl. über die noch
33
offenen Fragen des Friedensvertrags verhandeln, falls die (angeblich) geplanten schwed.-
34
ksl. Konferenzen nicht zustandekämen oder scheitern sollten (s. S. 299 Z. 34, S. 300 Z. 1–3,
35
8–12; zu den teils unzutreffenden Informationen, welche der FRO nach Beendigung der
36
Umfrage über die Konferenzen erhalten hatte, s. S. 297 Z. 11–19).
.

22
Salzburgisches Direktorium. Müße soviel noch nachricht geben, es
23
habe herr graff Oxenstirn gegen die herren Kayserlichen gesandten sich
24
gestern ercleret, er könne geschehen laßen, daß die stende sich mit denen-
25
selben vergleichen

37
Oxenstierna war gegen Abend des 4. Juni 1648 bei den Ksl. gewesen, die in ihrem Bericht
38
darüber ebenfalls erwähnt haben, daß Oxenstierna sich ihnen gegenüber so geäußert hätte
39
(s. Lamberg, Krane und Volmar an Ks. Ferdinand III., Münster 1648 VI 5; das Schreiben
40
wird in APW II A 9 ediert).
.

26
Bamberg. Es sey zu betauren, daß so viel zeit unfruchtbarlich verloh-
27
ren gangen, welches seine fürstliche gnaden unlieb vernehme, auch an
28
ihrem orth nichts unterlaßen werde, was zu richtigmachung dieses puncts
29
nützlich ersprießen könne, in betracht, was vor landverterben unterdeß

[p. 362] [scan. 452]


1
vorgehe und wohl täglich den stenden und ihren unterthanen eine tonne
2
goldes schaden gethan und abgepreßet werde. Weil aber herr graff Oxen-
3
stirn eine solche summe behaupten wollen, darauff die stende ihre gesand-
4
ten nicht instruirt, auch die herren Schwedischen darauff beharreten, so
5
sehe er nicht, wie fortzukommen.

6
[1.] Ob an ihre königliche majestät zu schreiben, stehe er an, weil die trac-
7
taten suspendirt und große zeit verlohren werden dürffte. Solte man aber
8
dafürhalten, daß deßungeachtet, wie fast gestern dahin geziehlet wordenn,
9
solches abgehen zu laßen, wolle er sich alsdan wegen der ingredientium
10
vernehmen laßen.

11
Quoad 2. quaestionem sey gestriges tages herrn graff Oxenstirn angedeu-
12
tet worden, weil seine excellenz uf den 9 millionen fl. bestinden, so würden
13
die stende die zeit nicht vergeblich laßen hinfließen, sondern sehen, wie in
14
übrigen richtigkeit zu treffen. Wann man nun ein solch expediens ergreiffe,
15
so dem friedenswerck beforderlich und zu iedes theils contento erspries-
16
lich, wolle er sich gerne conformiren, sintemal er darhin instruirt.

17
Bayern. Citra praeiudicium primi voti

36
Bayern nahm auf der weltlichen Fürstenbank den ersten Platz ein und votierte wegen
37
seiner kurzfristigen Abwesenheit (s. S. 360 Z. 28ff) erst an vierter Stelle, da die Ges. der
38
weltlichen und geistlichen Bank beim Votieren einander abwechselten und deshalb außer
39
Pfalz-Neuburg auch Bamberg vor ihm an die Reihe kam.
, weil er nicht alsbald zugegen
18
izo gewesen, könne er sich in 1. sowol ratione quaestionis „an“ affirmative
19
ercleren, als auch der ingredientium halber vernehmen laßen, wan er nicht
20
dafürhielte, es werde zu verzögerung des frieden gehen und deßen befor-
21
derung große remoram bringen, auch der verzug uf die stende kommen,
22
und also beßer, dieser zeit das schreiben zu unterlaßen.

23
Circa 2. habe man herrn graf Oxenstirn zu bewegen, damit er selbst tractire.
24
Wen es aber nicht sein wolle, könne er sich conformiren, daß die stende
25
mit denen herren Kayserlichen die übrigen differentien zu erledigen und
26
denen herren Schwedischen iedesmal part zu geben, auch zu sehen, damit
27
sie nicht einige ursach, solches zu empfinden.

28
Würzburg. [1.] Es ist denenselben gnugsam bekant, warum wir anhero
29
geschückt, nemblich die tractaten, woran dem Römischen Reich in genere
30
und einem ieglichen stand in specie soviel gelegen und uf welchen des gan-
31
zen Reichs wolfarth bestehet, zu einem ende zu befordern. Deswegen seind
32
wir so lange und mit einem solchen kosten alhir geblieben, haben auch so
33
große mühe nehmen und allerorthen nicht einen geringen undanck ver-
34
dienen müßen. Nun haben wir gestern vernommen, daß solches vor dieses
35
mal nicht geschehen kann, sondern das werck sich stecken will. Es haben

[p. 363] [scan. 453]


1
sich die königlich Schwedischen hiebevor erclert, daß sie ohne richtigkeit
2
des puncti militiae nicht weitergehen könten

28
Oxenstierna hatte am 21. Mai 1648 dem Kurmainzer Reichsdirektorium mitgeteilt, Schwe-
29
den könne die Verhandlungen mit den Ksl. erst fortsetzen, wenn die Frage der schwed.
30
Militärsatisfaktion, vor allem jene über deren Höhe, abgehandelt sei. Deshalb hatte er
31
das Reichsdirektorium gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß die Rst. möglichst bald eine
32
bestimmte Summe dafür benannten ( APW III C 2/2, 1072 Z. 5–14; Nr. 155 nach Anm. 4).
33
Seither hatte Oxenstierna immer wieder als Bedingung für weitere Verhandlungen die
34
Befriedigung seiner Forderungen für die Militärsatisfaktion genannt und noch am Vor-
35
tag, dem 4. Juni 1648, zweimal gegenüber den Rst. n erklärt, daß sie erst 6 Millionen Rt.
36
bewilligen müßten, ehe Schweden weiter mit ihnen verhandelte (s. Nr. 166, zweiter und
37
zweitletzter Absatz des Protokolls).
, und deswegen denselben
3
angetreten. Wie wir an denselben kommen, hatt man sich in quanto eben
4
vernehmen laßen, daß das quantum vor allen dingen richtiggemacht und
5
andere quaestiones beyseitgesezet werden müßen. Wir haben uns bewegen
6
laßen, aber auch in der summa zu unserm zweg in den tractaten nicht gelan-
7
gen können, sondern herr graff Oxenstirn hat sich gestern expresse, daß er
8
nicht uf einen pfennig von 6 millionen thaler gehen könne, verlauten laßen
9
und daß in Schweden zu schreiben notwendig sey, auch sich erboten, die
10
sach zum besten zu recommendiren. Daß wir aber hir zwischenkommen
11
und unsern befehligen, das werk zu befordern, nicht nachkommen sol-
12
len, kan a parte Würzbur〈g〉 nicht befunden werden. Und weil kein ander
13
mittel übrig, weil die herren Schwedischen ohne dem quanto nicht ver-
14
fahren können, alß daß man, soweit die cron Schweden betrifft, selbst an
15
ihre königliche majestät es gelangen laße, so siehet man nicht, warum man
16
dieses mittel nicht zu ergreiffen, weil doch sonst zeit abfließen wirdt. Und
17
weil herr graff Oxenstirn sich vernehmen laßen, daß er von der königin
18
mildere instruction

38
Oxenstierna hatte dem Kurmainzer Reichsdirektorium am 27. Mai 1648 (nach dessen
39
Bericht) mitgeteilt, daß die schwed. Armee zwar 10 Millionen Rt. für ihre Satisfaktion
40
fordere, daß sie, die schwed. Ges. , aber eine moderatere instruction von Kg.in Christina
41
hätten (s. S. 260 Z. 7f).
, ist zu hoffen, ihre majestät werde sich noch mil-
19
der ercleren, wenn sie der stende desideria vernehme. Man ist zwar der
20
meinung nicht, daß man otiose der antwort erwarten solle, sondern daß
21
zu versuchen, wie die übrige materi an die hand zu nehmen, weil man
22
nemblich mit denen herren Schwedischen nicht tractiren kan und an ihre
23
königliche majestät schreiben muß. Solten sie hinzwischen andern befeh-
24
lich erlangen oder sub spe rati zu den tractaten sich verstehen, habe man
25
es zue danck anzunehmen.

26
Und daher auch in 2. quaestione, weil man zu denen königlich Schwe-
27
dischen die zuversicht, daß sie nicht der meynung, zu ruin des Reichs

[p. 364] [scan. 454]


1
unterdes die zeit zu verliehren, folget, daß man mit denen zu tractiren,
2
die sich verstehen können und wollen. Gesetzet, die herren Kayserlichen
3
wolten dergleichen defectum mandati auch allegiren und dadurch die trac-
4
taten verzögern, so wirdt dennoch den stenden nicht gewehret sein, mit
5
den cronen oder unter sich fortzugehen, wie man denen herren Kayser-
6
lichen unterschiedlich zu vernehmen geben

33
Zum Beispiel hatte Kurbayern den ksl. Ges. am 29. April 1648 erklärt, die Ges. der kath.
34
Kf.en würden sich bei einer Stockung der ksl.-schwed. Verhandlungen vorbehalten, den
35
Ksl. gleichsam unter die Arme zu greifen, indem sie mit den Protestanten verhandelten (s.
36
Becker, 305f).
. Wann man nun ohne oder
7
mit den cronen zu tractiren befugt, warum auch nicht, wann die königlich
8
Schwedischen remoras einwürffen, mit den Kayserlichen.

24
8–17 Also – ansehen] Pfalz-Neuburg (3620): Solten aber nit allein die Schwedischen,
25
sondern auch die Kayserlichen plenipotentiarii sich von dieser handlung enziehen wollen,
26
wurden die stende nit zu verdencken sein, wan sie endtlich zuesammentretten und dem
27
vatterlandt auß der noth helffen wurden. Dieß seye die cynosura und nucleus seiner
28
instruction, alles dasjenig, waß zue befurderung des friedens dienet, in acht zue nehmen,
29
und wurde er daruber keinen menschen ansehen. – Der letzte Satz nach Bamberg A
30
V: Solches verordtneten die reichsconstitutiones, welche cynosura seiner instructionen
31
hierin wehren, undt davon habe man sich aus keinen respect, wie der auch beschafen,
32
abzuhalten.
Also ist man
9
der meynung, daß die tractaten zu befordern, entweder mit denen herren
10
Kayserlichen oder mit denen herren Schwedischen oder unter sich oder
11
was vor ein mittel zu finden. Und wan dieses per maiora beliebt, müste
12
man’s alsden denen königlich Schwedischen andeuten. Wollen sie sich zu
13
fernern tractaten bewegen laßen, hat es seine maße. Sonst weiß man, was
14
die reichsconstitutiones mit sich bringen, man tractire mit dem kayser
15
oder den cronen

37
Ein Recht der Rst. , ohne oder gar gegen den Willen des Ks.s mit Auswärtigen zu ver-
38
handeln, war nicht in den Reichskonstitutionen verankert. Es entsprach aber zu diesem
39
Zeitpunkt den Intentionen Johann Philipps von Schönborn, durch eine reunion und verai-
40
nigung
der Rst. , wenn nötig, auch gegen den Willen der Ksl., die Friedensverhandlungen
41
voranzutreiben (s. Becker, 305).
. Die constitutiones Imperii sindt das beste instrument.
16
Darbey werde ich [!] leben und sterben und keinen menschen hierunter
17
ansehen.

18
Sachsen-Altenburg. Man bedancke sich gegen das directorium vor
19
abfaßung der relation und bitte umb communication. [1.] Was die zwo
20
proponirte quaestiones betrifft, und zwar die erste, daß gestrigs tages an
21
die königliche majestät zu Schweden beliebtes schreiben, habe man ver-
22
nommen, daß ezliche von vorstimmenden (wiewol man Bayern, der das
23
primum votum zu führen vermeint, ebensowol als Pfalz Neuburg wieder-

[p. 365] [scan. 455]


1
sprechen müße

31
Der Sessionsstreit zwischen den Häusern Bayern, Pfalz und Sachsen bestand schon im
32
16. Jh. und war 1654 noch nicht entschieden. Sachsen-Altenburg hatte bereits am 6. Mai
33
1648 gegen die Präzedenz der Häuser Bayern und Pfalz protestiert (s. [Nr. 145 Anm. 74] ).
) solches dem werck verzögerlich gehalten. Könne aber
2
mit Würzburg solches nicht befünden und was daßelbe vor verzögerung
3
werde mitbringen. Zudem sey es gestriges tages mit belieben der drei
4
reichsräthe an herrn graff Oxenstirn gebracht, daß man ein schreiben
5
wolle abgehen laßen. Würden wir eine andere meynung faßen, dürfften
6
sie vermeinen, man werde die 6 millionen thaler geben wollen. Wie und
7
worin es verzögerung bringe, könne man nicht vernehmen; dan könte man
8
unterdeß mit denen herren Schwedischen aus diesem punct kommen, so
9
sey der antwort nicht zu erwarten. Daß also unsere meynung, man solle
10
das schreiben abgehen laßen.

11
Was die ingredientia betreffe, stelle man solches des reichsdirectorii dis-
12
cretion anheim, und wehren von Pfalz Neuburg und Würzburg gute
13
motiven angeführt, so darzu dienen. Insonderheit were ihrer königlichen
14
majestät zu erkennen zu geben, wie weit es in den tractaten kommen
15
und das keine causae belli mehr übrig, wie die herren königlich Schwedi-
16
schen gesandten selbst unterschiedlich bekennet, nur stoße sich’s wegen
17
abführung der soldatesq, darin ihrer majestät herren gesandten dafürge-
18
halten, es sey zu machen, damit die abdanckung ohne revoulte abgehe, und
19
werde ihre königliche majestät befinden, daß es eine sache, so die stände
20
nicht obligire. Es hetten sich aber die stende, wan der friede erfolge, so und
21
so erboten, welches zu erzehlen und wie weit man sich gegen herrn graff
22
Oxenstirn herausgelaßenn. Das bestehe nun darin, daß man (1.) ein hoch
23
quantum verwilliget und (2.) begehret, die herren Schwedischen möchten
24
sich super conditionibus vernehmen laßen, dahin seine excellenz herr graff
25
Oxenstirn sich auch erboten, iedoch hernach zurückgetreten

34
Oxenstierna hatte am 3. Juni 1648 den rst. Deputierten zugesagt, die geforderte schrift-
35
liche Erklärung über die Vorschlaege, welche (…) in der Frage „quomodo“ zu beobach-
36
ten ( [Nr. 154 Anm. 2] ), sowie über den rst. Textvorschlag für den Exekutionsart. (Nr. 151
37
Anm. 26) noch am selben Tag dem Kurmainzer Reichsdirektorium vorlegen zu lassen, sich
38
dann aber entschuldigt, daß er und Salvius die versprochene Stellungnahme nicht hätten
39
fertigstellen können. Am nächsten Tag hatte er erklärt, daß sie die Stellungnahme erst
40
vorlegen würden, wenn die Rst. 6 Millionen Rt. für die Militärsatisfaktion bewilligt hätten
41
(s. S. 338 Z. 8–22).
, und also
26
zu pitten, ihre königliche majestät wolle sich ratione quanti zu einem den
27
stenden müglichen ercleren, ihren gesandten auch befehlen, alles in rich-
28
tigkeit zu bringen. Wegen der ratification wie Pfaltz Neuburg. So were
29
auch zu bedencken, wie man das schreiben naher Stockholm befordere
30
undt alda negotiire. Herr graff Oxenstirn habe einer abschückung gedacht,

[p. 366] [scan. 456]


1
welches aber zu weitlauftig, und vieleicht am besten, wann es durch einen
2
expressen currir geschehe. Wo nicht, könne man das schreiben mit der post
3
fortschücken, und weil unterschiedene stende ihre residenten daselbst

31
Zu diesen Rst. n gehörte neben Kurbrandenburg (s. Anm. 31) und Mecklenburg (s. Anm. 35)
32
Hessen-Kassel: Regner Badenhausen vertrat die Lgft. von Oktober 1646 bis August 1650
33
als Resident in Stockholm. Badenhausen (1610–1686), der in enger Verbindung mit der
34
hessen-kasselschen Gesandtschaft in Osnabrück stand, wurde 1666 hessen-kasselscher GR
35
und 1684 Kanzler ( DBA I 1423, 152f; Repertorium I, 265, 571; Bettenhäuser, 16, 29,
36
176; APW II C 4/2, 1110; Lehsten II, 136).
,
4
denenselben commission geben. Man gebe auch zu bedencken, ob nicht an
5
den königlich Französischen gesandten herrn graff Servien zu begehren,
6
damit seine excellenz an den Französischen residenten alda

37
Frk. war in Stockholm 1645–1649 durch seinen Ges. Pierre Hector Chanut, seigneur
38
de Bisches (1601–1662), vertreten, der das besondere Vertrauen Kg.in Christinas genoß
39
( Tischer, Diplomatie, 22; APW II B 5/1, 22 Anm. 31).
schreibe, das
7
beste darbey zu thun. So were auch in dem schreiben zu gedencken, so
8
man von seiten der stende abgehen laße, was man in quaestione „cui“ sich
9
vernommen. Ob aber nicht vorhero auch mit denen königlich Schwedi-
10
schen aus der sache zu reden, sey zu bedencken. Es werde vieleicht seinen
11
sonderbaren nutz haben und unterdeß das schreiben ufzusetzen seyn. Und
12
weil diese difficultet bey denen Schwedischen kriegsvölckern die gedan-
13
cken machen möchte, als wolle man nichts thun, werde nicht undinlich
14
sein, an die Schwedische generalitet zu schreiben, was man sich erclert und
15
erboten, und zu bedencken zu geben, ob verantwortlich, daß darum soviel
16
cavallieri todtzumachen und blut zu vergießen. Man verhoffe, sie würden
17
den zustand des Reichs und der stende erwegen, sich begreiffen und zur
18
billigkeit bequehmen.

19
[2.] Soviel die andere zur consultation gebrachte frage betreffe, könne man
20
sich mit Bayern wol vergleichen, daß aus den übrigen differenten puncten
21
mit denen herren Kayserlichen zu tractiren, iedoch das alles mit denen
22
königlich Schwedischen communicirt werde.

23
Bayern. Was a parte Altenburg wiederum wegen des ersten voti erweh-
24
net, dem thue er im nahmen seiner churfürstlichen durchlaucht bestens
25
wiedersprechen und primum votum wiederholen.

26
Sachsen-Altenburg. Man repetire priora.

27
Speyer. Bedancke sich wegen ufsetzung der relation und bitte umb com-
28
munication. Was die proponirte quaestiones betrifft, gleichwie er sich in
29
puncto militiae nicht einlaßen können, also wiße er sich weder affirmative
30
noch negative in der 1. quaestion, so proponirt, zu ercleren, zumal man

[p. 367] [scan. 457]


1
vernehme, daß die herren churfürstlichen nicht rathsam hielten, daß das
2
schreiben abgehe

30
Sötern betrachtete sich hinsichtlich seines Beitrags zur Militärsatisfaktion als exemt (s. das
31
Votum Speyers in Nr. 147), weshalb Scherer sich bei Beratungen über dessen Höhe noch nie
32
geäußert hatte. – Die Gründe, warum der KFR nunmehr ein Schreiben an die Kg.in von
33
Schweden ablehnte, wurden bei der Re- und Correlation am folgenden Tag vorgetragen
34
(s. S. 382 Z. 1–18).
.

3
In 2. vergleiche er sich mit Würzburg, wan man mit denen herren Kay-
4
serlichen die handlung fortzustellen und dieselben sich bezeugten, daß
5
man nicht herauskomme, daß alßdann die stende ihres rechtens sich zu
6
bedienen.

7
Sachsen-Coburg. Wie Sachßen Altenburg.

8
Basel. Könne leiden, daß ein und anderes förmlich an die koniglich
9
Schwedischen gebracht und mit ihnen geredet werde. [1.] Wegen des
10
schreibens wie Würzburg, mit denen erinnerungen, so Altenburg vor-
11
bracht.

12
In 2. wie Würzburg.

13
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Bedancke sich gegen das
14
löbliche directorium wegen der mühewaltung und ersuche es umb com-
15
munication der ufgesezten relation. In 1. halte er auch notwendig, daß an
16
ihre königliche majestät zeitlich und ie ehe, ie beßer zu schreiben. Mit dem-
17
selben sey zu eylen, weil die nachricht, es sey der Schwedische assistenz-
18
rath herr Erßkein unterwegs

35
Erskein traf am 13. Juni 1648 in Osnabrück ein (s. [Nr. 156 Anm. 27] ).
, und starke forderung von der soldatesque
19
mitbringen dürffte. Ratione ingredientium wie Neuburg und andere, daß
20
alles dasienige, was dienlich und dem werck beforderlich, insonderheit aus
21
bißherigem verlauff, einzurucken. Durch wem das schreiben zu exhibi-
22
ren, conformire er sich Altenburg. Weil ihre churfürstliche durchlaucht
23
zu Brandenburg einen residenten daselbst

36
Der kbg. Hofrat Adolf Friedrich Schletzer (1615–1654) nahm ab Juli 1643 die Aufgaben
37
eines kbg. Residenten in Stockholm wahr, obgleich er offiziell erst Ende November 1648
38
als solcher akkreditiert wurde. 1650 erhielt er den schwed. Adel (seither von Schletzer), s.
39
Repertorium, 60; Opgenoorth, Kurfürst, 146; Bahl, 571.
, were etwa solches [Schreiben
24
durch diesen] zu bestellen, das schreiben an ihn zu remittiren, vorhero
25
aber sey billich mit denen königlich Schwedischen herren gesandten zu
26
reden. Die cron Franckreich sey der cron Schweden mit guten exempel
27
vorgangen, weil sie vor ihre soldatesca nichts gefordert. Werde derohalben
28
nicht schaden, wan der koniglich Französische gesandte herr graff Servient
29
schreibe. Und weil der Französische resident monsieur de La Cour heute

[p. 368] [scan. 458]


1
naher Münster wolle, werde ihm etwa ufzutragen sein, daß er mit comte
2
Servien rede.

3
Fulda. [1.] Könne sich vorsiezenden conformiren, daß an die königin zu
4
Schweden ein schreiben abgehen zu laßen. Vernehme, die herren churfürst-
5
lichen hetten ihre meynung geendert und hielten nunmehr dafür, daß nicht
6
zu schreiben. Habe sich daher im Bambergischen voto wollen indifferent
7
halten unnd der herren nachsiezenden vota vernehmen. Nun er solche ver-
8
standen, daß es rathsam gehalten worden, es solle abgehenn,

29
8–9 conformire – ingredientia] In Bamberg A V steht ein lateinischer Entwurf für das
30
Schreiben an die schwedische Königin.
conformire er
9
sich wie auch quoad ingredientia und halte dafür, daß solches Lateinisch
10
abzufaßen, wie zu Regenspurg uf lezten reichstage auch geschehenn

31
S. Rst. an Kg.in Christina von Schweden, Regensburg 1641 I 17 und VII 4 (Text [lat.]:
32
Londorp V, 23f und 404f).
.
11
Könne sich demegestalt denen motivis, so Altenburg angeführt, conformi-
12
ren, wie auch, daß die sach von herrn graff Servient zu recommendiren. In
13
dem schreiben were etwa auch anzuführen, daß der könig, warum er uf den
14
Teutschen boden kommen, die erhaltung der stende libertet contestirt

33
Kg. Gustav II. Adolf von Schweden hat in seinem Kriegsmanifest von 1630 (s. APW
34
III A 3/1 [Nr. 24 Anm. 22] ) hervorgehoben, daß er allein zu seiner vnd der seinigen, auch
35
der allgemeinen Freyheit Schutz die Waffen ergriffen habe ( Goetze, 364, letzter Absatz,
36
beginnend Derentwegen, gleich wie ).
,
15
die königin dieselben zu diesen tractaten invitirt

37
Schweden hat die Rst. mehrfach zum WFK eingeladen; ein erstes Schreiben, nur an die
38
ev. Rst. gerichtet, erließ Salvius im April 1643 von Minden aus ( Dickmann, 115, 164–168,
39
534, 541).
, die enormitas quanti
16
postulati, die unmügligkeit von seiten der stende, daß man 4 millionen fl.
17
albereit offerirt, und dergleichen.

18
In 2. wie Altenburg und Bayern.

19
Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach. (Per Würtenberg:) An-
20
fang[s] werde umb communication der schriftlichen relation gebeten. Was
21
die quaestiones betrifft, [1.] ermangele es dißeits wegen des schreibens an
22
instruction, und müße auch dafürhalten, daß die zeit verlohrengehe. Wo-
23
fern aber die königlich Schwedischen uf 6 millionen thaler bestinden, wolle
24
man sich in quaestione „an“ denen maioribus conformiren. Das reichsdi-
25
rectorium werde das schreiben abzufaßen wißen, das es penetrabl und
26
glimpflich, daßelbe auch vorhero ad dictaturam zun stende erinnerungen
27
kommen laßen. So werde auch der ratification und, wie Altenburg erin-
28
nert, was in quaestione „cui“ beschloßen, einzuverleiben sein. Solte es bey

[p. 369] [scan. 459]


1
solchem schluß nicht bleiben, wolten ihre fürstlichen gnaden zu nichts
2
verbunden sein. Das überbringen könne durch die post geschehen, und
3
weil seine fürstliche gnaden zu Mecklenburg einen residenten daselbst

21
Vermutlich war dies Johann Grave, der für Februar 1651 als mecklenburgischer Resident
22
in Stockholm nachgewiesen ist und bereits während des WFK im hgl. mecklenburgischen
23
Auftrag am schwed. Hof weilte. Grave wurde am 24. Oktober 1643 zum hgl. meck-
24
lenburgischen Sekretär bestallt, am 4. April 1653 zum hgl. Rat ernannt und 1654 zum
25
Kanzleirat bei der Schweriner Justizkanzlei (freundliche Mitteilung von Frau Dr. Antje
26
Koolman, LHA Schwerin). S. auch die Charakteristik des Residenten im Votum Mecklen-
27
burg-Schwerins und -Güstrows.
,
4
demselben commission [ge]geben werden. An die Schwedische generalitet
5
aber zu schreiben, werde darum bedencklich fallen, weil man sich dadurch
6
in obligation setze.

7
In 2. eventualiter mit Bayern, wann es geschehe mit der königlich Schwedi-
8
schen belieben; dann wan es anders solte vorgenommen werden, so hetten
9
die königlich Schwedischen sich schon in particulari vernehmen laßen, sie
10
würden es vor eine ruptur ufnehmen

28
Wurde nicht ermittelt. Gegenüber den Ksl. hatten die Schweden am Vortag gesagt, sie
29
würden solche ksl.-rst. Verhandlungen geschehen laßen (s. bei Anm. 19).
. Es sey periculum in mora, und
11
wehre herr graff Oxenstirn wie auch die herren Kayserlichen zu Münster;
12
vieleicht brechten sie beßere resolution. Mit herrn Salvio aber sey vorhero
13
in alle wege zu reden.

14
Weißenburg.

20
14 Wie Speyer] In Salzburg I 2a unfol. folgt: Idem votum suo ordine wegen Prüm.
Wie Speyer

30
Das Votum Prüms (s. Z. 20) ist gemäß dem herkömmlichen Wechsel zwischen geistlicher
31
und weltlicher Bank hinter das Votum Braunschweig-Celles zu setzen.
.

15
Braunschweig-Celle. Das löbliche Saltzburgische directorium habe
16
wol abgefast, was gestern vorgangen; [er] bitte umb communication. Wo-
17
fern aber die communication per dictaturam wegen des reichsdirectorii
18
bedencklich

32
Bedenken gegen die Diktatur der Relation durch das Kurmainzer Reichsdirektorium
33
können dadurch motiviert gewesen sein, daß ein solches Vervielfältigungsverfahren Besorg-
34
nisse wegen der schwer zu gewährleistenden Geheimhaltung erweckte. Die Kurmainzer
35
können jedenfalls den Gegenstand der Relation, die rst. Verhandlungen mit den Schweden,
36
nicht mißbilligt haben, da sie selbst sich an führender Stelle daran beteiligten (s. Nr. 166
37
Anm. 2). Die Relation ist offensichtlich nicht diktiert, sondern vom Salzburgischen Direk-
38
torium nur vereinzelt, wahrscheinlich auf besonderen Wunsch, weitergegeben worden; zu
39
den Empfängern gehörte jedenfalls Carpzov, der bei den Sachsen-Altenburgern für die
40
Protokollführung zuständig war (s. bei Anm. 4).
, were etwa solche relation vieleicht durch denselben selbst
19
einzurichten oder doch in particulari zu communiciren. Gestern habe das

[p. 370] [scan. 460]


1
churfürstliche collegium pure geschloßen, daß an die königin zu Schweden
2
zu schreiben, damit auch bey der re- und correlation das städtische col-
3
legium einig gewesen. Weil aber im fürstenrath davon nichts vorkommen
4
gewesen und die zeit zu kurz gefallen, solchen passum an dasselbe zu brin-
5
gen, sey deßen allein per modum quaestionis gegen herrn graff Oxenstirn
6
erwehnet worden, daß also die stende freye handt.

7
Was die 1. quaestionem anbetrift, wolten die rationes, quod scribendum,
8
die negativam überwegen. Wegen der ingredientium wie vorsietzende,
9
und werde darauf bestehen, daß das reichsdirectorium solches schreiben
10
abfaße, dictiren laße und iedweder seine erinnerungen dabey thue. Inter
11
alia sey anzudeuten, daß man amore pacis soviel verwilliget. Daß herr
12
graff Servient zu ersuchen, stelle er darhin, sehe aber keinen nuzbaren weg
13
darauß. Wan die cronen könten einander mit gelde helffen, theten sie es
14
gerne. A parte Altenburg sey gedacht, ob an die Schwedische generalitet
15
zu schreiben, so zwar seine trefliche ursach, sehe aber wichtige conside-
16
rationes, daraus anzustehen, ob es noch zur zeit fortzustellen. Es werde
17
einer sonderbaren umbfrage bedürffen, und [es sei darauf zu sehen], daß
18
es nicht allein vom fürstenrath herkomme. Daß der ratification im schrei-
19
ben an ihre königliche majestät zu gedencken, halte er mit Pfalz Neuburg
20
nötig.

21
In 2. habe es die meynung, daß man mit denen königlich Schwedischen
22
wolle communiciren, denen albereit mächtige impressiones gemacht

37
Es konnte nicht ermittelt werden, auf wen hier angespielt wird.
.
23
Gott solle es denen vergeben, die es gethan. Weil aber ietzo von dem löbli-
24
chen Salzburgischen directorio die nachricht geben, die herren Schwedi-
25
schen weren zufrieden, daß man mit denen herren Kayserlichen handele,
26
so habe es desto mehr damit seine maße. Wann es nun einen effect solte
27
haben, müße man doch mit denen königlich Schwedischen tractiren. Daß
28
auch mit herrn Salvio daraus zu communiciren, sey er einig, und stehe zu
29
bedencken, was man mit seiner excellenz reden wolle.

30
Braunschweig-Grubenhagen. Bitte [um] communication der rela-
31
tion und halte auch dienlich, mit herrn Salvio zu communiciren. Solten
32
nun seine excellenz mit herrn graff Oxenstirn befinden, sie könten nicht
33
handeln, wehre nicht otiose alhier [zu] sietzen, sondern in alle wege fortzu-
34
schreiten und also nach befinden, wie sich herr Salvius werde vernehmen
35
laßenn. [1.] A parte Bamberg sey angedeutet, daß Lateinisch zu schrei-
36
ben, und sey auch wißend, daß man Lateinisch im Reich mit den exteris

[p. 371] [scan. 461]


1
communicire

34
Der Ks. war durch die Wahlkapitulation von 1636 XII 24, Art. XVI, verpflichtet, in
35
Reichssachen die dt. oder lat. Sprache zu gebrauchen. Entsprechend verwendete der
36
Ks.hof gegenüber Rst. n, bei denen die hochdt. Sprache nicht üblich war, sowie gegenüber
37
Auswärtigen das Lateinische ( Ziegler, 132f; Moser, Zusätze II, 342).
. Allein alhir tractire man Teutsch, aus Schweden pflegten
2
sie auch Teutsch, und gut Teutsch, in antwort zu schreiben, daß also am
3
besten, man laße es in Teutscher sprach fortgehen. Das schreiben werde das
4
reichsdirectorium wol wißen, graviter unnd fein abzufaßen. Sonst seyen
5
die ingredientia von vorsietzenden wohl angeführt, denen er beysetze, was
6
man thue, geschehe zu beruhigung des Romischen Reichs, nicht ex debito.
7
Dabey auch zu berühren, daß der soldat wenig zu fordern, und was iüngst
8
mehr im Österreichischen voto angeführt

38
Gemeint ist das öst. Votum vom 6. Mai 1648 (s. Nr. 145).
. Wann solches schreiben ufge-
9
sezt und ad dictaturam kommen, könne man es zu hauß erwegen unnd
10
sodann im rath die erinnerungen andeuten. Herr graff Oxenstirn habe
11
eine abschückung vorgeschlagen, sed legatum non habere ius legandi; er
12
sey alzeit nicht instruirt, einen gesanten an könige abzufertigen. Es werde
13
am besten sein, daß man einen expressen uf der post abfertige. Wie er
14
vernehme, so habe seine fürstliche gnaden zu Mecklenburg einen resi-
15
denten zu Stockholm, der wol kein bedencken haben werde, dem currir
16
an die hand zu gehen, wan insonderheit der fürstliche herr abgesandte
17
an ihn schriebe

39
Gemeint ist der Mecklenburger Ges. Kayser.
. Wann man es nun blos uf die post gebe, möchte so
18
bald die antwort nicht erfolgen. Es sey vorkommen, ob an den königlich
19
Französischen gesandten comte Servient zu schreiben oder mit monsieur
20
de La Cour zu reden, aber man sey nicht versichert, ob die cron Franck-
21
reich wolle frieden im Teutschland haben, und wan sie nicht friede mit
22
Hispanien, lieber sehe, daß die cron Schweden den krieg in Teutschland
23
continuire; man habe aber doch wol ehe laßen ein ohnnötig schreiben abge-
24
hen. Das schreiben an die Schwedische generalitet möchten die königlich
25
Schwedischen herren gesandten wol eine ufwiegelung deuten. Er könne
26
solches im nahmen seiner fürstlichen gnaden nicht subscribiren.

27
[2.] Die andere quaestio sey lengst erörtert, und wehren die koniglich
28
Schwedischen einig und zufrieden gewesen, daß der militienpunct zurück-
29
stehe, iedoch auch zugleich der § „Tandem omnes“ in puncto amnestiae,
30
die Kayserlichen erblande betreffend. Darein auch die Kayserlichen ver-
31
williget und in den tractaten fortgeschritten, welche aber hernachmals den
32
§ „Tandem omnes“ wieder herführgezogen und also auch die koniglich
33
Schwedischen die satisfactionem militiae, worauff die stende gutbefun-

[p. 372] [scan. 462]


1
den, daß beede puncta zu coniungiren und pari passu zu tractiren

29
Ksl. und Schweden waren am 30. März 1648 übereingekommen, die Amnestie in den
30
ksl. Erblanden (§ „Tandem omnes“) und die schwed. Militärsatisfaktion zurückzustellen
31
und erst am Schluß der Friedensverhandlungen vorzunehmen (s. APW III C 2/2, 1030ff;
32
Dickmann, 471). Die daraufhin fortschreitenden ksl.-schwed. Verhandlungen gerieten ins
33
Stocken, als am 23. April die Weisungen Ks. Ferdinands III. in Osnabrück eintrafen, den
34
§ „Tandem omnes“ vorrangig und nicht gleichzeitig mit der Militärsatisfaktion zu behan-
35
deln (s. [Nr. 145 Anm. 4] ). Nach zweiwöchigem Stillstand beschlossen die Rst. in Osnabrück,
36
gleichzeitig über den § „Tandem omnes“ und die schwed. Militärsatisfaktion zu beraten (s.
37
[Nr. 145 Anm. 5] ). Am 6. und 8. Mai wurde zwar zunächst die Amnestie in den ksl. Erblan-
38
den behandelt (Nr. 145 und 146); doch gingen die Rst. dann sogleich zu Beratungen über
39
die schwed. Militärsatisfaktion über.
. Daß
2
nun denen koniglich Schwedischen impressiones gemacht, wen man einig,
3
werde man ihnen die feigen weisen

40
ihnen die feigen weisen bedeutet sie höhnisch zurückweisen ( Röhrich II, 427 s. v. Feige ).
, dem wolle Gott vergeben, der es ver-
4
ursacht. Daß man die ordnung verendert, habe uns in diese difficulteten
5
gebracht, darin man stecke. Wolle demnach das löbliche Würzburgische
6
votum repetiren, dergestalt, daß (1.) zu versuchen, ob es coniunctim zu
7
den tractaten mit denen Kayserlichen und königlich Schwedischen mit
8
zuziehung der stende zu bringen, dadurch man bißhero die vornembste
9
differentien erörtert. Were also denen herren Kayserlichen freyzustellen,
10
ob sie wolten solchen modum tractandi continuiren und den § „Tandem
11
omnes“ zurücksetzen, biß die königlich Schwedischen in puncto satisfac-
12
tionis militiae fernerweit instruction erhalten, welches der beste weg, aber
13
auch nötig, daß die stende unter sich einig. [(2.)] Solten nun die herren Kay-
14
serlichen oder auch die herren Schwedischen sich darzu nicht verstehen,
15
so were er mit Würzburg einig, daß im fall, [daß] die herren Schwedischen
16
nicht wolten, die herren Kayserlichen zu ersuchen, sie möchten sich resol-
17
viren, und zwar obligatorie, soweit sie gehen könten, und es uf keine rela-
18
tion stellen. Gott wolle abwenden, daß diese beede modi nicht ohne frucht
19
abgiengen. [(3.)] Solte es aber uf den ersten und andern weg nicht zu brin-
20
gen seyn, so könten gleichwol die stende patriam nicht deseriren, sondern
21
müsten zusammentreten und bedencken, wie das kriegsfewer zu leschen
22
und auszutilgen. Sey also ratione principii et effectus mit Würzburg einig.
23
Wolle auch dafürhalten, daß in dem schreiben an ihre konigliche majestät
24
zu Schweden eine generalratification zu begehren.

25
Braunschweig-Wolfenbüttel. Mit seinen collegen unnd gleichstim-
26
menden, daß quoad 1. das schreiben fortzusenden und, wan es von dem
27
reichsdirectorio ufgesezet, per dictaturam zue communiciren, die ingre-
28
dientia auch einzuverleiben, so im Pfaltz Neuburgischen, Sachßen Alten-

[p. 373] [scan. 463]


1
burgischen, Würzburgischen und Bambergischen votis angeführt. Con-
2
formire sich auch, daß mit herrn Salvio davon zu communiciren und das
3
schreiben durch einen expressen zu bestellen. Wenn man auch an herrn
4
graff Servient wegen dieses puncts schreiben solte, möchte es vieleicht den
5
reichsfrieden nicht befordern; stelle es iedoch ad maiora. An die soldatesq
6
ein schreiben abgehen zu laßen, werde noch zur zeit bedencklich fallen.

7
Braunschweig-Calenberg. Wie vorhin Braunschweig Grubenhagen.

8
Hessen-Darmstadt. Die zeit sey verfloßen; bitte, die relation zu com-
9
municiren. Was die proponirte quaestiones betreffe, conformire er sich
10
praeliminariter Braunschweig Grubenhagen, daß vor allen dingen herrn
11
Salvio zuzusprechen, so beeden quaestionibus ein licht geben werde. Sol-
12
ten seine excellenz ebenmeßig bestehen, wie gestern herr graff Oxenstirn,
13
so sey kein ander mittel übrig, als an ihre königliche majestät zu schrei-
14
ben, dadurch das friedenswerck nicht gehindert, sondern befordert werde.
15
Das löbliche reichsdirectorium werde den uffsatz wißen zu verfertigen,
16
und ieder seine erinnerungen dabey zu thun haben. Iezo weren auch albe-
17
reit gute monita vorkommen, insonderheit von Pfalz Neuburg, denen er
18
sich conformire. Zue Regensburg sey das schreiben in Lateinischer sprach
19
abgefaßet worden

38
Wie Anm. 32.
, darbey es auch wol zu laßen. Sey indifferent, ob sol-
20
ches durch ein currir oder uf der post fortzuschücken; der erste weg werde
21
die sache mehr beschleunigen. Ob an herrn graff Servient zu schreiben,
22
müße er mit Braunschweig anstehen und halte beßer, solches vorbeyzu-
23
gehen. Von dem schreiben an die Schwedische generalitet müße in den
24
reichscollegiis deliberirt werden.

25
In 2. wie vorstimmende.

26
Baden-Durlach. In 1. wolle er alles, was im Darmstadtischen voto
27
enthalten, wiederholet haben, und daß im schreiben der ratification, quae-
28
stionis „cui“, der beschehenen offert und das alles ohne den gentzlichen
29
Schluß keine obligation nach sich trage, zu gedencken, wie Pfaltz Neuburg,
30
Sachßen Altenburg, Würzburg undt Braunschweig.

31
In 2. wie Braunschweig Grubenhagen, sintemal beßer, man laße es bey der
32
conferenz, so vorhin beliebt. Wegen des schreibens an die Schwedische
33
armada habe man es künftig zu bedencken.

34
Pommern-Stettin und -Wolgast. Wiederhole das Brandenburg
35
Culmbachische und Onolzbachische votum und sey dem nicht zuwie-
36
der, daß ihre königliche majestät zu Schweden umb generalratification
37
desienigen, was ihre herren plenipotentiarii gehandelt und geschloßen,

[p. 374] [scan. 464]


1
auch ferner handeln und schließen würden, fest und genehm zu halten, zu
2
ersuchen.

3
Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow. Was die proponirte quae-
4
stiones anreiche, erinnere er sich bishero geführter votorum, müße auch
5
daher propter connexitatem causae in 1. sein votum so lange suspendiren,
6
biß seiner fürstlichen gnaden satisfaction geschehe

35
Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow forderten eine höhere Entschädigung für ihren Bei-
36
trag zur schwed. Territorialsatisfaktion, als ihnen bislang zugestanden worden war (s.
37
[Nr. 145 Anm. 91] , [Nr. 148 Anm. 45] ); Kayser erinnerte in jeder Sitzung daran.
. Von ezlichen were
7
angeführt, daß keine causa belli mehr übrig; damit were er einig und bitte
8
Gott, er wolle zu dem abgehandelten seinen seegen geben. Aber seine
9
fürstliche gnaden wolle nicht verhoffen, wann sie land und leuthe müße
10
ohne satisfaction zurücklaßen, daß das Römische Reich werde solches gua-
11
randiren wollen, dann in alle wege der krieg deswegen werde continuirt
12
werden. Sonst habe seine fürstliche gnaden einen residenten oder agenten
13
am königlichen hoffe, der wolgelitten bey ihrer königlichen majestät undt
14
dem reichscannzler, auch der Schwedischen sprache mächtig

38
S. Anm. 35.
. Wann er,
15
der abgesanter, nun nicht sein votum suspendiren müste, könne er wol
16
sagen, daß es ein subiectum, so zu gebrauchen, aber also wehre nicht rath-
17
sam, ihm etwas ufzutragen. Ihm, dem abgesandten, wolle auch dergestalt
18
nicht anstehen, an ihn deswegen zu schreiben. Sey aber sonst willigst, alles
19
dasienige, was dem publico nützlich, nach vermögen zu praestiren.

20
In 2. wie Würzburg, mit der im fürstlich Braunschweig Grubenhagischen
21
voto enthaltenen declaration. An den königlich Französischen gesandten
22
comte Servient, wie vorkommen, zu schreiben, möchte praeiudicirlich
23
fallen. Daß der ratification in dem schreiben an konigliche majestät zu
24
Schweden zu gedencken, were nötig, auch erfordere splendor Imperii, daß
25
das schreiben in Teutscher sprach abgehe. Es sey aber auch zu besorgen,
26
man erlange sodan die antwort in Schwedischer sprache.

27
Württemberg. In 1. wiederhole er das abgelegte Brandenburg Culmba-
28
chische und Onolzbachische votum und was a parte Braunschweig Zelle
29
und Grubenhagen dabey angeführt. In dem schreiben an ihre königliche
30
majestät werde wol zu gedencken sein, was die stende in quaestione „cui“
31
geschloßen. Am besten und schleunigsten werde das schreiben durch einen
32
trompeter oder currir bestellet. Und weil es difficulteten möchte geben,
33
were in Lateinischer sprache zu schreiben, wie zu Regensburg geschehen.
34
In 2. wie Braunschweig Grubenhagen und maiora.

[p. 375] [scan. 465]


1
Repetire solches wegen Pfalz-Veldenz convenienti loco und wegen
2
Sachsen-Lauenburg: in 1. wie Würtenberg, in 2. wie Braunschweig
3
Grubenhagen.

4
Anhalt. Laße es bey dem abgelegten fürstlich Sachßen Weymarischen
5
voto, mit dem anhang, daß bey herrn Salvio notthürftige anführung ge-
6
schehe, nicht per modum consilii. Daß auch in Lateinischer sprache zu
7
schreiben, conformire er sich.

8
Henneberg. Wie Altenburg. Halte nützlich unnd notwendig, daß in
9
dem schreiben an ihre königliche majestät zu Schweden der ratification
10
zu gedencken. Damit aber diesem notwendigen punct desto beßer abge-
11
holffen werde, so weren die herren Kayserlichen zu ersuchen und zu
12
disponiren, daß sie selbst eine formulam ratificationis ufsetzten, wie ihre
13
königliche majestät zu Schweden solche einzuschücken und sich darüber
14
mit denen koniglich Schwedischen verglichen, ingleichen, in qua forma die
15
stende ihre ratificationes einzuschaffenn, welche formuln alsdann ihrer
16
königlichen majestät zuzuschücken, damit sie die erste beliebe und mit
17
der andern zufrieden sey. Von Braunschweig Zelle und Grubenhagen
18
weren statliche erinnerungen geschehen ratione ingredientium, denen man
19
sich conformire. Es werde aber nicht rathsam sein, daß man anführe, die
20
königin sey der soldatesq nichts schuldig, weil solches die soldatesq offen-
21
diren werde, unnd daher am besten, man berühre es nicht, sondern setze
22
alles uf den fuß: was man thue, geschehe pacis causa. Daß das schrei-
23
ben in Lateinischer sprache abgefaßet werde, difficulteten zu vermeiden,
24
sey am besten, ingleichen, daß man das schreiben durch einen courrier
25
fortschücke. Und weil von seiten Mecklenburg bedencken, [habe] man
26
solches etwa durch den Churbrandenburgischen residenten zu expedi-
27
ren. Seiner fürstlichen gnaden zu Mecklenburg aequivalens könne nicht
28
zurückbleiben, welches iedoch albereit zimlich praeparirt. Wegen des
29
schreiben an die Schwedische generalitet bedürffe es einer sonderbaren
30
deliberation, und hielte man dißeits solches nötig und gut. Es werde auch
31
die königlich Schwedischen herren abgesandten nicht offendiren, weil sie
32
solches vorm jahre selbst vorgeschlagen, auch an die herren Kayserlichen
33
damals gebracht worden, aber nachblieben, weil die herren katholischen
34
nicht [haben] einstimmen wollen, indem sie befürchtet, man werde sich
35
dadurch in diesem punct in obligation setzenn

37
Wurde nicht ermittelt.
; aber damals sey die
36
quaestio „an“ nicht erörtert gewesen wie nunmehr, da man auch albereit

[p. 376] [scan. 466]


1
ein gewiß quantum offerirt. Das schreiben könne wol also eingerichtet
2
werden, daß darunter kein bedencken.

3
In 2. wie Altenburg. Wofern aber die herren Kayserlichen wolten keine
4
conferenz leiden, uf denselben fall wie Würzburg und Grubenhagen.

5
Wetterauer Grafen. In 1. wie Grubenhagen und gleichstimmende, und
6
daß zuforderst mit herrn Salvio zu reden, umb zu sehen, ob compendio-
7
sior via könne erlanget werden. Wegen des idiomatis wie maiora; am besten
8
werde sein, wan es geschehe in Lateinischer sprach und solches schreiben
9
durch einen expressen courrir abgeschückt werde. So were auch in demsel-
10
ben quaestionis „cui“ und der ratification zu gedencken und anzuführen,
11
was man verwillige, geschehe amore pacis. So könne man vieleicht auch
12
darin des fürstlich Mecklenburgischen aequivalentis gedencken. Ob an
13
die generalitet zu schreiben, wie Braunschweig Grubenhagen. Wegen des
14
anlangens bey herrn graff Servient weren sie indifferent.

15
In 2. wie Würzburg und Braunschweig Grubenhagen.

16
Dieweil das churfürstliche und fürstliche collegium albereit voneinan-
17
der gangen und es 12 uhr, so wurde von dem Salzburgischen directorio
18
kein conclusum abgefast, sondern der verlas genommen, er wolle solches
19
abfaßen und morgen vor der re- und correlation ablesen

20
Der Beschluß des FRO wurde, wie hier verabredet, am folgenden Tag verlesen (s. Nr. 168
21
bei Anm. 3).
.

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