Acta Pacis Westphalicae III A 3,5 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 5. Teil: Mai - Juni 1648 / Maria-Elisabeth Brunert
157. Fortsetzung der Re- und Correlation und Plenum Osnabrück 1648 Mai 15/25, Montag 8 Uhr
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Osnabrück 1648 Mai 15/25, Montag 8 Uhr
Sachsen-Altenburg A II 2 fol. 145’–148’ (= Druckvorlage); vgl. ferner Bamberg A V
fol. 124–124’ (Notiz) und (damit identisch) Bamberg B II fol. 195’–196 sowie Würzburg A
I 1 fol. 468, Österreich A IV (XLIV) fol. 15–15’ und (damit identisch) Österreich BB III
fol. 107–107’.
I (Vormittag; Fortsetzung der Re- und Correlation): Einigung zwischen Kurfürstenrat und
Fürstenrat über die Frage eines Waffenstillstands; Beratung über die Deputation an die Schwe-
den zur Übergabe des Conclusums über die schwedische Militärsatisfaktion; Correlation des
Städterats: grundsätzliche Übereinstimmung mit den höheren Kurien über die schwedische
Militärsatisfaktion. Planung des Plenums am Nachmittag: Dürfen die Mitglieder des Städte-
rats sitzen?
II (Nachmittag; Plenum): Verlesung des Entwurfs des Kurmainzer Reichsdirektoriums für
das Conclusum der Reichsstände zu Osnabrück über die schwedische Militärsatisfaktion,
besonders über deren Höhe.
In I und II: Keine Umfragen.
(Im Rathaus zu Osnabrück). In I vertreten (soweit ersichtlich): Kurmainz ( Reichsdirekto-
rium ), Kursachsen; Salzburg (Fürstenratsdirektorium), Sachsen-Altenburg; Straßburg ( Städ-
teratsdirektorium ).
In II vertreten (soweit ersichtlich): Kurmainz (Reichsdirektorium); Sachsen-Altenburg. (Zu
den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personenregister.)
[I] Kamen die drei reichsräthe uf dem rathhause zusammen, und anfangs
in dem gewöhnlichen großen saal
Gemeint ist der Raum im Osnabrücker Rathaus, in dem schon in den vergangenen Jahren
Re- und Correlationen der Kurien stattgefunden hatten (s. APW III A 3/3 Nr. 119 und
dazu die Abb. S. CXXXI; s. auch Steinwascher , 119). Es handelt sich um die 11,6 Meter
mal 8,2 Meter messende große Ratskammer im ersten Geschoß des Rathauses, heute als
„Friedenssaal“ bezeichnet ( Witte , 10ff.; Stephan Albrecht , 108f. [mit Abb. 60]).
menter die churfürstlichen deliberiren, das churfürstliche und fürstliche
collegium.
Kurmainzer Reichsdirektorium. (Der Churmainzische canzler herr
Reigersberger:) Man habe bey vorgestrigter angestelter re- und correla-
tion
nicht gelangen könen, weil die churfürstlichen cessationem armorum vor-
geschlagen und daß die Kayserlichen, königlich Schwedischen und Chur-
bayerischen solten hierunter angelanget und an die generalitet ieder par-
they von derselben feldherrn gesandten geschrieben werden, von seiten
des fürstlichen collegii aber man sich nicht conformiren können. A parte
des churfürstlichen collegii sey der sache iezo ferner nachgedacht worden,
und weil sie befinden, daß das fürstliche collegium nochmals uff seiner
meynung beruhe, die churfürstlichen aber ersehen, daß dem werck albe-
reit in quaestione „quomodo“ geholffen
S. Vorschlaege, welche (…) in der Frage „quomodo“ zu beobachten, praes. 1648 V 20, hier
Punkt 1 ( Meiern V, 820 ): Bedingung der Beratung über die schwed. Militärsatisfaktion
sollte sein, daß der Friede, die Waffenruhe und folglich die Abdankung und der Abzug der
Truppen vorausgesetzt würden.
daß es verbleiben möge und ein uffsatz zu verfertigen, so denen Kayserli-
chen und königlich Schwedischen per deputatos zu überreichen. Wann die
herren fürstlichen kein bedencken dabey, so solten alsdan die reichsstädte
erfordert werden.
Sachsen-Altenburg. Erinnerte, als man fürstlichentheils zusammen-
trat , man wolle allein dieses noch erinnern: Weil uf ein gewis quantum
geschloßen, so denen königlich Schwedischen pro satisfactione militiae
Suedicae vorzuschlagen , so stehe zu bedencken, ob nicht die deputirten,
ehe sie damit herausgiengen, ihnen anzudeuten, sie hetten iüngst gegen
die deputirten gedacht, man mache die sache schwerer, als sie sey
bete man, sie möchten expedientia vorschlagen, mit zugemüthführung,
daß dergleichen begehrte satisfaction ungewöhnlich, was ieziger zustand
des Römischen Reichs und was mehr vor rationes beifiehlen.
Approbatur a reliquis.
Salzburgisches Direktorium. Ein hochlöblicher fürstenrath verneh-
me gerne, daß das hochlöblichste churfürstliche collegium die quaestionem
de cessatione hostilitatis fallenlaßen, und könne man also dißeits geschehen
laßen, daß das conclusum denen reichsstädtischen eröfnet werde, aber man
habe per maiora dieses zu erinnern, weil die königlich Schwedischen sich
vernehmen laßen, man mache die sache schwerer, als sie sey, und sie wolten
expedientia vorschlagen, so halte man dafür, sie weren darum zu ersuchen
und habe man soweit zurückzuhalten. Were nun das quantum geringer, als
die stende albereit gingen, sey es zu acceptiren, wo nicht, alßdan mit dem
concluso herauszugehen.
Demnach die herren churfürstlichen sich etwas unterredet, erclerten sie
sich durch das Kurmainzer Reichsdirektorium : Sie hetten vernom-
men , was von seiten des fürstlichen collegii vorbracht, und wiße weder er,
der Churmainzische canzler, noch der Chursächßische, so der deputa-
tion mit beygewohnet
Gemeint ist die Deputation an die Schweden vom 20. Mai 1648 (s. [ Nr. 155 Anm. 4 ] ). Leuber
gehörte zu den Deputierten. Diese hatten den Schweden Vorschlaege, welche (…) in der
Frage „quomodo“ zu beobachten, sowie einen rst. Textvorschlag für den Exekutionsart.
übergeben (s. [ Nr. 155 Anm. 3 ] ).
gesaget, sie wolten expedientia vorschlagen. Zweifelten nicht, dieselben
würden sich etwa sonst deßen haben vernehmen laßen. Sed utut sit, so
hielten die churfürstlichen dafür, daß es bey dem concluso zu laßen und
darauff zu gehen, alßdan werde sich’s finden, was sie vor media vorzu-
bringen . Daß sie unter 20 oder 30 römermonat solten gehen, sey nicht
praesumirlich, iedoch solchesfalls zu acceptiren.
(Ad civitates, Churmeyntzischer canzler:) Nachdem man von denen kö-
niglich Schwedischen herren plenipotentiariis uff die quaestionem „ quo-
modo “ und punctum executionis vor erledigung des quanti keine hand-
lung erlangen könne und sie von dem reichsdirectorio begehrt, solches
den ständen vorzutragen und in deliberation zu bringen, so hetten die
beeden höhern collegia nicht unterlaßen, in umbfrage zu stellen, ob man
das quantum solle angreiffen und sich darin vergleichen. Sey demnach das
conclusum dieses, daß man dafürgehalten, es sey keine zeit zu verliehren
und auch in quanto ein conclusum zu machen; daher sie sich resolvirt, daß
amore pacis denen königlich Schwedischen, wann sie vollmacht zu tracti-
ren und zu schließen, 20 tonnen fl. zu offeriren mit diesen conditionibus:
daß 1. die quaestio „quomodo“ et 2. der articulus executionis solle richtig
und keines ohne das ander verbündlich werden; 3. sie die conferenz mit
denen Kayserlichen zu continuiren und sich über das instrumentum pacis
zu ercleren
Gemeint sind die am 23. April 1648 unterbrochenen ksl.-schwed. Konferenzen (s. Nr. 145
Anm. 3). – Das Friedensinstrument, zu dem die Schweden sich äußern sollten, meint den
KEIPO8 1648 V 11, praes. 1648 V 11. Die Schweden forderten, daß zuerst ein Beschluß über ihre
Militärsatisfaktion vorliegen müsse; erst dann wollten sie dazu Stellung nehmen (s. Nr. 155
Anm. 4).
nahmen haben möchten, abzuschneiden und 5. kein stand mit größer last
zu belegen als der ander. Dieses sey der hauptsachliche inhalt der beeden
höhern collegiorum conclusi, und wolle man vernehmen, was die herren
städtischen zu erinnern, damit hernach ein commune conclusum könne
eingerichtet werden.
Städteratsdirektorium Straßburg. Sie hettennumehrbeylauftigder
beeden höhern collegiorum conclusum vernommen und 〈dero〉 begehren,
ihre meynung zu eröfnen, so kürzlich er ablas
Der Text konnte nicht ermittelt werden. Der Entwurf war am 23. Mai 1648 im SRO verle-
sen worden und hatte als Höhe der schwed. Militärsatisfaktion die aus 30 Römermonaten
zu errechnende Summe angegeben, zahlbar von sieben Reichskreisen ( APW III A 6, 685
Z. 21ff.). Wenn man die Berechnungen Würzburgs im FRO zugrundelegt (s. S. 217 Z. 11f),
hätte das etwas weniger als 2 Millionen fl. ergeben.
in effectu dasienige sein, was sie angehört. Die übrigen conditiones auch
weren also bewant, daß sie sich allerdings zu conformiren.
Kurmainzer Reichsdirektorium. Wofern die herren fürstlichen kein
bedencken, weren die churfürstlichen einig. Die herren städtischen ver-
meinten , daß uf das „quomodo“ zu sehen, bis es richtig, und sodann
mit dem quanto herauszugehen. Weil aber die churfürstlichen und fürst-
lichen dafürhielten, man solle solche puncta combiniren, sey man einig.
Daß ezliche niederzusezen, welche 〈j〉edes standes contingent nach der
reichsmatricul einzurichten, solches werde künftig geschehen und zu sei-
ner zeit zu beobachten sein
fürstenraths unndt städteraths conclusum erlanget
Zur schriftlichen Fassung des FRO -Beschlusses von 1648 V 13/23 s. [ Nr. 156 Anm. 1 ] ; der Text
des SRO-Beschlusses vom selben Datum konnte nicht ermittelt werden (s. die vorletzte
Anm.).
conclusum ufgesezet und, wo gefellig, nachmittage hora 2 abgelesen wer-
den . Es sey in der sache behutsam zu gehen, und wolle man a parte des
reichsdirectorii es nicht uf sich allein nehmen. Heute könne man noch
wol mit denen herren Kayserlichen reden und morgendes tages mit denen
königlich Schwedischen .
Nota: Das reichsdirectorium wolte wiederum mit denen städtischen ste-
hendt referiren, aber von seiten des fürstlichen collegii wurde begehret,
man solte sich sezen.
Kurmainzer Reichsdirektorium. (Ille:) Man werde sehen, was erfol-
gen werde, weil vor die städtischen keine stühle gesetzet.
Also lies man es darauff ankommen, undt bekleidete das churfürstliche und
fürstliche collegium seine gewöhnliche sessiones. Die städtischen musten
also ingesambt stehen
Auf RT wurde den Ges. der Reichsstädte das Sitzrecht nicht eingeräumt; auf dem WFK
war es umstritten (s. [ Nr. 149 Anm. 17 ] ). Der Ges. der Stadt Bremen widmete seine kurzen,
protokollartigen Aufzeichnungen über die rst. Beratungen dieses Tages zum größten Teil
diesem Thema ( APW III A 6 Nr. 135).
[II] A meridie hora 2 kamen die 3 reichscollegia in pleno zuesammen:
Kurmainzer Reichsdirektorium. Heutiger veranlaßung nach het-
ten sie a parte des reichsdirectorii nicht unterlaßen, was sambstages, [den
13./23. Mai 1648], verglichen undt heute vorkommen, zu pappir zu brin-
gen
Zu den Beratungen des 23. Mai 1648 s. Nr. 156. Der Entwurf des Kurmainzer Reichs-
direktoriums wurde nicht ermittelt; Text der Endfassung dieses Conclusums der Rst.
zu Osnabrück über die schwed. Militärsatisfaktion, besonders über deren Höhe, datiert
Osnabrück 1648 V 15/25: Sachsen-Altenburg A II 2 fol. 150–153 (Lemma: Reichßcon-
clusum [!] uber dem quanto satisfactionis militiae Suedicae ); schwed. Überlieferung: APW
II C 4/2 Nr. 248 Beilage D; Druck mit Diktatvermerk Osnabrück 1648 V 26 durch das Kur-
mainzer Reichsdirektorium: Meiern V, 825 –828 (fälschlich als FR-Conclusum bezeichnet;
der Umrechnungskurs für das rst. Angebot an Schweden von 20 Tonnen Gold ist hier mit
120 000 Rheinische fl. pro Tonne angegeben, während sowohl die sachsen-altenburgische
als auch die schwed. Überlieferung 100 000 Rheinische fl. pro Tonne nennen).
Kayserlichen und königlich Schwedischen übergeben werden. Und zwar
hetten die herren Kayserlichen hora 4 beniemet, und die herren Schwedi-
schen , wan man von denen Kayserlichen abgienge. Wer was zu erinnern,
möge es alsbald thun, ohne umbfrage, die zeit zu gewinnen.
(Ille:) Habe Rheinische fl. explicirt, den thaler uf 1,5 fl.
Placebat zu sezenn: „deren 3 zwey thaler thun“
Wurde entsprechend ergänzt, s. die Endfassung des Conclusums der Rst. zu Osnabrück
( Meiern V, 826f. , hier 827, letzter/erster Absatz, beginnend Nichtsdestoweiniger gleich-
wohl ) .
Sachsen -Altenburg. Extra ordinem müße man erinnern, daß die könig-
lich Schwedischen zu ersuchen, sich super instrumento pacis per „placet
vel non placet“ zu ercleren
Steht so in der Endfassung des Conclusums der Rst. zu Osnabrück ( Meiern V, 827 , vierter
Absatz, beginnend 3) Daß die ); das erwähnte Friedensinstrument war der KEIPO8 1648 V 11 (s.
Anm. 7).
„über die unverglichene puncta“
wurdt.
Die Reichsstädte erinnerten, post verba „proportion der reichsmatri-
cul “ beyzusezen: „oder iedes orts hergebrachten anschlag“
Steht so in der Endfassung des Conclusums ( Meiern V, 826f. , hier 826, letzter/erster Absatz,
beginnend Nichtsdestoweiniger gleichwohl ). Gemeint ist die Berechnungsgrundlage für
den Anteil jedes Rst. s an der schwed. Militärsatisfaktion.
Inserebatur.
Es folgt ein Hinweis auf den Text des reichsconclusum[s]
directorium hierin abgefast unnd denen herren Kayserlichen und herren
Schwedischen dieses tages per deputatos übergeben worden, auch per dic-
taturam communicirt.