Acta Pacis Westphalicae III A 3,5 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 5. Teil: Mai - Juni 1648 / Maria-Elisabeth Brunert
EINLEITUNG
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EINLEITUNG
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A Die Beratungen im Mai und Juni 1648 zur schwedischen Militärsatisfaktion
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I. Die politischen und militärischen Rahmenbedingungen
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1. Der Einfluß der politischen Lage auf die Reichskurien in Osnabrück
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2. Der Einfluß der militärischen Lage auf die Beratungen des Fürstenrats Osnabrück
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II. Die Reichskurien in Osnabrück in ihrer Beziehung zu den Kaiserlichen, Schweden und Frankreich
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1. Kaiserliche
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2. Schweden
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3. Frankreich
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III. Die Beziehung der Reichskurien untereinander
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1. Kurfürstenrat, Fürstenrat und Städterat Osnabrück
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2. Die Teilkurien in Osnabrück und Münster
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IV. Ergebnisse der Beratungen in Osnabrück
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B Die Überlieferung
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I. Protokollführung und Druckvorlagen
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II. Beschreibung der herangezogenen Protokollserien
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1. Allgemeines
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2. Die Protokollserien
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III. Nicht herangezogene und fehlende Provenienzen
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IV. Die Einrichtung der Edition
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A Die Beratungen im Mai und Juni 1648 über die Höhe der schwedischen Militärsatisfaktion
Der vorliegende Band dokumentiert die erste Phase der letzten Beratungs- periode des Fürstenrats Osnabrück. Sie setzt mit dem 6. Mai 1648 ein, als der Osnabrücker Fürstenrat zum ersten Mal nach über sieben Monaten zusammentrat
Die letzte Sitzung des
FRO
hatte am 30. September 1647 stattgefunden (s.
APW III A 3/4 Nr. 144).
, und endet mit einer Plenarsitzung der Osnabrücker Teil- kurien am 17. Juni 1648. In diesen sechs Wochen berieten Kurfürstenrat und die Osnabrücker Teilkurien des Fürstenrats und Städterats vorrangig über
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die Höhe der schwedischen Militärsatisfaktion, die von den Reichsständen aufgebracht werden mußte.
Die am 6. Mai 1648 einsetzende Sitzungsperiode des Fürstenrats Osnabrück unterscheidet sich wesentlich von der vorhergehenden: Von Mai 1646 bis September 1647 hatte er, jeweils in Abstimmung mit dem Fürsten- rat Münster, sporadisch getagt, wenn zu einer konkreten Frage das Gut- achten der Reichsstände gefordert war
Die Protokolle sind ediert in
APW III A 3/4.
. Jetzt verselbständigten sich die Reichsstände in Osnabrück unter der Führung des Kurmainzer Reichsdi- rektoriums in hohem Maße, indem sie, ohne Berücksichtigung des Fürsten- und Städterats Münster, Re- und Correlationen abhielten und mit Schwe- den sowie Frankreich verhandelten. Entsprechend enthält der vorliegende Band neben den Protokollen von 22 Sitzungen des Fürstenrats Osnabrück die zugehörigen Re- und Correlationen, Plenarversammlungen und Kon- ferenzen . Die Dokumentation dieser verhandlungsintensiven Zeit wird vervollständigt durch 16 Deputationen der Osnabrücker Teilkurien an die Kaiserlichen, die Schweden sowie (je einmal) an die kurbayerischen und den französischen Gesandten, über die in Fürstenrats- oder Plenarsitzun- gen und damit in den Protokollen berichtet wird.
Nachdem die Osnabrücker Reichsstände am 13. Juni 1648 den Schweden die geforderten 5 Millionen Reichstaler für ihre Militärsatisfaktion unter bestimmten Bedingungen und mit Vorbehalten bewilligt hatten, erklärten die Schweden zwei Tage später ihr Einverständnis, wenn sie auch nicht alle Vorbehalte akzeptierten. Die Zustimmung der in Münster vertrete- nen Reichsstände lag freilich nicht vor, und die Beratungen waren gegen den Willen der Kaiserlichen durchgeführt worden. Wie es dazu kommen konnte, zeigt ein Blick auf die politische und militärische Lage.
I. Die politischen und militärischen Rahmenbedingungen
1. Der Einfluß der politischen Lage auf die Reichskurien in Osnabrück
Wesentliche Punkte der künftigen Friedensverträge wie die schwedische und französische Territorialsatisfaktion sowie die Pfalzfrage waren 1647 abschließend verhandelt worden
Über die schwed. Territorialsatisfaktion war durch den ksl.-schwed. Vorvertrag von 1647 II 8/18, über die frz. durch den ksl.-frz. Vorvertrag von 1647 XI 11/14 eine Einigung erzielt worden (s.
Dickmann , 324;
[ Nr. 173 Anm. 18 ] ). Die Pfalzfrage war im wesentlichen im August 1647 geklärt worden (s.
[ Nr. 164 Anm. 32 ] ).
; doch schien der Friede dennoch fern. Schweden und Frankreich waren nach wie vor vertraglich bis zum all-
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gemeinen Friedensschluß aneinander gebunden
. Kurfürst Maximilian I. von Bayern war zwar durch die Aufkündigung des Ulmer Waffenstill- stands mit Schweden und Hessen-Kassel im September 1647 an die Seite des Kaisers zurückgekehrt, befand sich aber in ständiger Sorge, ob er mit diesem Schritt tatsächlich den Krieg verkürzt und seine eigene Position verbessert hatte. Die Sorge wuchs, als ihm Frankreich Ende Dezember 1647 den Waffenstillstand aufkündigte
. Auch die spanisch-französischen Verhandlungen gaben Anlaß zur Besorgnis, denn hier schien ebenfalls kein Abschluß in Sicht, so daß die Reichsstände fürchteten, für spanische und damit auswärtige Belange den Krieg fortsetzen zu müssen.
Erst recht nach Abschluß des spanisch-niederländischen Friedens am 30. Ja- nuar 1648 und nach dessen Beeidigung am 15. Mai schien ein Abschluß mit Frankreich angesichts der freiwerdenden Kräfte Spaniens in weite Ferne gerückt
S. Nr. 151 bei Anm. 37, Nr. 153 bei Anm. 37.
. Frankreich drängte nunmehr verstärkt auf Verhandlungen über seine drei Forderungen: das Verbot kaiserlicher Assistenz für Spanien und den Ausschluß des Burgundischen Reichskreises sowie des Herzogs von Lothringen aus dem Frieden
. Schweden hatte bereits im August 1647 mit 20 Millionen Reichstalern eine konkrete Summe für die Satisfaktion seiner Armee genannt und seither auf Verhandlungen über diese Forderung gedrängt
.
Ende 1647 schien daher die Lage auf dem Westfälischen Friedenskongreß wenig aussichtsreich, zumal über den heiklen Punkt der Religionsgrava- mina noch keine Übereinkunft getroffen war
S. dazu
Repgen ,
Hauptprobleme, 412–419.
. Vor diesem Hintergrund war die Wahl des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp von Schönborn zum Kurfürsten von Mainz am 19. November 1647 ein Ereignis von hoher politischer Relevanz; denn es war bekannt, daß er den Frieden erstrebte, auch wenn er Opfer kosten würde
Loewe ,
176;
[ Nr. 145 Anm. 2 ] . S. auch das Würzburger Votum vom 10. Juni 1648: wie
kundbar,
heißt es dort, sei dem Kf.en von Mainz die promotio pacis [...] am höchsten angelegen
(Nr. 171 bei Anm. 21).
. Da er nunmehr als Erzkanzler an Ein- flußmöglichkeiten gewonnen hatte, durfte man eine entscheidende Bele- bung der Verhandlungen von ihm erwarten.
Schönborn hätte seine Friedensbestrebungen allerdings nicht umsetzen können, wenn es unter den Reichsständen nicht Gleichgesinnte gegeben
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hätte, von denen Kurfürst Maximilian I. von Bayern der mächtigste war. Der Wittelsbacher hatte seine politischen Ziele erreicht, seit im August 1647 die Pfalzfrage in den für ihn wesentlichen Punkten (der endgültigen Über- tragung der fünften Kur und der Oberpfalz auf ihn und seine männlichen Erben) entschieden war, wenn auch noch ein rechtsverbindliches Doku- ment darüber fehlte
. Immer entschlossener den Frieden erstrebend, war Maximilian Anfang Februar 1648 bereit, unabhängig vom Kaiser konkrete Schritte zur Beendigung des Krieges zu unternehmen, indem er gemein- sam mit Kurmainz durch einen überkonfessionellen Zusammenschluß der friedenswilligen Reichsstände die erfolgreiche Beendigung der jahrelangen Verhandlungen zu erreichen suchte. Ein solcher Versuch erschien erfolg- versprechend , weil Maximilian wußte, daß auch auf protestantischer Seite Bereitschaft zu einem derartigen Zusammenschluß bestand
Zur Initiative Kf. Maximilians, die friedenswilligen
Rst.
beider Konfessionen zu vereinen, s. sein Memorial für Johann Adolf Krebs von 1648 II 3 für dessen Reise von München zum
WFK
mit Zwischenaufenthalten in Würzburg und Bonn. Krebs sollte dort mit den Kf.en von Mainz und Köln und eventuell auch mit dem Fbf. von Bamberg Gespräche führen, während Schönborn die Aufgabe zugedacht war, mit dem Kf.en von Trier brieflich Verbindung aufzunehmen. Erwähnt sind parallele Pläne der Protestanten zur Einigung der
Rst.
und ein Schreiben des Kf.en von Brandenburg an Maximilian, das Anlaß gab, den Hohenzollern zu den friedenswilligen und verständigungsbereiten
Rst.
n zu rechnen (
HHStA
MEA
FrA
Fasz.
23 [2] unfol.; von
Foerster , 340, nur partiell ausgewertet).
. Ergebnis dieser mehrseitigen, bis ins Jahr 1647 zurückreichenden Bestrebungen war die Formierung einer „dritten Partei“
Albrecht , Maximilian, 1046, zählt außer Kurbayern Kurmainz, Kurtrier, Bamberg, Würzburg und (als passives Mitglied) Kurköln sowie Kurbrandenburg, Kursachsen, Sach- sen -Altenburg und Braunschweig-Lüneburg dazu. Diese
Rst.
bildeten weder eine homo- gene noch eine geschlossene Gruppe, sondern hofften vielmehr auf weitere Anhänger zur Durchsetzung ihrer Ziele. Zu Plänen vom Dezember 1647, welche die Einigung zwi- schen moderaten kath.
Rst.
n und führenden ev. intendierten, s.
Odhner , 247. Die Motive und Pläne der führenden ev.
Rst.
aus dem
FR
(Sachsen-Altenburg und Braunschweig-Lüneburg) sind für diesen Zeitraum wenig erforscht.
, mit deren Hilfe erfolgreiche, kai- serlich -schwedisch-reichsständische Verhandlungen in Gang kamen. Deren Frucht waren eine Reihe von Vereinbarungen
Zehn Vereinbarungen wurden ausgehandelt, nur bei einer ist die Unterzeichnung unsicher (s.
[ Nr. 174 Anm. 19 ] ).
, die in der Zeit vom 2. März bis zum 24. April 1648 in Osnabrück unterzeichnet wurden und wesentliche Bestandteile des Instrumentum Pacis Osnabrugensis (fast in der endgültigen Form) vorwegnahmen.
Diese erfolgreiche Verhandlungsphase endete, als am 23. April Instruktio- nen Kaiser Ferdinands III. bei seinen Gesandten in Osnabrück eintrafen,
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welche die vorrangige, abschließende Behandlung der Amnestie in den kaiserlichen Erblanden (des sogenannten § „Tandem omnes“) und die Ver- tagung der Verhandlungen über die schwedische Militärsatisfaktion als Bestandteil der Exekution des Friedens bis zum Schluß der Verhandlun- gen befahlen
. Schweden aber bestand auf der gleichzeitigen Behandlung beider Materien und konnte (von verhandlungstaktischen Gesichtspunk- ten abgesehen) für sich ins Feld führen, daß ein sachlicher Zusammen- hang gegeben war. Da viele Exulanten aus den kaiserlichen Erblanden der schwedischen Armee angehörten, mußte die Militärsatisfaktion für Schweden um so höher bemessen werden, falls sie nicht in ihre Heimat zurückkehren und ihre Güter wiedererlangen konnten
. Da die Kaiserli- chen darauf nicht eingingen, kamen die Verhandlungen für zwei Wochen zum Erliegen.
In dieser Situation entstand, zuerst bei den Protestanten, der Plan, über beide Punkte in den Reichskurien beraten und abstimmen zu lassen. Ver- schiedene reichsständische Gruppen und Gremien versuchten Ende April/Anfang Mai, dazu die Genehmigung der Kaiserlichen zu erhalten. Sie scheiterten, da diese zum einen nach wie vor die Militärsatisfaktion erst am Schluß aller Verhandlungen vornehmen wollten und sich zum ande- ren entschieden dagegen verwahrten, die Reichskurien über die umstrittene Amnestie in den Erblanden abstimmen zu lassen; denn nach ihrer Überzeu- gung kam den Reichsständen kein Recht zur Beschlußfassung in Dingen zu, welche den Kaiser als Landesherrn betrafen. Schließlich beschlossen Kur- mainz , Kurtrier, Kurköln, Kurbayern, Bamberg und Würzburg, somit der katholische Teil der „dritten Partei“, trotz des Widerstands der Kaiserlichen gemäß dem Vorschlag des Corpus Evangelicorum die beiden umstrittenen Punkte in die Reichskurien zu bringen
.
Auch ein letzter Versuch der Kaiserlichen, den schon begonnenen Sitzun- gen der Reichskurien am 6. Mai Einhalt zu gebieten, war erfolglos
. Diese Widersetzlichkeit war angesichts der nachdrücklichen Verweise auf die anders lautenden kaiserlichen Befehle ein unerhörter Vorgang. Allerdings hatte Schönborn, der Exponent dieser friedenswilligen „Partei“, keine prin- zipiellen Ambitionen zum Umsturz oder auch nur zur Modifikation der Reichsverfassung. Doch war er in dieser Situation überzeugt, über die Befehle des Kaisers und auch über die abweichende Meinung jener ( katho-
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lischen ) Reichsstände, die sich seiner Faktion nicht angeschlossen hatten, um der Befriedung des Reiches willen hinweggehen zu müssen
Jürgensmeier , Fürstbischof, 386;
Gotthard , Friede, 18. Jürgensmeier wendet sich gegen die Ansicht, das Vorgehen des Mainzer Kf.en, der den Ksl. die Verhandlungsinitiative entwand, sei eigentlich eine Verfassungsrevolution gewesen. Von einer 1645 einsetzenden, quasi revolutionionären Selbstversammlung der
Rst.
in Münster und Osnabrück spricht
Becker , 154; ebenso
Albrecht , Reichsstände, 249.
.
2. Der Einfluß der militärischen Lage auf die Beratungen des Fürstenrats Osnabrück
Hintergrund für die Bereitschaft, die Friedensverhandlungen auf einem anderen als vom Kaiser befohlenen Weg voranzutreiben und, selbst unter Opfern, zum Friedensschluß zu gelangen, waren die erschöpften Ressour- cen wie auch die aktuelle militärische Lage. Zwar war die französische Armee Ende 1647 durch ihre Kämpfe in Flandern geschwächt gewesen, doch hatte sie während des Winters 1647/1648 Truppen in Norddeutschland angeworben. Unterdessen hatte sich die schwedische Armee in ihren Quar- tieren im Niedersächsischen Reichskreis regeneriert, während die kaiserli- che am Ende des Winters an Kampfkraft verlor. Ihr Einquartierungsgebiet erstreckte sich von Frankfurt am Main im Süden bis nach Saalfeld ( Sach- sen -Altenburg) und in die Gegend nördlich von Kassel, wobei die Reiterei im Gebiet der bereits vorher schwer geschädigten Grafschaft Henneberg stand. In den Fürstenratsprotokollen schlug sich diese besondere Belastung im Votum Hennebergs vom 9. Mai 1648 nieder, dessen Gesandter behaup- tete , die Grafschaft sehe
fast nicht einem lande gleich
S. Nr. 147 bei Anm. 71; zu den Winterquartieren s.
Höfer , 145ff, 150.
. Die bayerische Reichsarmee lag von Mitte Dezember bis Mitte Februar im Hauptquar- tier bei Kitzingen (Hochstift Würzburg) und befand sich in einem besseren Zustand als die kaiserliche.
Nachdem die Schweden unter Wrangel schon im Januar 1648 aus ihren Quartieren aufgebrochen und zunächst bis nach Salmünster an der Kin- zig (Fürstabtei Fulda) gezogen waren, wich die kaiserliche Armee bei Annäherung der Schweden Richtung Süden aus und überschritt am 15. Februar teils in Ochsenfurt (Hochstift Würzburg), teils in Würzburg den Main, vereinigte sich am 16. bei Uffenheim (Brandenburg-Ansbach) mit der bayerischen Armee, zog von dort in den Raum südöstlich von Nürnberg und deckte von dieser Stellung aus Böhmen, die Oberpfalz, Bayern und Schwaben. Kaiser und Kurbayern fürchteten eine Vereinigung der schwe- dischen und französischen Armeen. Vor allem Kurfürst Maximilian war
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nach Aufkündigung des Waffenstillstands durch Frankreich in berechtigter Sorge wegen eines bevorstehenden französischen Angriffs.
Am 6. und 7. Februar zog eine Armee von 6000 Mann unter Turenne über den Rhein und näherte sich nördlich des Mains der Armee Wrangels. Die Franzosen überschritten den Main bei Lohr (Kurmainz), erreichten am 7. März die Tauber bei Tauberbischofsheim (Kurmainz) und gingen von dort in den Taubergrund vor. Die Hauptabteilung der Schweden überschritt am 27. und 28. Februar den Main bei Ochsenfurt und zog über Windsheim in südlicher Richtung weiter, während die französische weiter westlich über Crailsheim (Brandenburg-Ansbach) das Jagsttal aufwärts marschierte, bei Ellwangen nach Osten einschwenkte und sich bei Öttingen (Grafen von Öttingen-Öttingen) am 23. März mit der schwedischen vereinigte. Dar- aufhin wich das kaiserlich-bayerische Heer aus, indem es unterhalb von Ingolstadt die Donau nach Süden hin überschritt.
Turenne sah deshalb seine Aufgabe als erledigt an, trennte sich von den Schweden, kehrte (wegen der dort besseren Versorgungsmöglichkeiten) in die Maingegend zurück und konzentrierte seine Truppen bis Mitte April im Raum Kitzingen, Uffenheim und Ochsenfurt, um dann wieder nach Crails- heim zurückzumarschieren. Indessen überschritt das kaiserlich-bayerische Heer bereits am 8. und 9. April die Donau wieder in nördlicher Rich- tung , um die geringen Vorräte auf dem Südufer zu schonen. Die Schweden detachierten inzwischen ein Korps, um das von kaiserlichen Truppen bela- gerte Eger zu entsetzen, was am 6. April gelang. Nach der Rückkehr des Korps konnte die von einer bayerischen Besatzung verteidigte Reichsstadt Dinkelsbühl am 21. April genommen werden.
Ende April traf die schwedische Generalität in Nördlingen mit dem Kriegs- und Assistenzrat Erskein zusammen, um die Operationsziele für das lau- fende Jahr festzulegen. Sie wurden insofern mit Rücksicht auf die Verhand- lungen über die Militärsatisfaktion auf dem Friedenskongreß getroffen, als der (nach vorangehender Schädigung Kurbayerns) geplante Zug in die kaiserlichen Erblande dazu dienen sollte, dem übrigen Reichsgebiet eine gewisse Erholungszeit zu gönnen, damit es bei Friedensschluß um so besser die schwedischen Truppen aufnehmen könne, mit deren vorübergehendem Verbleib im Reich über den Friedensschluß hinaus die schwedische Gene- ralität damals offensichtlich bereits rechnete
Höfer ,
172f und 157–172 zum Vorhergehenden.
.
Erskein war jene wichtige Persönlichkeit, die eine Mittlerfunktion zwischen der Armee Schwedens und den Gesandten der Krone auf dem Friedenskon- greß wahrnahm. Seiner Ankunft in Osnabrück sahen die reichsständischen
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Gesandten bereits im Mai 1648 mit Sorge entgegen; denn im August 1647 war er es gewesen, der für die schwedische Armee 20 Millionen Reichsta- ler gefordert hatte. Erskein traf schließlich am 13. Juni 1648 in Osnabrück ein und damit am selben Tag, an dem die Teilkurien in Osnabrück den Schweden ein Angebot von 5 Millionen Reichstalern unterbreiteten, das um 2 Millionen niedriger war als Erskeins (bereits reduzierte) Forderung, aber dennoch von den schwedischen Gesandten akzeptiert wurde
S.
[ Nr. 173 Anm. 23 ] und 39. Zur Erwartung von Erskeins Ankunft s. Nr. 156 bei Anm. 27, Nr. 159 bei Anm. 10.
.
Sechs Wochen zuvor waren auf dem Kriegsschauplatz Fakten geschaf- fen worden, die geeignet waren, die Friedensbereitschaft zumindest im Schwäbischen und Bayerischen Reichskreis weiter zu fördern: Ende April/Anfang Mai hatten sich die schwedische und französische Armee erneut vereinigt, waren im Parallelmarsch Richtung Südwesten gezogen und hat- ten im Herzogtum Württemberg ihre Quartiere aufgeschlagen
. Der württembergische Gesandte meinte daraufhin, daß vielleicht niemand mehr Ursache habe, den Frieden zu fördern, als Württemberg, da es
den kriegesschwall uf dem halse
S. die Protokolle vom 14. und 15. Mai 1648 (Nr. 151 bei Anm. 44 und Nr. 152 bei Anm. 15).
. Am 22. Mai gab er zu Protokoll, daß
liber- tas voti [...] gleichsam denen abgeschnitten [werde], welche den Solda- ten im lande
. Der Einfluß des Kriegsgeschehens auf die Beratungen in Osnabrück wird auch dadurch evident, daß der Kurmainzer Kanz- ler Raigersperger am 27. Mai den Osnabrücker Gesandten bekanntgab, Oxenstierna habe ihm ein Schreiben Wrangels aus dessen württember- gischen Hauptquartier vorgelesen, in dem der Feldmarschall 10 Millio- nen Reichstaler Satisfaktion für die schwedische Armee (und damit mehr als die schwedische Königin) fordere
. Im selben Brief wurde auch die Entsendung Erskeins angekündigt, den die Reichsstände nur mit Bangen erwarten konnten. Das Schreiben diente mithin als Druckmittel, um die Reichsstände zur schleunigen Erhöhung ihres Angebots für die Militärsa- tisfaktion zu nötigen.
Inzwischen hatte die Niederlage bei Zusmarshausen (Hochstift Augsburg) am 17. Mai die Perspektiven für die kaiserlich-bayerische Armee weiter verschlechtert. Nachdem sie am 1. und 2. Mai in Donauwörth erneut die Donau überschritten hatte, brachen am 11. Mai Schweden und Franzosen aus ihren schwäbischen Quartieren auf, setzten am 16. Mai im französisch besetzten Lauingen (Pfalz-Neuburg) über die Donau und trafen am 17.
[p. L]
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westlich von Augsburg bei Zusmarshausen auf die kaiserlich-bayerischen Truppen. Die Gefechte, in denen der kaiserliche Feldmarschall Holzappel gen. Melander den Tod fand, verliefen so, daß Kaiserliche und Bayern sich zunächst bis zur Isar zurückzogen, diese in der Nacht zum 4. Juni kampflos preisgaben und ihre Anstrengungen auf die Verteidigung des Inns konzentrierten. Kurfürst Maximilian floh unterdessen nach Salzburg
S.
[ Nr. 164 Anm. 7 ] . Die Gefechte bei Zusmarshausen stellen eine Niederlage dar, wenn man die politischen Folgen berücksichtigt (s.
Albrecht , Maximilian, 1080). Vom militärischen Standpunkt ist der Ausgang als unentschieden zu bewerten (
Höfer , 195). Der bay.
Ges.
hat in seinem Votum vom 2. Juni wahrscheinlich auf Zusmarshausen angespielt (s.
[ Nr. 164 Anm. 7 ] ). Oxenstierna und Salvius gaben die Nachricht über den „schwedischen Sieg bei Augsburg“ am 1. Juni an ihre Kg.in weiter (
APW II C 4/2 Nr. 484 Beilage B). Zur Flucht des Kf.en s.
Albrecht , aaO, 1081.
. Diese Nachrichten werden in den Fürstenratsprotokollen zwar nicht direkt erwähnt, doch geht man sicherlich nicht fehl in der Annahme, daß sie den bayerischen Gesandten am 16. Juni zu dem Vorschlag motivierten, denen herren Kaiserlichen zu remonstriren, daß man in dem unseeligen kriege nicht könne lenger stehen und zugrundegehen
S. Nr. 174, letzter Satz des bay. Votums.
.
Schließlich benutzten die Schweden auch die schon im April 1648 auf dem Kongreß kursierenden Gerüchte über ein Kommando für Pfalzgraf Karl Gustav und frische Truppen aus Schweden, um die Reichsstände zur Bewil- ligung der geforderten Summe für ihre Militärsatifaktion zu nötigen, indem sie dem braunschweigischen Gesandten Langenbeck in Aussicht stellten, bei Bewilligung der geforderten 5 Millionen Reichstaler den Pfalzgrafen brief- lich davon abbringen zu wollen, mit seiner Armee ins Reich einzurücken
. Implizit war damit gesagt, daß die Reichsstände durch frische schwedische Truppen eine Vergrößerung der Kriegsdrangsale zu erwarten hatten, falls sie nicht das geforderte Geld bewilligten.
Neben solchen aktuellen Gefahren und den Feldzügen, die im Mai und Juni 1648 vor allem, aber nicht nur
Im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis stand der ksl. Feldmarschall Lamboy. Da Kurköln, das für ihn Militärsatisfaktion forderte (s.
[ Nr. 154 Anm. 41 ] ), in Münster vertreten war, ist er in den Protokollen des
FRO
nur am Rande erwähnt. Im März 1648 hatte er eine Diversion in Richtung Weser gegen hessen-kasselsche Truppen unternommen (
Höfer , 162), während für den Frühsommer nur kleinere Aktionen (wie die Einnahme Breitenbends, s.
[ Nr. 156 Anm. 19 ] ) zu verzeichnen sind.
, die südlichen Reichskreise betra- fen , waren es noch nicht behobene Kriegsschäden zurückliegender Jahre, welche die Friedensbereitschaft mobilisierten. Die Folgerungen der ein- zelnen Reichsstände waren freilich verschieden. Ein Teil, wie zum Bei-
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spiel Anhalt
, konnte sich der Einsicht nicht verschließen, daß jeder auf Schädigungen und „Ruin“ verweisen konnte, der Krieg jedoch beendet werden müsse und jeder zu den Lasten, wie sie sich aus der Militärsa- tisfaktion ergeben würden, beitragen müsse; andere (wie Pfalz-Neuburg und vor allem Bamberg
Zu Pfalz-Neuburg s. Nr. 145 bei Anm. 63. Zu Bamberg s. Nr. 147 bei Anm. 29; der
Ges.
hatte offensichtlich detaillierte Schadenslisten, denen er seine sehr konkreten Angaben entnahm. Zu jenen, die auf derartige Schilderungen und die Forderung nach Exemtion verzichteten, gehörten die fürstlich sächsischen und braunschweigischen
Ges.
Auch der würzburgische und bay.
Ges.
gaben nichts Derartiges zu Protokoll, wobei sicherlich Rücksicht auf die Reputation der (Kur-)Fürsten eine Rolle gespielt hat.
), schilderten ihre Kriegsschäden als besonders gravierend und forderten Exemtion oder Moderation ihrer Beiträge. Auch diese Bemühungen haben bewirkt, daß in den Protokollen vom Mai und Juni 1648 mehr als in jenen der vorangehenden Jahre von den Begleiter- scheinungen des Krieges und seinen desaströsen Auswirkungen die Rede ist.
II. Die Reichskurien in Osnabrück in ihrer Beziehung zu den Kaiserli- chen , Schweden und Frankreich
1. Kaiserliche
Gleich in der ersten Sitzung der dokumentierten Beratungsphase wurden die Reichsstände durch eine Unterbrechung nachdrücklich daran erinnert, daß sie sich gegen den Willen der Kaiserlichen versammelt hatten und sich anschickten, über eine Frage zu beraten, die sie nach kaiserlicher Auf- fassung nichts anging. Die Kaiserlichen ließen den Gesandten am 6. Mai ausrichten, daß sie ihre Proteste wiederholen würden, falls die Kurien über die Amnestie in den kaiserlichen Erblanden einen Beschluß faßten
S. Nr. 145 bei Anm. 20; zu den nachdrücklichen Warnungen der Ksl. im Vorfeld der Sitzung s.
ebenda , Anm. 6.
. Im Protokoll heißt es allerdings nur lapidar, daß das Salzburgische Direkto- rium die geplante Beratung fortsetzen ließ. Die Reichsstände waren dem- nach von dem Eventualprotest unbeeindruckt und ließen sich auch durch den weiteren Eventualprotest des österreichischen Gesandten Goll nicht beirren, der vorsorglich gegen alles protestierte, was dem Kaiser oder dem Erzhaus an Nachteilen aus diesem Prozedere der Reichsstände erwachsen könnte
. Goll, der in den vorangehenden Jahren im Fürstenrat Münster mit seiner stabilen katholischen Mehrheit votiert hatte, zeigte sich nicht nur
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durch seinen Protest als Sachwalter der Kaiserlichen, sondern auch durch den Inhalt seines langen Votums, das er den Sachsen-Altenburgern (und damit dem Direktorium des Corpus Evangelicorum) schriftlich mitteilte. Er rief darin die Reichsstände auf,
constantia in den Verhandlungen über die schwedische Militärsatisfaktion zu beweisen, einmütige Reichsconclusa zu beschließen, sich nicht durch Drohungen beeindrucken zu lassen, nicht zum Spott der Nachwelt die Feinde zu bezahlen, sondern vielmehr Gegen- forderungen zu erheben und Gegenrechnungen aufzumachen, indem in genauen Verzeichnissen dokumentiert werde, was jedes Territorium seit 1630 durch wen und wann erlitten habe. Dann würde mancher Offizier oder ganze Regimenter sich selbst schämen, einsehen, daß sie nichts zu fordern hätten, und froh sein, wenn sie das behalten könnten, was sie sich angeeignet hatten
S. S. 14 Z. 16-S. 23 Z. 39.
.
Das war sicherlich eine sorgsam vorbereitete Rede, die auch durch die leb- hafte Schilderung der (Miß-)Bräuche im damaligen Kriegswesen besticht. Sie wies aber einen Weg, den die übrigen Gesandten nicht für gangbar hiel- ten , um zu einem baldigen Friedensschluß zu kommen. So betrachtete man sie wohl als Fundus für Argumente, warum ein Soldat wenig zu fordern habe
, ließ sich aber auf die vorgeschlagene Verhandlungstaktik nicht ein. Österreich führte zwar sechsmal das Direktorium im Fürstenrat
S. Nr. 146, 147, 152, 153, 154 und 156.
, geriet aber immer mehr ins Abseits. Am 9. Mai konnte Goll zwar noch dafür sorgen, daß der von ihm verlesene Auszug aus der kaiserlichen Instruk- tion vom 6. Dezember 1647 mit der Forderung nach Militärsatisfaktion für die kaiserliche und kurbayerische Reichsarmee tatsächlich in den Voten beachtet wurde, während der Städterat Osnabrück, dem er den Auszug selber zustellte, gar keine Umfrage mehr veranstaltete und folglich auch die kaiserliche Forderung nicht berücksichtigte
. Doch mußte Goll sich in derselben Sitzung sagen lassen, daß seine Vorschläge vom 6. Mai, wie mit den schwedischen Truppen Abrechnung zu halten sei, kaum praktikabel seien; und Sachsen-Altenburg wendete die Ausführungen Golls gar gegen die kaiserlichen Ansprüche: Eigentlich habe keine Armee etwas zu fordern, wie der
„vortreffliche“ Gesandte nachgewiesen habe, also auch die kaiser- liche nicht
S. Nr. 147 bei Anm. 32 und S. 71 Z. 7ff.
. Der Beschluß, den die Osnabrücker Reichsstände am 12. Mai dazu faßten, fiel dann auch nicht zur Zufriedenheit der Kaiserlichen aus, da
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sie für ihre Armeesatisfaktion mehr als nur die Zuweisung des Österreichi- schen Reichskreises forderten, wie sie einer reichsständischen Deputation am 13. Mai mitteilten
Beschluß vom 2./12. Mai: s. Nr. 149, Ende des Protokolls, Punkt 2; zur Kritik der Ksl. s. Nr. 151, Beginn des Protokolls.
.
Symptomatisch für die Art, wie das Salzburgische Direktorium in Zusam- menarbeit mit dem Reichsdirektorium Goll und damit die Kaiserlichen ausschalten konnte, ist eine Auseinandersetzung zwischen dem Österrei- chischen und Salzburgischen Direktor (also Goll und Johann Adam Krebs) am 15. Mai: Das Salzburger Direktorium hatte gegen die Ankündigung und ohne vorherige Absprache mit dem Österreichischen Direktorium auf Anordnung des Reichsdirektoriums eine Fürstenratssitzung einberufen und die Beratungsvorlage verfaßt, ohne Goll als den Österreichischen Kondi- rektor hinzuzuziehen. Die Beratungsvorlage wurde nicht durch Dikta- tur bekanntgegeben, sondern erst in der Sitzung verlesen, so daß Goll nicht die Möglichkeit hatte, sich mit den Kaiserlichen zu beraten. Dem- gemäß beschwerte er sich über die überraschende Einberufung der Sitzung sowie über die Abfassung des Schriftsatzes ohne seine Beteiligung. Er ver- zichtete auf eine Meinungsäußerung, da er vorher mit den Kaiserlichen darüber reden müsse
S. den Anfang des Protokolls in Nr. 152; zur Absicht Golls, mit den Ksl. zu reden, s.
ebenda , bei Anm. 10.
. Die zufällige personelle Konstellation, daß der Salzburgische Kondirektor ein Kurmainzer Gesandter war
Der Kurmainzer
Ges.
Johann Adam Krebs hatte noch von Schönborns Vorgänger, dem am 9. Oktober 1647 verstorbenen Kf.en Anselm Kasimir Wambold zu Umstadt, die Geneh- migung erhalten, das Votum des abberufenen Salzburger Primarges. Zauchenberger zu übernehmen (s.
[ Nr. 145 Anm. 2 ] ).
und damit engste Beziehungen zum Reichsdirektorium hatte, ermöglichte es, Goll zu übergehen und den Kaiserlichen die Möglichkeit zu beschneiden, über das Österreichische Direktorium Einfluß auf den Fürstenrat auszuüben. Etwa zwei Wochen später zog Goll die Konsequenzen aus seinen herben Erfahrungen und begab sich Ende Mai wieder nach Münster, da die Bera- tungen je länger, je mehr auf die Zurücksetzung der Kaiserlichen gerichtet seien, und zwar nicht nur durch die Protestanten, sondern auch durch die katholischen Reichsstände
Goll an Ehg. Ferdinand Karl, Osnabrück 1648 V 28 (
Österreich D III S. 529–530, hier 530). Goll bekundet dort die Absicht, am folgenden Tag, also am 29. Mai, nach Münster zu reisen.
.
Die Osnabrücker Gesandten berieten zwar gegen den Willen der Kaiserli- chen über die Amnestie in den kaiserlichen Erblanden und die schwedische Militärsatisfaktion; doch versäumten sie es nicht, die Kaiserlichen über ihre
[p. LIV]
[scan. 54]
Beschlüsse zu informieren. Diese kritisierten zwar die Reichsstände wegen ihrer Eigenmächtigkeit, nahmen deren Eröffnungen aber zur Kenntnis und setzten sie sogar als Vermittler ein, indem sie die Deputierten beauftrag- ten , bestimmte Mitteilungen an die Schweden weiterzuleiten
Die Ksl. empfingen Deputationen der
Rst.
am 9., 12., 13., 20. und 25. Mai sowie am 13. und 17. Juni (s.
[ Nr. 148 Anm. 9 ] , Nr. 150 bei Anm. 4, Nr. 151 am Anfang des Protokolls,
[ Nr. 155 Anm. 4 ] ,
[ Nr. 158 Anm. 5 ] , Nr. 173 Punkt [1] und Nr. 175); am 9. Mai wurden die Deputierten beauftragt, die Eröffnungen der Ksl. zur Amnestie in den ksl. Erblanden den Schweden zu berichten und diese zu überzeugen, daß ein Insistieren auf weiteren Verhandlungen sinnlos sei; am 11. Mai wurden die Deputierten gebeten, die Schweden zur Stellungnahme zum
KEIPO8
1648 V 11 aufzufordern.
. Insofern war das Verhältnis zwischen den Kaiserlichen und den Reichskurien in Osnabrück zwar gestört, aber keineswegs zerrüttet.
2. Schweden
Seit August 1647 stand die Forderung nach 20 Millionen Reichstalern zur Entschädigung für die schwedische Armee im Raum. Die schwedi- schen Gesandten hatten diese Forderung zwar abgeschwächt, indem sie den Betrag nur als Vorschlag bezeichneten, drängten aber immer stärker auf sofortige Verhandlungen über ihre Militärsatisfaktion. Von allen offe- nen Fragen gab diese für sie den Ausschlag, daß der Friede noch nicht geschlossen war; denn seit 1635 gehörte das
contentement der soldatesca zu den schwedischen Kriegszielen. Damals hatte die schwedische Krone nach schweren Meutereien die Verpflichtung zur Auszahlung der Sol- daten übernommen
. Der eigene Geldmangel und die Folgekosten, die durch das schwedische Kriegsfinanzierungssystem entstanden, veranlaßten Schweden, die Kosten der Demobilmachung auf das Reich abzuwälzen und auf einer möglichst hohen Summe für die Militärsatisfaktion zu bestehen. Auf der anderen Seite waren fast alle Reichsstände stark verschuldet, die Bevölkerungsverluste hoch und die Kriegszerstörungen zwar sehr ungleich verteilt, in Kernregionen wie dem Fränkischen Reichskreis aber jeden- falls beträchtlich, wie auch die (anscheinend auf statistischen Unterlagen beruhenden) genauen Angaben des Bamberger Gesandten im Fürstenrat zeigen
Oschmann , 36f, 41–45, 52ff; s. das Bamberger Votum in Nr. 147 mit Bezifferung der Sachschäden (S. 67 Z. 24–28).
.
Resultat dieser Sachzwänge waren sehr intensive und harte Verhandlungen zwischen den Reichsständen und (vornehmlich) Oxenstierna, bei denen
[p. LV]
[scan. 55]
es den Schweden um die Bewilligung der Summe für die Entschädigung ihrer Armee ging, während die Reichsstände danach strebten, vorrangig über den Vollzug des Friedensvertrags und dabei über die Einstellung der Kämpfe, die Beendigung der Kontributionen, die Rückgabe der besetzten Plätze sowie die Abdankung der Truppen Gewißheit zu erlangen
.
Für die Dringlichkeit der Beratungen spricht die rasche Aufeinanderfolge der Sitzungen. So tagten die Reichskurien in der Woche vom 25. bis 31. Mai täglich, auch am Pfingstsonntag. Für die hohe Bedeutung, die den Verhandlungen von schwedischer Seite beigemessen wurde, spricht die Tat- sache , daß Oxenstierna sich herabließ, zu den Reichsständen ins Rathaus zu kommen, was in einer Zeit, in der jeder auf seine Reputation bedacht war, ein bemerkenswertes Indiz für das Bemühen um schnelles, zielorientiertes Verhandeln ist
Zu den täglichen Beratungen s. Nr. 157 bis 163; Pfingstsonntag war der 31. Mai. Die Sitzungen begannen um 8 Uhr, falls sie nicht nachmittags stattfanden. Zu Oxenstiernas Verhandlungen im Osnabrücker Rathaus s. Nr. 165, 166 und 167; Langenbeck hatte zuvor bezweifelt, daß Oxenstierna ins Rathaus kommen werde (
[ Nr. 162 Anm. 28 ] ).
. Druckmittel hatten die Reichsstände nicht in der Hand, abgesehen von der Möglichkeit, die Zahlung für die Militärsatisfaktion zu verweigern, was aber von vornherein nicht in Betracht gezogen wurde.
Immerhin hat es neben den offiziellen Verhandlungen private oder jeden- falls inoffizielle Verbindungen zwischen den Schweden und reichsständi- schen Gesandten gegeben, welche zumindest die Möglichkeit boten, Ver- suche zur Verbesserung der reichsständischen Position zu unternehmen. So erfuhren die fürstlich sächsischen Gesandten Thumbshirn, Carpzov und Heher am 5. Juni 1648 vertraulich von Salvius, daß Oxenstierna und er letztlich instruiert seien, 5 Millionen Reichstaler zu fordern, und das war die Summe, welche die Reichsstände schließlich bewilligten
. In den Fürsten- ratsprotokollen wird diese wertvolle Information nicht erwähnt. So ist nicht ersichtlich, welche Rolle diese Indiskretion des schwedischen Gesandten gespielt hat, ob sie von den sächsischen Bevollmächtigten überhaupt wei- tergegeben wurde, ob sie nur für sie selbst oder, was wahrscheinlicher ist, für sie und die anderen Mitglieder des Corpus Evangelicorum zur Grundlage ihres Votierverhaltens wurde. Die vertrauliche Mitteilung deutet jedenfalls darauf hin, daß das schon 1645 beobachtbare enge Verhältnis zwischen Schweden und den evangelischen Reichsständen
Das gute Verhältnis zwischen Schweden und ev.
Rst.
n hatte sich 1645 z. B. darin bewährt, daß die Zulassung einiger
Rst.
(wie dem Est. Magdeburg und der Lgft. Hessen-Kassel) durch gemeinsame Bemühungen gelang (s.
APW III A 3/1, LXIII).
immer noch bestand
[p. LVI]
[scan. 56]
und auch bei den Verhandlungen über die Militärsatisfaktion eine Rolle spielte.
Daß die sachsen-altenburgischen und braunschweig-lüneburgischen Ge- sandten für die Schweden eine herausgehobene Position unter den Reichs- ständen einnahmen, zeigt sich darin, daß Oxenstierna am 9. Juni nicht nur mit Meel (als einem Vertreter des Reichsdirektoriums), sondern auch mit Thumbshirn und Langenbeck über die jüngsten Beschlüsse der Os- nabrücker Reichsstände gesprochen hat
. Meels Bericht darüber erwähnt weder Thumbshirn, noch gibt er mit voller Deutlichkeit zu erkennen, ob Meel gemeinsam mit Langenbeck zu Oxenstierna berufen wurde oder den Braunschweiger bereits bei Oxenstierna antraf. Auf der anderen Seite berichtet Meel mit einer gewissen Betonung, daß Oxenstierna schon von den Beschlüssen desselben Tages wußte und ihn hatte kommen lassen, um genauer – und offiziell – informiert zu werden
. Es spricht viel dafür, daß Thumbshirn oder Langenbeck die Informanten waren und Meel dies indirekt kritisierte, indem er sowohl bei Oxenstierna als auch am nächsten Tag in seinem Bericht vor dem Plenum der Teilkurien darauf hinwies, daß das Kurmainzer Reichsdirektorium über Beschlüsse der Kurien ohne deren Genehmigung nichts sagen dürfe
; wenn das Reichsdirektorium Beschlüsse geheimhalten mußte, durften andere Gesandte erst recht nichts darüber berichten. Ob nun die Schweden oder die Reichsstände mehr von den inoffiziellen Informationsflüssen profitierten, die über die Sachsen-Altenburger und Braunschweiger liefen, ist schwer zu sagen. In wirklich entscheidenden Fragen konnten jedenfalls auch die Braunschweiger die Schweden nicht zur Meinungsänderung überreden, wie Langenbecks fehl- geschlagener Versuch vom 22. Mai zeigt: Er war, während die Sitzung des Fürstenrats schon begonnen hatte, bei Oxenstierna und mußte von ihm ver- nehmen , daß er und Salvius nicht zu Verhandlungen über die Modalitäten von Demobilisierung und Militärsatisfaktion bereit seien, bevor über deren Höhe entschieden wäre. Als Langenbeck verspätet in der Sitzung eintraf, teilte er diese unerwünschte Nachricht den übrigen Gesandten mit
S. das Votum Braunschweig-Celles in Nr. 155 und dazu
ebenda , Anm. 7.
.
Angesichts der politischen und militärischen Lage kann es nicht verwun- dern , daß die Reichsstände die Summe für die schwedische Militärsatisfak- tion weder unter die letztlich zugesagten 5 Millionen Reichstaler drücken konnten, noch die vielfach erbetene Erklärung zum „quomodo“ (zum Voll-
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[scan. 57]
zug des Friedens und den Modalitäten der Militärsatisfaktion) vor Bewilli- gung der 5 Millionen zu erhalten vermochten. Was die Höhe der Militärsa- tisfaktion betraf, so waren die Gesandten zwar nicht bevollmächtigt, die von Schweden geforderte Summe zu bewilligen, doch behalfen sie sich, indem sie
sub spe rati (in der Hoffnung auf künftige Genehmigung) ihre Zustimmung gaben
. Tatsächlich scheinen zumindest einige Gesandte einen gewissen Spielraum gehabt zu haben. So sagte der Würzburger Gesandte am 3. Juni im Fürstenrat, sie wollten nicht feilschen, wenn die Schweden nur einen einigermaßen annehmbaren Betrag nennen würden
. Worum es den Reichsständen wirklich ging, war die möglichst unmittelbare Einstellung der Kämpfe. Deshalb war es ein geschickter Schachzug, daß Oxenstierna am 9. Juni gegenüber Meel die mündliche und daher kaum rechtsverbindliche Erklärung abgab, daß die Schweden damit zufrieden sein wollten, wenn die Reichsstände acht Tage als den Zeitraum ange- ben würden, in dem der Friede zu schließen sei
. Daß eine so kurze Frist unrealistisch war, wußten auch die Reichsstände. Aber die diffuse Erklärung Oxenstiernas gab doch die Hoffnung auf eine baldige Einstel- lung der Kämpfe, die nicht nur Bayern, aber Bayern am dringlichsten, herbeisehnte
Bezeichnend ist der (nicht realisierte) Vorschlag des bay.
Ges.
Ernst vom 10. Juni, daß Schweden, die Ksl. und Kurbayern (nach Bewilligung der geforderten Summe für die schwed. Militärsatisfaktion) an ihre jeweiligen Heerführer schreiben sollten, damit die Feindseligkeiten eingestellt würden (s. Nr. 171 bei Anm. 13).
. So war es letztlich die in den Fürstenratsprotokollen nicht direkt erwähnte Offensivkraft der schwedisch-französischen Armee und ihre Erfolge im Frühsommer 1648, welche die Osnabrücker Reichsstände dazu brachten, die geforderte Summe zu bewilligen.
3. Frankreich
Frankreich, sein Gesandter Servien und die noch offenen Fragen des kaiser- lich -französischen Friedensvertrags spielen im Editionszeitraum nur eine untergeordnete Rolle. Servien kam am 10. Juni 1648 nach Osnabrück, um dort an die monatelang vernachlässigten französischen Verhandlungen zu erinnern und diese möglichst auch zu Ende zu führen
. Schon bevor er eintraf, beschlossen die Osnabrücker Reichsstände am 9. Juni, Servien
[p. LVIII]
[scan. 58]
zu bitten, bei ihren Verhandlungen mit den Schweden zu vermitteln
. Anscheinend kam dies den Schweden sehr ungelegen, denn Oxenstierna ließ noch am selben Tag Meel zu sich rufen, um sich genauer nach den Beschlüssen der Reichsstände zu erkundigen und ihm zu versichern, daß er instruktionsgemäß nicht weniger als 5 Millionen Reichstaler fordern könne, eine Vermittlung Serviens in dieser Frage also ganz nutzlos sein würde. Gleichzeitig sagte er zu, bei Bewilligung der Summe die mehrfach von den Reichsständen geforderten Erklärungen zum „quomodo“ sowie zum Vollzug des Friedens abgeben und auch weitere Forderungen erfüllen zu wollen. Schließlich eröffnete er in der schon erwähnten, etwas unkla- ren Formulierung die Aussicht auf einen fast unmittelbar bevorstehenden Friedensschluß
.
Demnach beunruhigte die Schweden die Möglichkeit einer französischen Vermittlung erheblich. Sie kam auch, was die Höhe der Militärsatisfak- tion betraf, nicht zustande, da die Reichsstände nach erneuter Beratung die geforderten 5 Millionen Reichstaler – unter einer Reihe von Bedin- gungen – bewilligten
. Wohl aber baten die Reichsstände Servien am 13. Juni, sich bei den Schweden dafür einzusetzen, daß sie endlich die vielfach angeforderten Erklärungen zu den Modalitäten der Militärsa- tisfaktion und zum Vollzug des Friedens erhielten. Servien antwortete, das sei bereits geschehen
. Also war auch den Franzosen daran gelegen, daß die leidigen Verhandlungen über die schwedische Militärsatisfaktion endlich abgeschlossen wurden. Sie wollten nunmehr die noch offenen Fra- gen des kaiserlich-französischen Friedens behandelt wissen, wobei zunächst zu klären war, ob das in Münster oder Osnabrück geschehen sollte. Die Osnabrücker Reichsstände präferierten Osnabrück, weil sie die Verhand- lungen mit Schweden beenden wollten und auch den Zeitverlust scheuten, der mit dem Wechsel nach Münster verbunden war. Sie schlugen deshalb vor, in Osnabrück im täglichen Wechsel die schwedischen und französischen Verhandlungspunkte vorzunehmen
.
Die Frage des Verhandlungsorts war auch eine Prestigefrage, da Münster im Hamburger Präliminarvertrag als Ort der französischen Verhandlun- gen festgelegt worden war. Wenn monatelang der Schwerpunkt der Ver- handlungen in Osnabrück gelegen hatte und nun sogar noch über die französischen Forderungen dort verhandelt werden sollte, würde das für
[p. LIX]
[scan. 59]
den französischen König
disreputirlich sein
. Servien bat die Reichsstände zwar, daß wenigstens ein Teil der Gesandten nach Münster wechseln sollte, damit dort die französischen Verhandlungen wieder aufgenommen wer- den könnten; doch bot er an, noch einige Tage in Osnabrück zu bleiben, falls die Reichsstände
von selbsten die französischen Verhandlungspunkte vornähmen und das Beratungsergebnis ihm mitteilten. Ausschlaggebend war dabei sicherlich die Erwartung, ohne Rücksicht auf die sich verzögern- den schwedischen Verhandlungen schnell zu einem Abschluß in den drei Fragen zu kommen, die Frankreich vorrangig interessierten: die kaiserli- che Assistenz für Spanien, die Frankreich verboten sehen wollte; der von Frankreich geforderte Ausschluß des Burgundischen Reichskreises und des Herzogs von Lothringen aus dem Frieden
.
Es erwies sich aber, daß die Kaiserlichen dem französischen Vorhaben Widerstand entgegensetzten. Ihre Behauptung, daß Volmar allein nicht mit den Franzosen in Osnabrück verhandeln könne, sondern dies gemäß der kaiserlichen Vollmacht gemeinsam mit Nassau zu geschehen habe, dieser aber krankheitshalber nicht reisefähig sei und deshalb die Verhand- lungen mit Frankreich bei ihm in Münster geführt werden müßten
S. Nr. 173 bei Anm. 17, Nr. 175 bei Anm. 4.
, war allerdings ein leicht zu durchschauender Vorwand. Glaubhafter ist die Aus- kunft Serviens, daß die Kaiserlichen mit Rücksicht auf Spanien in Münster verhandeln wollten
. Daneben wird von Belang gewesen sein, daß die Reichsstände in Münster dem Einfluß Schwedens entzogen waren, der sich für die Kaiserlichen noch nie positiv ausgewirkt hatte. Jedenfalls war Ser- vien mit dem Versuch, über die französischen Fragen schnell in Osnabrück beraten und verhandeln zu lassen, nicht erfolgreich, während seine Anwe- senheit in Osnabrück einen gewissen positiven Effekt für die Reichsstände gehabt zu haben scheint: Die Schweden übergaben am 15. Juni endlich den vielfach erbetenen Schriftsatz über die Militärsatisfaktion und den Vollzug des Friedens
, wofür sich auch Servien eingesetzt hatte.
[p. LX]
[scan. 60]
III. Die Beziehungen der Reichskurien untereinander
1. Kurfürstenrat, Fürstenrat und Städterat Osnabrück
Kurfürstenrat und Fürstenrat kooperierten im hier behandelten Zeitraum insgesamt gut miteinander, was angesichts der personellen Verflechtung nicht überrascht: Kurmainz war durch seinen für Salzburg votierenden Gesandten Johann Adam Krebs und durch den für Würzburg, Basel und Worms votierenden Kurmainzer Geheimen Rat Vorburg in gewisser Weise auch im Fürstenrat vertreten
Die Ursachen der Votenkumulation bei Krebs und Vorburg sind unterschiedlicher Natur: Krebs war sowohl von Lodron als auch von Schönborn (bzw. dessen Vorgänger Wambold zu Umstadt) bevollmächtigt, während Vorburg auch nach der Wahl Schönborns zum Kf.en von Mainz würzburgischer
Ges.
blieb, aber als Kurmainzer
GR
Schönborn auch in dessen Funktion als Kf. verpflichtet war, zudem das Votum von Worms ersatzweise für den Kurmainzer
Ges.
Raigersperger führte. Da sowohl Sötern als auch Kf. Friedrich Wilhelm (ebenso wie Schönborn) Mehrfachherrscher waren (Sötern für Kurtrier, Speyer, Weißenburg und Prüm, Friedrich Wilhelm für Kurbrandenburg und Pommern), reichte der Einfluß beider Kf.en durch ihre
Ges.
im
FR
(Scherer und Wesenbeck) auch in diese Kurie.
, ebenso wie (Kur-)Bayern in beiden Kurien votierte; ferner war Kurtrier durch Speyer, Weißenburg und Prüm indirekt im Fürstenrat vertreten, ebenso wie Kurbrandenburg durch Pommern. Dennoch gab es zwei Auseinandersetzungen, die zur Folge hatten, daß die Re- und Correlationsverfahren nicht an einem Tag beendet, sondern zu einem späteren Termin fortgesetzt werden mußten.
Die erste Auseinandersetzung betraf die Frage eines Waffenstillstands oder vielmehr einer Einstellung der Feindseligkeiten (
cessatio armorum et hostilitatis )
. Der Kurfürstenrat erstrebte eine solche
cessatio armo- rum gleich nach Einigung über die Höhe der schwedischen Militärsatis- faktion , während der Fürstenrat das nicht für sinnvoll hielt. Die
cessatio armorum müsse mit einer allgemeinen Abdankung der Truppen verbun- den sein; denn andernfalls würden Kontributionen und Einquartierungen nicht aufhören, die Truppen also dem zur Last fallen, in dessen Territorium sie gerade standen. Hauptkontrahenten dieser Auseinandersetzung waren Kurbayern, das eine
cessatio armorum so bald wie möglich forderte, und Braunschweig
S. Nr. 156, Ende des Protokolls.
. Als die Kurien zwei Tage nach Abbruch der Re- und Cor- relation wieder zusammentraten, hatte der Kurfürstenrat nachgegeben
. Die zweite Auseinandersetzung betraf das sogenannte Quantum für die schwedische Militärsatisfaktion. Die Mehrheit des Fürstenrats Osnabrück
[p. LXI]
[scan. 61]
war eher bereit als der Kurfürstenrat, die geforderten 5 Millionen Reichs- taler zu bewilligen, vielleicht, weil zumindest ein Teil der Gesandten zuverlässig wußte, daß die Schweden keinen weiteren Verhandlungsspiel- raum hatten, sondern von der Königin angewiesen waren, (mindestens) diesen Betrag zu fordern
. Da die beiden höheren Kurien sich nicht einigen konnten, gingen sie am 10. Juni auseinander, ohne den Städte- rat gehört zu haben, obwohl Lampadius (nach anderer Überlieferung: der evangelische Teil des Fürstenrats) gefordert hatte, den Beschluß der Städtischen anzuhören. Das hatte einen triftigen Grund: Wenn die beiden höheren Kurien diskrepante Beschlüsse faßten, hätte der Städterat mit sei- nem Votum den Ausschlag geben können. Da die Reichsstädte in ihrem Beschluß mit der Mehrheit des Fürstenrats übereinstimmten (was wegen der personellen Verflechtung beider Kurien
Gloxin war
Ges.
Sachsen-Lauenburgs im
FR
und Lübecks im SR; am 10. Juni votierte er im
SRO
(s.
APW III A 6 Nr. 145). Von den beiden hessen-darmstädtischen
Ges.
war einer (Wolff von Todtenwart) auch für die Reichsstadt Regensburg bevollmächtigt; am 10. Juni votierte er, wie Gloxin, im SRO.
im Fürstenrat bekannt gewe- sen sein muß), wäre der Kurfürstenrat überstimmt worden, falls man die Städtischen am 10. Juni gehört und ihnen das umstrittene Votum decisi- vum
In Art. VIII,4 IPO = § 65 IPM wurde es dem SR zugebilligt; zu den Auseinandersetzungen um dieses Recht, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen
KFR
und
FR
den Ausschlag zu geben, s.
Buchstab , 127–148;
[ Nr. 171 Anm. 60 ] .
zugebilligt hätte. Der Kurfürstenrat wollte das vermeiden, unter- band zunächst die Einbeziehung des Städterats in das Re- und Correlati- onsverfahren und hatte, als das Verfahren (erst) drei Tage später fortgesetzt wurde, seine Meinung derjenigen des Fürstenrats angepaßt, so daß sich die Frage des Votum decisivum der Reichsstädte am 13. Juni nicht mehr stellte. Der Städterat Osnabrück hatte sich indessen bereits am 12. Juni bei den Kaiserlichen und den Schweden beschwert, daß er (am 10.) von der Re- und Correlation ausgeschlossen worden sei
.
Der Streit um das Votum decisivum war auch der tiefere Grund für die Auseinandersetzung um das Recht der Reichsstädte, bei der Re- und Cor- relation sitzen zu dürfen. Auf Reichstagen mußten die Gesandten der Reichsstädte stehen, während die Bevollmächtigten der beiden höheren Kurien saßen
. Als den reichsstädtischen Bevollmächtigten im Mai 1648 bei den Re- und Correlationen nur ausnahmsweise gestattet wurde, sich zu setzen, nahmen sie an, dies solle vergegenwärtigen, daß sie einen geringeren
[p. LXII]
[scan. 62]
Rang einnahmen und geringere Rechte hatten als die „höheren“ Kurien; konkret waren sie in Sorge, daß auf diese Weise ihr bereits zugesichertes Votum decisivum
per indirectum in Zweifel gezogen werden sollte
S.
APW III A 6, 690 Z. 12–16. Die
Ges.
des
SRO
durften am 12. Mai sitzen, mußten am 28. aber stehen, während die
Ges.
des
KFR
und
FRO
saßen; bisweilen standen die
Ges.
aller drei Kurien (s.
[ Nr. 168 Anm. 21 ] ).
. Sie hatten sich deshalb beim Reichsdirektorium beschwert, so daß Kurfürsten- rat und Fürstenrat am 6. Juni darüber eine Umfrage hielten. Die Mehrheit des Fürstenrats war indifferent oder wollte es, wie auch die Kurfürstli- chen , beim Friedenskongreß zulassen, daß die reichsstädtischen Gesandten ebenfalls sitzen durften. Nur die fürstlich Sächsischen plädierten dafür, es beim Herkommen zu lassen, so daß die Städtischen hätten stehen müssen. Ergebnis war ein Kompromiß, gültig nur für die Zeit des Friedenskon- gresses : Die Reichsstädtischen sollten stehen, wenn das Reichsdirektorium die Beschlüsse der Kurfürstlichen und Fürstlichen vortrug, sie durften aber sitzen, wenn ihr Direktor, stehend, ihren Beschluß vortrug. Das war ein unbefriedigendes Ergebnis für den Städterat, der diese Regelung ohnehin als sein Recht und nicht als eine auf Zeit gewährte Gnade ansehen wollte. So fand sich der Ausweg, daß künftig die Gesandten aller drei Kurien standen
S. Nr. 168, Ende des Protokolls.
.
Die Frage des Stehens oder Sitzens wie auch das eigentlich 1647 schon zugesicherte Recht auf das Votum decisivum
blieb demnach vorerst in der Schwebe. Das Verhalten bei der Re- und Correlation am 10. und 13. Juni zeigt jedenfalls, daß sich der Kurfürstenrat in der wichtigen Frage der schwedischen Militärsatisfaktion lieber freiwillig der Meinung der bei- den anderen Kurien anschloß, als daß er sich hätte überstimmen lassen. Die Frage des Sitzens oder Stehens hat hier als zeremonielles Handeln tatsächlich sozialen Zeichencharakter: Sie vergegenwärtigte den geringe- ren Rang der reichsstädtischen Gesandten, gab ihnen, wenn man sie nicht sitzen ließ, gar das Gefühl,
als ob man sie verurtheilen wolle
S. S. 386 Z. 18. Zum Verständnis von zeremoniellem Handeln als formalisierten Handlun- gen mit sozialem Zeichencharakter s.
Stollberg-Rilinger , 94f.
.
2. Die Teilkurien in Osnabrück und Münster
Fürstenrat und Städterat waren auf dem Westfälischen Friedenskongreß in sich geteilt, indem ein Teil der Gesandten jeder Kurie in Münster, der andere in Osnabrück votierte. Dabei bestand eine gewisse Fluktuation,
[p. LXIII]
[scan. 63]
da manche Reichsstände eine Zeitlang in Münster und eine Zeitlang in Osnabrück vertreten waren, so daß beide Teilfürstenräte zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich zusammengesetzt waren
Pfalz-Neuburg war z. B. erst am 27. September 1646 zum ersten Mal im
FRO
vertreten, votierte dort (mit einer Ausnahme) bis zum 3. Mai 1647, dann erst wieder ein Jahr später, am 6. Mai 1648 (s.
APW III A 3/4 Nr. 125, 126, 128–133; 3/5 Nr. 145), und blieb dann während des Editionszeitraums dieses Bandes in Osnabrück. Die Gründe, warum die
Ges.
eines
Rst.
s in Münster oder Osnabrück votierten, waren unterschiedlich. Es konnte z. B. maßgeblich sein, daß in der einen oder anderen Kongreßstadt Verhandlungen stattfanden, an denen die
Ges.
beteiligt waren. Prinzipiell votierte 1645 bis einschließlich 1647 die Mehrzahl der kath. FR-Mitglieder in Münster (dem Hauptverhandlungsort der Franzosen) und die Mehrzahl der ev. FR-Mitglieder in Osnabrück (dem Hauptverhandlungsort der Schweden).
. Es blieb den Fürsten- ratsdirektoren in Münster und Osnabrück überlassen, die Voten einander mitzuteilen, die in beiden Kongreßstädten abgegebenen Stimmen zusam- menzuzählen und festzustellen, wie der Gesamtbeschluß (das
conclusum ) des Gesamt-Fürstenrats ausfiel. Aus den
conclusa der drei Kurien wurde sodann, wie auch auf Reichstagen üblich, im Re- und Correlationsverfah- ren das Reichsconclusum ermittelt. Die auf dem Westfälischen Friedenskon- greß gegebene Aufteilung des Fürstenrats auf zwei Kongreßstädte machte eine Information beider Teilfürstenräte durch das Kurmainzer Reichsdi- rektorium nötig, über welche Fragen die Gesandten beraten sollten, d. h. das Reichsdirektorium teilte dem jeweiligen Fürstenratsdirektorium die Proposition mit, über die möglichst gleichzeitig in beiden Teilfürstenräten beraten werden sollte, damit anschließend ein Gesamtconclusum gefaßt werden konnte.
Als 1648 die Reichskurien nach monatelanger Pause wieder zusammentra- ten , sollte dieses 1646 und 1647 praktizierte Verfahren weitergeführt wer- den . Es war allerdings durch den Widerstand der Kaiserlichen gegen die reichsständische Beratung über den § „Tandem omnes“ und die schwedi- sche Militärsatisfaktion eine neue Situation entstanden, da nicht feststand, wieviele Reichsstände sich der „dritten Partei“ anschließen würden, die sich über die Befehle des Kaisers hinwegsetzen wollte. Es war zu erwarten, daß zumindest die sogenannten Extremisten in Münster (Wartenberg und Adami sowie, aus den Reihen der katholischen reichsstädtischen Gesandten, Leuxelring) nicht auf den Kurs der Verständigungsbereiten einschwenken würden
Zu den „Extremisten“ s.
Wolff , Corpus Evangelicorum, 54f; zu Wartenberg s. auch
APW III A 3/1, LXI bei Anm. 42 sowie die „Meinungen“ des
FRM
von 1648 VI 4 und 12, in denen Wartenberg als die zentrale Persönlichkeit der Opposition in Münster gegen die Beratungen und Beschlüsse in Osnabrück erscheint (
[ Nr. 170 Anm. 13 ] ,
[ Nr. 172 Anm. 31 ] ).
; denn sie hatten durch ihr bisheriges Verhalten bewiesen, daß sie kompromißlos für katholische Belange eintraten, um die es bei der
[p. LXIV]
[scan. 64]
Amnestie in den kaiserlichen Erblanden auch ging. Zudem hatten sich bereits im Februar 1648, als in Osnabrück über die Gravamina ecclesia- stica beraten wurde, die Fronten zwischen den „Extremisten“ und den Verständigungsbereiten endgültig verhärtet
Wolff ,
Corpus Evangelicorum, 55.
. Allerdings ging es bei den Beratungen über die schwedische Militärsatisfaktion um Fragen ohne kon- fessionelle Relevanz. Da Wartenberg, Adami und Leuxelring ihren Ruf unbedingter Kompromißlosigkeit auf religionspolitischem Gebiet erlangt hatten, war letztlich doch ungewiß, wie sie sich zu den Verhandlungen mit Schweden über die Abfindung des Heeres stellen würden.
Wie sich zeigte, beschloß Wartenberg Anfang Mai 1648, sich an dem auch in Münster nach monatelanger Pause wiedereröffneten Fürstenrat zu betei- ligen . Der entscheidende Tag war der 3. Mai: Der österreichische Direk- tor Wolkenstein (und Giffen sowie wahrscheinlich auch andere katholi- sche Gesandte) waren vom Kurmainzer Kanzler Raigersperger über den in Osnabrück unmittelbar bevorstehenden Zusammentritt der Reichsku- rien und die Beratung über die Amnestie in den kaiserlichen Erblanden sowie die schwedische Militärsatisfaktion informiert worden; zumindest Giffen hatte die Aufforderung erhalten, sich gleich am nächsten Tag zu den Beratungen in Osnabrück einzufinden
. Wolkenstein plante darauf- hin die Einberufung des Fürstenrats in Münster, da er berechnet hatte, daß ungefähr dreißig Voten zusammenkommen würden. Damit hatte der Fürstenrat Münster eine Chance, unliebsamen Beschlüssen aus Osnabrück Paroli zu bieten. Voraussetzung dafür war freilich, daß sich Wartenberg, der allein vierzehn Voten führte, an den Sitzungen beteiligte. Tatsächlich sagte Wartenberg an jenem 3. Mai zu, woraufhin das Kurmainzer Reichsdi- rektorium in Osnabrück informiert wurde, daß die Teilkurien in Münster ebenfalls beraten und (dem üblichen Verfahren gemäß) ihre „ Meinun- gen “ (zur Ermittlung des Gesamtergebnisses) nach Osnabrück schicken würden
APW III C 3/2, 1089 Z. 4–26; zu Wartenbergs Voten s.
[ Nr. 147 Anm. 36 ] ; zur Zusage, die „Meinungen“ von Münster nach Osnabrück zu schicken, s. Nr. 146 bei Anm. 18. – Kf. Fer- dinand von Köln war seit Februar 1648 bei Wahrung seiner passiven Haltung noch enger an die „dritte Partei“ herangerückt und hatte seinem Osnabrücker Bevollmächtigten Busch- mann im Februar 1648 eine in diesem Sinne gehaltene geheime Sonderinstruktion erteilt. Demnach bestanden erhebliche Differenzen zwischen dem Kf.en und seiner Osnabrücker Vertretung auf der einen Seite und Wartenberg in Münster auf der anderen. Wartenberg, eigentlich Kurkölner Prinzipalges., war mehr oder weniger kaltgestellt (
APW III C 3/1, XLVIf). Anfang Mai 1648 fand er eine Funktion als einflußreichstes Mitglied innerhalb des
FRM
.
, wo sich das Kurmainzer Reichsdirektorium (Raigersperger und Meel) damals aufhielt.
[p. LXV]
[scan. 65]
Zumindest der Salzburgische und der Österreichische Direktor (Krebs und Goll) rechneten am Ende der ersten Sitzung des Fürstenrats Osnabrück am 6. Mai 1648 damit, daß sie
demnegst, nach Eintreffen der Voten aus Münster,
ein bestendiges conclusum formiren und dann zur Re- und Cor- relation schreiten könnten. Goll hatte errechnet, daß die zehn Osnabrücker Voten, die (in der Frage der Amnestie in den kaiserlichen Erblanden)
schließen affirmative pro Caesarea maiestate, zusammen mit den erwar- teten Stimmen aus Münster eine beruhigend starke Mehrheit für die kai- serliche Position ergeben würden
. Bereits zwei Tage später, am 8. Mai, schritten die Reichsstände in Osnabrück zur Re- und Correlation, ohne daß die erwarteten „Meinungen“ aus Münster eingetroffen waren. Man behalf sich mit der Erklärung, daß dies den Gesandten in Münster nicht zum Nachteil
(praeiudiz) ausschlagen solle
, behielt ihnen also ihre Voten vor. Die Abhaltung der Re- und Correlation am 8. Mai war jedoch ein Ver- stoß gegen das eingespielte Verfahren; denn es hätten erst die „Meinungen“ aus Münster abgewartet und bei deren Vorliegen „Conclusa“ der einzelnen Kurien formuliert werden müssen. So aber wurde die Beratung über die Amnestie in den kaiserlichen Erblanden bereits am 8. Mai 1648 abgeschlos- sen und das sogenannte
conclusum am 9. und 10. Mai durch Deputierte den Kaiserlichen und Schweden übergeben
. Nur der Aufschub der Diktatur bis zum 2. Juni 1648 zeigt, daß die Osnabrücker Reichsstände ihr Vorge- hen doch nicht publik machen wollten. Wie sie eigentlich hätten verfahren müssen, war ihnen bewußt, wie auch das Sachsen-Altenburger Protokoll vom 8. Mai 1648 zeigt: Carpzov, der für die Protokollführung verant- wortlich war, hat nachträglich dem Osnabrücker Protokoll die Beschlüsse des Fürstenrats und Städterats Münster über die Amnestie in den kaiserli- chen Erblanden vom 18. Mai 1648 zugeordnet
, welche die Teilkurien in Münster richtig als „Meinungen“ bezeichnet haben
.
Es war das Corpus Evangelicorum, vertreten durch den Sachsen- Altenbur- ger Thumbshirn, das in der nächsten Sitzung (am 9. Mai) Anstoß daran nahm, daß die Reichsstände in Münster ihre Voten vorbehielten. Auf pri- vaten oder informellen Wegen war die Reaktion der dortigen Gesandten
[p. LXVI]
[scan. 66]
auf das Vorgehen in Osnabrück bekanntgeworden: Sie wollten nicht an das gebunden sein, was in Osnabrück ohne ihr Zutun beschlossen worden war
So am deutlichsten im Votum Braunschweig-Celles in Nr. 147 (s. S. 80 Z. 11f).
. Thumbshirn ging mit seinem Widerspruch gleich ins Grundsätzli- che , indem er die Votenkumulation Wartenbergs kritisierte, der vierzehn Stimmen führte. Über den Mißstand, daß zwei oder drei Personen sehr viele Stimmen führten, damit die Mehrheit bildeten, so daß die
salus publica von ihnen abhänge, müsse auf dem nächsten Reichstag verhandelt werden
S. S. 69f Z. 22–26 und 1. Wie Sachsen-Altenburg stimmten am 9. Mai 1648 ausdrücklich wegen der in Münster geführten Stimmen Brandenburg-Kulmbach, Braunschweig-Celle und -Wolfenbüttel, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Baden-Durlach, Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow sowie die Wetterauer Gf.en (s. Nr. 147). Damit sind nur jene genannt, die sich expressis verbis auf diese Sache beziehen. Das gesamte Abstimmungsver- halten der ev.
Rst.
im
FRO
verdeutlicht, daß es eine auf vorheriger Absprache beruhende Übereinkunft gab.
.
Hintergrund war die prekäre Situation, daß in Osnabrück und Münster annähernd gleich viel Reichsstände vertreten waren, freilich bei einer von Sitzung zu Sitzung schwankenden Zahl in beiden Städten und einigen Unsicherheiten bei der Zählung
. Als die Reichsstände in Münster einem ihrer Beschwerdebriefe über die Nicht-Berücksichtigung ihrer Voten eine Liste mit den dort vertretenen Reichsständen beilegten, traf sie aller- dings das Mißgeschick, daß der Gesandte Savoyens gerade wieder von Münster nach Osnabrück gewechselt war, so daß dieser sich im Fürsten- rat Osnabrück zu der süffisanten Bemerkung veranlaßt sah, bei ihm sei dasselbe eingetreten wie beim heiligen Ambrosius, der an zwei Orten gleichzeitig gesehen worden sei
S. das Votum Savoyens in Nr. 174.
. Es war also nicht ganz ohne Tücken, mit dem Mehrheitsprinzip zu argumentieren, so daß Thumbshirn und sein Anhang aus dem Corpus Evangelicorum zumindest anfangs, als die Mehrheitsverhältnisse noch nicht geklärt waren, lieber die Votenkumu- lation kritisierten, die bei Wartenberg, bei Giffen, besonders aber bei Leuxelring aus dem Städterat Münster, fast groteske Formen angenom- men hatte. Leuxelring führte nämlich elf Stimmen, stellte damit allein den Städterat Münster dar und führte, bedingt durch die zeitweilige Abwesenheit des Kölner Gesandten Halveren, das Direktorium
S.
[ Nr. 146 Anm. 28 ] . Dr. iur. Hermann Halveren (um 1615–1665) führte seit Juli 1646 das Direktorium des
SRM
und vertrat im
FR
die Hst.e Brixen und Trient. Halveren stammte aus Köln und stand seit August 1647 als Registrator der Freitags-Rentkammer (und wahrscheinlich auch als Sekretär) im Dienst der Stadt. Halveren ist im Frühjahr 1648 zuletzt für den 5. Mai in Münster nachweisbar. Kurz danach muß er den
WFK
verlassen haben, wo seine Anwesenheit erst wieder für den Juli 1648 zu belegen ist (
Klotz , 152–201;
Buchstab , 88; für umfangreiche Recherchen und Auskünfte danke ich Herrn Dr. Joachim Deeters, Historisches Archiv der Stadt Köln).
. Eine
[p. LXVII]
[scan. 67]
Grundsatzdiskussion hätte allerdings auch die Tatsache berühren müssen, daß es im Fürstenrat Osnabrück ebenfalls Votenkumulation gab, wenn auch nicht in solch extremer Ausprägung wie in Münster. So votierten Wesenbeck und Fromhold für Pommern-Stettin und -Wolgast wie auch für Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach; Wesenbeck war außerdem Bevollmächtigter der Wetterauer Grafen, für die ersatzweise manchmal Nassau-Saarbrücken votierte, das eigentlich nicht für das Gesamtcorpus stimmen durfte
In Nr. 147 und Nr. 174 votierte Nassau-Saarbrücken für die Wetterauer Gf.en, in Nr. 164 wahrscheinlich ebenfalls (s.
[ Nr. 147 Anm. 75 ] ,
[ Nr. 164 Anm. 54 ] ,
[ Nr. 174 Anm. 45 ] ). In Nr. 145 und 146 votierte für Pommern der zweite dazu bevollmächtigte
Ges.
Kurbrandenburgs, Fromhold (s. Nr. 147 bei Anm. 47). Wesenbeck wie Fromhold waren auch bevollmächtigt, im
KFR
für Kurbrandenburg zu stimmen. Wenn sie sich dort befanden, mußte im
FRO
ein anderer
Ges.
substituiert werden. So führte am 6. Mai 1648 Württemberg die
fürstlich Brandenburgischen vota, wie es im Protokoll heißt (s. Nr. 145, Votum Brandenburg- Kulm- bachs und -Ansbachs), nämlich je zwei pommersche und fürstlich brandenburgische, dazu das eigene, jenes von Pfalz-Veldenz und das der Wetterauer Gf.en, also insgesamt sieben Voten. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings auch die Diskussion über eine Votenkumula- tion bei Wartenberg und Leuxelring in Münster noch nicht aufgekommmen. Zu weiteren Beispielen für dieses Phänomen im
FRO
s. Anm. 70.
. Württemberg führte regelmäßig die Stimme von Pfalz-Veldenz, und Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha hatten von Beginn an, also seit 1645, nur einen gemeinsamen Gesandten (Heher), der nun- mehr auch Bevollmächtigter Anhalts war. Wartenbergs und Leuxelrings Votenkumulation war also nur die Extremform einer auch im Fürstenrat Osnabrück (und auf Reichstagen) praktizierten Mehrfach- Bevollmächti- gung , so daß die Kritik daran sich prinzipiell auch gegen die Osnabrücker hätte anwenden lassen. Eine weitergehende Diskussion ist darüber im Fürstenrat Osnabrück nicht geführt worden.
Da die Evangelischen von der Sorge umgetrieben wurden, daß die einseiti- gen Osnabrücker Beschlüsse von den in Münster vertretenen Reichsständen nicht anerkannt würden, protestierten sie förmlich gegen den am 8. Mai 1648 bei der Osnabrücker Re- und Correlation ausgesprochenen Vorbe- halt der Voten aus Münster; diese sollten, falls sie nicht rechtzeitig einge- bracht würden, unwirksam sein, ebenso wie Widersprüche und Proteste aus Münster. Dabei beriefen sie sich auf Präliminarvereinbarungen vom Sep- tember 1645 über den Modus consultandi, in denen die Bindung der Abwe- senden an die Reichsschlüsse festgelegt worden war. Damals waren die (noch) nicht auf dem Friedenskongreß erschienenen Reichsstände gemeint
[p. LXVIII]
[scan. 68]
gewesen, während nunmehr an jene in Münster gedacht war, die den Bera- tungen in Osnabrück – trotz Aufforderung – fernblieben
S. Nr. 148 bei Anm. 8. Der Protest wurde in der Sitzung vom 11. Mai 1648 erwähnt, also wahrscheinlich am 9. oder 10. Mai schriftlich vorgelegt, was im Protokoll allerdings nicht dokumentiert ist (s.
[ Nr. 148 Anm. 8 ] ).
.
Es waren Pfalz-Neuburg und Bamberg, die dieser Initiative des Corpus Evangelicorum wenigstens teilweise widersprachen, und zwar am deutlich- sten Pfalz-Neuburg, das durch gelegentliche Stellungnahmen Kritik übte, allerdings den Beratungen nicht fernblieb. Am 11. Mai 1648 erinnerte Pfalz-Neuburg kritisch an das Verhalten der evangelischen Reichsstände im Herbst 1645: Sie hatten damals in Osnabrück ohne Kommunikation mit den Gesandten in Münster beraten und Beschlüsse gefaßt
. Bamberg zog sich hingegen auf das Argument zurück, die Reichsstände in Münster seien in der Minderheit und könnten deshalb die Beschlüsse in Osnabrück nicht überstimmen
. Dagegen bestärkten Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach noch einmal die Position der Evangelischen: Die Reichsstände aus Münster hätten nach Osnabrück kommen oder jemandem ihr Votum auftragen sollen
S. Nr. 148, letzter Absatz des Votums von Brandenburg-Kulmbach.
. Bei der wiederum nur unter den Osnabrücker Teil- kurien vorgenommenen Re- und Correlation am 12. Mai 1648 sagte das Kurmainzer Reichsdirektorium zu, an die Reichsstände in Münster zu schreiben, daß sie ihre Voten rechtzeitig und am passenden Ort (nämlich in Osnabrück) beibringen sollten, da sie sonst nicht beachtet würden
. Das war im Sinne Thumbshirns und seines Anhangs, so daß hier die überkon- fessionelle Übereinstimmung feststellbar ist, welche die sogenannte „dritte Partei“ auszeichnet. Pfalz-Neuburg gehörte nur am Rande dazu, ohne sich letztlich entschieden zu distanzieren, Bamberg mit einigen Vorbehal- ten und etwas zögernd. Auch die Osnabrücker Reichsstädte stimmten zu, so daß das Schreiben des Reichsdirektoriums an die Gesandten in Münster eine beschlossene Sache war
S. Nr. 149 bei Anm. 13; zur Zustimmung des
SRO
s. S. 116 Z. 12.
.
Die Teilkurien in Münster ließen dennoch auf ihre „Meinungen“ warten. Am 15. Mai verhinderte der katholische Teil des Kurfürstenrats, daß eine weitere Re- und Correlation unter den Teilkurien in Osnabrück vorge- nommen wurde, weil die „Meinungen“ aus Münster noch nicht vorlagen. Sollten sie bis zum folgenden Tag immer noch nicht in Osnabrück ein-
[p. LXIX]
[scan. 69]
getroffen sein, würde man re- und correferieren
. Das geschah jedoch erst am 19. Mai. Zuvor hatte es am 16. Mai in der Sitzung des Fürsten- rats einen Wortwechsel zwischen Bamberg und Braunschweig- Grubenha- gen gegeben: Bamberg hatte an die ungefähr dreißig Voten in Münster erinnert, was Braunschweig-Grubenhagen zu der Bemerkung veranlaßte, daß die in Münster vertretenen Reichsstände nicht die Verhandlungen in Osnabrück stören dürften, indem sie sie mit ihren Voten aufhielten
S. Nr. 153 bei Anm. 34 und 94.
. Am 18. Mai fand in Münster endlich die Fürstenratssitzung statt, in der die „Meinungen“ zur Amnestie in den kaiserlichen Erblanden (§ „ Tan- dem omnes“) und zu den vier Spezialfragen über die Militärsatisfaktion (1. „cui“, 2. „a quibus“, 3. „quantum“, 4. „quomodo“
Der
FRO
hatte am 6. und 8. Mai über den § „Tandem omnes“ beraten (s. Nr. 145 und 146); die Beschlüsse wurden am 9. und 10. Mai den Ksl. und Schweden mitgeteilt (s.
[ Nr. 148 Anm. 10 ] und 11; zur nachträglichen und inhaltlich unzutreffenden Bezeichnung der Osnabrücker Beschlüsse als Conclusum [d. h. Gesamtbeschluß] der drei Reichskurien im Sachsen-Altenburger Protokoll s.
[ Nr. 146 Anm. 29 ] ). Die vier Fragen über die schwed. Militärsatisfaktion wurden am 8. Mai 1648 im
FRO
proponiert, der am 9. und 11. Mai darüber beriet. Am 12. Mai fand in Osnabrück eine Re- und Correlation statt. Noch am selben Tag informierte eine Deputation die Ksl. über die Beschlüsse, die am nächsten Tag, dem 13. Mai, (Kur-)Bayern mitgeteilt wurden (s. S. 54 Z. 4–13 und Nr. 147–150; zur
FRM
-Sitzung vom 18. Mai s.
APW III C 3/2, 1091 Z. 35 und zu den damals formulierten „Meinungen“ des
FRM
und
SRM
[ Nr. 146 Anm. 27 ] und 28).
) formuliert wur- den . Diese Beschlüsse, die auf die dritte und vierte Frage praktisch keine Antwort gaben, trafen aber erst am 20. Mai in Osnabrück ein, als man dort längst über das „quantum“ und „quomodo“ der schwedischen Militärsa- tisfaktion beriet und die Osnabrücker Beschlüsse zum § „Tandem omnes“ bereits am 9. und 10. Mai den Kaiserlichen und den Schweden übergeben hatte. Reichsständische Deputationen hatten auch schon, am 12. und 13. Mai, den Kaiserlichen und (Kur-)Bayern die Osnabrücker Beschlüsse vom 12. Mai mitgeteilt, von wem die Militärsatisfaktion aufzubringen sei und wer sie erhalten solle. Die Beschlüsse aus Münster vom 18. Mai enthiel- ten demgemäß eine Beschwerde, bei den Beratungen übergangen worden zu sein, und ferner die Bitte an das Reichsdirektorium, die Propositionen mitzuteilen.
Daneben hat sich Wartenberg namens der Reichsstände in Münster beim Kurmainzer Reichsdirektorium in Osnabrück am 18. Mai 1648 brief- lich beschwert, daß die Voten aus Münster in Osnabrück nicht beachtet würden
. Einen Erfolg hatten diese und ähnliche weitere Beschwer-
[p. LXX]
[scan. 70]
den schon deshalb nicht, weil die Beschlüsse aus Münster in der Regel so spät kamen, daß sie an Aktualität verloren hatten und jedenfalls im Fürstenrat Osnabrück nicht verlesen wurden
Überliefert sind folgende weitere Beschlüsse: Beschluß des
FRM
vom 29. Mai/1. Juni 1648
in puncto Satisfactionis Militiæ & Executionis (s.
[ Nr. 166 Anm. 6 ] ); Beschluß des
FRM
vom 4. Juni, korrekt
Meinung überschrieben (zur Überlieferung s.
[ Nr. 166 Anm. 6 ] , zum Inhalt
[ Nr. 170 Anm. 13 ] ); ein Conclusum aus Münster mit dem Lemma
Continuatio in puncto militiae vom 8. Juni (s.
[ Nr. 168 Anm. 24 ] ) und ein Beschluß (angeblich) des
FRM
vom 12. Juni, der aber nach eigener Aussage die Meinungen von Wartenberg und allen übrigen
Ges.
aus
FRM
und
SRM
enthält (s.
[ Nr. 172 Anm. 31 ] ). Falls dieser letzte Beschluß durch besonderen Boten noch am selben Tag befördert wurde, kann er den
Rst.
n in Osnabrück bekannt gewesen sein, als sie am 13. Juni die geforderten 5 Millionen Rt. für die schwed. Militärsatisfaktion bewilligten (s.
[ Nr. 174 Anm. 18 ] ). Am 15. Juni haben die
Rst.
in Münster einen
expressen zur Beförderung benutzt, der spät abends in Osnabrück eintraf (s. Nr. 174 bei Anm. 7). Eine derartig schnelle Zustellung war also möglich, ist aber für den Beschluß vom 12. Juni nicht gesichert.
. Gelegentliche, unspezifi- sche Verweise auf Voten oder Schreiben aus Münster sind deshalb nicht leicht zu verifizieren, zumal die überlieferten Beschlüsse aus Münster immer Proteste wegen ihrer Nichtbeachtung und Vorbehalte ihrer Voten enthalten, also in dieser Hinsicht gleichförmig sind. Immerhin wurden die Beschlüsse aus Münster nicht ignoriert, wenn man auch vergeblich eine offizielle Erklärung des Fürstenratsdirektoriums sucht, daß nunmehr ein Beschluß aus Münster zu einer bestimmten Sache vorliege. Es ist vielmehr eine beiläufige Bemerkung Baden-Durlachs am 2. Juni 1648, daß die Osnabrücker Beschlüsse zu den Fragen „quis“ und „cui“ der Militärsatisfaktion zum
reichsconclusum geworden seien
. Inzwischen lagen nämlich die „Meinungen“ aus Münster vom 18. Mai dazu vor, die in diesen beiden Punkten mit den Osnabrückern übereinstimmten. Sie waren also in Osnabrück „ad acta“ genommen und auch diktiert worden, ohne daß dies im Fürstenrat Osnabrück thematisiert worden wäre.
Mehr Beachtung fand, daß die Gesandten in Münster bei ihrem Angebot von 2 Millionen fl. für die schwedische Militärsatisfaktion stehenblieben, während die Reichsstände in Osnabrück schließlich 5 Millionen Reichstaler dafür bewilligten. So erwähnte das Reichsdirektorium am 9. Juni 1648, daß die Reichsstände in Münster nur 2 Millionen fl. bewilligt hätten, während man in Osnabrück schon bei 6 Millionen fl. stehe; das werde denen in Münster
frembde vorkommen
. Anscheinend fand das nur Pfalz- Neu- burg beunruhigend und gab zu bedenken:
Keiner könne auch den ander
[p. LXXI]
[scan. 71]
in seckel votiren
. Die übrigen meinten, daß man genug daran tue, die Reichsstände in Münster jeweils über die Beratungen und Beschlüsse in Osnabrück zu informieren. Selbst Pfalz-Neuburg, das am stärksten zur Rücksichtnahme auf die Gesandten in Münster neigte, behauptete nicht, daß die Reichsstände in Münster über die Mehrheit verfügten, sondern gab zu bedenken, daß sie, wenn nicht gleich an Zahl, so doch nicht viel geringer wären
. Im übrigen verließ man sich auf das Schreiben des Kurmainzer Reichsdirektoriums mit der Aufforderung an die Gesandten in Münster, ihre Voten rechtzeitig beizubringen, damit sie beachtet würden
. Sach- sen -Lauenburg leitete daraus den wie eine Rechtsregel lautenden Satz ab:
Wer nicht zue rechten zeit komme, verliehre sein votum
S. Nr. 154 bei Anm. 62; zu Sachsen-Altenburg s. S. 428 Z. 12ff.
, während Sachsen-Altenburg, vielleicht im Vertrauen auf eine dünne Mehrheit der Osnabrücker, die Voten der Münsteraner wohl beachten wollte, aber sicher war, daß die Gesandten, selbst wenn sie aus Münster nach Osnabrück kämen, es auch nicht weiter bringen würden.
Die offizielle Information der Reichsstände in Münster durch das Kur- mainzer Reichsdirektorium in Osnabrück erfolgte tatsächlich, wenn auch bisweilen weniger schnell und umfassend als erwünscht, so daß Wartenberg sich einmal beklagte, sie erführen die meisten Nachrichten aus Osnabrück eher aus den
getruckten postzeitungen oder durch
privatavisen als auf offiziellem Weg
Wartenberg und die übrigen
Rst.
in Münster beschwerten sich am 20. Mai 1648 über unzureichende Informationen, bestätigten hingegen am 30. Mai den Empfang zweier Schreiben vom 20. und 25. Mai (s.
[ Nr. 166 Anm. 6 ] ; zu zwei Schreiben des Kurmainzer Reichsdirektoriums in Osnabrück an die
Rst.
in Münster vom 8. und 11. Juni 1648 s.
[ Nr. 172 Anm. 31 ] ; die Information durch
postzeitungen ist erwähnt im Schreiben vom 20. Mai 1648, s.
HHStA
MEA
CorrA
Fasz.
16 unfol.).
. Als die Reichsstände in Münster informiert wurden, daß Fürstenrat (und Städterat) Osnabrück bereit waren, den Schweden die geforderten 5 Millionen Reichstaler zu bewilligen
, waren Warten- berg und sein Anhang empört, wiederholten ihre früheren Einwendungen, Vorbehalte und Proteste und wiesen nachdrücklich darauf hin, daß die Gesandten in Osnabrück dazu nicht von ihnen ermächtigt seien. In den Osnabrücker Protokollen ist diese „Meinung“ der Teilkurien in Münster vom 12. Juni nicht erwähnt; doch könnte sie dafür verantwortlich sein, daß der Beschluß über die Bewilligung von 5 Millionen Reichstalern, den die Schweden am 13. Juni in schriftlicher Form erhielten, nur von
[p. LXXII]
[scan. 72]
den in Osnabrück anwesenden Gesandten der drei Reichskurien auto- risiert war
. Demnach hätte Wartenbergs Protest also dieses Mal Wir- kung gezeigt, freilich nicht die von ihm gewünschte. Wartenburg und sein Anhang wollten zweifellos das Angebot der 5 Millionen Reichstaler ver- hindern . Das gelang den opponierenden Reichsständen in Münster nicht, auch nicht die Aufnahme ihrer diskrepanten „Meinung“ in das schriftliche Angebot an Schweden oder wenigstens deren Erwähnung
In Reichsbedenken konnten diskrepante „Meinungen“ verzeichnet sein (s.
APW III A 3/3, C bei Anm. 321).
.
Mit der von Wartenberg und seinem Anhang vorgeschlagenen Verhand- lungsstrategie haben sich die Osnabrücker Reichsstände nicht auseinander- gesetzt . Sie hieß: Einigkeit der Reichsstände untereinander und mit dem Kaiser als ihrem Haupt, daher nur Verhandlungen über Punkte, welche die kaiserlichen Gesandten gebilligt haben
. Ähnliches hatte schon Goll am 6. Mai 1648 vorgeschlagen
S. Nr. 145 bei Anm. 31, oben S. LI.
, ohne daß die Osnabrücker Gesandten ihm darin gefolgt wären.
Der tiefste Grund für die Unbeirrbarkeit, mit der die Osnabrücker Reichs- stände gegen die Kaiserlichen und gegen die Opposition in Münster ihren Weg gingen, war anscheinend der Rückhalt am Kurmainzer Reichsdirekto- rium und wichtigen Reichsständen wie Kurbayern und Kurbrandenburg, die im Fürstenrat Osnabrück indirekt auch vertreten waren: Kurmainz durch seinen Gesandten Johann Adam Krebs (für Salzburg) und mit der Würzburger Stimme, Kurbayern mit seiner Fürstenratsstimme, Kurbran- denburg durch die Voten von Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach, Pommern-Stettin und -Wolgast sowie die Kuriatstimme der Wetterauer Grafen. Ein weiterer Grund war die schwache Stellung Wartenbergs, des Exponenten der Opposition in Münster: Der Kölner Prinzipalgesandte, Fürstbischof von Osnabrück, naher Verwandter der Kurfürsten von Bay- ern und Köln, Bevollmächtigter einer beeindruckenden Zahl katholischer Reichsstände, hatte schon vor Beginn der neuen Sitzungsperiode im Mai 1648 nicht mehr das volle Vertrauen Kurfürst Ferdinands und konnte von seiner angefochtenen Stellung aus kein Kristallisationspunkt für eine machtvolle Opposition sein. Immerhin sind seine Proteste im entschei- denden Punkt, dem Angebot der 5 Millionen Reichstaler, nicht ungehört verhallt. Letztlich haben sie aber doch insofern keine Wirkung gezeigt, als auch die in Münster vertretenen Reichsstände zur schwedischen Satisfak- tion beitragen mußten.
[p. LXXIII]
[scan. 73]
IV. Ergebnisse der Beratungen in Osnabrück
Der Fürstenrat Osnabrück beriet am 6. Mai 1648 über die Amnestie in den kaiserlichen Erblanden; am 8. Mai wurde darüber re- und correferiert, am 9. und 10. Mai der Beschluß den Kaiserlichen und Schweden übergeben
. Damit war dieses Thema sehr schnell erledigt, so daß man nun, am 9. Mai 1648, zur Beratung über die schwedische Militärsatisfaktion schritt, indem man über die vier Fragen befand: Wer soll Militärsatisfaktion erhalten? Von wem soll sie aufgebracht werden? Wie soll sie aufgebracht werden? Wie hoch soll sie sein?
Auf die ersten beiden Fragen war schnell eine Antwort gefunden: Mehr- heitlich wurde am 12. Mai 1648 beschlossen, 1. daß alle Reichsstände ohne Ausnahme, auch die Reichsritterschaft und die Hansestädte, bei- tragen sollten; 2. daß neben den Schweden der Kaiser und (Kur-) Bay- ern für die Reichsarmee Entschädigung erhalten sollten, und zwar sollte dem Kaiser der Österreichische, Bayern der Bayerische Reichskreis für die Satisfaktion der Armee zugewiesen werden und für Schweden die restli- chen sieben (da der Burgundische ohnehin nichts zahlte) verbleiben; jeder Reichsstand sollte nach Maßgabe der Reichsmatrikel seinen Beitrag leisten. Da bekannt war, daß der Kaiser und Kurbayern mehr forderten, wurde zugleich beschlossen, daß eine Deputation die kaiserlichen und (kur-) baye- rischen Gesandten ersuchen sollte, sich mit dem zufrieden zu geben, was die Reichsstände beschlossen hatten
S. Nr. 149, Ende des Protokolls.
. Beide Gesandtschaften waren aber mit den Beschlüssen nicht einverstanden und forderten mehr. Die Kaiserli- chen bekundeten am 13. Mai ihren Ärger, daß ihre Armee so unzulänglich entschädigt werden sollte, ohne zu sagen, was sie weiter forderten, während Kurbayern zusätzlich den Fränkischen und Schwäbischen Reichskreis für seine Satisfaktion zugewiesen haben wollte
S. die Berichte über die Deputationen in Nr. 150 und Nr. 151 jeweils am Anfang des Protokolls.
.
Sie waren nicht die einzigen Unzufriedenen, da zwar mehrheitlich be- schlossen worden war, daß alle beitragen müßten, eine ganze Reihe von Reichsständen aber für sich selbst eine Ausnahme in Anspruch nahm oder wenigstens eine Moderation, eine Herabsetzung der Quote, verlangte und sich vor doppelter Veranlagung (etwa zur schwedischen und bayerischen Armeesatisfaktion) schützen wollte. Viele Gesandte meldeten deshalb in einer Reihe von Sitzungen immer dieselben oder auch leicht variierte Widersprüche, Eventualproteste oder Vorbehalte an. Deren Zahl nahm
[p. LXXIV]
[scan. 74]
derart überhand, daß Sachsen-Altenburg und -Coburg am 23. Mai den Vorbehalten widersprachen, während Braunschweig-Celle stellvertretend für das Haus Braunschweig und Lüneburg den Vorbehalt anmeldete, daß es nur bei Beteiligung aller an der Militärsatisfaktion seinen Beitrag leisten werde
S. Nr. 156. Die Widersprüche und Proteste sind jeweils am Kopf der Protokolle aufgezählt.
.
Am 14. Mai 1648 begann der Fürstenrat Osnabrück mit der Beratung über die dritte Frage zur Militärsatisfaktion („quomodo“). Sie wurde in einem sehr weiten Sinn verstanden, indem der Fürstenrat nicht etwa vorrangig über die Zahlungsweise beriet, sondern auch den Truppenabzug, die Resti- tution der besetzten Orte und dann ganz allgemein den Friedensvollzug (die Exekution) behandelte
; denn man wollte die Zahlung der Satis- faktion von Bedingungen und konkreten Gegenleistungen der Schweden abhängig machen. Sachsen-Altenburg präsentierte (als Sprecher des Corpus Evangelicorum) gleich am 14. Mai einen Textvorschlag für den Exekutions- artikel
S. Nr. 151 bei Anm. 26. Auch auf ksl. Seite gab es bereits einen Textvorschlag für den Exekutionsart. (s. Nr. 153 bei Anm. 15).
. Die „Erinnerungen“ über das „quomodo“ setzte der Salzburgi- sche Direktor Johann Adam Krebs auf, indem er die eigentlich gebotene Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Direktor Goll umging
S. S. 143 Z. 5–9; vgl. oben Anm. 41.
. So wurde der Entwurf des Salzburgischen Direktoriums zur Basis für die „Erinnerungen“ des Fürstenrats Osnabrück über das „Wie“ der Militärsa- tisfaktion und den allgemeinen Truppenabzug, die, vom Kurfürstenrat und dem Städterat Osnabrück gebilligt, als „Vorschläge“ am 20. Mai 1648 den Kaiserlichen und Schweden zusammen mit dem reichsständischen Textvor- schlag für den Exekutionsartikel übergeben wurden
S. den Bericht über die Deputationen in Nr. 155.
. Die Reichsstände wollten zuerst über den Vollzug des Friedens verhandeln, also zum Bei- spiel die Frage geklärt wissen, wann die Truppen abgedankt würden. Sie drängten auf einen möglichst frühen Zeitpunkt (sofort nach Unterzeich- nung des Friedens oder gar nach Benennung des Quantums) und wollten davon die Höhe der zu bewilligenden Summe abhängig machen
Die Deputierten versuchten am 20. Mai 1648, Oxenstierna diesen Standpunkt begreiflich zu machen (s.
[ Nr. 155 Anm. 3 ] ).
. Die Schweden gingen darauf nicht ein, so daß der Fürstenrat Osnabrück am 22. Mai 1648 mehrheitlich – und sehr unwillig – beschloß, dem schwe- dischen Druck nachzugeben und über die Summe zu beraten, doch die „Vorschläge“ und den Textvorschlag für den Exekutionsartikel dabei als
[p. LXXV]
[scan. 75]
Conditiones sine qua non zu betrachten
S. den Beschluß des
FRO
in Nr. 155, Ende des Protokolls.
. Sie drängten seither auf eine schwedische Stellungnahme zu beiden Schriftsätzen, die aber erst erfolgte, als man über das Quantum Einigkeit erzielt hatte.
Die Beratungen über die Höhe der schwedischen Militärsatisfaktion began- nen im Fürstenrat Osnabrück am 23. Mai, nachdem die Kurfürstlichen vorangegangen und schon in Beratungen über das Quantum begriffen waren, als die Fürstlichen noch meinten, es müsse erst eine Re- und Cor- relation über die Frage abgehalten werden, ob über die Höhe der schwe- dischen Militärsatisfaktion verhandelt werden solle
S. Nr. 156, erster Absatz des Protokolls.
. Die Osnabrücker Reichsstände einigten sich auf ein Angebot von 20 Tonnen Gold, das (geknüpft an verschiedene Bedingungen und nach vorheriger Information der Kaiserlichen) den Schweden am 25. Mai 1648 unterbreitet wurde
. Die Schweden erklärten am 27. Mai die angebotene Summe für unzurei- chend , informierten über die Forderung ihrer Armee (10 Millionen Reichs- taler ), gaben aber zu, daß sie von der schwedischen Königin
moderater instruiert seien, also eine geringere, den Reichsständen aber nicht mit- geteilte Summe zu fordern hätten. Nachdem sie am 30. Mai zum drit- ten Mal die angebotene Summe von 20 Tonnen Gold für unzulänglich erklärt hatten
S. den Bericht darüber in Nr. 163 bei Anm. 4.
, erhöhten die Reichsstände die Summe am 3. Juni auf 30 Tonnen Gold bzw. 3 Millionen fl., dann auf 4 Millionen fl., während die Schweden ihre Forderung auf 6 Millionen Reichstaler, zahlbar in drei Raten, reduzierten
. Am 4. Juni lehnten die Schweden die 4 Millionen fl. als unzureichend ab und forderten wiederum 6 Millionen Reichstaler
. Gleichzeitig empfahlen sie den Reichsständen die hessen-kasselsche For- derung nach einer eigenen Militärsatisfaktion, allerdings mit der leichten Einschränkung,
soweit es raisonabl
S. S. 339 Z. 2. Oxenstierna übergab dazu eine Memorial Hessen-Kassels (s.
[ Nr. 166 Anm. 4 ] ).
. Die Reichsstände machten darauf- hin ihre Bewilligung an Schweden davon abhängig, daß sie nicht auch noch für Hessen-Kassels Armee zahlen müßten. Die Schweden schufen nunmehr eine Junktim zwischen der hessen-kasselschen und der (kur-)bayerischen Forderung: Wenn Bayern auf eine eigene Militärsatisfaktion verzichtete, wollten sie sich dafür einsetzen, daß auch Hessen-Kassel keine forderte
. Am 5. Juni erfuhren die fürstlich sächsischen Gesandten in Abwesenheit
[p. LXXVI]
[scan. 76]
Oxenstiernas vertraulich von Salvius, daß die schwedischen Gesandten letztlich 5 Millionen Reichstaler fordern müßten
. Am 7. Juni reduzierten Oxenstierna und Salvius offiziell die Forderung auf 5 Millionen Reichstaler, indem sie freilich behaupteten, dazu nicht ermächtigt zu sein
. Am 8. Juni offerierten die Reichsstände 6 Millionen fl. Dieses Angebot wollten die Schweden Königin Christina mitteilen, da sie nicht ermächtigt seien, eine solch geringe Summe zu akzeptieren
S. Nr. 170. Die Schweden meinten, nach sechs Wochen Antwort aus Stockholm zu erhalten (s. S. 459 Z. 21f). Zu Plänen der
Rst.
, an die Kg.in zu schreiben, s. Nr. 168.
. Schon vorher war, auch auf Seiten der Reichsstände, erwogen worden, an die Königin zu schreiben, doch hatte ein solcher Brief den schwerwiegenden Nachteil, daß die Verhandlungen wochenlang brachliegen würden, bis Antwort eintraf.
Am 9. Juni beschlossen die Reichsstände, Servien um Vermittlung zu bit- ten
Zu den Verhandlungen am 9. Juni s. oben bei Anm. 60 und 61.
, und Oxenstierna erklärte, daß er und Salvius definitiv nicht weniger als 5 Millionen Reichstaler fordern könnten. Nachdem er die Aussicht auf einen unmittelbar bevorstehenden Friedensschluß eröffnet hatte, wollte der Fürstenrat bereits am 10. Juni 5 Millionen Reichstaler bewilligen, doch stimmte der Kurfürstenrat dem erst am 13. Juni zu
. Am selben Tag bewil- ligten die Reichsstände den Schweden
sub spe rati 5 Millionen Reichstaler für ihre Militärsatisfaktion, verbanden dieses Angebot jedoch, wie stets, mit einer Reihe von Bedingungen
S. Nr. 173 unter Punkt II; schriftliche Fassung des Beschlusses: s.
[ Nr. 172 Anm. 24 ] . Die Bewilligung erfolgte ausdrücklich von den in Osnabrück anwesenden
Ges.
, also nicht im Namen aller
Rst.
. Am 15. Juni nahmen die Schweden das Angebot
pure an, das heißt nicht
sub spe rati, händigten aber ihrerseits endlich die vielfach erbetene Erklärung über die Militärsatisfaktion und den Vollzug des Friedens aus
S. S. 483 Z. 25. Zum schwed. Schriftsatz über die Militärsatisfaktion und den Vollzug des Friedens s.
[ Nr. 173 Anm. 14 ] .
und eröffneten damit die Möglichkeit zu Verhandlungen über das „quomodo“.
Am 13. Juni 1648 informierte das Reichsdirektorium den Fürstenrat Osna- brück , daß Servien gebeten habe, die Reichsstände möchten von Osnabrück nach Münster kommen, um dort über die noch offenen Fragen des kai- serlich -französischen Friedens zu beraten
. Der Fürstenrat wollte (wie der Kurfürstenrat) lieber in Osnabrück über die französischen Verhand- lungspunkte beraten; doch scheiterte Serviens Plan, über die noch offenen
[p. LXXVII]
[scan. 77]
Verhandlungspunkte schnell und, wenn unumgänglich, in Osnabrück zu einem Ergebnis zu kommen, an dem Widerstand der Kaiserlichen
. So würden die in Osnabrück vertretenen Reichsstände sich vorerst nicht den französischen Verhandlungen widmen, sondern weiterhin über die schwe- dische Militärsatisfaktion beraten, indem sie sich nunmehr mit dem „ quo- modo “ beschäftigten.
B Die Überlieferung
I. Protokollführung und Druckvorlagen
Die Protokollführung des Fürstenrats Osnabrück änderte sich 1648 wesent- lich im Vergleich zu 1646 und 1647. Damals arbeiteten drei bis fünf Sekretäre unter Federführung des Magdeburgers Christian Werner ein gemeinsames, den übrigen evangelischen Gesandtschaften durch Diktatur mitgeteiltes Protokoll aus
Diese sehr sorgfältigen und ausführlichen Protokolle dienten in
APW III A 3/3 und 3/4 als Druckvorlage.
. Die Abreise der Magdeburger Gesandtschaft einschließlich Christian Werners im September 1647 mag ein Grund dafür gewesen sein, daß diese Form der Protokollführung
S. dazu
APW III A 3/4, Einleitung Teil B, Punkt I: Protokollführung und Druckvorlagen.
1648 nicht wie- deraufgenommen wurde, sondern die evangelischen Reichsstände auf ein gemeinsames Protokoll verzichteten, wie es auf katholischer Seite (soweit bekannt) ohnehin nie geführt wurde.
Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem evangelischen Gemeinschaftsprotokoll der vorangegangenen Jahre hat das sachsen-altenburgische Protokoll von 1648 (=
Sachsen -
Altenburg A II 2), das für Nr. 145–174 als Druckvor- lage dient. Wie beim Gemeinschaftsprotokoll wird das Bemühen deutlich, alle Voten nicht nur der Substanz nach, sondern möglichst vollständig zu erfassen; wie dort sind auch hier den Protokollen Einzelvoten, Conclusa und Verhandlungsakten beigelegt. Für die Wahl dieser Protokollüberlie- ferung als Druckvorlage spricht ferner, daß Sachsen-Altenburg 1646 und 1647 am Gemeinschaftsprotokoll beteiligt war. 1648 konnte die Sachsen-Altenburger Gesandtschaft deshalb an die früher gewonnenen Erfahrun- gen anknüpfen. Positiv ist auch zu vermerken, daß der Gesandte Carpzov die Protokolle redigiert hat und das Salzburgische Direktorium ihm ein- zelne , schriftlich eingereichte Voten oder andere Schriftsätze, die auf die Protokolle Bezug haben, mitgeteilt hat. Wie nicht anders zu erwarten, ent- halten die Protokolle dennoch mehr Irrtümer als das Gemeinschaftsproto-
[p. LXXVIII]
[scan. 78]
koll . Sie sind auch subjektiver, indem sie ein besonderes Interesse an Zere- moniellem bekunden, das den anderen Überlieferungen fehlt. Subjektive Bemerkungen, die Parteilichkeit verraten, wurden nach Möglichkeit durch die Angabe einer Parallelstelle aus einer anderen Überlieferung im Vari- antenapparat korrigiert. Ein Desiderat ist das bislang nicht aufgefundene, wahrscheinlich verlorene sachsen-altenburgische Gesandtschaftsdiarium, auf das im Sachsen-Altenburger Protokoll häufig verwiesen wird, weil die Gesandtschaft vor allem Berichte über Deputationen darin eingetragen hat, die im Protokoll folglich fehlen. Wenn
Sachsen -
Altenburg A II 2 dennoch bei 30 von 31 dokumentierten Fürstenrats- oder Plenarsitzungen als Druckvorlage gewählt wurde, so vor allem wegen der Vollständigkeit dieser Serie, der Vollständigkeit und Ausführlichkeit der einzelnen Sit- zungsprotokolle und der relativ geringen Zahl an Irrtümern. Die durch die Verweise auf das verschollene Diarium vorhandenen Lücken wurden entweder durch Abdruck eines entsprechenden Berichts im Variantenap- parat oder durch eine Inhaltsangabe in einer Sachanmerkung ersetzt.
Für Nr. 175 bietet
Sachsen -
Altenburg
A II 2 nur eine Notiz mit Ver- weis auf das besagte Diarium. Deshalb ist hier
Pfalz -
Neuburg
(3620) Druckvorlage, weil es in diesem Fall das qualitativ beste Protokoll ist.
Auf die Protokollführung in den Sitzungen gibt es nur einen indirekten Hinweis: Die Fürstlichen forderten bei der Re- und Correlation am 12. Mai 1648, daß sie ebenfalls, wie die Kurfürstlichen, ihre Sekretäre (zum Protokollführen) mitbringen dürften, was zugestanden wurde
. Daraus läßt sich ableiten, daß (wie 1646 und 1647) auch im Fürstenrat Gesandt- schaftssekretäre zur Protokollführung zugelassen waren
S. APW
III A 3/3, CII–CV.
. Über ihre Zahl und Arbeitsweise läßt sich nichts sagen. Da innerhalb des Editionszeitraums von sechs Wochen an 31 Tagen Sitzungen des Fürstenrats oder (bei Plenar- sitzungen ) mit Beteiligung des Fürstenrats abgehalten wurden, muß die Protokollführung aus zeitlichen Gründen für jede Gesandtschaft ein Pro- blem gewesen sein. Einen Hinweis auf die Belastung des Kanzleipersonals gibt ein Vermerk, daß die Diktatur am folgenden Tag bereits um 6 Uhr morgens beginnen sollte
S. Nr. 165, letzter Satz des Protokolls.
. Sicherlich ist die dichte Folge der Verhandlun- gen und der mit ihnen verbundenen Beratungen ein Grund dafür, daß viele Gesandtschaften auf eine eigene Protokollführung verzichteten.
[p. LXXIX]
[scan. 79]
II. Beschreibung der herangezogenen Protokollserien
1. Allgemeines
Der in den vorangegangenen Teilbänden geltende Grundsatz, daß nur vollständige Protokollserien und umfangreiche Teilserien berücksichtigt wurden, gilt im Prinzip auch hier; doch wurde im Fall zweier Salzbur- ger Einzelprotokolle davon abgewichen, weil es sich um Kopien aus dem sonst verlorenen, vermutlich umfangreichen Salzburger Protokoll handelt. Im übrigen aber wurden einzelne Protokolle, Extrakte, Conclusa bzw. „Meinungen“, (diktierte) Berichte über Deputationen oder Einzelvoten, die in zahlreichen Aktenbeständen enthalten sind, nicht berücksichtigt. Das gilt auch für Einzelstücke (Conclusa, „Meinungen“, Berichte über Deputationen, Protokolle von Re- und Correlationen) aus dem Mainzer Erzkanzlerarchiv. Sie werden bei Edition der Kurfürstenratsprotokolle in
APW III A 1/2 berücksichtigt.
2. Die Protokollserien
– Hochstift Bamberg:
Bamberg A V
Gebunden, 14 nicht foliierte Blatt mit Inhaltsverzeichnis und Titel sowie fol. 1–650. Zwei andere Faszikel dieser Aktenserie sind detailliert beschrieben in
APW III A 4/1, XLVIIf.
enthält Protokolle und Berichte über die Beratungen und Verhandlungen in Osnabrück für den Zeitraum vom 6. Mai bis zum 8. August 1648, darunter Protokolle oder Notizen für Nr. 145–175. Der Text ist fortlaufend halbbrüchig von wechselnden Händen geschrieben. Die Bamberger Voten sind – wie alle anderen
Eine Ausnahme stellt das Votum Speyers für Nr. 147 dar, das in der ersten Person gehal- ten ist. Es hat identischen Text wie in
Sachsen -
Altenburg A II 2 (= Druckvorlage für Nr. 147). Dort ist gesagt, daß die Sachsen-Altenburger es vom Salzburgischen Direkto- rium schriftlich erhalten haben (s. das Votum Speyers in Nr. 147). Derselbe Sachverhalt kann hier auch vorliegen, doch wurde das Votum in
Bamberg A V unverändert in den fortlaufenden Text eingearbeitet und nicht beigelegt.
– in der dritten Person gehalten, so daß daraus kein Hinweis auf Bamberger Provenienz der Protokolltexte gewonnen werden kann. Länge und Genauigkeit der Bamberger Voten sprechen für Bamberger Provenienz, doch kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese Bamberger Voten in die Abschrift eines Protokolls fremder Provenienz eingearbeitet wurden
Das besonders lange Votum Bambergs mit konkreten Angaben über Kriegsschäden im Hst. (s. S. 67f Z. 17–28, 10–24), das sicherlich Bamberger Provenienz ist, wurde in
Bamberg A V, fol. 16’–20, wahrscheinlich nachträglich in eine Textlücke eingetragen. – Für das
CC
-Protokoll in einem anderen Faszikel dieser Bamberger Aktenserie, das formal ähnlich gestaltet ist, nimmt Fritz Wolff ein verlorenes Kurtrierer Protokoll als Archetypus an (
APW III A 4/1, XLIX–LIII). In Analogie dazu könnte man an ein Speyrer Protokoll als möglichen Archetypus der Bamberger
FRO
-Protokolle denken. Dagegen spricht, daß ein Bamberger Protokoll vorliegt, auch wenn Speyer nicht im
FRO
vertreten war (s. z. B. Nr. 152–154). Auch sind die Speyerer Voten im Bamberger Protokoll oft besonders kurz.
. Solange jedoch nichts zwingend
[p. LXXX]
[scan. 80]
gegen die Bamberger Provenienz des Textes spricht und nichts zwingend für irgendeine andere Provenienz, ist die Annahme gerechtfertigt, daß es sich bei diesem Protokoll aus den Bamberger Akten auch um einen Protokolltext Bamberger Provenienz handelt.
Bamberg A V bietet nicht immer ein vollständiges Verlaufsprotokoll mit allen Voten
Das Protokoll für Nr. 146 ist ein Beispiel dafür.
. Die Anteile des Lateinischen sind größer als im Sachsen-Altenburger und Pfalz-Neuburger Proto- koll
S. S. 119 Z. 28, S. 120 Z. 17–26.
. Bisweilen finden sich in
Bamberg A V Beschlüsse des Städterats Osnabrück, die sich mit identischem Wortlaut in dessen Protokoll befinden, also der Bamberger Gesandtschaft schriftlich mitgeteilt worden sein müssen. Auch für Deputationen, an denen Göbel teilge- nommen hat, liegen Berichte vor, die in anderen Überlieferungen fehlen und deshalb eine wertvolle Ergänzung der übrigen Überlieferungen darstellen
S. S. 413 Z. 27f, S. 506 Z. 18; Bericht über eine Deputation: S. 118f Z. 28ff, 8–28.
. Im übrigen wurden Vari- anten aus
Bamberg A V vor allem dann angegeben, wenn die Voten Bambergs und Fuldas in der Druckvorlage schlechten oder mißverständlichen Text boten
S. z. B. die Textvarianten zu den Bamberger Votum in Nr. 147, 151 und Nr. 158 oder die Textvariante zum Votum Fuldas in Nr. 170.
.
Bamberg B II
Gebunden, 13 nicht foliierte Blatt mit Inhaltsverzeichnis und Titel sowie fol. 1–492.
enthält Protokolle und Berichte über die Beratungen und Verhandlungen in Osnabrück für den Zeitraum vom 8. Februar bis zum 5. August 1648, darunter Protokolle oder Notizen für Nr. 145–175 mit identischem Text wie in
Bamberg A V
Gelegentliche Abweichungen sind durch Irrtümer wie falsche Datierungen (s.
[ Nr. 146 Anm. 1 ] und
[ Nr. 156 Anm. 2 ] ) oder dadurch bedingt, daß
Bamberg A V als Konzept manch- mal mehr Text enthält als
Bamberg B II (s.
[ Nr. 168 Anm. 1 ] ). Für Nr. 159 hat
Bamberg B II nur eine stark zusammenfassende Notiz.
. In
Bamberg B II sind, wie gelegentliche Präsentatsvermerke zeigen, die als Beilagen zu den Relationen nach Bamberg überschickten Protokolle und Berichte zusammengefaßt. Dem entspricht, daß es sich (zumindest in formaler Hinsicht) um sorgfältige Reinschriften handelt, die allerdings, da es Kopien von
Bamberg A V sind, hin und wieder Abschreibfehler aufweisen.
Würzburg
A I 1 ist eine Abschrift von
Bamberg
A V
S. unten unter: Hochstift Würzburg.
.
– Kurfürstentum und Herzogtum Bayern:
Herzogtum
Bayern A I 2
und A III
Gebunden, fol. 1–318. Enthält fol. 1–159’ dieselben
FRO
-Protokolle wie
Herzogtum
Bayern
A I 2.
enthalten Protokolle für Nr. 154–156, Nr. 158, 160, 165–171 und bieten denselben Text wie die entsprechenden Protokolle in
Pfalz -
Neuburg (3540), (3619) und (3620); doch wurde das Pfalz-Neuburger Votum meist von der ersten in die dritte Person gesetzt, während das bayerische, eigene Votum unverändert aus der Pfalz-Neuburger Überlieferung übernommen wurde. Daß ein Protokoll und der Teil eines weiteren in den beiden bayerischen Überlieferungen enthalten sind, aber in der Pfalz-Neuburger Überlieferung zu fehlen scheinen, spricht nicht dagegen, daß das bayerische Protokoll eine
[p. LXXXI]
[scan. 81]
Abschrift des pfalz-neuburgischen ist, weil gerade in dem betreffenden Protokoll (von Nr. 160), für das keine Entsprechung in der Pfalz-Neuburger Überlieferung nachweisbar ist, das pfalz- neuburgische Votum in den bayerischen Überlieferungen nur teilweise in die dritte Person Singular gesetzt wurde
Das Pfalz-Neuburger Votum in Nr. 160 beginnt mit: Er hette [...],
fährt dann aber fort: und weiln ich mich [...]
(
Herzogtum
Bayern
A I 2 fol. 44).
, also einen sicheren Hinweis auf die pfalz-neuburgische Provenienz gibt. Außerdem spricht viel dafür, daß das Protokoll von Nr. 160 in den unleserlichen, teilweise zerstörten Teilen des Faszikels
Pfalz -
Neuburg (3620) liegt
. Das gilt auch für die Teile von Nr. 154, die nur durch die bayerische und nicht durch die pfalz-neuburgische Überlieferung dokumentiert sind
.
Der Text in
Herzogtum
Bayern A I 2 und A III ist fortlaufend halbbrüchig oder mit breitem Rand sehr gut lesbar geschrieben. Vereinzelt wurde er in beiden Überlieferungen von anderer Hand korrigiert, indem z. B. vergessene Wörter nachgetragen sind.
Als Kopie einer fremden Provenienz haben
Herzogtum
Bayern A I 2 und A III keinen eigenen Quellenwert, ausgenommen für das Protokoll von Nr. 160 und die nachmittägliche Konferenz in Nr. 154; als Sekundärüberlieferung für Nr. 160 und für die Dokumentation der Konferenz in Nr. 154 wurde die bayerische Überlieferung herangezogen
S. den Variantenapparat in Nr. 154 und 160 (S. 178 Z. 15–24, S. 271 Z. 26–32, S. 272 Z. 22f).
.
– Erzherzöge von Österreich:
Österreich A IV (XLIV) gehört zu der bereits beschriebenen Aktenserie mit Relationen der erzherzoglich österreichischen Gesandten an den Kaiser, unter deren Beilagen sich Fürsten- ratsprotokolle Osnabrück befinden
S. APW III A 3/3, CXVIIf.
. Die Faszikel enthalten für den Editionszeitraum Pro- tokolle für Nr. 145–149, 151–153, 156 und 157, die Goll an den Hof überschickt hat. Der Abbruch dieser Serie ist dadurch begründet, daß Goll Ende Mai 1648 von Osnabrück nach Münster wechselte und Österreich nicht mehr im Fürstenrat Osnabrück vertreten war. Die Protokolle sind insgesamt relativ kurz und geben nicht immer den gesamten Verlauf der Umfrage wieder, indem für unwichtig erachtete Voten fortgelassen wurden. Charakteristisch ist, daß sie bisweilen Mimik und Gestik der Votanten erwähnen. Ihre Subjektivität zeigt sich am deutlichsten im Protokoll von Nr. 145: Anstelle des
conclusum, das Johann Adam Krebs als Salzburgischer Direktor verfaßt und zumindest den Sachsen-Altenburgern schriftlich zuge- stellt hat, endet das österreichische Protokoll mit der
meinung des Österreichischen Direktors Goll, in der die Voten danach eingeteilt sind, ob sie (in der Frage der Amnestie in den kai- serlichen Erblanden)
affirmative für den Kaiser ausfielen sind oder nicht
S. S. 43 Z. 21–43; zur Mitteilung des
conclusum an die Sachsen-Altenburger s. Nr. 145 bei Anm. 106. – Zur Fortlassung mehrerer Voten s. S. 105 Z. 15, zur Erwähnung der Mimik eines
Ges.
s. S. 32 Z. 27f.
. Die Protokolle dieses Bestandes spiegeln somit zumindest punktuell die Opposition der Kaiserlichen gegen die Beratungen der Reichskurien und wurden an entsprechenden Stellen im Variantenapparat zitiert.
Österreich D III enthält das in der österreichischen Kanzlei Erzherzog Ferdinand Karls in Innsbruck erwachsene Schriftgut mit den Berichten Golls vom Westfälischen Friedenskongreß
[p. LXXXII]
[scan. 82]
(Ausfertigungen). Unter den Beilagen sind Fürstenratsprotokolle Osnabrück für Nr. 145, 147, 148, 149, 151–154. Sie sind identisch mit denen in
Österreich A IV (XLIV).
Österreich BB III enthält Collectanea
Collectanea III lautet der Titel des Faszikels, der gebunden ist und eine alte Foliierung hat (fol. 1–938). – Die Sigle wird in
APW III A 4/2 verwendet und von dort übernommen.
aus den Akten Golls. Es ist nicht überliefert, wann die Zusammenstellung von wem und zu welchem Zweck erfolgte. Es sind jeweils mehrere Stücke (Relationen, Protokolle, Verhandlungsakten) in sorgfältiger Reinschrift fort- laufend abgeschrieben. Gelegentlich trägt dabei ein Stück Golls Unterschrift, die eigenhändig wirkt
, so daß vielleicht Goll selbst diese Aktensammlung erstellt hat, die für den Editions- zeitraum die Fürstenratsprotokolle Osnabrück für Nr. 145–149 und Nr. 151–158 enthält.
Nur für Nr. 158 ist
Österreich
BB III die einzige österreichische Überlieferung; sonst ist sie identisch oder oder kürzer als
Österreich
A IV (XLIV) und
Österreich
D III und trägt insofern kaum Neues zur Kenntnis der Beratungen im Fürstenrat Osnabrück bei
Für das Protokoll in Nr. 146 ist
Österreich
BB III kürzer als
Österreich
A IV (XLIV).
.
– Fürstentum Pfalz-Neuburg:
Pfalz -
Neuburg (3540), (3619) und (3620)
Geheftet, fol. 1–219 (= 3540), fol. 1–273 (= 3619) und fol. 1–508 (= 3620). Zur Geschichte des Bestandes und seiner Gliederung s.
APW III A 4/1, LXIIf.
Pfalz -
Neuburg (3619) und (3620) sind zum Teil durch erhebliche Verfärbungen, (3620) auch durch Papierschä- den , in ihrer Lesbarkeit beeinträchtigt. Die Schäden sind, besonders am Beginn des Fas- zikels (3620), in einigen Fällen so groß, daß die Schriftstücke nicht mehr zu identifizieren sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß dort weitere FR-Protokolle liegen.
enthalten, chronologisch zusammengestellt, Akten vom Westfälischen Friedenskongreß aus den Monaten Mai 1648 (= 3540), März, April und Mai 1648 (= 3619) und Mai, Juni, Juli 1648 (= 3620), darunter die Korrespon- denz Pfalzgraf Wolfgang Wilhelms mit seinem Gesandten Caspars und Fürstenratsprotokolle Osnabrück, die Caspars als Beilagen zu seinen Berichten an den Pfalzgrafen nach Düssel- dorf geschickt hat. Die Faszikel enthalten sowohl Ausfertigungen als auch Konzepte beider Seiten, so daß ein Teil der Protokolle doppelt (als Reinkonzept und als Reinschrift, mit iden- tischem Text) überliefert ist.
Pfalz -
Neuburg (3540) enthält acht Protokolle des Fürsten- rats Osnabrück (für Nr. 145–148, 154–156
Das Fehlen der Pfalz-Neuburger Protokolle in Nr. 150–153 wird auf die Abwesenheit Caspars zurückzuführen sein: für Nr. 150 ist seine Anwesenheit aus dem Protokoll nicht ersichtlich, in Nr. 151 votierte Salzburg stellvertretend für Caspars, und in Nr. 152 und 153 war Pfalz-Neuburg nicht im
FRO
vertreten. – Für Nr. 154 ist in
Pfalz -
Neuburg (3619) nur die Vormittagssitzung (Re- und Correlation) dokumentiert.
),
Pfalz -
Neuburg (3619) neun Protokolle (für Nr. 145–149 und Nr. 154–157) und
Pfalz -
Neuburg (3620) vierzehn Protokolle (für Nr. 162–175) und ist für einen Bericht über eine Deputation zu den Schweden am 8. Juni 1648 und einen Bericht über eine Unterredung zwischen Oxenstierna und dem Kurmainzer Gesandten Meel am 9. Juni 1648 (in Nr. 170 und 171) Druckvorlage. Ferner ist das Pfalz-Neuburger Protokoll Druckvorlage für Nr. 175 sowie für die Re- und Correlation in Nr. 156. Im übrigen wurde es für Textvarianten hinzugezogen, wenn die Druckvorlage lückenhaft oder fehlerhaft ist und die Pfalz-Neuburger Überlieferung einen besseren Text bietet.
[p. LXXXIII]
[scan. 83]
Die einzelnen Protokolle beginnen in der Regel mit der Angabe des Wochentags, des Datums und Orts (Osnabrück); das Pfalz-Neuburger Votum steht in der ersten Person Singular. Da die Protokolle an den Hof überschickt wurden, müssen sie innerhalb weniger Tage ausgearbeitet worden sein. Schriftliche Voten anderer Reichsstände liegen, anders als in
Sachsen -
Alten- burg A II 2, nicht bei
Caspars vermerkt zwar, z. B. beim Speyerer Votum in Nr. 147, daß der
Ges.
ein schrifftli- ches votum abgeleßen
habe, referiert dann aber, was der
Ges.
vorgetragen hat, s.
Pfalz -
Neuburg
(3540), hier fol. 131’. Vgl. damit das Votum Speyers in Nr. 147.
. Die Protokolle sind inhaltlich qualitätvoll, doch sind nicht immer alle Voten aufgeführt. Auch ist die Votenfolge oft vertauscht, indem z. B. der Wechsel zwischen Geistlicher und Weltlicher Bank nicht beachtet wurde.
Die Fürstenrats-Protokolle in
Herzogtum
Bayern
A I 2 und A III sind Abschriften jener in
Pfalz -
Neuburg
(3540), (3619) und (3620)
S. oben unter: Kurfürstentum und Herzogtum Bayern.
.
– Fürstentum Sachsen-Altenburg:
Sachsen -
Altenburg A II 2: Geheftet; doppelt foliiert. Die hier maßgebliche, moderne Foli- ierung (fol. 1–610’) steht auf dem unteren Seitenrand. Der Faszikel enthält Fürstenratsproto- kolle Osnabrück sachsen-altenburgischer Provenienz vom 6. Mai bis zum 1. August 1648
Das Protokoll vom 1. August 1648 ist unvollständig; das Ende befindet sich in einem weiteren Faszikel dieser Aktenserie.
; für den Editionszeitraum enthält er die Protokolle für Nr. 145–174
In Nr. 156 ist die Re- und Correlation, an der die Sachsen-Altenburger
Ges.
nicht teilge- nommen haben, nicht protokolliert.
sowie eine Notiz für Nr. 175. Für Nr. 145–174 ist
Sachsen -
Altenburg A II 2 Druckvorlage.
Der Text ist fortlaufend halbbrüchig oder mit breitem Rand gut lesbar geschrieben und wurde von Carpzov hin und wieder korrigiert; in Nr. 172 hat er (bis auf wenige Zeilen am Anfang) den ganzen Text des Protokolls geschrieben. Zuweilen sind wegen der engen Bindung die Randpartien nicht lesbar. Am Kopf jedes Protokolls steht der Wochentag, das Datum (in altem und neuem Stil), die Uhrzeit des Sitzungsbeginns und der Ort (Osnabrück); zum 31. Mai ist zusätzlich der Festtag (Pfingsten) vermerkt
Die Uhrzeit fehlt nur in Nr. 155. Angabe des Festtags: s. Nr. 163; falsche Datierung der Sitzung: s.
[ Nr. 172 Anm. 1 ] .
. Die Protokolle sind, wie das evan- gelische Gemeinschaftsprotokoll der beiden vorangegangenen Jahre und in Anknüpfung an jenes, numeriert
Die Sitzung von 1648 IV 26/V 6 trägt demnach die Ordnungszahl LIII. Da die Zählung fehlerhaft ist und bei den anderen Protokollserien fehlt, wurde sie in der Edition nicht vermerkt. – Zur Gestaltung des ev. Gemeinschaftsprotokolls s.
APW III A 3/3, CIX.
, abweichend von jenem aber nur mit
Sessio (nicht:
Sessio publica ) über- schrieben . Der Faszikel enthält neben den Protokollen als Beilagen Einzelvoten, Conclusa, Verhandlungsakten und durch Diktatur mitgeteilte Berichte über Deputationen, die in den Protokollen erwähnt sind oder jedenfalls einen Bezug dazu haben. Carpzov hat bei einigen Protokollen einen Hinweis auf Beilagen nachgetragen
S. z. B. in Nr. 168 am Schluß des Protokolls, Variantenapparat.
, bei anderen vermerkt, daß ihm ein erwähntes Schriftstück oder ein Votum von jemandem (z. B. vom Salzburgischen Fürstenrats-
[p. LXXXIV]
[scan. 84]
direktorium ) mitgeteilt wurde
Diese Vermerke stehen in der ersten Person Singular (s. z. B. in Nr. 167, Ende des zwei- ten Absatzes). Es gibt keinen Hinweis, daß Carpzov auch vom Ost. Direktorium einen Schriftsatz erhalten hätte.
. Diese Vermerke belegen einmal das gute Verhältnis der Sachsen-Altenburger zum Salzburgischen Direktorium und zeigen zum anderen, daß sie ihr Protokoll für den internen Gebrauch angelegt haben. Eine Bemerkung am Ende des Proto- kolls von Nr. 162 zeigt, daß zwischen der protokollierten Sitzung und der Niederschrift des Protokolls mindestens einige Tage lagen
S. am Schluß der
nota in Nr. 162, Ende des Protokolls. Gegen einen größeren Abstand zwischen Sitzung und Niederschrift des Protokolls sprechen Carpzovs Vermerke über nachträglich, aber in geringem zeitlichen Abstand erhaltene Beilagen zu einzelnen Pro- tokollen .
.
Der Faszikel enthielt für den Editionszeitraum ursprünglich 24 Beilagen, von denen eine fehlt, andere falsch zugeordnet sind
Zum Fehlen einer Beilage s. S. 116 Z. 28. Falsch zugeordnet wurde das Votum Speyers von 1648 IV 29/V 9 (s. in Nr. 147), das Carpzov irrtümlich zu dem Protokoll von 1648 IV 26/V 6 gelegt hat; folglich fehlt dort das Votum Speyers (s. in Nr. 145).
. Vereinzelt sind Voten in den fortlaufenden Protokolltext integriert, die sehr wahrscheinlich auf einem schriftlich vorgelegten Votum beruhen, wie am Gebrauch der ersten Person durch den Votanten zu erkennen ist
S. das Votum Savoyens in Nr. 145. In Nr. 167 steht der letzte (sehr emotionale) Satz des Würzburger Votums in der ersten Person Singular.
. Relativ selten fehlen einzelne Voten
Zum Beispiel fehlt in Nr. 146 das Votum Bambergs, in Nr. 154 das Votum Baden-Badens, in Nr. 162 die Voten Pommern-Stettins und -Wolgasts, in Nr. 167 das Votum Prüms. Solch versehentliche Auslassung einzelner Voten geschieht insgesamt seltener als in den pfalz- neuburgischen und bambergischen Parallelüberlieferungen. – In Nr. 160 wurde für das Votum Brandenburg-Kulmbachs und -Ansbachs eine Lücke gelassen, dieses aber nicht nachgetragen.
. Im Editionszeitraum verweist das Sachsen-Altenburger Protokoll in 15 Fällen auf Berichte im sachsen-altenburgischen Gesandtschaftsdiarium
Genaugenommen wird nur auf ein nicht näher charakterisiertes Diarium verwiesen. Unter den sachsen-altenburgischen Akten gibt es zwar mehrere (Spezial-)Diarien, doch ergibt sich aus der Natur der Sache, daß das offizielle Gesandtschaftsdiarium gemeint sein muß. Es wurde im wesentlichen von Carpzov geführt und ist bis auf Fragmente verschollen, seit Meiern daraus Extrakte abgedruckt hat, die er nur zum Teil als solche kennzeichnete (s.
APW III A 3/1, CXVIIff; zu den sicher als Diariumsauszügen zu identifizierenden Texten bei Meiern s.
ebenda , CXVIIIf Anm. 472; zu Verweisen des Protokolls auf Texte, die sicher oder wahrscheinlich bei
Meiern abgedruckt sind, s.
[ Nr. 151 Anm. 4 ] ,
[ Nr. 163 Anm. 3 ] ).
, die folglich im Protokoll ausgespart sind. Die erhaltenen Fragmente und Extrakte zeigen, daß dieses Diarium dieselbe Aufmerksamkeit für Zeremonielles auszeichnete, die auch in den Protokollen auffällt und sich dort z. B. in Bemerkungen über die Sitzordnung niedergeschlagen hat
S. dazu die
nota in Nr. 161 am Ende des Protokolls.
.
Im Editionszeitraum gab es im Fürstenrat Osnabrück eine Kontroverse zwischen jenen, die eine Berücksichtigung oder wenigstens stärkere Beachtung der abweichenden „Meinungen“ des Fürstenrats Münster wünschten, und jenen, die sich von der Opposition in Münster nicht behindern lassen wollten. Es ist nicht ohne Einfluß auf die Wiedergabe des Sitzungsverlaufs
[p. LXXXV]
[scan. 85]
in
Sachsen -
Altenburg A II 2 geblieben, daß die Sachsen-Altenburger zu denen gehörten, die eine Berücksichtigung derartiger „Meinungen“ nicht wünschten. Wahrscheinlich waren es weniger bewußt verfälschende Darstellungen als vielmehr durch Parteilichkeit gelenkte Mißverständnisse, die in einigen Fällen für offensichtliche Irrtümer bei der Wiedergabe der Voten verantwortlich sind
Sicherlich falsch wiedergegeben ist z. B. der letzte Satz des Bamberger Votums in Nr. 174 (vgl. den Text in Nr. 174 bei Anm. 14 mit der zugehörigen Textvariante).
.
– Erzstift Salzburg:
Salzburg I 2a besteht aus zwei zusammen überlieferten Einzelprotokollen vom Fürstenrat Osnabrück im Bestand der Österreichischen Geheimen Staatsregistratur in Wien. Da die- ser Bestand Akten unterschiedlicher Provenienz und disparaten Inhalts enthält, muß offen- bleiben , wie die beiden (hintereinander liegenden) Einzelstücke hineingekommen sind
Zur Zusammensetzung und Geschichte des Bestandes s.
Gross , 397f. Er enthält u. a. Teile der Registratur Volmars. Die beiden
FRO
-Protokolle in Karton 97 Faszikel 66 pars 5 tragen eine alte Foliierung, während der Faszikel im übrigen nicht foliiert ist.
. Die beiden Protokolle von zwei aufeinander folgenden Sitzungen (Nr. 167 und 168) sind mit keinem Protokoll der bekannten Überlieferungen identisch und geben inhaltlich keinen direkten Aufschluß darüber, welchem Reichsstand sie zuzuordnen sind. Da Österreich zu die- sem Zeitpunkt nicht im Fürstenrat Osnabrück vertreten war, können die beiden Protokolle nicht österreichischer Provenienz sein. Sicherlich gehörte der Verfasser zu den katholischen Reichsständen
Das ergibt sich daraus, daß und wie er von den ACV spricht (s. S. 381 Z. 30–34).
, von denen nicht viele in diesen beiden Sitzungen vertreten waren
S. Nr. 167 und vor allem Nr. 168: außer Salzburg waren nur Bayern, Bamberg, Pfalz-Neuburg, Würzburg (und Basel, für das der Würzburger Vorburg votierte) vertreten.
. Es muß sich demnach um Kopien der verlorenen Salzburger Protokolle handeln. Dafür spricht auch, daß in das zweite (Nr. 168) ein Schriftsatz wörtlich eingefügt ist, den das Salzburgische Direktorium verfaßt hat.
Substantielle Abweichungen beider Protokolle von der Sachsen-Altenburger Hauptüberlie- ferung wurden (in Nr. 167 und 168) im Variantenapparat vermerkt.
– Hochstift Würzburg:
Würzburg A I 1
S. die Beschreibung des Faszikels in
APW III A 3/4, Einleitung Anm. 268. Da fol. 374–386’ fehlen, sind die Protokolle in Nr. 147 und 148 unvollständig überliefert (s. dort jeweils Anm. 1).
enthält im hier relevanten Teil (fol. 353–544’) die Protokolle für Nr. 145–162 und Nr. 164–171. Für Nr. 163 findet sich nur eine Notiz mit Verweis auf ein anderswo abgelegtes Dictatum. Das Protokoll für Nr. 171 ist unvollständig, indem es innerhalb des Würzburger Votums mitten im Satz abbricht. Die Sitzungen sind in Anknüpfung an die vorangegangenen aus den Jahren 1646 und 1647 gezählt. So ist das Protokoll von Nr. 145 überschrieben mit
sessio 49, die Vor- und Nachmittagssitzung von Nr. 156 sind doppelt gezählt als
sessio 60 und
61, während die Protokolle für Nr. 159 und 161 in der Zählung, die mit Nr. 167
(sessio 69) abbricht, übergangen wurden. Abgesehen von dieser Zählung sind diese
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Protokolle Abschriften von
Bamberg A V
Mechanische Abschreibfehler zeigen die Abhängigkeit von
Würzburg
A I 1 von den Protokollen in
Bamberg
A V. Zum Beispiel ist in
Bamberg
A V für Nr. 145 die Angabe des Votanten Sachsen-Weimar verderbt, indem der Anfangsbuchstabe von „Weimar“ unkenntlich gemacht und das folgende „e“ sehr undeutlich geschrieben wurde; der Rest des Namens (yhmar)
ist deutlich lesbar. In
Würzburg
A I 1 steht an entsprechender Stelle (fol. 359’) (Sachsen-) Yhmar,
während der Name in
Bamberg
B II korrekt geschrieben wurde.
Würzburg
A I 1 ist also sicherlich keine Abschrift von
Bamberg
B II, sondern vielmehr von
Bamberg
A V. Daß
Bamberg
A V und
Würzburg
A I 1 eine gemeinsame (unbekannte) Vorlage haben, läßt sich weder beweisen noch widerlegen.
. Als solche haben sie keinen eigenen Quellenwert und wurden zur Kontrolle der Hauptüberlieferung nicht herangezogen.
III. Nicht herangezogene und fehlende Provenienzen
– Hochstifte Brixen und Trient:
Beide Hochstifte waren im Editionszeitraum nicht im Fürstenrat Osnabrück vertreten. Der gemeinsame Gesandte, Halveren, war während dieser Zeit gar nicht auf dem Westfälischen Friedenskongreß
. Für den Editionszeitraum sind zwar Protokolle vom Fürstenrat Osna- brück überliefert, die aus Halverens Besitz stammen
Historisches Archiv der Stadt Köln, Köln und das Reich Nr. 266, S. 1–341. Der Faszikel (gebunden, Gesamtumfang: S. 1–1147) wurde mit zehn weiteren 1725 aus dem Nachlaß von Halverens gleichnamigem Sohn von der Stadt Köln erworben (freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Joachim Deeters, Historisches Archiv der Stadt Köln; zu Dr. iur. Hermann Halveren dem Jüngeren, gest. 1723 in Straßburg als Vizekanzler des Hst.s, s.
Kammerer , 1392f).
; es handelt sich dabei aber teils um Kopien aus
Bamberg A V, teils um bloße Auszüge aus dieser Überlieferung
Einen genauen Vergleich der Halveren-Überlieferung mit
Bamberg A V und B II haben Frau Katharina Felder und Herr Konstantin Winkel durchgeführt. Auch hier kann die Möglichkeit nicht völlig ausgeschlossen werden, daß die Halveren-Überlieferung und
Bamberg A V eine gemeinsame, unbekannte Vorlage haben.
. Es wurde des- halb darauf verzichtet, diese Überlieferung in Nr. 145–175 bei Angabe der Überlieferungen am Kopf der Protokolle aufzuführen.
Von folgenden Reichsständen ließen sich Osnabrücker Fürstenratsprotokolle in den angegebe- nen Archiven nicht ermitteln: Fürstentum Anhalt (Abteilung Dessau des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt), Markgrafschaften Baden-Baden und Baden-Durlach (Generallandesarchiv Karlsruhe), Hochstift Basel (Fondation des Archives de l’ancien Evêché de Bâle), Markgraf- tum Brandenburg-Kulmbach (Staatsarchiv Bamberg), Fürstentümer Braunschweig- Calen- berg und Braunschweig-Celle (Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover), Fürsten- tum Braunschweig-Wolfenbüttel (Niedersächsisches Staatsarchiv in Wolfenbüttel), Land- grafschaft Hessen-Darmstadt (Hessisches Staatsarchiv Darmstadt), Herzogtümer Mecklen- burg -Schwerin und -Güstrow (Landeshauptarchiv Schwerin), Herzogtum Pommern ( Ber- lin , Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz), Herzogtum Sachsen-Gotha ( Thüringi- sches Staatsarchiv Gotha und Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt), Herzogtum Sachsen-Weimar (Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar und Thüringisches Staatsarchiv Rudol-
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stadt ), Herzogtum Sachsen-Lauenburg (Landesarchiv Schleswig-Holstein), Erzstift Salzburg (Salzburger Landesarchiv), Hochstift Speyer (Generallandesarchiv Karlsruhe, Landesarchiv Speyer), Wetterauer Grafen (Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden), Hochstift Worms (Landesarchiv Speyer), Herzogtum Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart), Hochstift Würzburg
Die oben angeführte Protokollserie
Würzburg A I 1 stammt aus dem Schönborn’schen Familienarchiv, Bestand Korrespondenzarchiv Johann Philipp. Die Reichstagsakten des Hst.s Würzburg, wo die Gesandtschaftsakten an erster Stelle zu vermuten sind, weisen für die Zeit des
WFK
eine Lücke auf.
(Staatsarchiv Würzburg).
Für das Erzbistum Besançon und das Herzogtum Savoyen wurde auf Recherchen verzichtet. Besançon war während des Editionszeitraums nur einmal, Savoyen sechsmal im Fürstenrat Osnabrück vertreten. Beide Gesandte votierten lateinisch und werden dem Sitzungsverlauf kaum richtig haben folgen und sicherlich nicht Protokoll führen können.
IV. Die Einrichtung der Edition
Der vorliegende Teilband wurde im Prinzip nach denselben Grundsätzen gestaltet wie der vorhergehende
S. deshalb
APW III A 3/4, Einleitung Teil B, Punkt IV: Die Einrichtung der Edition.
, so daß hier nur Abweichungen vom dortigen Verfahren genannt werden:
Die Protokolle sind in Anknüpfung an die Fürstenratsprotokolle Osna- brück der ersten vier Teilbände dieser Edition fortlaufend numeriert, beginnend mit Nr. 145 für das Protokoll der Sitzung am 26. April/6. Mai 1648. Die inkonsequente Numerierung der Druckvorlage
Sachsen -
Altenburg A II 2 wird nicht angegeben, wohl aber, im Gegensatz zu den früheren Teilbänden, neben der Datierung (in altem und neuem Stil) auch der Wochentag und die Uhrzeit des Sitzungsbeginns, einmal auch der Festtag. Da die Sitzungen im dokumentierten Zeitabschnitt oft täglich aufeinander folgten und die Kurien an manchen Tagen sogar vormittags und nachmittags zusammentraten, geben die genauen Zeitangaben eine Vorstellung vom Tagesablauf und Arbeitsalltag der Gesandten; sie erlau- ben Schlüsse auf die Intensität der Beratungen und die Beanspruchung der Diplomaten.
Die Regesten am Kopf des Protokolls sind zweigeteilt: In einem ersten Abschnitt ist das Thema der Sitzungen angegeben, nach Möglichkeit im Anschluß an die Proposition. In einem zweiten Abschnitt sind neben der Zahl der Umfragen besondere Ereignisse (wie eine Unterbrechung der Sitzung) und besonders wichtige Vorschläge und Bitten der Gesandten aufgeführt, vor allem die oft sehr zahlreichen Rechtsvorbehalte und Pro- teste . Da die Protokolle einzelner Sitzungstage neben der Beratung des Fürstenrats auch vorangehende oder anschließende Plena, Re- und Corre-
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lationen sowie Konferenzen dokumentieren, wird dies, wo es möglich und sinnvoll ist, insofern berücksichtigt, als die Beratungs- und Verhandlungs- gegenstände sowie die vertretenen Reichsstände gesondert für die einzelnen Gremien angeführt werden, also z. B. in Nr. 165 jeweils für die Konferenz Oxenstiernas mit Deputierten der Reichsstände (I), für die anschließende Sitzung des Fürstenrats (II), die dann folgende Re- und Correlation (III) sowie die erneute Konferenz Oxenstiernas mit den Deputierten (IV)
In 15 weiteren Fällen dokumentiert das Protokoll die Beratungen oder Verhandlun- gen mehrerer Gremien, was bei den Angaben am Kopf der Protokolle entsprechend berücksichtigt ist (s. Nr. 145, 150, 154, 156–158, 160, 162, 165–166, 168–171, 174).
.
Im Variantenapparat werden (wie in den vorhergehenden Bänden) nur substantielle Abweichungen der Sekundärüberlieferungen gegenüber der Druckvorlage angegeben, die bisweilen deshalb etwas umfangreicher sind, weil es sich bei der Druckvorlage nicht mehr um das sehr ausführliche Gemeinschaftsprotokoll der vorhergehenden beiden Teilbände handelt, sondern um das individuelle Protokoll eines einzelnen Reichsstands. Schon aus drucktechnischen Gründen ist es problematisch, extrem umfangreiche Ergänzungen aus einer Sekundärüberlieferung im Variantenapparat zu verzeichnen, wie es in wenigen Ausnahmefällen nötig schien. So werden in der ersten Sitzung (Nr. 145) lange Ausführungen zum Pfalz- Neubur- ger Votum aus der Pfalz-Neuburger Protokollüberlieferung im Varian- tenapparat angegeben. Dies geschieht erstens in der Überzeugung, daß der Gesandte das Abgedruckte tatsächlich vorgetragen hat, und zweitens deshalb, weil der Gesandte in den folgenden Sitzungen immer wieder auf dieses Votum zurückgekommen ist, es also nicht ein beliebiges, sondern eine Art Grundsatzvotum darstellt. Als der Gesandte später in einem anderen langen Votum weitere „Rationes“ zur Untermauerung des pfalz- neubur- gischen Standpunkts beibringt, wird im Variantenapparat nur darauf hin- gewiesen
S. S. 311f Z. 18f, 1 und die Variante zur Angabe
etc. in der Druckvorlage; ähnlich wird beim Bamberger Votum in Nr. 147 verfahren (s. S. 67 Z. 9–13 und 17).
.
Im Variantenapparat ist bei identischen Überlieferungen (wie
Bamberg
A V und B II) immer nur eine Überlieferung angegeben, z. B. im Falle der Bamberger Überlieferung
Bamberg
A V.
Um den Apparat der Sachanmerkungen zu entlasten, wird, wie im voran- gehenden Teilband APW
III A 3/4, am Kopf der Protokolle jeweils nach der Angabe der vertretenen Reichsstände auf das Vorläufige Personenre- gister
verwiesen, in dem bei jedem vertretenen Reichsstand die Namen der Gesandten genannt sind, so daß sich der Benutzer leicht orientieren kann.
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Ebenso wie im letzten Teilband und in Erweiterung der in den ersten drei Teilbänden gegebenen Verständnishilfen wird der wesentliche Inhalt der Schriftsätze, die als Beratungsvorlage dienten oder in anderer Hinsicht besonders wichtig sind, (in der Regel bei der ersten Nennung des Schriftsat- zes ) in einer Anmerkung angegeben. Das Verzeichnis der Verhandlungs- akten
soll dem Benutzer die Protokollinhalte erschließen helfen, bis das gemeinsame (Namen- und Sach-)Register für alle Teilbände von APW
III A 3 vorliegt. Die Übersicht über die
(meist von Sitzung zu Sitzung wech- selnde ) Zusammensetzung des Fürstenrates in Osnabrück
berücksichtigt auch die Plenarsitzungen. Der Fürstenrat nahm an ihnen zwar teil, doch ist seine Zusammensetzung nur teilweise oder gar nicht ersichtlich, da keine Umfrage gehalten wurde.
Grammatische Eigenheiten, die nach heutigen Regeln als falsch gelten, sowie Grammatik- oder Wortfehler wurden nur dann durch
[!] gekenn- zeichnet oder erläutert, wenn dies für das Textverständnis erforderlich ist. Offensichtliche Flüchtigkeitsfehler (wie vertauschte Wörter) wurden still- schweigend korrigiert. Bei der Kommentierung wurde entweder doppelt, nach altem und neuem Stil, oder nach neuem Stil datiert.
Mein Dank gilt all jenen, die mir Hilfe und Rat gewährt haben. An erster Stelle danke ich Herrn Prof. Dr. Maximilian Lanzinner, der als Her- ausgeber der
Acta
Pacis
Westphalicae die Bearbeitung dieses Bandes betreut hat, für vielfältige Unterstützung. Der Geschäftsführerin der Ver- einigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V., Frau Dr. Antje Oschmann, danke ich für ihre bewährte Unterstützung; meinen Kollegin- nen und Kollegen Frau Rita Bohlen, Herrn Dr. Magnus Ulrich Ferber, Herrn Andreas Hausmann M. A., Herrn Dr. Peter Arnold Heuser, Frau Dr. Christiane Neerfeld und Herrn Sebastian Schmitt M. A. danke ich für ihre freundschaftliche Kooperation, die für meine Arbeit sehr förder- lich war. Mit wertvollen Ratschlägen hat mich mein früherer Kollege, PD Dr. Michael Rohrschneider (Köln), unterstützt, dem ich erneut auch des- halb zu besonderem Dank verpflichtet bin, weil er mir die Einsichtnahme in seine noch unveröffentlichte Habilitationsschrift „Der gescheiterte Frie- den in Münster. Spaniens Ringen mit Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongreß (1643–1649)“ gestattete. Außerdem hat er, ebenso wie Herr Hausmann und Herr Schmitt, die Einleitung einer kritischen Durch- sicht unterzogen, wofür ich ebenfalls herzlich danke. Herr Dr. Cornel Heinsdorff (Kempen) hat mich durch seine sorgfältigen Recherchen bei der Bestimmung einiger antiker Zitate unterstützt. Ihm sei ebenso gedankt wie Frau Katharina Felder und Herrn Konstantin Winkel, die einen genauen Vergleich der Halveren-Protokolle mit der Bamberger Protokollüberliefe-
[p. XC]
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rung durchgeführt haben; Frau Felder war mir zudem bei den Korrekturar- beiten eine große Hilfe. Nicht zuletzt gilt mein Dank allen Archivarinnen und Archivaren, die mir bei meiner Arbeit im Archiv ihre unentbehrliche Unterstützung gewährt haben und durch briefliche Auskünfte zur Klärung vieler Fragen beitrugen.
Maria-Elisabeth Brunert