Acta Pacis Westphalicae III A 3,1 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 1. Teil: 1645 / Maria-Elisabeth Brunert
Deputation der fürstlichen und städtischen Gesandten bei den Gesandten Osnabrück 1645 September 30/Oktober 10
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Osnabrück 1645 September 30/Oktober 10
Wetterauische Grafen ( Nassau-Dillenburg) B I fol. 36–38’ (= Druckvorlage [Ausarbei-
tung Heidfeld]).
Bitte um Mitteilung der kaiserlichen Responsionen vom 25. September 1645
Siehe [Nr. 14 Anm. 2] .
nen II der Kronen
Schwed. Proposition II von 1645 VI 11: s. [Nr. 2 Anm. 34] . Frz. Proposition II von 1645 VI
11: s. [Nr. 7 Anm. 53] .
Bereitschaft Magdeburgs, einen Revers auszustellen.
(Im Quartier der kaiserlichen Gesandten zu Osnabrück.) Anwesend: Kaiserliche Gesandte (Lam-
berg und Krane); als Deputierte: Sachsen-Altenburg / Sachsen-Coburg (Thumbshirn und Carp-
zov), Mecklenburg-Schwerin / Mecklenburg-Güstrow [Kayser], Wetterauische Grafen (Geißel
und Heidfeld), Stadt Straßburg (Marcus Otto).
Nachdem am selben Vormittag im fürstenrath beschlossen worden war, ahn die
Kayserlichen herren commissarios in nachfolgenden sachen auß hochgedach-
tem furstenrhaats mittel etliche deputatos zu schicken , so seind hirzu ernen-
net worden der Sachsen Altenburgische herr abgesanter herr Thumbshirn
sampt seinem adiuncto herrn Dr. Carpzovio, dito der Meckelnburgische ab-
gesandte, dito die gräflich Wetterauische abgesandten herr Dr. Geißel und
J[ ost] H[ enrich] Heidfeld, beneben einem auß dem stättrhaat.
Nach dem mittageßen dito haben wohlgedachte fürstliche Altenburgische
denen Wetterauischen ahnsaghen laßen, ob sie umb 3 uhr zu ihnen kommen
und furters zu denen Kayserlichen fahren woltten. So fuhren die wetteraui-
schen Gesandten zu besagter Zeit zu den Altenburgischen und sind nach kurzem
Aufenthalt in dreyen gutschen, dan wegen der stätte herr Dr. Otto, Straßbür-
gischer legatus, zu unß in unßere gutsche gesesßen, nach wohlgedachten
Kayserlichen commissariis gefahren.
Die kaiserlichen Gesandten empfingen die Deputierten und führten sie in die Au-
dienzstube . Dort haben Lamberg und Krane, beederseits sitzend, die Deputier-
ten angehört, und hatt der Altenburgische herr Thumbshirn folgend{er}maßen
vorgetragen:
Deputierte (durch Sachsen-Altenburg und Coburg). Mann wüste
sich zu besinnen, mitt waß großer mühe mann jüngsthin die cronen vermö-
get, daß bey eröffnung der Kayserlichen replic
scheinen wehren abgehalten worden. Daß alßo ohne der cronen bewilligung
und vorbewust mann in vilen dingen nicht vortkommen könte. Weil mann
nun zur deliberation uber die Kayserliche replic geschritten, hette sich stracks
anfangs gefund{en}, daß darinnen etzliche puncten sich erhilten, exempli gra-
tia von dem armistitio, gefangenen, satisfaction etc.
Waffenstillstand in der ksl. Responsion an Schweden: Ad XVIII. ( Meiern I,622f. );inder ksl.
Responsion an Frk.: Ad 1. ( Meiern I, 628f. ). Gefangene in der ksl. Responsion an Schweden:
Ad IX. ( Meiern I, 621 ); in der ksl. Responsion an Frk.: Ad 10. ( Meiern I, 631 ). Satisfaktion
in der ksl. Responsion an Schweden: Ad X., XI., XII. ( Meiern I, 621f ), in der ksl. Responsion
an Frk.: Ad 13. ( Meiern I, 632 ).
lein, immediate und dergestalt anging{en}, daß ihnen die replic nothwendig
müste communicirt werden, ihre gedancken daruber zu fasßen. Dann ob-
schon die stende darüber deliberirten, würde doch solches nichts verfangen
und sich die cronen daran nicht binden lassen. Solte mann nun warten, biß
mann mitt denen deliberationibus fertig, und den cronen dann erst communi-
ciren, würde eine große zeit vergeblich verspilet.
Ersucheten alßo ihre excellenzen underdinstlich, vor sich selbst da〈ra〉n zu
sein, auch mitt ihre höchstansehnlichen herren collegis zu Munster darauß
zu communiciren, damitt meh[ r]hochgedachte Kayserliche replic denen bee-
den kronen uffs ehiste hie und zu Münster möchten pari passu zugestellt und
also daß hocherforderte friedenswerck dardurch beschleuniget werden.
Zweitens wüsten ihre excellenzen auch, wie mann noch in dem beschwerli-
chen puncto admissionis excludendorum begriffen. Weil mann es nun auch
dißfalls mitt den cronen zu thun und dieselbe vertröstet, zu denen delibera-
tionibus nicht zu schreitten, eß wehren dann die excludendi admittiret, Mag-
deburgk auch in specie sich erkleret, daß bey diesen ganz extraordinarii trac-
taten seine session kein praejudiz geben, ja quo non actum gehalten zu wer-
den sich reversiren woltte
Magdeburg hatte in der Sitzung vom 21. August 1645 argumentiert, daß der Usus auf RT bei
gegenwärtigen Friedensverhandlungen irrelevant sei (s. oben S. 88 Z. 21f.). Der Brief der Ges.
von Fürsten und Ständen zu Osnabrück von 1645 IX 4/14 an die Ges. von Fürsten und
Ständen zu Münster, betr. die osnabrückischen Notæ (s. [Nr. 11 Anm. 4] ), enthält bez. Magde-
burgs und der anderen Exclusi die Aussage, daß das, was bei gegenwärtigem extraordinair
Werck geschehe, künftig nicht zur Konsequenz gezogen werden könne (s. Meiern I, 605 ). Im
Brief der Ges. von Fürsten und Ständen zu Osnabrück an die fürstlichen Ges. zu Münster, die
Admissionem Exclusorum betreffend, von 1645 IX 18/28 (s. [Nr. 16 Anm. 3] ), steht die Ver-
sicherung, daß Magdeburg sich ausdrücklich und bestaendig erkläre, daß das bei diesen Frie-
densverhandlungen Geschehene künftig nicht präjudizierlich sein solle ( Meiern I, 659 ).
großes thun in erklerung eines und deß andern, da sie admittirt würden, et
contra, si non; Baaden Durlach und Naßau Saarbrücken wehren auß aller
preßuren der waffen; bäten alßo nomine statuum ihr{e} excellenzen ebenme-
ßig, nicht allein vor sich selbsten die admission zu bewilli{gen}, sondern auch
ahn hochgedachte ihre collegas wie auch daß catholische fürstencollegium zu
Münster zu schreiben, damitt die admissio beschehen möchte.
〈Ytzo〉 hochgedachte furstenversamblung zu Münster hette ahn hiesige fur-
sten und stende ein vast rawes, hartes schreiben contra admissionem gethan
Gemeint sind Hochloeblicher Chur= und Fuersten zu Muenster versammleter Herren Abge-
sandten Rationes und Gegen=Argumenten von 1645 X 2 (s. [Nr. 20 Anm. 2] ).
hiesige stende würden aber deputatos herüberschicken und sowohl die ob-
gedachte denn cronen beschehende communicatio der replicae alß auch die
admission begehren und urgiren laßen.
Uberreichte darbey ihren excellenzen copiam deß schreibens, so hiesige
stende ahn die stende zu Münster ratione communicandae coronis replicae
etc. gethan hetten
Gemeint ist eine Kopie des Briefes Der Fuerstlichen zu Oßnabrueck […] an die zu Muenster,
die Exclusion Magdeburgs etc. betreffend von 1645 IX 30 [ /X 10] (s. [Nr. 20 Anm. 95] ).
Überlieferung der Kopie: APW II A 2 Nr. 254 Beilage 1.
Alß Sachsen Altenburgischer geendiget, stunden ihro excellenz und wir
allesampt auff und tratten gnädige excellenzen graf Lamberc und herr Dr.
Cran ahn ein fenster beysamen und redetten eine kleine weile allein mittein-
ander.
Kaiserliche. Alß sie wider herbeykommen und mann die vorige size wider
eingenommen, antwortete wohlgedachter herr Dr. Cran auff daß erste, daß
sie, herren Kayserliche commissarii, sehr wohl geneigt, die friedenstractaten
zu befordern. Eß erh[ e]ische es auch die hohe nothdurfft, indeme ihre Kayser-
liche majestät mehr alß niemahls von allen orten, auch dem Türken in dero
erblande
coniunctim mit denen zu Münster die communication der replic den cronen
zu beschehen sucheten, könten sie, biß die stende under sich einig, nichts
hieruff erkleren. Da die stende aber under sich einig, wolte mann es vor ein
commune votum haltten. Biß dahin könten sie sich nichts gewißes erkleren.
Wüsten doch so vil, daß die cronen die Kayserliche replic schon vorlengst
gehabt
Die frz. Ges. überschickten am 3. Oktober 1645 eine Kopie, die schwed. am 29. September
(s. [Nr. 20 Anm. 63] und 73).
Uff daß zweite, die admission betreffend, antworteten sie, hetten der stende
von Münster angeregtes scharpffes schreiben ahn hiesige nicht gesehen,
köntten also desto weniger davon sagen, begehrten copiam darvon, so ihnen
auch versprochen ward, woltten mitt ihren herrn collegis zu Münster auß
diesem punct auch anderweit communiciren und sich hienegst in einem und
anderem gegen die stände mitt mehrem vernehmen und nichts underlasßen,
so zu beforderung der fridenstractaten dienen möchte.
Eß hette der Churbrandenburgische legatus herr von Löben bey eröffnung
der replic die formalia gebraucht, die stende hetten sich bey herrn Oxenstirn
also vernehmen laßen, sie wolten nicht zu denen deliberationibus schreiten,
es wehre dann der punctus admissionis erörtert. Dises wort obligirte die
stende so stark nicht, die erörterung könte pro oder auch contra die exclu-
dendos außschlagen.
Deputierte (durch Sachsen-Altenburg und Coburg). Es könnte
wohl auch daß wort „erörtern“ gebraucht sein worden
nebens auch underschiedliche formalia, so vil verbündlicher, bey der cron
Schweden legato gefallen, wordurch die stende sich hoch obligirt, die admis-
sion der excludendorum ad consilia zuwegen zu bringen.
Sachsen Altenburg bedanckte sich und bat wie zuvor ehister mögligkeit ge-
würige antwort uff die beede punc{ten widerfahren zu laßen}.
Der mecklenburgische Gesandte sagte später im privaten Gespräch: Mann hette
der cronen wegen sich wohl vorzusehen, die obgedachte beede puncte zu be-
obachten. Masßen der her Schwedische legatus Oxenstern vor eröffnung der
replic ihme außtrucklich ansagen lasßen, so auch andern
Zum Beispiel dem weimarischen Ges. Heher (s. [Nr. 14 Anm. 6] ).
ten wohl zusehen, waß sie thäten, ob sie meineten, sie hetten es mitt dem
Keyser allein zu thun, hetten’s auch mitt den kronen zu thun etc.
Nach genommenem abschied seind wir, [ die Deputierten] , mitt denen dreyen
gutschen, wie obgedacht, vom Kayserlichen losament stracks nach dem
Magdeburgischen directorio gefahren. Da unß dann der herr von Einsie-
del und herr Dr. Krüll u{nden} im hauß in ein gemach geführet, allw{o}
der herr Sachsen Altenburgische legatus oberwehnt{er} verrichtung relation
gethan.
Magdeburgisches Direktorium. Wolten’s ad notam nehm{en}, den an-
dern stenden notificiren, und müste mann uber zeit wider bey den Kayser-
lichen anhaltten.
Die Deputierten fuhren daraufhin nach hauß.
Sachanmerkungen zu Nr. 23