Acta Pacis Westphalicae II C 3 : Die schwedischen Korrespondenzen, Band 3: 1646 - 1647 / Gottfried Lorenz
274. Erskein an Johan Oxenstierna und Salvius Leipzig 1647 Juli 18/28
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Leipzig 1647 Juli 18/28
Ausfertigung: J. Ox. Slg. B: II, E 943.
Beratungen C. G. Wrangels und schwedischer Generäle über die satisfactio militum. Militaria.
Ewer Gnaden undt Excellentzen gebe ich hiemit unterdienstlich zu ver-
nehmen, als durch göttliche hülffe die statt Egger in Ihro Königlichen
Mayestät zu Schweden, unserer allergnädigsten königin, devotion gebracht
worden , haben Seine Excellentz der herr feldtmarschall die herrn generales
sofort convociert von mier meine königlichen commission als auch in wel-
chen terminis die friedenßtractaten stunden, an sie zu entdecken begehrt,
deme also umbstendtlich vonn mir folge geschehen; und obwolln viell und
mancherley meinungen undt vorschläg, wie Ewer Gnaden und Excellentzen
bey sich hochvernünfftig erachten können, vorgelauffen, zuletzt aber alles
dahin gangen, das die herren obristen hierin mit zugezogen werden möch-
ten, dannenhero den 9. huius [ 9./19. Juli] Seine Excellentz nebens dennen
herren generalen dieselben zusammen verbescheiden und ihre gemüets-
meinung zu offenbahren durch mich ersuchet, bey welchen dan zu theillen
zimbliche schwirigkeiten sich verspüren lasen, mit einwenden, wie mancher
10, 15 und 20 jahr gedienet, krump und lamb geschosen, ihre eltern vonn
dem ihrigen veriaget, viel ihrer brüeder und freunde in dem khrieg erscho-
sen, das, so sie etwan vormals erübriget oder von hauß noch mitgebracht,
bey ieziger ruin der länder alles wieder zugesezet und vornemblich bey
ihrer landtßfürstlichen obrigkeit wegen uff dieser seiten continuirlicher
treu geleister dienste verhaset gemacht worden, welches dan veruhrsachet,
das sie bey ihren güettern nicht ruhig werden verbleiben können, bey
welcher angeführten umbstenden dan ihre satisfaction nicht uff ein geringes
bestehen könte; und wahr ihr einmütige resolution, sie dieneten der löb-
lichen cron Schweden und wüsten sich also mit der contentierung an nie-
mandt anderen als an dieselbe zu halten; nachdeme ich ihnen aber gnug-
same anderweitige remonstrationes dargethan, seint sie gleichwoll dadurch
von diesen gedancken abgebracht und zu einer außgeantwortteten und
hiebey in copia befindenten instruction, zugleich exemplar desen, was Ewer
Gnaden und Excellentz ich übergeben soll, zusampt der vollmacht gebracht
worden, welches Ewer Gnaden undt Excellentzen ich hiemit zu solchem
endt voraus überschicken wollen, damit bey meiner einkünfft das werck
umb soviel ehender könte abgerichtet werden. Ich befördere mich nach aller
mügligkeit hinach und werde an keinem orth keine zeith verabsaumen,
bitte auch so nötig, das ich mit einem newen paß versehen undt uff Minden
mier möge entgegen geschickht werden.
Der Zustand der Armee ist befriedigend; neue Vorstöße gegen die Kaiserlicher sind
geplant. Die Hoffnungen der Kaiserlichen auf J. de Werth haben sich zerschlagen.
Ewer Gnaden und Excellentzen ersehen aus angefügten bey der Keyßer-
lichen von Wien nacher deroselben lager ablauffenden und intercipierten
post, was von Münster geschriben, insonderheit wie landtgraff Georg das-
jenige was er versprechen wirdt, künfftig zu halten nicht gemeinet, so ge-
dencken auch die übrigen nachbahren.
Instruktion C. G. Wrangels für Erskein. Feldlager bei Eger 1647 Juli 9/19
1) Bevollmächtigung Erskeins, über die satisfactio militum im nahmen der militiae zu
schließen.
2), 3) Herleitung des Anspruchs auf satisfactio militum durch Rückblick auf die Ent-
stehungsgeschichte des Krieges und dessen Verlauf.
4)-6) Nachdem die Territorialentschädigung Schwedens und die Reichsangelegenheiten weit-
gehend geklärt sind, bleibt die satisfactio militum zu erledigen.
7) Damit dem wercke ein eylfertiger nachdruck geschehen undt iederman spüh-
ren möge, welche enden großen eyfer undt begierde zu beförderung des
allgemeinen friedens die offt berührte soldatesque tragen thut, so haben Seine
Excellenz für nötig erachtet, eine qualificirte person auß dero mittel mit
gnugsamber vollmacht doch gemeßener instruction nacher Oßnabrüg undt
Münster abzufertigen undt darzu den eingangs vermelden herrn assistentz –
undt kriegsrath Erskein freuntlich ersuchet undt durch erhebliche motiven
disponiret, das er dieser bemühung über sich nehmen undt in dero nahmen
der soldatesque contentement folgendermaßen tractiren undtt schließlich
abehandlen wolte.
8) Anfänglichen wirdt er nach ankunfft zu Oßnabrügk undt Münster der Konig-
lichen Majestät zu Schweden herren plenipotentiarien das creditiff uberreichen
undt nebst offerirung Seiner Excellenz dienstlichen Grußes für die bishero
gehabte bemühung dienstlich dancksagen, auch sie ersuchen, das selbige
belieben wolte außer einigen respect der soldatesque angelegenheiten besage
des ihme, herrn Erskein, zugestelleten m[e]morials sub lit. A uf das fleißigste
abzurichten alß Seiner Grafflichen Excellenz das memorial zustellen undt uf
selbigen puncten bestehen.
9) Solte man aber alle in memorial benannte orther nicht erhandlen können, so
wirdt der herr adsistentz- und kriegsrath uf denen Hildesheimischen geist-
lichen ambtern alß auch uf denen 3 Schlesischen fürstenthümbter persistiren,
wie nicht weniger das die donationes in ge[n]ere vermög ihrer darüber in
handen habender instrumenta donationum mögen observirt, drittens auch die
auß deren erbländern wegen der religion vortriebne officirer restittuiret
werden, darzu auch zum vierdten die reste nicht noch geben undt der soldates-
que gnugsahme versicherungen bey denen landtsfürstlichen obrigkeiten
verschafft.
10) Solte das vorhergehende wegen Hildesheimischer geistlichen ambter undt
derer Schlesischen fürstenthumber nicht vonstatten gehen wollen, so kan der
herr adsistentz- und kriegsrath zwölff millionen goldes fordern und endlich
bey zehen millionen verbleiben, auch darvon undt von denen ubrigen postu-
latis nicht abweichen in erwegung, die Churfürstlichen Durchlauchten in
Bayern undt zu Sachsen ihre geringe zeit der bedienung zimblich hoch aesti-
miret, von denen Kayßerlichen undt ständen es erhalten haben undt die
Churfürstliche Durchlaucht zu Sachßen nicht bis ans ende mit ihrer adsistence
continuiret. Vermuhtet sich also Seiner Excellenz, das diese billige postulata
nicht ungebührlich von denen ständen aufgenommen werden könne.
11) Würde schließlich hierbey ichtwas vorlauffen, darinnen der herrr adsistentz-
undt kriegsrath Erskein zu resolviren bedencken zu tragen hette, so kan ein
solches an Seine Excellenz dem herrn feldtmarschall er referirn undt darüber
mehrerer resolution erwartten, das übrige alles nach seiner wolbekandten
dexterität incaminiren.
Memorial C. G. Wrangels für Erskein. Feldlager bei Eger 1647 Juli 9/19
1) Nachdem bei den Friedensverhandlungen nicht alleine die allgemeine Deutsche
beruhigunge instandt gesezet, besondern auch die interessenten ein ieder sein
contentement gesuchet undt erreichet haben solle, lebet derohalben nunmehr
auch die soldatesque in der unzweiffentlichen zuversicht, das ihrer satisfaction
halber eine gleichmäßige abrichtung beschehen werde, aldieweil sie darfür
hältet, das auß diesem mit obigen allen der friede sonst keinen effect haben
kan noch magk.
2) Ihrer Königlichen Mayestät undt dero reiche Schweden hochlöblichen stände
für die soldatesque respective gnädigst undt fleißig getragene undt noch
habende getrewe sorgfalt ist genug bckandt. Nach König Gustav II. Adolf hat
auch die izige höchstbenandte regierende Königliche Mayestät dies werck
(ungeachtet es, wie weltkündig, uff schwachen beinen gestanden) dennoch
durch dero tapffere helden rath undt conduicten zusambt mit nicht geringem
continuirenden jährlichen zuschube sowohl Ihres reiches undt lande solda-
tesque alß offentlicher bekanter spesen ufrecht gehalten. Damit auch Ihr
königliches dero friedliebendes gemühte an den hellen tag geben müge, haben
Ihre Königliche Mayestät (dem bericht nach) sich mit einem geringen als
Vorpommern, dem erzstiffte Brehmen undt Vördten undt der stadt Wißmar
contentiren laßen undt solches alles unter die soldatesque dergestalten auß-
getheilet, das zu denen künfftigen nottürfftiglichen guarnisonen wie auch
landesfürstlichen regierungen entretenimenten sambt ordentlichen reiches-
undt cräyßesstewren einige mittel zu entrichten nichtes ubrig sein soll, dero-
halben die oberwehnte ab- undt anwesende soldatesque ihrer geleisteten dien-
ste halben höchstgedachte Ihrer Königlichen Mayestät ein mehrers nicht
anmuhten noch selbe molestiren können, sondern deroselben undt dero reiches
ständen respective unterthenigst undt dienstlichst dancksagen, und zwart umb
soviel mehr, weil ungeachtet sowohl dero verlohrnen respective herrn herrn
vatters Königliche Mayestät undt anderer tapfferer helden als auch dero in
particulier offters von dem feinde angebotenen großen avantage, selbige
dennoch bey der gemeinen nothleidenden sache in tapfferer fürsorge und
conduicte bis anhero so beständig undt unverwürket zu verbleiben geruhet
haben.
3) Derohalben die soldatesque genöttiget, bey denen confoederirten undt stän-
den in Teutschlandh ihre billige ergözligkeit zu begehren, undt aber dieser
punct derer soldaten contentements fürnemblig uff geldtmitteln beruhet,
dieselbige aber, ohngeachtet darinnen ein mercklicher nachlaß sein würde,
bey denen Teutschen ständten schwehr zu erheben, sodan auch fürs andere
bekandt, wie die soldatesque wegen vorgangener kriegsactionen undt unter-
haltsexecutionen von theils chur-, fürsten und stände sehr verhaßet, also das
sie sich bey friedenszeiten keiner geringen gefahr in verfolgung ihrer persoh-
nen undt ruinierung ihrer wenigen ubrigen lebensmittel (wie bereits an man-
nichen ortten der anfang beschiehet) zu besorgen haben, so hältet sie an ihren
ortten für das sicherste, das für die 30 jahr dem gemeinen weesen geleistete
dienst der gemeine soldatesque bis an den cornet undt fendrich eines jahres als
12 monath soldt gegeben, denen ubrigen officirer undt generaln aber von
denen durch ihre müheseelige arbeit erlangten landen folgende ihnen ruhig
besezen zue laßen, zu concediren die stiffter, nemblichen Hildesheimb soweit
es geistlig ist, den auch Minden, Oßnabrügk, Paderborne, soviel es Münste-
risch zwischen der Weeser undt Embs, dann auch die Schlesischen fürsten-
thümbder Schweidnitz undt Jawer, Saagen undt Großglogaw, also das diese
bischoffthümbder undt lande der soldatesque erblig eingeraumet undt unter
Ihrer Königlichen Mayestät zue Schweden landesfürstlicher obrigkeit nahmen,
titul undt hochheit gouverniret werden möchten.
4) Wie nicht weniger, das alle donationes, so die weylandt Königliche Mayestät
herr herr Gustaph Adolph [ Kurialformel], sodann auch die izige regierende
Königliche Mayestät undt unter dero nahmen undt vollmacht dero hochan-
sehentlichen herren graffens undt reichscanzlers excellenz alß director des
evangelischen bundes undt dero herrn feldtmarschalln excellentzien unter-
schiedtlich außgegeben haben, darauf sich die herren officirers festiglich
fundirt undt deshalben ihre wohlfahrt undt vermögen dreingestecket, ihnen
bekräfftiget würden.
5) Weilen auch die regiementer, als derer officirs zur leichterung des landtmannes
undt derer städhe offters ihnen selbst dehn unterhalt geschaffet undt an
deßen stadt theils obligationes, theils gütter, theils andere adsecurationes ge-
nommen, soviel [so will] die soldatesque hoffen, es werde dieser punct bey
dem schluße also gefaßet undt befestiget sein, das deroselben dardurch kein
praejudiz oder nachtheil zu handen stoßen werde.
6) Nachdeme auch verschiedene exulanten, insonderheit auß denen Kayßerlichen
erbländern, theils von anfanges, theils nach erlangten ihren manlichen jahren
der gemeinen sache gedienet undt dahero schwere verfolgung auß-
gestanden, alß ist billich, das dieselbigen uberalle gleichmäßige restitution
ihrer erbgütter wie auch das freye exercitium religionis undt andere vorige
privilegien undt freyheiten in ihren vatterlandt wieder erlangen.
7) Es ersuchet derhalben die ganze soldatesque derer zu Oßnabrügge undt
Münster anwesenden hochansehentlichen Kayßerlichen, königlichen undt
anderer stände des Deutschen reiches herren abgesandten undt bottschafften
excellencien durch mir unter beschrieben alß deren sub litt. A gevollmechtigen
dienst- undt freundtlich, sie geruhen hierüber eine categorische undt schleu-
nige antwortt zu ertheilen.
8) Würde uber verhoffen die soldatesque dieses billichen begehrens nicht fähig
werden, müste Göttlicher disposition sie es zwart anheimbstellen, sie würde
es aber sehr zu herzen undt gemüthe ziehen, den Gott der Höchste alß ein
herzenkundiger undt prüffer weiß, das diese postulata nicht auß regier- oder
geizsucht herfließen, besonderen die große dürfftigkeit undt noth, bevorab
ihre sicherheit, treibet sie darzu, weil nach geschloßenem friede die soldates-
que für ihr vergoßenes blut, verlohrne gesundtheit, angewendete schwere
undt uberauß große travaillien undt mühesehligkeiten, zugeschweigen anderer
mancherley betrübnüße mehr, die nicht gnugsamb zu repraesentiren seindt,
sonsten keine mittel sich zu unterhalten undt hinzubringen haben, uberdas,
wie gemeiniglich am tage ist, von dehnenienigen, so gegen der soldatesque
keine barmherzigkeit tragen, sie wenig geachtet undt mit allerley verfolgungen
undt wiederwertigkeiten afficirt zu werden in besorgnuß stehen muß, darumb
aber andern nicht unterm füßen gleichsamb liegen undt sich unterdrücken
laßen kan.
9) In entstehenden falle, so man gleichwol nicht verhoffen wil, hat die soldates-
que das gute vertrawen, Gottes allmacht werde für sie zu sorgen undt das
geringe heuflein dannoch wohl zu erhalten wißen, demnach christliche hohe
potentaten erwecken, so sich ihrer ingesambt undt ohne separation eyferig
undt ernstlichen annehmen undt an orth undt enden emploiiren mögen undt al-
so dardurch mittel verleihen, das ihre große undt schwere außgestandene so
vieljährig undt fast unerzehlige müheseeligkeiten belohnet, entgegen alle
undanckbarkeiten geendet undt gestraffet werden.
10) Wen nun dieses committierter maßen also zur richtigkeit gebracht ist, so
können der Königlichen Mayestät zue Schweden herren abgesandte das
allgemeine armistitium schließen undt es Seiner Excellenz dem herrn felt-
marschalln notificiren, alsdann alle hostilitäten an dieser seiten eingestelt
werden sollen in ungezweiffelter hofnung, man werde von seiten des gegen-
theils eine gleichmeßige anstalt machen, auch zueforderst, undt zwart vor
geschloßenem armistitio, sowohl wegen der logirung als unterhalts für die
armée gute undt dienliche vergleiche treffen oder es an die arméen verweisen
thun.
Kreditiv C. G. Wrangels auf Erskein. Feldlager bei Eger 1647 Juli 9/19