Acta Pacis Westphalicae II C 3 : Die schwedischen Korrespondenzen, Band 3: 1646 - 1647 / Gottfried Lorenz
159. Erskein an Königin Christina Stockholm 1647 März 3/13

[p. 326] [scan. 382]


1
–/ 159/–

2

Erskein an Königin Christina


31
Erskein, Alexander (1652 nobilitiert): * 31. 10. 1598 Greifswald, † 24. 7. 1656 in polnischer
32
Gefangenschaft zu Zamóscie, seit 1628 in schwedischem Dienst, zunächst Agent in Stralsund,
33
1632 Resident in Erfurt, 1634 Kriegsrat bei der schwedischen Hauptarmee, 1637 Auftrag, die
34
pommersche Verwaltung zu ordnen, 1642 erneut Kriegsrat bei der Armee, in dieser Funktion
35
beim Westfälischen Friedenskongreß, 1648 Kriegspräsident bei der Hauptarmee, 1649–1650
36
Gesandter beim Friedensexekutionskongreß in Nürnberg, 1651 Verwaltungsauftrag im Hgt.
37
Bremen-Verden, 1653 Präsident im Hgt. Bremen-Verden.

38
Erskein sammelte während seines Aufenthaltes in Deutschland aus vielen Archiven eine Fülle
39
Aktenstücke; ein größerer Restbestand dieser Archivalien befindet sich im Niedersächsischen
40
Staatsarchiv zu Stade. Vgl. Lorenz S. 114ff.; Odhner S. 240, 246, 249 (SMK II S. 455f.;
41
zur Erskeinschen Sammlung vgl. Brulin und Weise.

3
Stockholm 1647 März 3/13

4
Ausfertigung: DG, A I 1, Legat. [ 7] fol. 1270–1272’.

5
Bitte Erskeins, ihn nicht als Bevollmächtigten für die satisfactio militum nach Deutschland zu
6
schicken.

7
Ewer Königlichen Mayestätt gestriges tages mier uffgetragene commission,
8
das negotium zwischen dero zu Oßnabrugg anwesenden herren pleni-
9
potentiarien und dero armée umb abrichtung der soldatesque contentement
10
betreffent, habe ich ferner fleißig überlegt unndt so wichtig, schwer und
11
gefehrlich befunden, das ich meine dazu untüchtige qualiteten Ewer König-
12
lichen Mayestät in tieffster demuth nochmallen vorstellen mues. Dan obwoll
13
Ewer Königliche Mayestät diese drey gemelte epitheta ihre substanz nach
14
ohn mein unzeittiges erinern allergnedigst beherzigen, so habe ich dennoch
15
soweit es mier treffen wurde, folgendes mit wenigen zu berühren ein fürtrin-
16
gendte noth erachtet, in undterthenigster hoffnung Ewer Königliche Maye-
17
stät sothane wollmeinendte monita zu ungnaden nicht außdeuten werden.

18
Undt anfenglich bestehet die richtigkeit darinne, wie die von Ewer König-
19
lichen Mayestät höchstlöblichen herren vorfahren bey der soldatesque vor
20
so viel jahren hero erlangte und uff Ewer Königliche Mayestät durch dero
21
hochansehenliche herren directorem und feldtmarschalln transferirte und bis
22
dato annoch wehrende liebe ohn Ewer Königlichen Mayestät unndt dero
23
reichen beschwerden zu erhalten sey, also, da uff alle zutragendte fälle
24
derrer dienst mann benötiget, dieselbe williglich zu erlangen sein wurden.
25
Der modus procedendi, umb dieses einzurichten, steht in des negotianten
26
absolut disposition, welche er pro re nata woll fürsichtig und überall fleißig
27
überlegen mues.

28
Fürs ander die schwierigkeit betreffendte, so ist woll zu consideriren, ob
29
eine vonn villen iheren hero wollgediente armée, so über vierzigtaußendt
30
mann an frembden annoch zu fechten stehet, ohn parat und etwas gewiße

[p. 327] [scan. 383]


1
mittel mit ihren contento zu licentiren, zumahlen mier bekandt, was mann
2
bey den stendten in Teutschlandt nur für der geringen guarnison unterhalt
3
für müehe haben mues, so siehet die soldatesque in ihren diensten bloß
4
unndt allein uff Ewer Königliche Mayestät und keinen andern, ich will
5
nicht berühren die schwierigkeit, so die generales (welche neben den nego-
6
tianten das werck führen müeße) wegen abtrettung der ihnen vonn Ihro
7
Königlichen Mayestät in Hinderpommern donirte sampt andern officiren
8
behörendte güetter, so sie mit großen spessen eingerichtet, anführen wurden.
9
Zum dritten, nicht weniger ist der negotiant der gefahr unterworffen, dan
10
alle zu Oßnabrugg und Münster obhandene gesandten uff ihre herren prin-
11
cipalen interesse fürnemblich gesehen, nachdeme sie nun ein solches erhal-
12
ten, trachten sie nun nach dem schluß und wie sie die müeheseligen lang-
13
wierigen tractaten dermahleneins sich onig machen können, eilen also nach
14
hauß, den bandt aber des ganzen frieden, als der soldaten interesse lassen
15
sie bis uff die letzte stehen, tractiren denselben obenhin, richten ihre inten-
16
tion und consilia darauf, wie sie die soldatesque nur zur separation bringen,
17
und sich also endtlich derselben ohn einige abstattung entbrechen können,
18
hingegen ziehet der soldat seine getrewe dienste an, und noch vill mehr,
19
wie er und seine verwandten durch ihr bluet diesen frieden und beruhigung
20
zuwege gebracht, wirdt steiff uff sein contentement stehen, auch sich nicht
21
mit regimenter anweisen und sich also separiren lasen, wirfft unter andern
22
grosen haß uff die herren gesandten, da mues nu der negotiant an beyden
23
seiten das beste handlen und reden und den verzug des friedenschluß sampt
24
haß und verfolgung uff sich nehmen, seine reden, so er unterweilen auch
25
gegen Ewer Königliche Mayestät gesandten oder generalen thun mues,
26
werden sinistre, ia ghar uff das ergiste außgedeutet, Ewer Königlichen
27
Mayestät hinterbracht, und mechten dieselbe also zu ungnedigen ge-
28
danckhen bewegt werden, welches dan einem ehrlichen diener, so eine
29
geraume zeith getrew, ohnverdroßen undt müehesamb gedienet, auch alles
30
zum gutten effect zu bringen sich bemüehet, herzlich betrüben thuet. Dero-
31
halben Ewer Königliche Mayestät ich nochmallen allerundterthenigst bitte,
32
sie geruhen mich mit dieser sehr schwehren commission in gnaden zu
33
übersehen.

34
1. Wurden aber Ewer Königliche Mayestät darbey beharren, so habe ich
35
zuforderst göttlichen willen und Ewer Königlichen Mayestät gnedigsten
36
befehl gehorsambst mich zu submittiren, in undterthenigster zuversicht
37
lebendte, gleichwie Ewer Königliche Mayestät ich numehro in die neun-
38
zehen jahr trew gedienet, und ferner so lange ich lebe von deroselben nicht
39
außsezen werde, sie werden dergleichen besorgendte gedancken sich wieder
40
mich nicht vorbilden laßen, und da ia ein oder ander über zuversicht
41
wehrender dieser commission ein solches sich unternehmen wurde, mier
42
davon zu rettung meiner unschult part zu geben gnedigst gefallen tragen,
43
damit Ewer Königlichen Mayestät bißhero erlangte königliche gnade durch
44
diese gefährliche commissionacten ich nicht möge verlustigh werden.

[p. 328] [scan. 384]


1
2. Weil ich auch meine privata uff 10 oder 12 tage in Pommern bestellen
2
mues, so hoffe ich, das Ewer Königliche Mayestät meine reise dahin zu rich-
3
ten nicht ungnedigst vermercken werden.

4
3. Das Ewer Königlichen Mayestät herren plenipotentiarien bey den feind-
5
lichen gesandten ein pass und repass für mich, meine leuth und convoy auß-
6
würcken unndt uff Stralsundt schickhen mögen.

7
4. Das die instruction und dazu behörendte schreiben abgefaset und zu
8
meiner nachricht, bevor sie expedirt werden, communicirt werden.

9
5. Wie die herren generalen der entsezten donation halber anderweit con-
10
tentirt werden mögen.

11
6. Ob nicht Ewer Königlichen Mayestät gnedigst gefällig, das aus erheb-
12
lichen uhrsachen nach Oßnabrugg geschriben und alhie außgesprengt
13
werde, das ich nur allein zu den herrn gesandten nacher Osnabrugg ge-
14
schickht, und vonn der armée nicht gedacht wirdt, dann so schleunig der
15
herr feldtmarschall und generalen meiner anwesenheit in Osnabrugg in
16
erfahrung kommen, sie selbsten mier nach der armée woll erfodern wer-
17
den, so könte auch nicht undienlich sein, das Ewer Königliche Mayestät
18
als auch andere Teutsche herren gesandten mich zur reise nach der armée
19
disponirten, damit das werck desto ehe bey ihnen promovirt wurde, es
20
auch dazu dienen, weil vill officirer mir ihre desideria bey Ewer Königlichen
21
Mayestät außzubringen mitgegeben, undt theils derselben nicht practicabel,
22
dahero ich mich gegen ihnen entschuldigen könte, das ich principaliter
23
vonn Ewer Königlichen Mayestät nicht nach der armée, besondern nur
24
bloß zu Ewer Königlichen Mayestät herren gesandten, umb einige monita
25
zu überbringen, geschickht wehre.

Dokumente