Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
128. 110. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Mai 1 7 Uhr
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Osnabrück 1648 Mai 1 7 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 493’–498 = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m.
Bericht über Verhandlungen mit den kaiserlichen Gesandten und mit Oxenstierna über die Amnestie
in den kaiserlichen Erblanden und die Militärsatisfaktion. Bericht über Unterredung mit Thumbs-
hirn über die Rechte der Stände.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg und
Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director referirte: Nachdeme verwichenen sonnabendt das Chur-
maintzische directorium, daß die
reichsräthe, circa § um „Tandem omnes“ gemachtes conclusum zu hinder-
bringen , fahren werden, ihme anzeigen laßen, und er sich neben dem herrn
Regenspurgischen in dem Churmaintzischen quartier gegen ernante stundt
eingefunden, hetten sich die deputierte darauff zu den herren Kayserlichen
begeben und herr Dr. Reigersperger den vortrag dieses nachfolgenden, ohn-
gefehrlichen inhalts abgeleget
Vgl. dazu Meiern V S. 780 –783; kaiserliche Gesandte an Ferdinand vom 11. Mai 1648 RK
FrA , RK ) Fasz. 92 XV fol. 163–167.
ohne zweiffel erinnern, was gestalt die tractaten von 14 tagen hero sich an
denen bey dem §º „Tandem omnes“ und satisfactione militiae eingefallenen
differentien gesteckhet und man dahero an seiten der stände des reichs veran
laßt worden seye, sich zusammenzuthun und zu berathschlagen, wie die
zwischen den herren Kayserlichen und königlichen Schwedischen pleni-
potentiariis mit zuziehung gesambter reichsstände biß dato gepflogene, nun-
mehr aber eine zeit hero in suspenso geblibene conferenzen widerum in
gang zu bringen sein möchten. Hetten demnach obberührten § um „Tandem
omnes“ in die 3 reichsräth ad consultandum kommen laßen und denselben
solcher gestalt, wie sie, die herren Kayserlichen, sonder zweiffel bereits nach-
richt davon haben werden, erlediget. Gleich wie nun die stände Ihrer Maje
stät dies orths vorzugreiffen oder diesen § um beseits zu setzen nicht, sondern
nur zugleich mit der satisfactione militiae in richtigkeit zu stellen, gemeint
gewesen, also hetten sie wünschen mögen, daß die herren Schwedischen
dießfalls gleicher meinung mit ihnen gewesen weren und sich entweder bey
dem §º „Tandem omnes“ etwas prolixius erclärt hetten oder mit zuruckh-
stellung des puncti satisfactionis militiae die erörterung erstgedachten § i
vorgehen laßen; weiln sie aber darzu nicht verstehen wollen, hette man an
seitten der stände, was bey demselben vorzunemen, reifflich erwogen und,
daß er in materialibus, wie er aufgesetzet, verbleiben solte, für guth befun-
den , nicht zweiffelnd, wann die herren Schwedischen denselben in formali-
bus etwas anders einzurichten begehren solten, sie, die herren Kayserlichen,
ihnen zu willfahren auch nicht entgegen sein laßen werden. Recommendir-
ten dabenebens der Böhmischen underthanen jüngstübergebenes memorial
und darinn enthaltene vorschläge, mit gebührender bitt, Ihre Kayserliche
Majestät vermittelst ihrer hochgültigen intercessionalien nochmahlen dahin
zu disponiren, daß sie ermelten Böhmischen underthanen Ihre Kayserliche
clemenz erweisen und ihren billichen desideriis um etwas allergnädigste
resolution und abhelffung widerfahren laßen wolten, mitt widerhohlten
curialien.
Darauff sich die herren Kayserlichen auff eine seiten gethan, kurtz under-
redet und in antwort dahin vernemen laßen, sie hetten aus beschehenem der
stände vortrag, was für differentien wegen des § i „Tandem omnes“ und
puncti satisfactionis militiae vorgefallen seyen und welcher gestalt sie die
tractaten biß dato retardiret haben, auch was man bey jenem für tempera-
menta annoch begehre, mit mehrerem vernommen; hetten zwar, daß sie das
werckh in berathschlagung gezogen, nicht verwehren können, wolten
gleichwohl aber auch nicht verhoffen, daß es zu praejudiz Ihrer Majestät
geschehen seye. Bevorab da sie von deroselben allererst dieser tagen
widerum befelch erhalten, von der satisfactione militiae als dann erst, wann
alle andere puncten, und zuvorderst § us „Tandem omnes“, zur richtigkeit
kommen weren, reden zu laßen. Weiln sie aber aus dem concluso ver-
merckhten , daß die stände, denen Schwedischen wegen mehrbesagtes § i
„Tandem omnes“ keinen beyfall zu geben, sondern es bey demselben, wie er
hiebevor eingerichtet worden, bewenden zu laßen, gemeint seyen, köndten
sie es auch geschehen laßen. Die begehrte temperamenta aber betreffend, seye
es an deme, daß, weiln Ihre Majestät darzu im wenigsten nicht verstehen,
sondern praecise dabey beharren werden, also auch sie dem buchstaben
deßelben ohnbeweglich inhaeriren müßten. Die herren Schwedischen hetten
auch gantz keine ursach, sich mit diesen leuthen und derenselben praeten-
dirten contentirung auffzuhalten, zumahln es nur particularpersonen, um
derer willen der krieg nicht zu continuiren und die so gar keines beneficii
würdig seyen, daß sie vielmehr mit harter bestraffung anzusehen weren,
betreffe und angehe. Beten also, die herren Schwedischen, daß sie von
diesem begehren abstehen, zu erinneren und zu disponiren. Und weiln auch
nothwendig seye, daß das instrumentum pacis völlig und wie es verbleiben
solle, außgestellet werde, wolten sie selbiges denen herren Schwedischen mit
nechstem außantworten.
Alß nun Herr Reigersperger nomine der herren deputirten replicirt, daß
gleichwie es bey den ständen die meinung nicht gehabt, durch diese delibe-
rationes denen herren Kayserlichen vorzugreiffen, viel weniger aber Ihrer
Majestät etwas zu praejudiciren, also würden sie auch aus eröffnetem con-
cluso ein anders zu ersehen haben. Ließen im übrigen, was die herren
Kayserlichen mit extradirung des instrumenti pacis vorhetten, zwar an sei-
nen orth gestellet, köndte aber gleichwohl, weiln punctus assecurationis et
executionis zwischen den ständen noch nicht resolvirt und verglichen, nicht
vollkommblich geschehen; haben sie sich erclärt, daß sie besagte beede
puncten dergestalt einrichten wolten, daß man allerseits damit content und
zufriden sein köndte.
Und dieses seye der verlauff desjenigen, was bey denen herren Kayserlichen
passiret. Was aber bey den herren Schwedischen vorgangen sein möge,
werden diejenigen herren, welche selbiger deputation beygewohnet, zu refe-
riren ihnen verhoffentlich belieben laßen
Vgl. Meiern V S. 780–783.
Lübeck referirt: Nachdeme gestriges tages das Churmaintzische directo-
rium , gegen 10 uhren zu den herren Schwedischen zu fahren, ansagen laßen,
habe er sich neben dem herren Nürnbergischen anfänglich bey demselben
und die gesambte deputirte umb ernandte zeitt zu den herren Schwedischen
eingestelt, herrn grav Oxenstirn aber nur allein zur stelle gefunden, und seye
von herrn Mehl der vortrag vast eben auff die weise, wie bey den herren
Kayserlichen geschehen, abgeleget worden, daß weiln die stände denen bey
dem §º „Tandem omnes“ und puncto satisfactionis militiae sich ereigneten
difficulteten gern abgeholffen sehen möchten, hetten sie sich in den reichs
räthen zusammengethan, das werckh überleget und die resolution gefaßet,
denen herren Schwedischen beweglich zuzusprechen und sie zu ersuchen,
daß sie sowohl zu erörtterung des § i „Tandem omnes“ und etwas zurückh
stellung ihres puncti satisfactionis militiae als reassumirung biß dato in
steckhen gerathener conferenzen verstehen möchten. Man ersuchte sie dem-
nach , sie wolten doch mit denen herren Kayserlichen dieses § i halben sich
vergleichen und es in materialibus, allermaßen sie sich vor diesem bereits
erclärt, dabey bewenden laßen. Weren solchen falls erbietig, so baldt dieser
§ us richtig, auch die satisfactionem militiae vor die handt zu nemen.
Hierauff entschuldigte herr grav Oxenstirn seines herrn collegae absenz und
sagte sowohl anfangs als am ende, er köndte sich allein hierüber nicht resol-
viren , sondern müeßte es ad communicandum mit seinem herrn collega
annemen. Sonsten befrembde ihn für sein person nicht wenig, daß die herren
Kayserlichen auff erörterung dieses § i so fest und ohnbeweglich bestehen, da
doch vorhin ein anders und zwar dieses, daß beede puncten, § us „Tandem
omnes“ et satisfactio militiae, biß zu accommodation aller übrigen puncten
außgestellet verbleiben solten, verabschiedet worden. Seye gewiß res pessi-
mi exempli et consequentiae, wann durch vorlegung Kayserlichen befehlches
dasjenige, was bereits vorhin verglichen und abgehandelt gewesen, jederzeit
hindertrieben und geändert werden könne. Würde solcher gestalt alles um
gestoßen und köndte man in nullo gesichert sein. Alß aber herr Mehl berich-
tet , der herren Kayserlichen befelch ginge nur auff formaliteten und ratio-
nem ordinis, touchirte materialia in nichts und werde deßwegen auch die
sach nicht auffzuhalten sein, hette herr grav Oxenstirn endlich gesagt, er
köndte, wann die evangelischen die
schwären sach befahrende verantwortung auff sich nemen wolten, auch
geschehen laßen, daß er bey seinem inhalt verbleibe, sie, die herren Schwedi-
schen , aber trügen bedenckhens, sich darüber, ehe punctus satisfactionis
militiae erörtert seye, zu erclären und außzulaßen.
Der Herr Nürnbergische hatt weitter nichts addiret, alß daß under anderen
ursachen und remonstrationibus, so herrn graven Oxenstirn, warum sie auff
ihrer meinung nicht so praecise zu bestehen, vorgehalten worden, auch diese
gewesen seye, daß die cron Schweden, weiln sie ein standt des reichs mitt
sein wolle, das reich um dieser formaliteten willen verhoffentlich nicht
lenger in ohnruhe steckhen laßen werde.
Herr Director referirte incidenter, alß der Österreichische herr abgesandte
in dem Churmaintzischen quartier, ehe man zu den herren Kayserlichen
gefahren, in gegenwart der fürstlichen allein das concept über die drey in
puncto satisfactionis militiae vorkommene fragen abgelesen, habe er soviel
vernemen können, daß sie es bey der quaestione quis auff eine durchgehende
gleichheit gestellet, bey dem cui aber, ohnangesehen auch Österreich und
Bayern, daß ihnen einige satisfaction gegeben würde, gern gesehen hetten,
keines anderen militiam als der Schwedischen zu satisfaciren, per majora
geschloßen und bey der quaestione quomodo verschiedene conditiones,
welche auff die stättischen theils geführte gedanckhen gar nahe treffen, mit
angehängt haben. Alß daß under anderen gewiße assignationes gemacht, da-
benebens nicht das geringste, es seye dann der friden vorhero geschloßen,
verfänglich sein, insonderheit aber die exauctoratio et solutio militiae zu-
gleich geschehen solle. Habe davor gehalten, es köndten diese erinnerungen
auch bey dies orths gemachtem auffsatz wohl beobachtet und die quaestio
quomodo dergestalt, wie er, der herr director, abgelesen, eingerichtet wer-
den .
Und demnach vorgestriges tages, mit den herren Altenburgischen aus dem
puncto de juribus statuum weiter zu communiciren, veranlaßt worden, habe
er sich gestern nach der mittagspredig bey ihnen eingefunden und angedeu-
tet , er hette nicht allein herrn Thumbshirns in puncto jurium statuum, soviel
die stätt betreffe, beygehende gedanckhen übrigen stättischen herren abge-
sandten fideliter referiret, sondern es were auch von dem werckh noch
ferners collegialiter geredet und für guth befunden worden, daß es zwar bey
hiebevorigem auffsatz sein ohngeändertes verbleiben haben solte, damitt es
aber nicht das ansehen gewinne, ob begehrte man dadurch den höheren zu
praejudiciren, alß ließe man stättischen theils, daß es bey letzterem concept
bewende, sofern dahin gestelt sein, wann allein zu demselben, was er, herr
Thumbshirn, auffgesetzet, noch ein und andere erinnerung beygerückhet
werden möchte, mit fernerer recommendation des geschäffts. Herr Thumb-
shirn habe sich hierauff so freundlich erzeiget, daß er nicht wißen können, ob
er vielleicht, daß die herren Kayserlichen mit der änderung nicht zufrieden
seyen, schon etwas nachricht erhalten habe, oder für sich selbsten geneigt
seye, den auffsatz in vorigen terminis zu laßen; habe auch nichts außer den
worten „cum omnimoda jurisdictione“ erinnert, daß pro „omnimoda“ „ ter-
ritoriale “ gesetzet werden möchte. Er aber darauff zur antwortt gegeben,
man verstehe das wortt ‘omnimoda’ auff alle stände ins gemein und zwar
dahin, daß es sowohl absolutam jurisdictionem als διϰαιοδοσίαν , quae
mediatis tantum competit, in sich begreiffe.
Bey dem §º „Gaudeant“ könndte es auch wohl sein verbleibens haben.
Als endlichen auch von ihme, dem herrn directore, wegen des § i „ Posta-
rum “ erinnerung geschehen, daß es bey demselben dahin gerichtet würde, ut
illi, qui durantibus hisce belli motibus introducti sunt, iterum dimittantur et
illis, qui nullos ante hos motus bellicos habuerunt, nulli etiam obtrudantur,
habe herr Thumbshirn geantwortet, er wolle es beobachten, werde verhof-
fentlich bey Churmaintz, zumahln es ohne das in terminum restitutionis mit-
einlauffe , weitter keine difficulteten geben.