Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
305. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 August 17
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Münster 1646 August 17
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 31–33’, praes. 1646 September 3.
Bislang keine Stellungnahme zu einem engeren Bündnis mit Kurbayern und Spanien, da Warten
auf die protestantische Gegenerklärung zu den Religionsgravamina. Weiteres Fortkommen bei
den Friedensverhandlungen möglich bei diplomatischer Unterstützung durch auswärtige Mächte,
hier vor allem durch italienische Fürsten.
Ewer Kayserliche Mayestät haben auß nr. 295 nunmehr ungezweiffelt ver-
nommen , welchergestalt uber die mit ihrer churfürstlichen durchlauchtt in
Bayren unnd denen Spanischen ministris zu einer engeren bundtnuß veran-
laste conferenz ich mein außführliches guetachten damahls nit alsogleich er-
öffnen können, weilen meines darvorhaltens vorhero der protestirende fer-
nere gegendeclaration
compositionis gravaminum zu erwarten seye, alß nach welcher alßdan die
consilia dieserseiths einzurichten sein werden.
Ersterwehnte der protestirenden gegendeclaration ist biß dato noch nicht
heraußkommen, und wie eß scheint, so wirdt solche von den Schwedischen
und etlichen ihnen anhangenden abgesandten, theilß protestirender ständt,
mit fleiß auffgezogen unnd verhindert nur zu dem endt, damit die ständt un-
der sich zu einigem billigmessigen vergleich und zusamensetzung mit Ewer
Kayserlicher Mayestät nicht gelangen möchten. Nach welcher composition
und zusamensetzung oder letzlichen auch der widrigenfahls besorgender fer-
nerer mißhelligkeit und separation, wie diese conferenz anzustellen und von
denen pro re nata erforderten remediis zu befurderung der inner- und eusser-
lichen ruhe zu reden sein wirdt, also will ich meines unmaßgeblichen erach-
tens gleichwohl auch das werckh von vergleichung der ständt lediglich und
allein nicht dependiren, sonderen zu desto mehrer bewegung der cronen auch
ihrerseiths zu annehmung billigmessiger fridensmittel vonnöthen sein, daß
man sich beyzeiten auch umb außwertige hülffen und beyfahl bewerbe, also
und dergestalt, wan man gleich von denselben kein würckhlichen beysprung
unnd zuezug zu gewartten, sy wenigst in dem bißherigen verlauff der fridens-
handlung so weit informirt werden, daß sie die billigkeit der denen cronen
verwilligten conditionen, hingegen ihre fridhessigkeit unnd unmaßliche
begirdt zu beherrschung frembder reiche und länder erkennen unnd von
denen gegentheilen sich zu einiger coniunction oder applausu nicht verlaitten
lassen.
Unnd obwohl ausser Spanien allein sich auff die particularassistenzen der
außwertigen potentaten wenig zu verlassen, zumahlen die Italianische fursten
und respublicae wegen der ihnen antrohenden Türckhengefahr derzeit mit
ihnen selbst gnug zu thuen haben, so wolte ich doch der gehorsamisten mai-
nung sein, hab auch in eventum mit dem hiesigen Päbstlichen nuncio auß
dem werckh geredt unnd ist derselb mit mir gantz einig, wan man gleich von
denen Italianischen potentaten in universali kein würckliche assistentz zu
hoffen, daß doch das fridenswerckh mechtig befürderen würde, wan dieselbe
under sich ein gantzes machen, zusamenstehen unnd sodan insgesambt und
in ihrer aller nahmen die cron Franckhreich ermahnen unnd ersuchen lassen
wolten, nachdem auß denen bißhero zu Munster unnd Oßnabrugg gepfloge-
nen allgemeinen fridenshandlungen klar erscheine unnd vast zu mennigliches
wissenschafft gelangt, daß man darumb vornemblichen zu keinem gewunsch-
ten fridenschluß kommen können, dieweilen beede cronen Franckhreich
unnd Schweden (und gestalten sachen nach auch auß ihrer anstifftung die
protestirende) uber allem von denen mediatoribus angewendten fleiß und die
ihnen ahn seith Ewer Kayserlicher Mayestät, der cron Spanien und der catho-
lischen ständt des Reichs angebottene, so ansehentliche conditiones von ihren
ubermessigen postulatis nicht abstehen wollen und nun gedachte Italianische
potentaten, fürsten und respublicae anderst nicht erkennen und bey ihnen
befinden theten, alß daß vorerwehnte conditiones mehr alß billich, mit wel-
chem sy, die cronen, sich ubrigs wohl begnügen lassen und den friden ohne
lengeren auffzug schliessen könten, also hetten sy insgesambt ein notturfft zu
sein erachtet, dessen gedachte cron Franckhreich, weilen in sonderheit durch
diese innerliche motus der christenheit alle hülffe, so sonsten in communi
praesenti periculo der reipublicae Venetae aufs wenigst von den Italianischen
fursten zu möhr könten geleist werden, gantz gehindert, die fursten aber per
ragion dei loro stati gleichwohl armirt verbleiben und ihrer mittel beraubt
werden, zu erinneren und beweglich zu ersuchen, daß sie sich mit dem ihro
an seith Ewer Kayserlicher Mayestät und des Reichs sowohl alß der cron
Spanien beschehenen ansehentlichen offerten contentiren und das fridens-
werckh lenger nicht auffhalten wolte.
Hierdurch und wan Italia also verainigt und mit gesambter handt und zue-
thadt sich bey der cron Franckhreich interponiren würde, wolte ich nit
zweiffelen, es würde dieselbe auff ein sogestalte declaration, zumahl da
sy die Italianische fürsten in gueter verfassung sehen solte, sich baldt air.es
anderen bedenckhen und den friden lenger nicht verhinderen noch auff-
halten .
Jedoch weren neben diesem die particulares diligentiae bey ein unnd anderem
unnd zuvorderist bey ihrer Päbstlichen Heyligkeit (Venedig außgenommen)
nicht ausser acht zu lassen und zu versuchen, ob man neben obgemelter de-
claration dieselbe zu einer absonderlichen beyhülff bewegen könte, zu wel-
chem endt nicht allein Ewer Kayserliche Mayestät dem duca de Savelli
Hg. Friedrich von Savelli (gest. 1649), 1642–1649 ksl. Ges. bei der Kurie. Seit 1628 in ksl.
Diensten, 1638 Feldmarschall ( ADB LIII, 720f. ; Repertorium , 156).
notturfft anbefehlen, sonderen auch bey dem Spanischen oratorn
erinnerung thuen lassen könten, daß er nicht weniger seinesorths mit einwen-
dung allerhandt hierzue dienlicher motiven hierzue concurriren und das
werckh gesambter handt treiben helffen wolte.
Unnd wiewohl auff diese und andere hülffen wenig fundament zu machen, so
wolte ich doch darvorhalten, daß bey dem großhertzogen von Florentz eben
dergleichen ansuchen zu thuen unnd ihme sonderlich die gefahr seines stats,
wan er also stillsitzen unnd denen kriegenden theilen zuschawen wolte, zu
repraesentiren sein möchte, welche er nicht besser abwenden könte, alß wan
er auch seinesorths demienigen theil beystehet, der den friden auffrichtig be-
gert unnd den anderen zu annembung billigmessiger fridensconditionen an-
weisen helffe, wie dan der ahn Ewer Kayserlicher Mayestät hoff geweste Flo-
rentinische resident Ridolphi , alhier ankommen, ein solches gar wohl be-
greifft und für die beste sicherheit halten thuet.
Ewer Kayserlicher Majestät hab ichs underdessen und biß zu einlangung der
protestirenden erklerung (nach welcher alßdan die reichshülffen anzutragen
sein werden) in underthenigkeit nicht pergen unnd ihro mich zu beharrlichen
Kayserlichen gnaden allerunderthenigst empfehlen sollen.