Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
207. Nassau an Trauttmansdorff Münster 1647 Januar 11
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Münster 1647 Januar 11
Kopie: Giessen 208 nr. 97 p. 375, PS ebenda .
Ausführungen Knuyts über die niederländischen Vorbehalte gegen die Überlassung Pommerns an
Schweden und über die spanisch-niederländischen Verhandlungen.
Eur Excellentz berichte gehorsamlich daß nach heut abgelauffener post der
herr Knytt, gesander wegen Zeeland, bei mir erschienen, seinen abschied
genommen und angedeutet, daß er neben einiger seiner mittgesanden mor-
gen , samstags, auf Lengerig und sofort nacher Oßnabrück verreysen wird
Was sonst bey selbiger visita fürgelauffen, belieben Eur Excellenz ihro aus hie
mitkommenden protocollo referieren zu laßen.
PS In diesen moment, um 10 uhren, schickt herr graf d’Avaux zu mir mit
anzeig, daß er mich nachmittag um 7 uhr visitiren wolle. Was dann fürgehet,
will Eur Excellenz gehorsamlich berichten.
Beilage
1 Protokoll, [Münster] 1647 Januar 11. Kopie: RK FrA Fasz. 54a (Teil II) fol. 61–64’ =
Druckvorlage; Giessen 208 nr. 98 p. 376–387 – Konzept: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.
1647 den 11. Januarii nach abgelauffener post hatt von der Uniirten Niderländischen
abgesandten der herr Knuyt mich, den graffen von Nassau, in meinem losament besucht
und angezeigt daß er gemeindt, morgen, sambstag, beneben etlichen von seinen herren
collegis auff Oßnabrück zu reißen. Hette also zuvor mich besuchen und abscheidt von
mir nemmen wollen. Sie hetten von ihren principalen, den herrn Generalstaaden, befehl
bekommen, mitt allem fleiß dahin zu trachten, nachdem sie vernommen, daß die
Schwedische also starck auff Pommern ihr absehen hetten, die sachen dahin zu befürde-
ren , daß Churbrandenburg Pommern verpleiben und der cron Schweden anderwertliche
satisfaction geschehen möcht, und dabey solche vorschläg zu thuen, damitt jede partey
darab ein guttes begnugen und also ein bestendiger gutter friede mögte gepflantzet
werden. Ihre intention und meinung were aber gar nitt, die sachen zu broulliren, den
frieden schwerer zu machen oder auffzuhalten. Könten leicht abnehmen, daß ihre
Kayserliche mayestät hohe ursachen hetten, bey itzigem zustandt friedt zu machen, ia
selbigen möglichst zu befürdern und darzu aller sich ereugenden mittelen zu gebrauchen,
auch etwan durch zurucklassung Pommern davon nitt abhalten zu lassen. Dan sie selbst
wohl verspührten, daß ihr Kayserliche mayestät gar hilffloß gelassen wurden und ihr der
kriegslast fast allein wolte zugewaltzet werden. Sie vermeinten gleichwohl, es wurden
noch mittel zu finden sein, dardurch kein zeit verlohren, sondern vielmehr ein gutter
friedt paldt getroffen werden könte, darbey sie auch ihrer commercien, welche die seel
ihres status wehren, aber durch uberlassung Pommern sehr periclitirten, versichert halten
könten. Er hette seit 5 oder 6 tagen verspühret, daß ihre principalen daß Pommerische
wesen viel ernstlicher und eyffriger alß hiebevor, da es zimblich kalt und schläfferig
hergangen were, anizo embrassirten. Wolten also mitt ihrer excellentz, herrn Kayserli-
chen obristhoffmeister graffen von Trautmannsdorff, gerne noch vertrawlichen commu-
niciren , wie etwan ein guttes temperament möchte in der Pommerischen sachen getroffen
werden.
Ego, nach beschehener dancksag, antworttete: Zweifflete mir nitt, hochgemelter herr
grave von Trautmannsdorff sie gern hören und vernemmen wurde, sönderlich wan sie
eine auffrichtige gutte meinung hetten, den frieden nitt länger auffzuhalten noch
schwerer zu machen, dan zuvorderst ihre Kayserliche majestätt und dan ihr excellenz
herrn großhoffmeister also allergnedigst und wohl geneigt wüste, wan ohne hindernus
oder längere auffziehung deß friedens Churbrandenburg bey Pommern hette können
erhalten werden, daß solches lieber wurden gesehen haben, alß Pommern den Schweden
zu uberlassen. Aber sie wüsten selbsten, daß Schweden von Pommern nimmermehr hett
weichen wollen und also der von jedermann so hoch erwunschte friede ohne Pommern
nitt zu erheben wehre gewesen. Ich könte mir auch nitt einbilden, daß Schweden sich
davon wurde abwenden lassen. Ich meinestheils hette offters gewunschet, daß ihrer
churfürstlichen durchlauchtt zu Brandenburg wehre gerathen worden, den vorschlag,
welchen hiebevor die Schweden gethan (nemblichen Vorpommern mitt Stettin, Gartz
und Wollin ihnen zu uberlassen und dargegen ihrer churfürstlichen durchlauchtt neben
der vom Römischen Reich offerirten recompens Hinderpommern abzutretten) beyzeiten
anzunemmen. Ich hette aber ohnlängst vernommen, es wolten die Schwedische auch
nunmehr solchen vorschlag nitt annemmen, sondern bey gantz Pommern pleiben wollen
und darfurhalten, daß ihre churfürstliche durchlauchtt ihren consens schon abgeschlagen
hetten, deßwegen sie den Churbrandenburgischen abgesandten selbst angezeigt, daß es
nunmehr zu spath, uber vorhin wegen Pommern gethanen vorschlag zu tractiren, sondern
wehren gäntzlichen resolviret, wie obgedacht, gantz Pommern zu behalten. Und zweiffle-
te ich nitt, die Churbrandenburgische selbst ihnen davon parte gegeben haben. Da nuhn
die Schwedische dabey bestehen wurden, wie es wohl scheinet, so wurde schwerlich
davon abgetretten werden können. Waß aber ihrer commercien versicherung belangte,
bedauchte mich ohnvorgreifflichen, darin leicht gutte mittel zu finden und selbige in
diesem frieden mitt einer gutten garantie gnugsamb versichert werden könten, ohnedaß
unnöttig, newe weittere obstacula in diesen tractaten zu verursachen.
Ille wolte versicheren, daß sie selbst verlangen trügen, den frieden befurdert zu sehen.
Hielten selbigen der gantzen christenheit und ihnen selbsten so hochnöttig, daß derselb,
waß für schwere difficulteten auch infallen möchten, befurdert werden müste. Wolten
derowegen mitt ihrer excellentz herrn graffen von Trautmansdorff gantz cordialiter
hierauß communiciren und mitt ihro also handlen, daß ihre excellentz ihren zu deß
friedens befurderung auffrichtiges gemüth wurden zu verspühren haben. Eß hetten ihnen
die Churbrandenburgische abgesandte auch referiret, wessen die Schwedische wegen
inhaltung gantz Pommern mitt abschneidung daruber fernerer handlung resolviret hetten.
Eß gedeuchte sie, Holländische, aber diese erclehrung waß zu hart zu sein, und dörffte
wohl (man möchte es hier auch [ so ] sicher, alß man wolte, auffsetzen und verknupffen)
hernegst einen newen schweren krieg nach sich ziehen.
Ego fragte, ob er wohl vermeinte, wan Schweden zu dem ersten vorschlag – Vorpommern
neben Stettin, Gartz und Wollin mitt Churbrandenburgischem consens zu behalten,
hiergegen Brandenburg Hinterpommern mitt der vom Römischen Reich angebottenen
recompens – sich verstehen wolten, darzu iedoch Schwedischerseits wenig apparentz,
weiln sie sich deß contrarii albereit außtrücklichen erclehret, ob auff solchen fahl
Churbrandenburg seinen consens wohl geben wurde, dan ich vernommen, daß ihre
churfürstliche durchlauchtt in ewigkeit solches nitt zu thuen sich solte resolviret haben.
Ille: Er vermeinte, Brandenburg möchte sich noch wohl darzu bewegen lassen, wan er
zuvor sehen wurde, wie man ihn zu recompensiren gedächte. Ego: Wehre dan wohl zu
beklagen, daß ihre churfürstliche durchlauchtt solches sich nitt in der zeit, da sie so
beweglichen darumb mitt remonstrirung deß verlusts, so bey zurückhaltung, und deß
vortheils, so durch ertheilung ihres consens sie erlangten, ersucht worden, erclehret
haben. Ille zoge die schultern: Man müste gleichwohl sehen, solche mittel zu treffen,
damitt dieß werck mitt guttem willen verglichen und gleichwohln der friede auch
befürdert und nitt ferner auffgehalten wurde. Der churfürst wehre den 8. Januarii wider
auß dem Haagen verreist
resolution und kein zeit deßwegen zu verliehren nöttig haben, dan ohnedaß ihre
instruction dahin gienge, daß sie zuvor wider zurück referiren solten, wie weit die sachen
zu bringen wehren.
Ego hab ihn gefragt, ob sie nunmehr deren Frantzosen praetensiones ahn Spanien
schrifftlichen empfangen, weil bey letzter visite er mir gesagt, daß solche sie noch den
abendt gewertig gewesen weren. Ille: Noch nitt, es wehre waß mißverstandt zwischen
ihnen und den Frantzosen entstanden, so solches waß auffgehalten. Vermeinten gleich-
wohl , diesen abendt sölche noch zu bekommen. (NB Eß seindt die Holländische gesandte
gleich hernach zu den Frantzosen gefahren.) Er hielte darfur, die sachen zwischen
Spanien und Franckreich ständen in zimblichen gutten terminis, dan fast alle puncta,
sowohl in Niderlanden alß Catalonien, verglichen wehren. Bestünde nur auff drey
plätzen, alß hinderlassung Piombino, Porto de Longone und Casal, welches letztere
scheine die meiste difficulteten zu haben. Sagte ferners, die Spanische und die Holländi-
sche gesandten hetten Gottlob ihre sachen auff zween oder drey puncten nunmehr gantz
richtig, welche puncten aber nitt von sonder importantz und sie, umb selbige richtig zu
machen, schon in Haagen geschrieben. Hetten also beyderseits vor wenig tagen die
zwischen ihnen verglichene puncta underschrieben, und solches nitt allein mitt vorwis-
sen , sondern außtrücklichen befehl ihrer principalen. Herr de Brun hette noch fur seinem
abzug selbige mitt unterschrieben. Eß hetten die Frantzosen zwar solches waß hart
empfinden wollen, sie hetten dieselbe aber gebetten, die sachen ohne passion wohl zu
bedencken, wurden sie im werck befinden, daß keine ursach, sie hiebey zu verdencken,
hetten. Eß weren ia sie, Frantzosen, fast anderthalb jahr fur ihnen, den Holländern,
hier gewesen
parte von demjenigen, so tractiret oder verglichen, nicht gegeben, nur daß sie ihnen etlich
mahl geschrieben, auch endtlichn darumb sie anher geladen, mitt vorgeben, sie weren
mitt der cron Spanien fast allerdings verglichen und so weit kommen, daß in wenig
stunden sie schliessen könten. Dießes wehre ihnen, Holländern, gar nitt unlieb zu
vernemmen gewest, hetten es nitt ubel empfunden, sondern vielmehr sich erfrewet und
solche vergleichung gern gesehen. Sähen also nitt, warumb sie den Holländern fur ubel
auffnemmen wolten, daß, nachdeme sie alles, waß mitt den Spanischen gehandlet, ihnen,
Frantzosen, communicirt und mitt ihrem vorwissen geschehen, endtlich auch nach so
langen tractaten vermögh instruction und außtrücklichen befehl ihrer herrn principalen
geschlossen. Wegen der garantie vermeint er, daß die Generalstaaden solche nitt weiter
wurde[ n ] extendiren lassen, alß wie sie in ihrer confoederation hiebevor gesetzt, in
welcher deß königreichs Spanien gar nitt gedacht, sondern, da anno 1634 sie mitteinander
tractiert und dazumahln die Holländer gern gesehen hetten, umb größere diversion zu
machen, daß Franckreich in die Spanische königreich gefallen were, solches aber
domahln Franckreich sich geweigert hette
hetten die Generalstaaden gleichwohl deßwegen sich gar in keine garantie in den
Spanischen königreichen eingelassen.
Sagte, comte Servient wehr den 6. dießes noch zu Leiden gewesen . Vermeinte nitt, daß er
drunden viel außrichten wurde, da er den frieden auffzuhalten sich understehen solte.
Dan die zeit wehre nuhn vor der handt, daß man den schluß befurdern oder sich zur
campagna gefast machen müst, welches letztere ihre meinung gar nitt wehre. Sie hetten
den Frantzosen furgehalten, daß mitt ihren tractaten mitt Spanien es gar eine andere
beschaffenheit hette alß mitt der Spanier und Frantzosen tractaten. Dan sie beyde hetten
mediatores, die iederzeit, waß zwischen einem und anderm resolvirt, bezeugen könten,
also deß underschreibens nitt so hoch nöttig. Sie, Holländer, aber hetten keine mediatores
oder zeugen, also deß underschreibens höchstnöttig, damitt keiner dem andern etwan
hernach, waß verglichen were, wider verneinen und leugnen könne, welches ohne
unterschreibung in entstehung der mediatorn und zeugen nitt anderster hette versichert
werden können, deßwegen die Frantzosen do weniger ursach gehabt hetten, diese von
ihnen beschehene underschreibung zu empfinden.