Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
57. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Oktober 8
Osnabrück 1646 Oktober 8
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 23–24’, 33–33’ = Druckvorlage – Kopie: RK FrA Fasz.
92 X nr. 1474 fol. 465–466’; KHA A 4 nr. 1628/41 unfol.; Giessen 207 nr. 324 p.
1218–1223; Giessen 212 p. 23–31.
Mündliche Verhandlung mit den schwedischen Gesandten: Ihre Verzögerungstaktik; sieben
Bedingungen für ihre Satisfaktion; Waffenstillstand; Sendung eines Boten zur Armee; kein neues
Ergebnis. Junktim zwischen der Satisfaktion Schwedens und der Beilegung der Gravamina der
protestierenden Stände? Kurbrandenburgische Gesandte: Mahnung vor Übereilung der Verhand-
lungen über die Entschädigung; kein Verzicht auf Stettin und die Odermündung.
Auf nr. 4. Da die Lage sich geändert hat, schien es uns ratsamer, mit den schwed.
Ges. unter der Bedingung, daß zuerst ihre Satisfaktion geregelt werde, mündlich
zu verhandeln. Gemäß einer Anweisung Trauttmansdorffs, von der eine Abschrift
beiliegt, haben wir gestrigs tags, dha sich die Schweedische bey unß eingefun-
den und unsere visiten der ursachen halber, daß wir zum letzteren bey ihnen
gewest, auß angenhommener höfflichkeit nit annhemmen wöllen, hievon auf
maaß und weiß, wie unß fürgeschrieben worden, fürgetragen, darüber eine
geraume zeitt mit denselben in communicatione zugebracht, in hoffnung, die
sachen in diesem puncto zum schluß zu pringen. Haben aber anders nichts
richten können, alß daß die Schweedische die sach auf wenig tage in
bedencken gezogen, sich aber niemaln uber die frag, ob sie auf also
beschehene offerta ohne hindersichpringen zu schließen bevolmächtigt,
unangesehen wir dieselbe etliche mahl wiederholt, auch solchesfals von
herüberkhombst irer excellentz herrn graven von Trautmansdorff vertröstung
gethan, herauslaßen wöllen. Waraus dan unschwehr abzunhemmen, daß sie
gnugsamb instruirt sein und die vorgeschützte außrede ermanglenden gnug-
samben gewalts auf einem andern fundament liggen müeße.
Und will unß das werck also vorkommen, ob dörfften wol die Churbrande-
burgische und sämbtliche protestirende stendte hiebey mitt den Schwedi-
schen allerdings einig und dhahin vergliechen sein, daß ohne allerseits
erlangte satisfaction von kheinem theil waß absönderlich sölle geschloßen
werden, gestalt dan auch der Churbrandeburgischer gesandter graff von
Wittgenstein alsopaldt, nachdeme die Schweedische von unß hinweg gewest,
sich bey unß zur visita angemeldet, weiln es aber fast spaet gewest, heüd zu
unß khommen und angezeigt, daß ihme von seinen collegis zu Münster
zugeschrieben seie, von denen herrn mediatorn aldha den bericht erlangt zu
haben, ob würden die Kaißerliche gesandten denen Schweedischen eine
offerta von Halb- oder Vorderpommern thuen. Nun hette er noch bey
gestriger ordinari schreiben von seinem gnedigsten hern, dem churfürsten,
daß derselb itzo auf der reiß seie
verhofften, daß man sich mit dergleichen offerten nit ubereilen wölte,
sondern vorhero mit irer churfürstlichen durchlauchtt zu Brandeburg daraus
communicirn, dan es ie eine große ungleicheit zwischen Vorder- und
Hinderpommern seie, weiln Vorderpommern ungleich beßer alß Hinder-
pommern . Sie hetten den Schweeden schon das fürstenthumb Rügen und den
portum Straalsondt, doch certis conditionibus, anerbotten
Am 2./12. Mai 1646 hatte sich Kf. Friedrich Wilhelm I. entschlossen, neben den schon
angebotenen Ämtern Barth und Triebsees auch die Abtretung der Insel Rügen vorzuschlagen
(Regest: UA IV S. 439). Am 8./18 August 1646 hatte er sich zudem noch bereit erklärt, im
äußersten Fall auf Vorpommern bis zur Peene, also auch auf Stralsund, zu verzichten
(Druckauszug: Meinardus III S. 542–544; Bohlen S. 109–111 – Regest: UA IV S. 454).
Das erste Angebot hatte Sayn-Wittgenstein den schwed. Ges. schon vorab am 3./13. Mai 1646
gemacht ( UA IV S. 439–440; APW II C 2 S. 270 Z. 16–24), von der zweiten Offerte hatten
die schwed. Ges. Ende August 1646 erfahren (vgl. die unterschiedliche Datierung: UA IV S.
456; APW II C 2 S. 426 Z. 6–7, 430 Z. 5).
che durchlauchtt würden aber die statt Stettin und den Oderstromb nit
zurücklaßen können, also gehöre eine underredung darzu, mit pitt, solches
zu beobachten.
Wie haben demselben geantwortet, daß man nit underlaßen würde, soviel
möeglich, irer churfürstlichen durchlauchtt interesse hiebey zu beobachten.
Man müeße aber einmahl frieden haben. Es wölte die cron Schweeden von
diesen Pommerischen landen, weiln sie deroselben gelegen liggen, nit abste-
hen . Ewer Mayestätt könten den krieg allein nit continuirn. Die müesten
auch einen grossen theil irer erblandten amore pacis zurücklaßen. Und sehe
man sönsten kheine mittel, auß dem krieg zu kommen, es seie dan, daß der
cron Schweeden hirin satisfaction gegeben werde. Der graff bittet, man wölte
das werck nur nit praecipitirn, würde sich durch gute underhandlung und
vorberedung alles füeglicher schicken. Die Churbrandeburgische zu Münster
würden ire excellentz herrn graven von Trautmansdorff auch deswegen
anglangt haben, darumb er bey unß auch darvon erinnern wöllen. Nhimbt
dhamit seinen abschiedt.
[1] Protokoll, [Osnabrück] 1646 Oktober 7. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 25–30 = Druckvor-
lage ; RK FrA Fasz. 92 X nr. 1474 fol. 468–471; KHA A 4 nr. 1628/41 unfol.; Giessen
207 nr. 325 p. 1223–1234; Giessen 212 p. 23–28.
In meinem, Lambergs, Haus haben wir den schwed. Ges. gemäß der Anweisung Trauttmans-
dorffs erneut das Angebot für ihre Satisfaktion vorgetragen und sie gebeten, zu sagen, ob sie
ohne weitere Instruktion darüber schließen könnten.
Die abgesandte haben sich darauf, nachdeme sich in Schweedischer, unß unbekandter,
sprach unterredet, und benendtlich der Oxenstern, geantwortet, daß sich noch gar wol
wüsten zu erinnern, waß iüngsthin zwischen unß uber den punctum satisfactionis für
discursen gefallen. Vernhemen aber auß unser itzo beschehenen fürtrag gar gern, daß
man an seithen Kaißerlicher mayestätt und des Reichs bey diesem punct waß näher
herbeygehen wölte. Es seie aber die sach an ir selbst fast wichtig. Möegten gerne sehen,
wan es bey unß khein bedencken hette, daß ihnen solches anerbiethen moegte
schrifftlich, ploß memorialsweiß, zugestelt werden, dhamit sie den sachen waß beßer
nachdencken könten, dan vermerckten zwar, daß man inen eine offerta loco satisfactio-
nis thue, darbey aber der conditionen, darüber man bißhero noch different gewest, gar
nit gedencke. Selbige würden auch vorhero müßen abgehandtlet werden. Alß under
andern so praetendire die cron Schweeden 1. alles, waß pro satisfactione eingeraumbt
werden möegte, iure perpetui feudi vom Reich. 2. So praesupponirn sie, daß under
Vorderpommern auch die insul Rügen mit würde begrieffen und verstanden sein. 3. Von
dem condominio mit Wißmar laße sich nit reden. Die cron Schweeden leide kheinen
condominum. Dergleichen iura socialia verursachen simultates et discordias. 4. [ Daß ]
die stiffter Bremen und Ferden zu weltlichen weesen verändert werden. 5. Aber für
allem seie bey diesem werck basis et fundamentum der consensus interessatorum und,
solang derselbe nit zuwege gebracht werde, seye ihnen mit dergleichen offerta nit
gedient. Die cron Schweeden würde dieselbe invitis interessatis, wan auch Kayserliche
mayestätt und das Reich ein anders wölten, nit annhemmen. Die begehrte mit iren
benachbarten, sönderlich mit Churbrandeburg, so ein mächtiger churfürst seie und
große dependentz habe, kheine differentz zu haben, noch auch radicem futuri belli zu
hinderlaßen. Sie zweifleten aber nit, wan Kayserliche mayestätt und die stendte des
Reichs dem churfürsten werden zusprechen, daß sich derselb alßdan werde bewegen
und zue hergebung seins consensus erhandtlen laßen. Ohne solches aber geschehe
hiebey nichts. 6. So müße auch zugleich de satisfactione militiae geredt und endtlich
zum 7. die gravamina zwischen denen catholischen und protestirenden stendten erledigt
werden und alles pari passu gehen. Sie vermerckten aber, daß itzo zwischen selben
stendten eine große verbitterung seie, und tragten wol die vorsorg, daß sich dieselbe
under sich selbst miteinander in alle ewigkeit nit vergleichen würden. Dhahero etwoh
das beste mittel seien möegte, daß sich die cronen des wercks annhemmen und sie,
Schwedische, mit denen Kaißerlichen daraus handtleten und alles zu völliger richtigkeit
pringen thäten. Sönsten sähen sie nit, wie auß dem werck zu kommen seie. Es seie auch
eine sach, so ad materiam huius conventus gehorich, von der cron Schweeden in
proposition gebracht worden, also auch mit deroselben solche materi abgehandtlet
werden müeße.
Nos: Waß von unß fürgetragen worden, seie kheine newe sach, sondern so offt
zwischen unß darüber handlung gepflogen, daß wir vermeinten, daß es einigen
schrifftlichen memorials nit bedörffe. Sie solten nur mit unß schließen, so wölten wir nit
allein ein schrifftlichs memorial, sondern sogar einen schrifftlichen receß, wie zue
Münster beschehen, darüber aufrichten. Wegen der conditionen würde sich hernacher
weiters reden laßen, sönderlich waß dieienige sachen anlange, so ad punctum satisfactio-
nis nit gehörten. Müße erstlich der punctus satisfactionis richtich sein. Vorderpommern
verstehen wir mit seinen pertinentien. Gehöre die insul Rügen darunder, so verstünde
sich dieselbe auch in der oblation darunder. Das condominium mit Wießmar solten die
Schweden nit difficultiren, würde dardurch der hertzog vor Mecklenburg so viel desto
ehender ad consensum zu bewegen sein. De immutatione des geistlichen weesens beeder
stiffter Bremen und Verden laße sich nit reden. Der Pabst seie darbey interessirt,
Kayserliche majestätt könten es nit thuen, die catholische stendte wölten nit darzu
verstehen, die protestirende selbst hetten in ihren iüngst außgelaßener erclehrung in
puncto gravaminum vermeldet, daß die ertz- und stiffter, so ihnen auf 100 jahr in
handen gelaßen werden sölten, nit sölten immutirt noch erblich gemacht werden
Schon in ihrer Erklärung vom 9./19. Juni 1646 ( Fernere Erklärung oder 55 Punkte; Druck:
Meiern , APW III S. 160–170 , hier S. 162) wie auch in der Akte vom [14./24. August 1646]
(Druck: Ebenda S. 330–340, hier S. 331–332) hatten die prot. Reichsstände den Geistlichen
Vorbehalt faktisch anerkannt, sofern er paritätisch auf ev. und kath. Reichsstände angewandt
werden würde. Den Konvertiten sollte ein standesgemäßer Lebensunterhalt zugesichert werden
( Schmid S. 102; Ruppert S. 256).
wehren ihnen, denen Schweeden, die protestirende in diesen passu selbst zuwieder.
Würden ihnen dardurch eine invidiam aufladen, weiln sölche immutatio in statum
universalem Imperii hineinlauffe, ja ihnen viel praerogativa und privilegia, so selbiger
status intuitu des geistlichen weesens habe, absprechen, der großen confusion, so einer
solchen veränderung wegen der alten verschreibung entstehen würde, zu geschweigen.
Die fünffte conditio, daß unangesehen der interessatorum wiedersprechung sie bey
denen offerirten orten gehandthabt werden solten, seie ihnen zum besten angesehen, nit
aber solchergestalt zu verstehen, daß man die interessatos gar begehre vorbeyzugehen,
sondern daß dern consensus solte erhandtlet werden und die Schwedische sich deswe-
gen ferners nit zu bekümmern haben. Lige nur an ihnen, daß sich erclehrten, ob sie
solchergestalt mit den offenen zufrieden sein wölten. Mit dem puncto militiae bleibe es
bey voriger Kayserlicher resolution, daß eine iede parthey die irige zahle. Von dem
puncto gravaminum seie unnötig, itzo viel zu reden. Müeße erst eine materi expediirt,
darnach ferners geschrieten werden.
Illi insistunt prioribus, gedencken aber der statt Stettin gar mit keinem wortt nit. Bey
dem außgedingten condominio mit Wießmar sagt Salvius, quod reges non patiantur
parem. Wegen Bremen und Verden seie nit ohne, daß die protestirende stendte selbst in
iren declarationibus ein anders behaubtet. Hetten aber mit etlichen dern geredt, die
vermeinten, daß es in hoc casu singulari wol eine exception leiden könte. Nos: Selbe
exception würde zu große consequentz geben, lige nit an etlichen weenigen stendten,
sondern würden sämbtlich darzu consentirn müeßen und solches noch nit gnug sein,
auß angehörten ursachen. Illi wöllen alles auf weinig tage in bedencken ziehen.
Eadem occasione erinnerten wir, auch ferners von ir excellentz herrn graven von
Trautmansdorff und ubrigen unsern collegis die nachrichtung zu haben, daß dieselbe in
puncto armistitii denen Frantzosen verwilligt, wohfern dieselbe und die Schweedische
ihren beederseits an der Thonaw stehenden generaln, sich mit der Kaißerlichen majestätt
generalissimo eins armistitii halben auf 1, 2 oder 3 monatt (derentwegen mit irer
hochfürstlichen durchlauchtt ertzhertzog Leopoldt Wilhelmb von denen conditionen
der induciarum und wie die quartier außgetheilt werden sölten, handlung zu pflegen) zu
vergleichen, zuschreiben würden, daß alßdan die Kayserlichen gesandten auch irestheils
desgleichen thuen und darüber irer ertzfürstlichen durchlauchtt Leopoldt Wilhelmb zu
Österreich zuschreiben wölten. Illi: Hetten schon von diesem werck nachrichtung. Die
Frantzösische gesandten hetten ihnen durch den monsieur de Saint-Romain darvon
uberbringen laßen. Schickten derentwegen den Schweedischen commissarium Brandt
Peter Brandt (1609–1648), geadelt Brandt zu Langwedel und Brock; 1642 Kommissar bei der
schwed. Armee in Deutschland, Oberkriegskommissar; 1647 Januar – Februar einer der
schwed. Ges. bei den Verhandlungen des Ulmer Waffenstillstands (1647 März 4/14; vgl. nr.
335 Anm. 1) ( Frán Femern S. 195–196; APW II C 3 S. 34 Anm. 2).
zum Schweedischen general Vrangl, umb demselben anzudeüten, daß sie, abgesandten,
irestheils es geschehen laßen könten, daß derselb sich hirüber mit der Kaiserlichen
generalitet underreden und darin disponirn möegte, wie ers am besten zu sein befinden
würde. Sie sein nit praesentes, könten nit wißen, warauf itzo der status militaris beruehe,
weniger darin waß determinirn. Sein dhamit von unß abgeschieden.
[2] Nr. 44.