Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
72. Auersperg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1643 Oktober 14
Osnabrück 1643 Oktober 14
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46c, Konv. c fol. 96–100’, praes. 1643 Oktober 29, = Druck-
vorlage . Kanzleivermerk: Hievon abschrifft für Churbayren sub dato 4. November 1643.
NB. ist für alle churfürsten abschrifft gemacht worden sub eodem dato. – Kopie: ebenda
Fasz. 46c, Konv. c fol. 110–114’; ebenda Fasz. 46c, Konv. c fol. 116–120’; ebenda Fasz.
92 I ad nr. 48 fol. 345–348’; Giessen 203 fol. 512–516– Druck: Gärtner II nr. 23 S. 57–62.
Diskurs mit den dänischen Gesandten über Anreise der übrigen Gesandten, Verhalten bei Nicht-
erscheinen der Schweden, Generalamnestie, Bremischen Sessionsstreit.
Vorgestern sein die königlich Dennemarckische gesandten bey unns gewest,
unnd der Schwedischen gesandten an sie dürch ihren abgefertigten edlman
zurückgebrachtes schreiben in originali zu verlesen auch beykommende
abschrifft [ Beilage 1 ] dhavon geben, mit fernern mündtlichen erinneren, daß
auß selbigem schreiben abzunehmen, waßmaßen die Schwedische fürnemb-
lich zwo ursachen ihres außpleibens fürwenden. Erstlich, daß zuvor von
der übrigen interessirten anzug wolten versichert sein, dan zum andern,
daß sie, Schwedische, noch eine gewiße ihnen dienliche (wie daß formal
lauthet) nachricht gewertig seien unnd sich alstan ihres auffbruchs halben
ferners erclehren wölten. Nuhn ließen sie, Dennemarckische gesandten, eß
dhahingestelt sein, waß die Schwedische unter den wörtteren „ihnen dien-
lichen nachricht“ wöllen verstanden haben. Die erste vorgewendte ursach
aber liege ihnen, Dännischen, vor augen, unnd mögten von unns gerne
berichtet sein, waß unns aigentlich für nachricht wegen der ubrigen inter-
essirten alß Päbstlichen, Spanischen unnd Venedischen gesandten anzug
einglangt; scheine, daß deren keine herzuwöllen, waß unns bedüncke, war-
auff selbigs verzügliches außpleiben beruhe.
Wir haben neben gebührlicher dancksagung der communication halben
geanthworttet, daß noch bey iüngster ordinari von Ewer Mayestätt selbsten
an mich, den graffen von Awersperg, schreiben einkommen
Mayestätt mir deutlich zu wißen thuen, daß sie dhamals selbst an die Spa-
nische ihre erinnerung wegen beförderung dero anzug gethaen haben,
wölten also nitt zweiffelen, die Spanische werden unverlengt herzukommen,
zumahll wan eß continuiren sölte, daß die Frantzösische gesandten, wie der
monsieur de St. Romain außgeben unnd die Schwedischen selbst fast glauben
wöllen, sölten auffgebrochen sein, dan die Spanische iedeßmahls auff selbiger
Frantzösischen gesandten auffbruch ihr absehen gehabt unnd sich die stunde
auffzubrechen erclehrt, wan ihnen von der Frantzosen auffbruch die geringste
gewißheit würde zukommen. Der Venedischer abgesandter seie gleichwoll
biß nacher Cölln anglangt, würde zweiffelsohne seine behaußung zu Münster
erst einrichten laßen, ehe dan seine reiß ferners vortsetzen wöllen, welchs
demselben auch nit zu verdencken, habe derentwegen an mich, Crane,
geschrieben unnd sich über ein unnd andere selbiges orts beschaffenheit
erkündigt, durch welche gelegenheit ich ahnlaß genohmen, demselben einige
bedencken zu fernerer vortsetzung seiner reise zu gemüht zu führen, unnd
stehet zu verhoffen, daß derselbe sich nitt lange zu Cölln auffhalten, sondern
paldt zu Münster einfinden werde. Der cardinal Rossetti scheine, daß auff
der Frantzosen anzug absehen habe unnd ethwo nit ehender herzukommen
wölle, biß die interessirte zur stelle, dhamit also mit mehrerem respect her-
zukommen möge, würde demselben vermühtlich daß exempl mit dem herrn
cardinal Ginetti für augen liegen, der ins fünfte jahr zu Cölln auff der
Frantzosen herzukunfft zugewarttet, seie sönsten nit zu vermuhten, daß sich
die Pabstliche heyligkheitt daß officium interpositoris würden laßen auß
handen ziehen oder darbey waß versaumen, obzwar sünsten auch ohne der
Päbstlichen ministern gegenwartt, wan nur Venedig zur stelle, der anfang
könne gemacht werden, dan die Päbstliche unnd Venedische die interposi-
tion bey den praeliminaribus allzeit disiunctim geführt unnd paldt dießer,
sonderlich, waß interesse der uncatholischen betroffen, baldt jener die handt
angeschlagen, unnd seie woll zu vermuhten, daß sie eß auch also bey der
haubthandlung halten werden.
Die Dänische haben sich mit sölcher unnßer erclehrung zwar begnügen
laßen, aber discursweise, wie sie vermeldet, dem fall gesetzt, dha ethwo die
Schwedische gar nit herzuwolten unnd den frieden gleichsamb außschlügen,
wie der sach alstan zu thuen, waß für mittl an handt zu nehmen, dhamit
gleichwoll daß Römische reich von dem schweren kriegßlast wieder errettet
werde, ob nit alstan dhahin zu gedencken, daß die stende deß reichs gegen
Ewer Mayestätt außgesönet unnd zwischen haubt unnd gliedern daß alte
vertrawen wieder möge erhoben werden, wardürch dan Ewer Mayestätt zu
einer sölchen macht gelangen würden, daß sie die außwerttige feinde von
deß reichß boden abzutreiben woll würden mechtig sein. Warauff wir
erinnert, daß zwar auff dießem punct nit instruirt sein, man auch einen
sölchen fall nit verhoffen wölle, doch auch per discursum für unnßer privat
zu anthwortten, wüsten wir, daß Ewer Mayestätt niemahls waß höhers ver-
langt oder gesucht hetten unnd noch verlangen unnd suchen thäten alß
eine rechtschaffene zusamensetzung deß haubts unnd der glieder, dhahin
sein dero viellfältige schwere und kostbare reiß unnd schickung ins reich,
so vielmählige versamblung der stende in denen craißen, so viell collegial-
unnd churfürstenthage unnd endtlich der iüngst gehaltene reichßtag ange-
sehen , aber der effect seithero nit zu erheben gewest, welchs pillich zu
bedauren, waß hetten Ewer Mayestätt mehr zu beforderung eines sölchen
vertrawens thuen können, alß sie bey iüngsten reichßtag gethaen, dha sogar
amnistiam generalem, weiln man ihr die hoffnung gemacht, daß vermittels
deroselben zum intendirten zweck zu gelangen, publiciren laßen; waß habe
eß aber geholffen, scheine, daß etliche dhadürch frecher geworden sein,
cum videant, quod quasi impune peccare liceat.
Die Dännische replicirten, eß seie nit ohne, daß die amnistia dhamahls
geschloßen, aber der effect dhavon außgestellt worden, die exclusi abge-
wiesen unnd seithero von den emolumentis unnd genoß deß Pragern
friedenschluß enthwehrt worden, waß sölche exclusio vor vertrawen setzen
könte, man raume nit alleine nit außm wege, waß an rechtschaffener zu-
samensetzung verhinderlich seie, sondern würden noch mehr materien, so
zu uneinigkeit zwischen obrigkeit unnd underthanen ursach geben, erweckt
unnd in weg gelegt, ümb die stende unnd underthanen vielmehr miteinander
zu committiren. Wie seie eß mit der stadt Bremen in puncto sessionis her-
gangen? Dha hetten auch so vornehmer churfürsten guttachten unnd gleich-
samb protestiren nit wöllen beobachtet werden, wardürch gleichwoll der
herr administrator zu Bremen mit der stadt in einen schweren standt
gerahten . Wir anthwortteten, waß in puncto amnistiae beschehen, sölchs
seie auff einrahten der sämbtlichen reichßstände beschehen unnd könte
Ewer Mayestätt nit verdacht werden, daß sie selbiger stände gutachten ein-
gefolgt; von dem Bremischen sessionstreitt, unnd waß darbey für bedencken
fürgefallen, seie unns nichts bewust, hielten eß aber dhafür, daß darin mit
gnugsamber vorsichtigkeit und justitzi würde verfahren sein, könte aber
selbiges werck nit gleich dhahin aufgenohmen oder außgedeutet werden,
gleichsamb eß dhahin angesehen, ümb obrigkeit unnd underthanen gegen-
einander zu verhetzen, sönsten würde eine jede rechtßfertigung in der-
gleichen fällen, wie eß deren dan viele im Reich hab, alß Trier contra Trier,
Cölln contra Cölln, Maintz contra Maintz unnd fast kein standt seie, der nit
ieweiln proces mit seinen underthanen hab, für dergleichen streiterweckung
können außgedeutet werden, welchs ie hartt sein wölte, falß bey selbiger
streitsachen waß fürgangen, warin sich deß herrn administratoris fürstliche
gnaden beschwehrt befünden, könte man dero rechten und fundamenta
fürbringen, nach deren befindung leicht der sach ein außschlag zu geben
unnd daß gravamen inflictum, wan einigs erwiesen werden mögte, wieder
zu repariren unnd zu ersetzen seie, womit sich die Dänische auch bescheiden
laßen
Mayestätt dürch unns gehorsambst zu erinneren begehrt, mit bitt, selbige
in der enge zu halten, warvon mit mehrerm in beygelegtem gehorsambsten
schreiben .