Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
76. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 Januar 9
Osnabrück 1645 Januar 9
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Januar – April 1645 ) fol. 15–17’, 20–20’ =
Druckvorlage–Kopie: ebenda Fasz. 92 IV ad nr. 510b fol. 168–171; Den Haag A IV
1628 nr. 16; Giessen 205 nr. 11 S. 54–62 – Druck: Gärtner IV nr. 19 S. 81–87.
Beharren der schwedischen Bevollmächtigten auf Geleitbriefe für Stralsund und andere Mediat-
stände .
Wir haben nr. 59 erhalten. Hinweis auf nr. 61 und auf die von den schwedischen
Bevollmächtigten geforderten Geleitbriefe für die Mediatstände. Wir haben auf
nr. 50, A beikommendes Konzept [ = Beilage 1 ] abgefaßt, die Ausfertigung aber
unterlassen, damit die Hauptverhandlungen nicht durch Schriftwechsel aufgehalten
werden. So haben wier auch bey dem punct die vergleitung Stralsundt betref-
fendt eben selbiges in Ewer Mayestätt allergnädigstem schreiben erwehn-
tes mitl, das der stadt Stralsundt deputierte endtweder für sich selbst oder
sogar auch under Schwedischem gleidt herzukommen und gleicher Sicher-
heit under wehrenden tractaten wie andere, denen daß gleidt gegeben, bey
dieser seithen zu genüßen haben sollen, schon hiebevorn vorgeschlagen,
selbigs auch noch vorgestern durch den dechand zu St. Johan wiederholen
laßen; hatt aber nichts verfangen wöllen, sondern werden von denen Schwe-
dischen alle mitle außgeschlagen und praecise auf die vergleitung und zwar
in crafft des praeliminarschlus, gleichsamb man dießseidts darzu verbunden
wehre, getrungen.
Wier sein bißhero auf dem bestanden, das es in eine extension des praeli-
minarschlus lauffe, und dahero in unser macht nitt stehe einzuwilligen, ja
die sach an ihr selbst so bewandt sey, daß sogar Ewer Mayestätt selbst ohne
vorwißen und belieben deren darzu interessierten chur- und fürsten nitt
darzu verstehen köndten, und es soviel desto ungereimbter sey, daß man
selbigs werck auf den praeliminarschlus ziehen wölle, beharren auch noch
bey solcher erclehrung.
Nun mögte zwar wegen wenig municipalstätte vergleitung, wan dadurch
die haubthandtlung befördert werden köndte, noch wohl ein temperament
zu finden sein; es haben aber Ewer Keyserliche Mayestätt auß oberzehlten
umbständen, sodan unserigen vorigen gehorsambsten relationen allergnä-
digst vernohmen, daß dem gegentheil nitt soviel umb dergleichen verglei-
ten zu thuen; dan nichts gewißers zu gewarten, als daß durch zulaßung des
Stralsundischen gleidts die consequentz auf alle ubrige municipalstätte im
reich, so der cron Schweden einigergestalt zugethan, werde wöllen gemacht
und eine solche unendtliche confusion bey diesen tractaten eingeführt wer-
den , waraus nitt wieder wierdt zu kommen sein, maßen solches ie mehr
und mehr herfürbricht.
Der Schwedische secretarius Milonius hatt sich gegen den dechandt zu
St. Johan vermercken laßen, er halte es dafür, das wier noch wohl würden
zu disponieren sein, aber deß herrn bischoffen zu Oßnabrüg fürstliche gna-
den hielte uns ab. Deme wölte es nitt schmecken, daß die statt Oßnabrüg
auch sölte ad tractatus gelaßen werden, waraus dan unschwer abzunehmen,
wohin man Schwedischer seithen ziehlet.
Bey welchen umbständen, weiln der effectus promotionis tractatuum durch
die einwilligung gar nitt, sondern besorglich wohl ein wiedriger außschlag
zu gewartten, nemblich, das die sach dadurch noch mehr dörffte zurück-
gesetzt werden, wier zu fernerm nachdencken gehorsambst gestelt sein
laßen, obs nitt rahtsamer, dem buchstaben des praeliminarvergleichs noch
ferners zu inhaeriren, alß bey diesem passu was nachzugeben. Warbey dan
auch nicht außer acht zu laßen, daß die churfürstliche gesandten angedeüte-
termaßen hierin mit unß allerdings einig sein, und die gegentheil von nieh-
mandt beyfal haben, sogar die Frantzosen selbst sich der sach unsers wißens
nit ahnnehmen. Der Venetianische gesandt hatt zwar von den Schwedischen
dafür außgeben werden wöllen, ob solte sich derselbe auf ihre meinung
lencken, nachdeme wier aber auf erlangte anderwertliche kundtschafft, daß
nemblich der Venetianische gesandt daß wiederspiel gethan und gegen den
Schwedischen secretarium deütlich vermeldet, daß gemeltes der Schwedi-
schen begehren wegen vergleittung der statt Stralsundt nitt statt haben
noch dieser seithen mitt fügen zugemuhtet werden köndte
Vgl. [ nr. 70. ]
schen davon fürhalten laßen, sein dieselbe ihrer wortte wieder abgefallen
mitt vorwenden, der Venedische gesandter gehe sie nitt an, der habe hierzu
nichts zu sagen, hetten sich auf denselben solchergestalt nitt beruffen,
gleichsamb sie von demselben in hoc passu zeügnüß begehrten, sondern
daß nur verhofft gehabt, vermittels deßen zusprechens uns zu anderer
erclehrung zu disponiren. Ist also daß gantze werck nur eine opiniatritet
deß Salvii, der etwo den Oxenstern, wie wier die nachricht haben, uberredt,
daß der praeliminarschlus auch auf die mediatos et quoscunque privatos
gehe, dahero will derselbe nuhnmehr eine reputationsach daraus machen
und understehet [ sich ], seine meinung zu behaubten, obzwar kein eintziges
erhebliches fundament darzu hatt; und da sie andergestalt nitt vortzukom-
men wißen, haben uns noch gestern durch gemelten dechand anzeigen
laßen, daß sie eß in unser gewißen und veranthwortung wolten gestelt sein
laßen, daß die haubtsach durch führenthaltung des begehrten gleidtsbrieffs
dergestalt würde aufgezogen, so wier auf seinen unwehrt beruhen laßen,
und dagegen erinnert, das daß gewißen und verandtworttung bey deme
stehe, der so unnöhtige verhindernüß in weg werffe und auß den schrancken
deß praeliminarschlus schreitte. Wegen vergleittung Stralsundt könne die
haubthandtlung mitt fügen nitt zurückgestelt, sondern vielmehr hingegen
durch anhebung der haubthandlung selbige vergleitung zuwegegerichtet und
facilitirt werden und sich etwoh bey der handlung darzu apertur und gele-
genheit herfürthuen, darumb die Schwedische gesandte beßer thuen wür-
den , wan selbe ihre praetension beyseithsetzen und zuvorderist zur haubt-
handlung schreiten würden, maßen wier dieselbe auch nochmals darumb
wölten ersucht haben.
[1] Lamberg und Krane an Oxenstierna und Salvius, undatiertes Konzept eines nicht ausgefertigten
Schreibens ( lat. ). Kopie: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Januar – April 1645 ) fol. 18–19–
Druck: Gärtner IV nr. 20 S. 87–89. [ Kopie: RK , FrA Fasz. 92 IV ad nr. 510b
fol. 164–165’; Den Haag A IV 1628 nr. 16; Giessen 205 nr. 12 S. 62–66. ]