Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
67. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1644 Dezember 30
Münster 1644 Dezember 30
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 447–453, praes. 1645 Januar 9 = Druck-
vorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 IV nr. 493 fol. 101–105 – Kopie: Den Haag A IV 1628
nr. 16.
Beharren der französischen Bevollmächtigten auf Teilnahme der Reichsstände. Vorschlag Contarinis
auf Hinzuziehen eines Ausschusses des Deputationstages. Bisher keine Waffenstillstandsgespräche.
Wir haben die Weisungen vom 10. und 13.
Dem Hg. von Savelli haben wir mit heutiger Post eine ausführliche Relation über-
sandt ; dies soll künftig wöchentlich geschehen. Hinweis auf nr. 64 und das den Ver-
mittlern übergebene und dann auf ihr Drängen wieder zurückgenommene Memorial.
Und obzwar die Spanischen, als welchen von denn mediatoren gleiche
erinnerung beschechen, sich dessen anfangs verwaigert und sonst derosel-
ben angedeütte nachgedenckliche stellen nit verendert, so ist es doch mit
inen folgendts auch zur richtigkeit kommen und demihenigen, so die media-
tores an sie gesuecht, stattgethan worden.
Nun haben wir negstvorgangnen montag, den 26. diss, herrn nuncium mit
wintschung frölicher feyrtagen besuecht, da er dann uns der lenge nach
erzehlt, das er und der Venetianische pottschäffter aus unserm und der
Spanischen memorial alle und iede argumenta und anzug mit fleiss außgezo-
gen und aufs papyr in Italienischer sprach, als wann die aus irem aignen
mundt verfast weren, verzeignet; folgendts am sambstag, den 24. diss,
abendts sich zu denn Franzosen verfüegt, inen solche mit allem fleiss vor-
gehalten und zu erkennen geben hetten, mit was starcken fundamenten wir
uns beclagen und meniglichem vor augen stellen möchten, das sie irem
versprechen kein genüegen erstattet, und aber hingegen solche sachen suech-
ten , dardurch man sich unaußsprechlich verwickhlen und zu keinem endt
gelangen wurde. Und ob sie wol selbst bekennen müessen, das es ia ein
unthuenlich werckh sein werde, der ankonfft aller reichsständte zu erwart-
ten , so haben sie sich doch zu nichts anders, als das sie ebenso praecise nit
darauf verharreten, und wann nur ein solche anzaal vorhanden, so in forma
collegii dass corpus imperii repraesentieren thett, zufriden weren, aber auf
keine anzaal in specie oder wie lang man deren ankonfft zuezuwartten, und
wie bald sie dann aigentlich ire fridensmittel zu eröffnen begerten, erclären
wollen, sondern undter anderm vorgeworffen, Eur Kayserliche Mayestät
verhinderen und verbietten denn ständten, das sie nit erscheinen solten,
ausserhalb dessen wurde derselben erscheinung sich so lang nit verweilen.
Es hetten aber hierauf sie, mediatores, alsogleich geantwortet, das inen,
Franzößischen gesandten, wurde obgelegen sein, solches zu beweisen,
weil die Kayserlichen es leichtlich widersprechen möchten. Es hette auch
der Servient die frag an sie gesezt, was sie vermeinten, wann Gallaß den
Torstensohn geschlagen, waß alßdann die Kayserliche thuen wurden? Dar-
mit er sonder zweifel zu verstehen geben wollen, sie müesten sich aniezt
ires glückhs gebrauchen. Darauf seye ime aber alsobaldt repliciert worden,
wann die cron Franckreich in denen gedancken begriffen, das sie alles nur
uf die glickhförttigkeit irer waaffen richten wolten, so were vergeblich, das
sie sich so vilfältig berüembten, wie sie ungeacht aller solcher zueständten
nichts mehrers dann einen billichmäsßigen friden ze schliessen verlangten.
In summa, nach vilem und langem contestiren were nichts anders von inen
heraußzebringen gewesen, als das sie sich darüber zu bedencken und hier-
von mit iren pundtßgenossen, denn Schweedischen, zu berathschlagen auch
innerhalb 3 oder 4 tagen sich einer gewissen resolution zu erclären benom-
men .
Am nachmittag haben wir ebenmäsßig den Venetischen pottschaffter mit
gleichen complimentis besuecht, der uns dann fast auch solche umbständte
vorgehalten, dabey aber dises weiter angehenckht, das seines vermeinens
der sachen nit undienstlich sein solte, wann Eur Kayserliche Mayestät, der
Franzosen ungüetliche beschuldigung ab sich zu laden, ein manifest ins
reich außkünden liessend, innhalts, das sie keinem standt seiner gelegenheit
nach bey disen congressibus zu erscheinen verbotten, hingegen aber auch
niemand dahin zu kommen gezwungen haben wolten. Sodann hete er wol
vermerckht, das die Franzosen ein grosses absechen auf die craißversamb-
lungen heten auch in der mainung steckhten, das es dahin entlich kommen
müest, sonderlich weil sie vorgeben, Eur Mayestät hetten dess Franckischen
craiß vorhabende schickung albereit in schrifftlicher beantworttung genemb
gehalten
Am 30. Oktober/9. November hatte der fränkische Reichskreis dem Kaiser angezeigt, daß er
Gesandte zum Friedenskongreß schicken werde. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46g fol. 24–26–
Druck: Gärtner III nr. 80 S. 586–592; Meiern I S. 288–290 (= I 3, 41). Der Kaiser
antwortete am 16. Januar 1645. Konzept: RK , FrA Fasz. 48c fol. 57–62’ – Druck: Meiern I
S. 344–347 (= I 4,7).
Er seinestheils hielte vor das beste mittel, das aus der Franckfurter reichs-
deputation etlich wenig neben denn churfürstlichen deputatis aus dem
fürstenrath alhergezogen werden möchten, so denn handlungen beyzu-
wohnen , doch das folgendts dasihenig, was entlich im fridenswerkh geschlos-
sen , auf einem allgemeinen reichstag bestettigt werden solte. Wiewol die
Franzosen wider disen modum einwenden theten, das Eur Kayserliche Maye-
stät nur dieihenige ständte, welche deroselben wolgewogen, zuesamenfor-
deren liessend und es sonder zweifel mit alherforderung etlicher besonderen
aus der deputation auch also einrichten würden. Wegen dess herrn churfür-
sten von Trier begerten sie, dennselben wenigist an ein neutral ortt kommen
zlassen. Diss alles hete er uns allein berichtsweise erzehlen wollen. Sie
erwartteten noch sambtlich auf der Franzosen antworttliche erclärung,
alßdann weren er und der herr nuncius bedacht, uns dieselbe anzubringen
und von eim und anderm haubtsächlich mit uns zu handlen.
Wir haben uns dessen gebürend bedanckht und beynebens nit undterlassen,
auf den ersten puncten kürzlich anzuzeigen, das wir nit wüsten, was Eur
Mayestät dissorts zuegemuetet werden köndte, weil vor dieselb der reichs-
abschied reden thet, bey deme sie es genzlich bewenden liessend, und sich
nit an das zu kehren, was die Franzosen mit ungrundt außsprengen theten.
Bey dem anderen were uns von einiger approbation über dess Franckischen
craises vorhaben nichts zu wissen, köndten es auch nit glauben, dieweil Eur
Kayserliche Mayestät ebensovil difficulteten bey der craisen als bey aller
reichsständten versamblung befinden theten.
Der dritte punct were nit aus der acht ze lassen, es haten auch die Franzosen
gar nit ursach sich dißorts einiger parteylicheit zu beschwären, dann an
allen ständten dess reichs obgelegen, ir pflicht und aydt gegen Eur Kayser-
liche Mayestät in obacht ze halten, so stüende es bey derselben nit, wen sie
wolten, zu der reichsdeputation zu erforderen, sonderen es were solches
alles in denn reichsconstitutionibus versechen, maaß und ordnung vorge-
schriben , wie es darmit gehalten werden solte, welches ime mit allen umb-
ständten genuegsamb und also erclärt worden, das er damit wol vergnüegt
gewesen, und daher sehr darauf getrungen, das man solchen vorschlag in
effect ze richten sich bearbeiten solte. Im übrigen haben wir es dahin gestelt,
das wir der Franzosen antwort mit verlangen erwartten, und alßdan uns
nach gestalt der herren mediatoren anbringens ferrers vernemmen lassen
wolten.
Wiewol nun negstvergangnen heyligen weinachtsfest am abendt der
Schweedische gesandt Oxenstirn alhie ankommen, auch die beede Fran-
zößische gesandten am montag hernach von morgen 9 bis umb 3 uhr nach-
mittags mit ime in so enger consultation gesessen, das sie selbigen feyrtags
auch gar die heylige mesß verabsaumbt und das mittagmahl undterlassen,
sodann folgenden tags bey dem d’ Avaux solche consultation widerumb
continuiert, und sich bis über 5 uhr abendts beyeinander aufgehalten haben,
so ist doch bis uf dato von irer gefasten resolution and antwortt unsers
wissens noch nichts an die herren mediatores, weniger ahn uns kommen.
Und ist bemelter Oxenstirn vorgestern widerumb von hier abgereist. Der
Venetianische ambassator hat ine zwar besuechen wellen, er hatt sich aber
entschuldigen und bey ime durch den Schweedischen secretari Milonium
anbringen lassen, weil die Kayserlichen zu Oßnabrugg sich in ertheilung
der pasßporten für die statt Stralsondt so starckh verwiderten, das er uns
zuesprechen wolte, unsere collegas zu der einwilligung zu vermögen. Die-
weil er aber über disen puncten bereits von uns nach notdurfft informiert
gewesen, so hete er dem secretario zu erkennen geben, das solches begehren
nit stattfinden, noch er dasselbig billichen köndte, dann diss ein werkh wer,
so denn hochen reichsständten zu einem mörckhlichen praeiudicio auß-
schlagen wolt, und daher Ir Kayserliche Mayestät oder dero gesandten nit
zugemuetet werden köndte. – Französischer Paß für Carretto.
Wir seint sonst im vertrauen berichtet, ob solten die Franzosen an etliche
protestierende geschriben und inen vorgeschlagen haben, umb zertrennung
willen der Franckfurtischen reichsdeputation einen absonderlichen convent
anzustellen, darzue sie auch neben denn Schweeden die irige abordnen wol-
ten . Und dieweil dann Eur Kayserliche Mayestät aus obiger vom Venetia-
nischen pottschaffter uns beschechener anzeig zu ersechen, waßgestalten er
von bedeüter reichsdeputation einen engen ausschuz alher zu bringen vor
das einig mitel haltet, dardurch der Franzosen und Schweeden anderwertig
vorhaben undterbrochen werden möcht, als wir in negster unser relation
darvon auch anregung gethan haben, so zweiflet uns nit, wann solches noch
vor ankonfft einiger anderer craißständte zu werckh gerichtet, das es die
mediatores selbst vor das billichist achten, und wann alß dann die gegentheil
nit darzue verstehen wolten, alßdann desto mehrer unwill uf sie bei menige-
lichen erwahsen wurde, welches iedoch billich Eur Kayserlichen Mayestät
allergenedigistem willen und mehrerm nachgedencken heimbgestelt ver-
bleiben thuet.
Der Nuntius hat mir, Volmar, gegenüber vor acht Tagen erklärt, daß wegen eines
Waffenstillstandes nichts an ihn herangetragen worden sei, er halte auch nicht für
ratsam, davon zu handeln, sondern man müeste vorderist vernemmen, was
für hoffnung zu einem friden erscheinen wolte. Daher und weil von diser
materi weder vom herrn bischoffen zu Oßnabrugg noch iemandt anderm
das wenigist nit gedacht wirdt, so haben wir für nöttig erachtet, der sachen
etwas mehrers zuezusechen, bis es die gelegenheit geben möcht, weiter anre-
gung hiervon gegen dem herrn nuncio ze thuen.