Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
180. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 Februar 27
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Münster 1646 Februar 27
Eigh. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 50a, Konv. A fol. 44–45’, praes. 1646 März 9.
Baldiger Schluß mit Schweden. Reichsständische Satisfaktionsberatungen. Generalstaaten
zur Abtretung Pommerns. Zweite böhmische Kur. Bayerische Politik. Restriktion der
kaiserlichen Konzessionen? Spanisch-kaiserliche Abstimmung.
Ehe ich von Ossnabrugkh abgereist, hab ich den 23. ditst die königlich
Schwedische gesandte besucht, die mich in der siben viertl stundt aufgehal-
ten; den 24. seindt sie zu mier khomen unndt drithalbe stundt gebliben.
Alle diese zeit mit discursen von den fridenspuncten zugebracht, unndt sich
viller dienst gegen dem hauss Ostereich erboten, endlichen vermaint, biss
Ostern khüne man den friden gewiss schliessen. Der secretarius legationis
Milonius aber hat zum secretario Schröter gesagt, in drey wochen khün es
beschechen; der Oxenstirn schame sich zu bekhenen, das er unndt Salvius
ein gar enge instruction heten, sie erwarteten aber der antwort auf ihre
schreiben inner 3 wochen, man sol am schluss nicht zweiflen.
Der conte de Penneranda ist auf guetem weg, hoff, er sol wegen des könings
nicht zurukhbleiben. Churtrier hat sich gestert im churfürstenrath gar wol
gehalten, statlichen außgefürt, das man denen feindlichen cronen khein
satisfaction schuldig seye. Die Churbayrischen selbsten haben sich nicht
starkh pro coronis heraußgelassen. Diese wochen über wierdt dieser punct in
consultationibus auch absolvirt werden, sovil ich verspür, wierdt alleß
denen Kayserlichen gesandten aufgetragen werden.
Jetzo ist der Churbrandeburgische gesandte grav von Witgenstein bey mir
gewest unndt vorgebracht, es bedünkhe ihm, man wolle alles odium allein
denen Kayserlichen plenipotentiariis in puncto satisfactionis aufladen. Er
seye der mainung, es seye Euer Kayserlichen Majestät nuzlicher, das die
stendt bey diesem werkh auch interesssirt verbleiben unndt ihre deputatos
bey der handlung haben. Ich habe geandtwortet, die consultation seye noch
nicht geendet, auch unß nichts aufgetragen worden, wanß beschieht, wollen
wir unß ferner erkhleren et cetera. Nach diesem bracht vor, das der Staten
General abgesandte ihme, graven, außtrukhlichen gesagt heten, sie wolten
sich der reichssachen nichts annemen, aber das khündten unndt wolten sie
nicht zugeben, das Schweden Pomern unndt die see- oder möseporten in
Teutschlandt haben sol, sie müssten eher darüber brechen, dan an denen
commerciis lig der Höllender ganzer status unndt fundament, desselben
conservation. Darüber ist gar der Seelendische abgesandte wider zurukh
nach Hollandt. Das ist ein schwäres incidens, so die handlung stekhen
möcht, dan die Schweden müssen von der praetension ablassen; ich sorg
nuer, sie werden nacher desto merehrs landt anderwerts begeren.
Mit den Churmainzischen hab ich hie wegen des duplicis voti des königs in
Behaimb geredt. Die geben vor, ihr churfürst hete ihnen bißhero nichts
darvon geschriben, aber per duplex votum regis Bohemiae hete Churmainz
gar khein votum, dan so vorher schon 5 vota auf einer, 2 vota auf der
anderen seiten wären, so müßte Mainz mit denen 5 schliessen. Wären dan
auf einer seiten 4, auf der andern 3 vota, so müßte er auch entweder mit
denen 4 sich vergleichen, oder so er sich mit denen 3 conformiren wolte, so
würden erst paria, da hete der könig in Behaimb den ausschlag. Das wär
dem erzcanzler Imperii ein schwäre conditio, ihme seines voti zu priviren.
Auß diesem nemen Euer Kaiserliche Majestät wol ab, das die sach schon
mueß sein in deliberatione gewest unndt Churmainz darzu nicht inclinire.
Zweifel also gar hoch, ob Euer Kaiserliche Majestät noch befelchen, das ich
disses des duplicis voti vor Behaimb proponiren sol. Dan ich khein hoff-
nung khan haben, wan Mainz darwider ist, etwas zu erhalten.
Jetzo empfang ich Euer Kaiserliche Majestät allergenedigistes handbriefl
vom 16. ditß . Das |:Bayern:| [?] practicirt, ist khein zweifel; die Schwedi-
schen gesandten haben miers selbsten gesagt, das auch durch die Franzosen
ihnen wegen |:Bayern:| [?] sey zu verstehen geben worden, sie solten sich ge-
sambt mit |:Bayern:| [?] verstehen, so wol er beyden cronen ihr satisfaction
erwerben. Sie, Schweden, wolten aber kheineswegs |:Bayern:| [?] das arbi-
trium pacis et belli einraumen, eher andrer resolution fassen. Alß ich gesagt,
sich mit ihr Kayserliche mayestät conjungiren, haben sie es nicht ver-
worffen. Das erste remedium werden ihr erzfürstliche durchlaucht cau-
tissime incaminiren, sonsten derffts erst ein praecipitanz verursachen. Im
andern laborire ich, Gott weiß, tag unndt nacht, referir mich destwegen
auf mein schreiben vom 12. ditß undt disses im anfang.
Die herren mediatores seindt heut bey mir gewest, haben mier auch zu
verstehen geben, das |:Bayern:| [?] zu Pariß fort negotiire unndt an der
obstination der Franzosen ursach seye.
Die Churbayrische seindt auch heut bey mir gewest unndt die Pfalzische
sach recommendirt, so ich auch mir eyserists fleiß werde angelegen sein
lassen. Der theologorum judicium
Iudicium theologorum Caesareorum ratione mediorum pro compositione gravaminum,
Linz 1646 Februar 16. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 52c I fol. 95–97’ = Druckvorlage
– Kopie: Ebenda Fasz. 49b, Konv. F fol. 229–231. Kanzleivermerk: Copia pro sere-
nissimo electore Bavariae, electore Moguntino. Das Gutachten ist unterzeichnet von
Johannes Gans, Didacus Quiroga und Thomas von Sauxius [ ?]: Der Geistliche Vor-
behalt kann zumindest für alle Immediat- und Mediatstifter, die die Katholiken am 12.
November 1627 innehatten, nicht aufgegeben werden. Der Prager Frieden kann bis auf
100 Jahre verlängert werden. Wenn Gefahr für die noch katholischen Stifter besteht,
kann der Prager Frieden auch bis zum endgültigen Vergleich der Konfessionen inkraft-
bleiben . Die kanonisch gewählten electi vel postulati ad episcopatum können zu allen
Reichsversammlungen zugelassen werden. Gegen den Einschluß der Kalvinisten in den
Religionsfrieden ist nichts einzuwenden; bestehende Urteile bleiben davon unberührt.
Dem Kaiser wie jedem Reichsstand steht das ius reformandi uneingeschränkt zu.
allergehorsamist weissen unndt beschliessen, wil ich gehorsamist in obacht
nemen.
Das königlich Spanische schreiben vom 1. Januarii ist von grosser conside-
ration. Noch ist, Gott sey lob, res integra, aber Euer Kaiserliche Majestät
mier gegebene instruction ist gleichwol zimblich liberal, unndt das schrei-
ben vom 3. April 1645 heltet vil an sich. Wollen Euer Kaiserliche Majestät
waß restringiren, so ists grosse zeit, dan der frülling gehet herbey,
Churbayern tringt auf den friden, wie Euer Kaiserliche Majestät wissen.
Der conte Penneranda hat gleichwol von seinem könig newen befelch vom
15. Januarii , so den fridenschluss ihme injungiren, der conditionum sich
mit mier vergleichen unndt weiter khein resolution von Madrid fordern.
Wir wollen also einmütig im werkh fortfaren unndt bey der maiesteten
nuz, die zeit unndt conjuncturas in acht nemen. Gott wierdts secundiren
unndt segnen. Gott lob, das die flotta in Hispanien mit 6 Millionen auch
glükhlich ankhomen.