Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1648 III 30
1648 III 30
Montag Montags, 30. huius, referirn wir vorstehenden verlauff
ad Caesarem [ 2011 b].
Montags, den 30. huius, ist erstlich der Langenbeckh zu mir, Volmarn, kom-
men, eröffnet mir, daß Salvius bei ime geweßt, sich beclagt, daß die tractaten
so langsamb fortgiengen, und ex commissione Oxenstierns, der Casselischen
und deß Franzosischen residenten ine ersucht, das er und Thumbshirn sich der
sachen unternemmen und mit mir a part handlen wolten, ob doch einig expe-
diens ze finden. Respondi, ich wolt meinstheils mich gern so vil bemüehen,
allein müeßt ich vordrist mit meinen collegis darvon reden. Wie beschehen;
wölche es inen auch belieben lassen, doch das ohn ihr vorwissen nichts ge-
schlossen werde.
Nachmittag umb 4 uhr seind sie beede zu mir kommen, proponirn zwei
media, 1. das der § ’Tandem omnes‘ sambt der satisfaction militae biß zum
letsten außgestellt, die Casselische sach vordrist abgehandlet, sambt der
Pfaltzischen sach unterschriben, sodann, waß in puncto amnestiae und sonst
im instrumento noch übrig, verglichen und demnach der § ’Tandem omnes‘
cum satisfactione militiae auch vorgenommen und erledigt werden solte,
oder, da unß diß mittl nit beliebte, 2. so solte über den § ’Tandem‘ ein
euentualhandlung vorgenommen und versucht werden, wie weit man sich
darinn vergleichen köndt.
Weil und aber mir bedenkhlich gefallen, ohne vorgangne communication cum
collegis mich darüber ze resolvirn, als haben wir unß sambtlich zum herrn
grafen von Lamberg verfüegt, und als mit demselben und herrn Crane separa-
tim alles wol erwogen worden, haben wir bei dem ersten dise difficultet
befunden: 1. Daß etwas schimpfflich zu sein scheinet, daß Ihr Maiestät der
landtgräfin satisfaction verschaffen soll, ehe und dann sie versichert, daß sie
mit derselben waaffen in keinerlei weiß mehr angefochten werden solle. 2.
Daß, wann alle andere puncten verglichen, hernach die stände sich wegen
der amnesti in denn erblanden nit werden auffhalten lassen, sondern in Ihre
Maiestät tringen, hierunder auch nachzegeben oder den krieg allein außze-
stehen. Hingegen seyend bei dem andern medio folgende difficulteten in
weeg gestanden: 1. Daß die Schweden vor allen dingen darauff getrungen,
es solte denn restitutis in den erblanden libertas conscientiae priuatumque
domi, publicum vero foris exercitium religionis zugelassen, quod praeiudi-
cium fuisset pessimae consequentiae. Dann weil die restitutio siue in primo
siue in secundo genere, id est sine vel cum bonis, liberum reditum in patriam
auff sich hatt, also ettlich 1000 personen in denn erblanden einzekommen
ex solo capite, quod Suecis, Gallis Hassisve militassent aut seruissent, offnen
gewalt haben und wegen solcher capitulirter religionsfreyheit solche ein-
kunfft vorzenemmen nit underlassen wurden, so wer dise amnesti ärger als
alle autonomia oder doch in effectu ebensovil, als wann ein generalis auto-
nomia bewilligt worden. 2. So ist der Schweden intention auch dahien gan-
gen, daß ein gwisse anzahl ad bona ex capite pacificationis restituirt, andere
aber Ihr Kayserlicher Maiestät recommendirt und ad referendum angenom-
men werden solten. Nun ist nit zu zweifflen, daß sie vornemblich derjenigen
restitution urgirn würden, wölche am mehisten güetter verlohren, und diß
zwar auch cum extensione ad liberos. Hierauß wurde erfolgen, daß vil hohe
personen in Kayserlichen erblanden, so eintweder mit hohen ämbtern oder
grossen freundtschafften versehen, nit weniger vil ansehenliche Kayserliche
kriegsofficier müeßten offendirt werden, so Ihr Maiestät uff alle weeg grosse
unglegenheiten, hass, widerwillen, schwierigkheit und beschwehrung ihrer
camerguetter uff den halß ziehen wurde. 3. Ist clar, daß wir dergleichen hoch-
schedliche sachen einzegehen nit bemächtigt. 4. Hingegen haben die Schwe-
den auch ze considerirn, daß sie mit nachgebung diser pretensionum ein
guetten theil ihrer soldatesca disgustirn und wol gar ein meutination causirn
derfften und darumb keinsweegs darvon noch derzeit weichen wurden, son-
derlich weil sie noch nit vergwißt seind, waß man der soldatesca für bezah-
lung thuen werde. 5. Weil dann die Kayserlichen ebensowenig weichen kön-
den, so müesste nothwendig ein ruptur erfolgen, da dann die caussa mehr
uff die Kayserlichen als die Schweden gelegt werden möchte, sonderlich weil
vil probabiles circumstantiae obhanden, daß zu einer andern zeit dise materia
mit mehrerm effect und nutzen Ihrer Maiestät abgehandlet werden köndte.
Cum igitur ex duobus malis minus sit eligendum, so haben wir unß ent-
schlossen, den erstem vorschlag ze acceptirn. Caussae mouentes erant hae: 1.
Euitantur omnes supradictae difficultates saltem ad tempus. 2. Würdt alles in
integro statu erhalten, da wol geschehen kan, daß die übrige materiae eint-
weder ein bruch causirn oder doch so vil zeit geben könden, biß man wegen
deß § ’Tandem‘ von Ihr Maiestät ferner resolution erlangt. 3. Wann alles
accordirt, so werden die stände nit gestatten, das die Schweden allein wegen
der erblanden den krieg continuirn, cum hoc bellum absque grauatione
statuum geri non possit. 4. Non est timendum, das die stände sich von Ihrer
Maiestät separirn, cum nulla causa supersit separationis omnibus circa ea,
quae a Caesare desiderari possent, obtentis. Bei continuation deß kriegs ex
sola praetensione Suecorum contra Caesarem müessen die stande sich eint-
weder neutral halten oder mit eintweder partei coniungirn. Mit denn Schwe-
den ze coniungirn, ists nit ze glauben, cum nullam amplius caussam habeant;
contra Suecos werden sie auch nit kriegen ob bene merita. Neutral könden
sie nit bleiben, quia utriusque partis rapinae expositi essent. Ergo nihil restat,
quam ut omnibus viribus Suecos ad pacem urgeant. 5. Cum tota materia
amnestiae militaris suspensa maneat, non potest excludi Caesaris limitatio,
quia in illam nunquam consentiat, negata autem amnestia militari pax con-
sistere nequit. 6. Wann die satisfactio cum amnestia militari, postquam omnia
antecedentia conclusa fuerint, zumahl abgehandelt, so haben die Schweden
kein sorg mehr ze haben, daß die soldatesca disgustirt oder durch ein und
andern obristen oder officirs disgusto inen ungelegenheit causirt werden
möcht, consequenter kein ursach, so starkh mehr auff dise pretension ze
setzen. 7. Ist auch hiebei zu bedenkhen, daß man sonst uff kein weiß noch
weeg den punctum satisfactionis militiae zurukhstellen könden, sondern ent-
lich hette geschehen lassen müessen, weil underschiedliche under den stän-
den auch heimblich mit den Schweden eingestimt, daß dise materia gleich
post caussam Cassellanam hette abgehandlet werden müessen, wölches nit
allein der Kayserlichen instruction zewider, sondern auch höchst schädlich
geweßt wer. 8. Letstlich werden hiezwischen die progressus armorum den
weg zeigen, waß man dißortts werde behaupten oder nit behaupten mögen.
His ita consideratis haben wir denn obbemeldten abgesandten angezeigt, daß
wir zufriden seyen, daß der § ’Tandem omnes‘ gantz mit seinem anfang,
regula scilicet cum exceptione, wie auch der punctus satisfactionis militiae biß
zuletst außgestellt, morndrigen tags die causa Casselana vor die handt ge-
nommen, wann die verglichen, alsobaldt und zumaln die causa Palatina,
mithien auch die aequivalentiae unterschriben, hierauff immediate die noch
übrige amnestipuncten, die iura et immunitates statuum, commercia, assecu-
ratio et executio pacis abgehandlet und, wann diß alles verglichen, alsdann
die materia § ’Tandem‘ et satisfactionis militiae vor handts genommen und
erledigt werden solle. Wir begehrten auch, weil die Schweden wankelmüet-
tig und nit allzeit bei deme, waß durch die stände unß angebracht, verbleiben
wollen, daß sie, abgesandten, hierüber ein schrifftlichen schein verfassen
wolten. Illi namen unser erclärung zu dankh an, stellten aber nochmaln zu
unserm belieben, ob wir anietzt die eventualhandlung deß § ’Tandem‘ vor
handts nemmen oder suspendirn wolten. Sonst wolten sie die parola, so sie
unß geben, halten und die Schweden wol darzu bringen, daß sie dabei
bleiben müeßten.
Hierauff hatt herr graf von Lamberg ein stundt zu conferentz a Suecis in
crastinum begehren lassen.
ad Caesarem [ 2011 b].
Montags, den 30. huius, ist erstlich der Langenbeckh zu mir, Volmarn, kom-
men, eröffnet mir, daß Salvius bei ime geweßt, sich beclagt, daß die tractaten
so langsamb fortgiengen, und ex commissione Oxenstierns, der Casselischen
und deß Franzosischen residenten ine ersucht, das er und Thumbshirn sich der
sachen unternemmen und mit mir a part handlen wolten, ob doch einig expe-
diens ze finden. Respondi, ich wolt meinstheils mich gern so vil bemüehen,
allein müeßt ich vordrist mit meinen collegis darvon reden. Wie beschehen;
wölche es inen auch belieben lassen, doch das ohn ihr vorwissen nichts ge-
schlossen werde.
media, 1. das der § ’Tandem omnes‘ sambt der satisfaction militae biß zum
letsten außgestellt, die Casselische sach vordrist abgehandlet, sambt der
Pfaltzischen sach unterschriben, sodann, waß in puncto amnestiae und sonst
im instrumento noch übrig, verglichen und demnach der § ’Tandem omnes‘
cum satisfactione militiae auch vorgenommen und erledigt werden solte,
oder, da unß diß mittl nit beliebte, 2. so solte über den § ’Tandem‘ ein
euentualhandlung vorgenommen und versucht werden, wie weit man sich
darinn vergleichen köndt.
Weil und aber mir bedenkhlich gefallen, ohne vorgangne communication cum
collegis mich darüber ze resolvirn, als haben wir unß sambtlich zum herrn
grafen von Lamberg verfüegt, und als mit demselben und herrn Crane separa-
tim alles wol erwogen worden, haben wir bei dem ersten dise difficultet
befunden: 1. Daß etwas schimpfflich zu sein scheinet, daß Ihr Maiestät der
landtgräfin satisfaction verschaffen soll, ehe und dann sie versichert, daß sie
mit derselben waaffen in keinerlei weiß mehr angefochten werden solle. 2.
Daß, wann alle andere puncten verglichen, hernach die stände sich wegen
der amnesti in denn erblanden nit werden auffhalten lassen, sondern in Ihre
Maiestät tringen, hierunder auch nachzegeben oder den krieg allein außze-
stehen. Hingegen seyend bei dem andern medio folgende difficulteten in
weeg gestanden: 1. Daß die Schweden vor allen dingen darauff getrungen,
es solte denn restitutis in den erblanden libertas conscientiae priuatumque
domi, publicum vero foris exercitium religionis zugelassen, quod praeiudi-
cium fuisset pessimae consequentiae. Dann weil die restitutio siue in primo
siue in secundo genere, id est sine vel cum bonis, liberum reditum in patriam
auff sich hatt, also ettlich 1000 personen in denn erblanden einzekommen
ex solo capite, quod Suecis, Gallis Hassisve militassent aut seruissent, offnen
gewalt haben und wegen solcher capitulirter religionsfreyheit solche ein-
kunfft vorzenemmen nit underlassen wurden, so wer dise amnesti ärger als
alle autonomia oder doch in effectu ebensovil, als wann ein generalis auto-
nomia bewilligt worden. 2. So ist der Schweden intention auch dahien gan-
gen, daß ein gwisse anzahl ad bona ex capite pacificationis restituirt, andere
aber Ihr Kayserlicher Maiestät recommendirt und ad referendum angenom-
men werden solten. Nun ist nit zu zweifflen, daß sie vornemblich derjenigen
restitution urgirn würden, wölche am mehisten güetter verlohren, und diß
zwar auch cum extensione ad liberos. Hierauß wurde erfolgen, daß vil hohe
personen in Kayserlichen erblanden, so eintweder mit hohen ämbtern oder
grossen freundtschafften versehen, nit weniger vil ansehenliche Kayserliche
kriegsofficier müeßten offendirt werden, so Ihr Maiestät uff alle weeg grosse
unglegenheiten, hass, widerwillen, schwierigkheit und beschwehrung ihrer
camerguetter uff den halß ziehen wurde. 3. Ist clar, daß wir dergleichen hoch-
schedliche sachen einzegehen nit bemächtigt. 4. Hingegen haben die Schwe-
den auch ze considerirn, daß sie mit nachgebung diser pretensionum ein
guetten theil ihrer soldatesca disgustirn und wol gar ein meutination causirn
derfften und darumb keinsweegs darvon noch derzeit weichen wurden, son-
derlich weil sie noch nit vergwißt seind, waß man der soldatesca für bezah-
lung thuen werde. 5. Weil dann die Kayserlichen ebensowenig weichen kön-
den, so müesste nothwendig ein ruptur erfolgen, da dann die caussa mehr
uff die Kayserlichen als die Schweden gelegt werden möchte, sonderlich weil
vil probabiles circumstantiae obhanden, daß zu einer andern zeit dise materia
mit mehrerm effect und nutzen Ihrer Maiestät abgehandlet werden köndte.
Cum igitur ex duobus malis minus sit eligendum, so haben wir unß ent-
schlossen, den erstem vorschlag ze acceptirn. Caussae mouentes erant hae: 1.
Euitantur omnes supradictae difficultates saltem ad tempus. 2. Würdt alles in
integro statu erhalten, da wol geschehen kan, daß die übrige materiae eint-
weder ein bruch causirn oder doch so vil zeit geben könden, biß man wegen
deß § ’Tandem‘ von Ihr Maiestät ferner resolution erlangt. 3. Wann alles
accordirt, so werden die stände nit gestatten, das die Schweden allein wegen
der erblanden den krieg continuirn, cum hoc bellum absque grauatione
statuum geri non possit. 4. Non est timendum, das die stände sich von Ihrer
Maiestät separirn, cum nulla causa supersit separationis omnibus circa ea,
quae a Caesare desiderari possent, obtentis. Bei continuation deß kriegs ex
sola praetensione Suecorum contra Caesarem müessen die stande sich eint-
weder neutral halten oder mit eintweder partei coniungirn. Mit denn Schwe-
den ze coniungirn, ists nit ze glauben, cum nullam amplius caussam habeant;
contra Suecos werden sie auch nit kriegen ob bene merita. Neutral könden
sie nit bleiben, quia utriusque partis rapinae expositi essent. Ergo nihil restat,
quam ut omnibus viribus Suecos ad pacem urgeant. 5. Cum tota materia
amnestiae militaris suspensa maneat, non potest excludi Caesaris limitatio,
quia in illam nunquam consentiat, negata autem amnestia militari pax con-
sistere nequit. 6. Wann die satisfactio cum amnestia militari, postquam omnia
antecedentia conclusa fuerint, zumahl abgehandelt, so haben die Schweden
kein sorg mehr ze haben, daß die soldatesca disgustirt oder durch ein und
andern obristen oder officirs disgusto inen ungelegenheit causirt werden
möcht, consequenter kein ursach, so starkh mehr auff dise pretension ze
setzen. 7. Ist auch hiebei zu bedenkhen, daß man sonst uff kein weiß noch
weeg den punctum satisfactionis militiae zurukhstellen könden, sondern ent-
lich hette geschehen lassen müessen, weil underschiedliche under den stän-
den auch heimblich mit den Schweden eingestimt, daß dise materia gleich
post caussam Cassellanam hette abgehandlet werden müessen, wölches nit
allein der Kayserlichen instruction zewider, sondern auch höchst schädlich
geweßt wer. 8. Letstlich werden hiezwischen die progressus armorum den
weg zeigen, waß man dißortts werde behaupten oder nit behaupten mögen.
His ita consideratis haben wir denn obbemeldten abgesandten angezeigt, daß
wir zufriden seyen, daß der § ’Tandem omnes‘ gantz mit seinem anfang,
regula scilicet cum exceptione, wie auch der punctus satisfactionis militiae biß
zuletst außgestellt, morndrigen tags die causa Casselana vor die handt ge-
nommen, wann die verglichen, alsobaldt und zumaln die causa Palatina,
mithien auch die aequivalentiae unterschriben, hierauff immediate die noch
übrige amnestipuncten, die iura et immunitates statuum, commercia, assecu-
ratio et executio pacis abgehandlet und, wann diß alles verglichen, alsdann
die materia § ’Tandem‘ et satisfactionis militiae vor handts genommen und
erledigt werden solle. Wir begehrten auch, weil die Schweden wankelmüet-
tig und nit allzeit bei deme, waß durch die stände unß angebracht, verbleiben
wollen, daß sie, abgesandten, hierüber ein schrifftlichen schein verfassen
wolten. Illi namen unser erclärung zu dankh an, stellten aber nochmaln zu
unserm belieben, ob wir anietzt die eventualhandlung deß § ’Tandem‘ vor
handts nemmen oder suspendirn wolten. Sonst wolten sie die parola, so sie
unß geben, halten und die Schweden wol darzu bringen, daß sie dabei
bleiben müeßten.
Hierauff hatt herr graf von Lamberg ein stundt zu conferentz a Suecis in
crastinum begehren lassen.