Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 III 9
1647 III 9
Samstag W bei Trauttmansdorff. Bitte um Zurückweisung
nachteiliger Bestimmungen wegen seiner Stifter in der heute zur Übergabe
anstehenden protestantischen Gravaminaerklärung. Trauttmansdorff:
Will gern allen fleiß anwenden. [...] Wie sich der gegentheil befliße, mitt
dem stifft Minden ihren willen zu schaffen, zeigt sich daran, daß die Even-
tualzusage für Brandenburg, wie sich jetzt herausstellt, von Salvius ohne
Vorwissen Oxenstiernas erzwungen worden ist, während dieser eine Alter-
nation zwischen Mecklenburg und Braunschweig wünscht. I. H. G.: Sie
hielten es der sachen nit undienlich zu seyn, daß man dieße nachrichtung
wegen des Salvii practiquen und des Oxenstirns contradiction erfahren,
und wehren daher die Kayserliche so viell mehr freyer von der obligation
und zusagh, darauff sich Brandenburg wegen des stiffts Minden berueffen
möchte. Herr graff von Trautmansdorff: Es were woll dieß ein guette
consideration, weiln gleichwohl die zusagh gleichsamb in actu publico
wegen des stiffts Minden hette eventualiter geschehen müeßen, so hette es
auch seine considerationes. I. H. G.: Waß der Salvius ohne vorwißen
seines collegae et illo iam contradicente den herrn Kayserlichen bey der
handlung auffgedrungen, daß müste man pro re concessa in actu publico nit
haltten, sondern sich dießer occasion anderst bedienen. Es were ihro von
dero Mindischen dhombcapittuls syndico referirt worden, daß ihme der
Salvius gesagtt, wie daß die pfalzgraffen zue Heidelberg auff dem stifft
Minden auch wegen der Oberpfaltz praetendirten. Wan nun wegen der
Pfältzischen sach, wie es auch daß ansehens gewünne, alsolche schwere
difficulteten noch vorfallen soltten, so würde noch beßer sein, den stifft
Minden bey dem hauß Bayern an platz der sumb geldes zu laßen, welche
noch wegen der Oberpfaltz soltte heraußer gegeben werden. Herr graff
von Trautmansdorff: Bey der Pfältzischen sach bezaigten sich die Schwe-
dische noch gar wiedrig, und scheine wohl, daß die protestirende damitt
auch eine mercantia in puncto gravaminum, die Churbayerische zu gewin-
nen und an sich zu haltten, treiben woltten. Ihrer Churfürstlichen Durch-
laucht in Bayern particuliertractaten verursachten allerhand nachdenckens,
und würden besorglich noch dießen tractaten böse effectus gebehren.
[...] I. H. G.: Es were ia woll viell bey dießen particulartractaten zue
consideriren, wie dan sowohl bey den exteris alß reichsstenden derentwegen
allerhand discursus vorgiengen. Sonsten were woll zue wunschen, daß man
das armistitium schließen und sich vor allerhand besorgenden gefahr ge-
staltten sachen nach dardurch retten köntte. Der Königsmarck, wie man
gewiße avisen bekommen, seye beraits über den Mayn und köntte er mitt
den generalmaieur Löwenhaubt
, Hessischen und anderen an der Weßer
und in Niedersachßen noch vorhandenen garnisounen ein solches corpo for-
miren, deme dießerends nicht zue wiederstehen. Herr graff von Traut-
mansdorff: Die Schweden hetten lang darnach getrachtet, daß sie verschie-
dene craiße mitt ihren völckern möchten beleggen, damitt sie der contribu-
tionen desto beßer bey dem armistitio zu genießen und bey dem puncto
satisfactionis militiae ihre anförderung desto beßer durchtringen möchten.
Dießes were ihnnen itzo glücktt und dahero zu vermuhten, sie würden nun-
mehr desto balder das armistitium, weyln sie auch in dem Bayerischen
craiß einen fueß gesetzet, und in den Schwäbischen, Franckischen und
Nieder- und Obersächßischen, wie auch Westvalischen ihr avantage hetten,
eingehen. I. H. G.: Man hette sie leyder gar zue weith kommen laßen,
und stunde zugleich zu besorgen, wie mans dan täglich verspührt bey die-
ßem ihrem glück, gar zue sehr erhebung und keiner gleichmeßiger conditio-
nes annehmung. Sie aber zur raison noch zue bringen, würde kein beßers
mittell sein, alß zwischen beeden cronen Spanien und Franckreich den frie-
den zu machen, derentwegen dan der herr nuncius auch öffters wollmaind-
lich erinnerung thette und dienlich zu sein erachte, wan er herr graff von
Trautmansdorff, wie es auch der d’Avaux selbsten gern sähe, nacher Mün-
ster raißete. Herr graff von Trautmansdorff: An dem Spanischen frie-
den mitt Franckreich were nit wenig glegen, und würde der currier, dar-
auff sie gewarttet, mitt den resolutionibus ankommen sein, daher die Spani-
sche gemeßenen befelch, waß sie zu thuen. I. H. G.: Es lege offt viell
an einem guetten antreiber, und möchten eben die Spanische das größte
übell des auffenthalts, welches den catholicis in imperio zuwächßete, nicht
also woll begreiffen. Die Franzosen soltten sich vernehmmen laßen, daß
wan man ihnnen Piombino und Porto Longone nit laßen woltte, so were
auch im übrigen nicht weiter zu tractiren. Trauttmansdorff: Unbe-
kannt , ob die Spanier zu dieser Zession Vollmacht haben. Rüstungen in
Neapel. Verhandlungen des ungarischen Reichstages über die Stellung der
Kirche. Aussicht auf Erhalt des Friedens mit den Türken in Ungarn. Fort-
gang des venezianisch-türkischen Krieges. W: Desto mehr hette man
sich zu bemühen, damitt der fried unter den christlichen potentaten zu
machen, und were woll höchlich zu betauren, daß in Teutschland itzo von
den patrioten dem frieden zuwieder lauffende actiones und consilia geführt
würden, wie sich dan die Braunschweig Lünneburgische hin und wieder
vernemmen ließen, daß wan ihren principaln in den übergebenen postulatis
kein gnügen geschehen soltte, daß alßdan kein fried sein würde. I. H. G.
wolttens dafür haltten, daß die herzogen von Lünneburg und Braun-
schweig, wan sie selbsten gegenwerttig, sich nicht also intractabel bezaigen
würden. Es schiene aber wohl, daß dieße abgeordnete sich ihrem willen
nach instruiren ließen. Herr graff von Trautmansdorff: Er haltte es
auch dafur, daß durch dero alhie anweßenden abgesandten einrahten die
consilia und resolutiones bey den hertzogen gerichtet werden, und ist
damitt de deplorando Germaniae et militiae nostrae statu discurrendo der
abschied genommen.
W bei d’Avaux. Dieser bekräftigt seinen Eifer für die katholische Sache;
hat gerade mit Volmar gesprochen und ihn zue seiner consolation etwas
mehrers und beßers alß den graffen von Trautmansdorff animirt befunden.
Möchte wünschen, daß der herr graff von Trautmansdorff und alle Kay-
serliche gesandten sich nur recht beherzet und standhafftig der stiffter be-
zeigten. W: Kommt gerade von Trauttmansdorff, der sich wohl ani-
mirt zue sein bezaigtte und die bestendigkeitt dabey zu verbleiben verspro-
chen. Er wiederholete aber allemahl bey dießer materi, daß itzo gestaltten
sachen nach nicht hie mitt den wortten concurriren und daraußen im feld
mitt den wapffen ein anders sustiniren und der religion interesse, darin
man nunmehr allein versirte, bekriegen müßte. Pfälzer Prätension auf Min-
den als Ersatz für die Oberpfalz. D’Avaux: Hat mit Oxenstierna
wegen einer Geldentschädigung ohne Erwähnung der von Trauttmansdorff
genannten 300 000 Reichstaler verhandelt. Wegen des stiffts Minden ver-
merckte er, daß allerhand practiquen weren vorgangen, und hetten die
Kayserliche hierinn bey dero dem churfürsten von Brandenburg beschehe-
ner conditionalzusagh sich zu sehr übereylet und in effectu betriegen laßen.
Hat das Trauttmansdorff gesagt, der ihm, um sich von dem Verdacht pri-
vater Rücksichten zu reinigen, das kurbrandenburgische Schreiben und sein
Antwortkonzept gezeigt hat mitt der anzaigh, daß er solches Ihrer Kayser-
lichen Maiestet zugeschicktt und dem churfürsten zumahln keine hoffnung
auff dießen stifft gemacht hette. Der von Salvius allein betriebenen Zusage
hätten die Ksl. entgehen können, wenn sie ihm, deßen interposition sie sich
sonsten nützlich bey der Schwedischen und Brandenburgischen satisfaction
gebraucht, einige anzaigung davon hetten gethan. Den Brandenburgern hat
er auf die nachträgliche Bitte um sein Einverständnis geantwortet, daß er
ihrem Herrn außer deme, waß der catholischen religion zuwieder sein
köntte, gern dienen woltte. Auf Klagen über die ohne sein Wissen getrof-
fene Absprache zeigte Oxenstierna sich von der Sache selbst überrascht und
mißbilligte sie; deshalb will Salvius sie nachträglich so interpretieren, daß
man zumahln gegen Brandenburg derentwegen nicht obligirt. Als er davon
Trauttmansdorff unterrichtete, hat dieser sich in favorem Brandenburgiae
mehr scrupel dabey als der Salvius selbsten gemacht, deme er aber hingegen
remonstrirt, daß die interpretatio des Salvii, alß welcher dieße condition
einseytig angehenckt, vor allem billich anzunehmmen, in dießem und ande-
ren discurs öffters und klagend wiederholet, daß die Kayserliche in den
religionssachen gar zue faciles et meticulosi. Der herr Salvius und Fromb-
holtz erkendten ihren feihler itzunder auch, den sie damitt begangen, daß
sie den Oxenstirn nicht zeittlich gnug, bevorn er d’Avaux zue ihnnen kom-
men, wegen desjenigen, waß vor Churbrandenburg wegen des stiffts Min-
den gehandlet, beßer bericht und underrichtet hetten. Wan also die Kayser-
liche nur beßer zusähen und sich nicht übereylen würden, so möchte noch
beßer mitt öffters gemeltem stifft Minden und anderen sachen vortzukom-
men sein. Des Oxenstirn intention gienge, so viell er abnehmmen können,
dahin, mitt dem stifft Minden beede fürstliche häußer Mecklenburg und
Lünneburg cum alternatione inter ipsos sich zue obligiren. Es thette ihme
leyd, daß er den handlungen alhie zue der catholischen religion besten
lenger nit würde abwartten können, und würde man bey seinem abzugh
besorglich verspühren, daß seine gegenwahrt den catholischen mehr nütz-
lich alß schädlich geweßen. Und alß darauff I. H. G. gefragt, wan er dan
verraisen würde, hatt er sich ferners vernehmmen laßen, daß er den eigent-
lichen tagh seiner abrayß noch nicht wüßte, stünde aber im vermuhten, daß
er wegen der Spanischen tractaten nacher Münster möchte gefördert wer-
den, dan der currier auß Spanien wieder zuruckkommen, und begerte man
in Franckreich auch frieden zu machen, wozu er das letzte Schreiben
Mazarins mit dem Zusatz zitiert, andernfalls werde Frankreich stärker
denn je rüsten. Schreiben Préfontaines, wonach der Hof mit seinem Ver-
halten in der schwedischen Satisfaktions- und der Religionsfrage zufrieden
ist; d’Avaux ist befriedigt, daß Servien ihn offenbar deshalb bisher nicht
verdächtigt hat. W: Hofft, d’Avaux werde durch das nächste Schrei-
ben , wenn Préfontaines seinen Auftrag völlig erledigt hat, noch mehrers
animirt werden. Sonsten die Spanische tractaten anbelangend, were daran
der catholischen religion zum högsten glegen, daß zwischen beeden cronen
der fried möchte gemacht werden, derentwegen sie dan auch mehrmals
dem herrn graffen von Trautmansdorff zugesprochen, daß er sich zue
beförderung dießes schlußes nacher Münster wiederumb begeben möchte.
D’Avaux: Hat Volmar heute dargelegt, wenn Trauttmansdorff mit der
in puncto gravaminum gespürter unbilligkeitt die negocia insoweith etwas
suspendirte und sich nacher Münster begebtte, dardurch köntte er bey den
Spanischen guette officia einwenden und sowohl Schwedische alß protesti-
rende zue guetter raison bringen, dan itzo dieselbe sich gar zue praesump-
tuos und insolent bezaigten, und itzo alles, alß wan es von des Oxenstirn
willen dependire und ihme in seiner bettlägerigkeitt auffwartten mueße,
scheine. W: Will Trauttmansdorff nochmal zusprechen. In der heute
von den Ksl. erwarteten protestantischen Gravaminaerklärung soll einige
moderation gebraucht worden sein. Der Schwedischen hochmuth zeigt sich
auch in Oxenstiernas Äußerung gegen Buschmann, daß sie die cron Franck-
reich nicht hoch achteten, und hetten sie deroselben assistentz und alleanz
nit gesucht, were bey der cron Schweden angebracht und angebotten wor-
den. Es würde sich auch Franckreich dießer stiffter halber nicht separiren;
würde sich aber Franckreich separiren, und daß man weiters kriegen
müßte, so geschähe es eben so mehr wegen der stiffter alß anderer ursachen
halber. Comte d’Avaux: Wegen ihrer resolution in puncto gravaminum
weren die protestirende eben itzo bey den Schwedischen, und hette er die
nachrichtung, daß sie woll nichts darinn vermilttert, sondern ihre postulata
weiters hinaußgesetzet. Sie woltten auch in der Pfalzischen sach nichts,
bevorn die gravamina und punctus satisfactionis Hassicae erlediget, weiters
eingehen oder schließen. I. H. G.: Die auß dem Niedersächßischen craiß
machten die sach in gravaminibus also schwer. Es ließen sich auch die
Hessen Casselische dabey iuxta spiritum Calvinisticum gewalttig brauchen.
Die Schwedische bezaigten sich in der Pfältzischen sach Ihrer Churfürst-
lichen Durchlaucht in Bayern gahr zuwieder zue sein, und würde dardurch
alles schwärer gemacht und der friedensschluß auffgehalten, weiln die
Casselische sich auch nicht contentiren oder begnügen laßen wollen.
Comte d’Avaux: Die Hessen Casselische ließen sich gegen ihnnen ver-
nehmmen, daß sie sich in puncto gravaminum neutral hieltten. In der Pfäl-
zer Sache hat Oxenstierna geklagt, Bayern wolle den Kronen leges vor-
schreiben, obwohl es zu weiterem Kampf nicht mehr imstande sei. Den
Protestanten hat er zu ihrem Festhalten an der Autonomie geantwortet,
daß Frankreich dem Kaiser bezüglich der Erblande nichts vorzuschreiben
hätte, würden also die Kayserlichen gesandten damitt pure gewehren laßen.
Wegen beeder stiffter Oßnabruck und Minden weren verscheidene vor-
schlägh, Minden woltten sie gantz behaltten, wegen Oßnabruck redete man
de pensione aliqua, oder doch I. H. G. solches mitt den taffelgüetteren ad
dies vitae zu laßen, deroselben soll der Gustavus succediren, und under-
deßen eben so viell von der landschafft jahrliches contribuirt werden, alß
die fürstliche taffelgüetter sonsten einbrächten. I. H. G.: Dies weren
woll seltzsame vorschläg, daß man episcopum a sede sua relegiren woltte.
Oxenstierna hat irrig vor kurzem Johann von Hoya
als protestantischen
Bischof von Osnabrück erwähnt. Übergabe einer schon Trauttmansdorff
zugestellten Aufstellung der Osnabrücker Bischöfe in der Hoffnung,
Franckreich würde eine so gerechte, Gott und die religion concernirende
sach nit verlaßen, und wan sich die Kayserliche, wie von dem herrn Vol-
mari angezeigt, auch eyfferig und standthafftig bezaigten, so würde der
stifft Minden woll zue conserviren sein. Comte d’Avaux: Wegen des
stiffts Oßnabruck hette sich der Vollmari woll behertzet bezaigt, wegen des
stiffts Minden aber keine guette anzaigh bey ihme vernohmmen. Er woltte
sein bestes dabey thuen und gern 50 000 reichsthaler auß seinem beuttel
hergeben, daß man den stifft Minden auch erhaltten möchte. Wegen Osna-
brück hat er den Schweden das Schreiben des französischen Residenten in
Stockholm gezeigt, wonach die Königin auf die Vermittlung einer Geldent-
schädigung für Gustafsson eingeht und also nicht auf dem Stift besteht. In
der Pfälzer Sache hat er den Ksl. gesagt, daß wan man Churbayern von
seiner liquidirter schuld etwas abnehmmen oder herzugeben anhaltten woltte,
daß Franckreich alßdan pro Bavaro satisfaction begehren würde, weyln es
debitum liquidum et confessatum, darüber Churbayern die verschreibung
in handen, würde also einmahln in causa Palatina Franckreich vor Chur-
bayern recht sprechen. – [...]
nachteiliger Bestimmungen wegen seiner Stifter in der heute zur Übergabe
anstehenden protestantischen Gravaminaerklärung. Trauttmansdorff:
Will gern allen fleiß anwenden. [...] Wie sich der gegentheil befliße, mitt
dem stifft Minden ihren willen zu schaffen, zeigt sich daran, daß die Even-
tualzusage für Brandenburg, wie sich jetzt herausstellt, von Salvius ohne
Vorwissen Oxenstiernas erzwungen worden ist, während dieser eine Alter-
nation zwischen Mecklenburg und Braunschweig wünscht. I. H. G.: Sie
hielten es der sachen nit undienlich zu seyn, daß man dieße nachrichtung
wegen des Salvii practiquen und des Oxenstirns contradiction erfahren,
und wehren daher die Kayserliche so viell mehr freyer von der obligation
und zusagh, darauff sich Brandenburg wegen des stiffts Minden berueffen
möchte. Herr graff von Trautmansdorff: Es were woll dieß ein guette
consideration, weiln gleichwohl die zusagh gleichsamb in actu publico
wegen des stiffts Minden hette eventualiter geschehen müeßen, so hette es
auch seine considerationes. I. H. G.: Waß der Salvius ohne vorwißen
seines collegae et illo iam contradicente den herrn Kayserlichen bey der
handlung auffgedrungen, daß müste man pro re concessa in actu publico nit
haltten, sondern sich dießer occasion anderst bedienen. Es were ihro von
dero Mindischen dhombcapittuls syndico referirt worden, daß ihme der
Salvius gesagtt, wie daß die pfalzgraffen zue Heidelberg auff dem stifft
Minden auch wegen der Oberpfaltz praetendirten. Wan nun wegen der
Pfältzischen sach, wie es auch daß ansehens gewünne, alsolche schwere
difficulteten noch vorfallen soltten, so würde noch beßer sein, den stifft
Minden bey dem hauß Bayern an platz der sumb geldes zu laßen, welche
noch wegen der Oberpfaltz soltte heraußer gegeben werden. Herr graff
von Trautmansdorff: Bey der Pfältzischen sach bezaigten sich die Schwe-
dische noch gar wiedrig, und scheine wohl, daß die protestirende damitt
auch eine mercantia in puncto gravaminum, die Churbayerische zu gewin-
nen und an sich zu haltten, treiben woltten. Ihrer Churfürstlichen Durch-
laucht in Bayern particuliertractaten verursachten allerhand nachdenckens,
und würden besorglich noch dießen tractaten böse effectus gebehren.
[...] I. H. G.: Es were ia woll viell bey dießen particulartractaten zue
consideriren, wie dan sowohl bey den exteris alß reichsstenden derentwegen
allerhand discursus vorgiengen. Sonsten were woll zue wunschen, daß man
das armistitium schließen und sich vor allerhand besorgenden gefahr ge-
staltten sachen nach dardurch retten köntte. Der Königsmarck, wie man
gewiße avisen bekommen, seye beraits über den Mayn und köntte er mitt
den generalmaieur Löwenhaubt
und in Niedersachßen noch vorhandenen garnisounen ein solches corpo for-
miren, deme dießerends nicht zue wiederstehen. Herr graff von Traut-
mansdorff: Die Schweden hetten lang darnach getrachtet, daß sie verschie-
dene craiße mitt ihren völckern möchten beleggen, damitt sie der contribu-
tionen desto beßer bey dem armistitio zu genießen und bey dem puncto
satisfactionis militiae ihre anförderung desto beßer durchtringen möchten.
Dießes were ihnnen itzo glücktt und dahero zu vermuhten, sie würden nun-
mehr desto balder das armistitium, weyln sie auch in dem Bayerischen
craiß einen fueß gesetzet, und in den Schwäbischen, Franckischen und
Nieder- und Obersächßischen, wie auch Westvalischen ihr avantage hetten,
eingehen. I. H. G.: Man hette sie leyder gar zue weith kommen laßen,
und stunde zugleich zu besorgen, wie mans dan täglich verspührt bey die-
ßem ihrem glück, gar zue sehr erhebung und keiner gleichmeßiger conditio-
nes annehmung. Sie aber zur raison noch zue bringen, würde kein beßers
mittell sein, alß zwischen beeden cronen Spanien und Franckreich den frie-
den zu machen, derentwegen dan der herr nuncius auch öffters wollmaind-
lich erinnerung thette und dienlich zu sein erachte, wan er herr graff von
Trautmansdorff, wie es auch der d’Avaux selbsten gern sähe, nacher Mün-
ster raißete. Herr graff von Trautmansdorff: An dem Spanischen frie-
den mitt Franckreich were nit wenig glegen, und würde der currier, dar-
auff sie gewarttet, mitt den resolutionibus ankommen sein, daher die Spani-
sche gemeßenen befelch, waß sie zu thuen. I. H. G.: Es lege offt viell
an einem guetten antreiber, und möchten eben die Spanische das größte
übell des auffenthalts, welches den catholicis in imperio zuwächßete, nicht
also woll begreiffen. Die Franzosen soltten sich vernehmmen laßen, daß
wan man ihnnen Piombino und Porto Longone nit laßen woltte, so were
auch im übrigen nicht weiter zu tractiren. Trauttmansdorff: Unbe-
kannt , ob die Spanier zu dieser Zession Vollmacht haben. Rüstungen in
Neapel. Verhandlungen des ungarischen Reichstages über die Stellung der
Kirche. Aussicht auf Erhalt des Friedens mit den Türken in Ungarn. Fort-
gang des venezianisch-türkischen Krieges. W: Desto mehr hette man
sich zu bemühen, damitt der fried unter den christlichen potentaten zu
machen, und were woll höchlich zu betauren, daß in Teutschland itzo von
den patrioten dem frieden zuwieder lauffende actiones und consilia geführt
würden, wie sich dan die Braunschweig Lünneburgische hin und wieder
vernemmen ließen, daß wan ihren principaln in den übergebenen postulatis
kein gnügen geschehen soltte, daß alßdan kein fried sein würde. I. H. G.
wolttens dafür haltten, daß die herzogen von Lünneburg und Braun-
schweig, wan sie selbsten gegenwerttig, sich nicht also intractabel bezaigen
würden. Es schiene aber wohl, daß dieße abgeordnete sich ihrem willen
nach instruiren ließen. Herr graff von Trautmansdorff: Er haltte es
auch dafur, daß durch dero alhie anweßenden abgesandten einrahten die
consilia und resolutiones bey den hertzogen gerichtet werden, und ist
damitt de deplorando Germaniae et militiae nostrae statu discurrendo der
abschied genommen.
W bei d’Avaux. Dieser bekräftigt seinen Eifer für die katholische Sache;
hat gerade mit Volmar gesprochen und ihn zue seiner consolation etwas
mehrers und beßers alß den graffen von Trautmansdorff animirt befunden.
Möchte wünschen, daß der herr graff von Trautmansdorff und alle Kay-
serliche gesandten sich nur recht beherzet und standhafftig der stiffter be-
zeigten. W: Kommt gerade von Trauttmansdorff, der sich wohl ani-
mirt zue sein bezaigtte und die bestendigkeitt dabey zu verbleiben verspro-
chen. Er wiederholete aber allemahl bey dießer materi, daß itzo gestaltten
sachen nach nicht hie mitt den wortten concurriren und daraußen im feld
mitt den wapffen ein anders sustiniren und der religion interesse, darin
man nunmehr allein versirte, bekriegen müßte. Pfälzer Prätension auf Min-
den als Ersatz für die Oberpfalz. D’Avaux: Hat mit Oxenstierna
wegen einer Geldentschädigung ohne Erwähnung der von Trauttmansdorff
genannten 300 000 Reichstaler verhandelt. Wegen des stiffts Minden ver-
merckte er, daß allerhand practiquen weren vorgangen, und hetten die
Kayserliche hierinn bey dero dem churfürsten von Brandenburg beschehe-
ner conditionalzusagh sich zu sehr übereylet und in effectu betriegen laßen.
Hat das Trauttmansdorff gesagt, der ihm, um sich von dem Verdacht pri-
vater Rücksichten zu reinigen, das kurbrandenburgische Schreiben und sein
Antwortkonzept gezeigt hat mitt der anzaigh, daß er solches Ihrer Kayser-
lichen Maiestet zugeschicktt und dem churfürsten zumahln keine hoffnung
auff dießen stifft gemacht hette. Der von Salvius allein betriebenen Zusage
hätten die Ksl. entgehen können, wenn sie ihm, deßen interposition sie sich
sonsten nützlich bey der Schwedischen und Brandenburgischen satisfaction
gebraucht, einige anzaigung davon hetten gethan. Den Brandenburgern hat
er auf die nachträgliche Bitte um sein Einverständnis geantwortet, daß er
ihrem Herrn außer deme, waß der catholischen religion zuwieder sein
köntte, gern dienen woltte. Auf Klagen über die ohne sein Wissen getrof-
fene Absprache zeigte Oxenstierna sich von der Sache selbst überrascht und
mißbilligte sie; deshalb will Salvius sie nachträglich so interpretieren, daß
man zumahln gegen Brandenburg derentwegen nicht obligirt. Als er davon
Trauttmansdorff unterrichtete, hat dieser sich in favorem Brandenburgiae
mehr scrupel dabey als der Salvius selbsten gemacht, deme er aber hingegen
remonstrirt, daß die interpretatio des Salvii, alß welcher dieße condition
einseytig angehenckt, vor allem billich anzunehmmen, in dießem und ande-
ren discurs öffters und klagend wiederholet, daß die Kayserliche in den
religionssachen gar zue faciles et meticulosi. Der herr Salvius und Fromb-
holtz erkendten ihren feihler itzunder auch, den sie damitt begangen, daß
sie den Oxenstirn nicht zeittlich gnug, bevorn er d’Avaux zue ihnnen kom-
men, wegen desjenigen, waß vor Churbrandenburg wegen des stiffts Min-
den gehandlet, beßer bericht und underrichtet hetten. Wan also die Kayser-
liche nur beßer zusähen und sich nicht übereylen würden, so möchte noch
beßer mitt öffters gemeltem stifft Minden und anderen sachen vortzukom-
men sein. Des Oxenstirn intention gienge, so viell er abnehmmen können,
dahin, mitt dem stifft Minden beede fürstliche häußer Mecklenburg und
Lünneburg cum alternatione inter ipsos sich zue obligiren. Es thette ihme
leyd, daß er den handlungen alhie zue der catholischen religion besten
lenger nit würde abwartten können, und würde man bey seinem abzugh
besorglich verspühren, daß seine gegenwahrt den catholischen mehr nütz-
lich alß schädlich geweßen. Und alß darauff I. H. G. gefragt, wan er dan
verraisen würde, hatt er sich ferners vernehmmen laßen, daß er den eigent-
lichen tagh seiner abrayß noch nicht wüßte, stünde aber im vermuhten, daß
er wegen der Spanischen tractaten nacher Münster möchte gefördert wer-
den, dan der currier auß Spanien wieder zuruckkommen, und begerte man
in Franckreich auch frieden zu machen, wozu er das letzte Schreiben
Mazarins mit dem Zusatz zitiert, andernfalls werde Frankreich stärker
denn je rüsten. Schreiben Préfontaines, wonach der Hof mit seinem Ver-
halten in der schwedischen Satisfaktions- und der Religionsfrage zufrieden
ist; d’Avaux ist befriedigt, daß Servien ihn offenbar deshalb bisher nicht
verdächtigt hat. W: Hofft, d’Avaux werde durch das nächste Schrei-
ben , wenn Préfontaines seinen Auftrag völlig erledigt hat, noch mehrers
animirt werden. Sonsten die Spanische tractaten anbelangend, were daran
der catholischen religion zum högsten glegen, daß zwischen beeden cronen
der fried möchte gemacht werden, derentwegen sie dan auch mehrmals
dem herrn graffen von Trautmansdorff zugesprochen, daß er sich zue
beförderung dießes schlußes nacher Münster wiederumb begeben möchte.
D’Avaux: Hat Volmar heute dargelegt, wenn Trauttmansdorff mit der
in puncto gravaminum gespürter unbilligkeitt die negocia insoweith etwas
suspendirte und sich nacher Münster begebtte, dardurch köntte er bey den
Spanischen guette officia einwenden und sowohl Schwedische alß protesti-
rende zue guetter raison bringen, dan itzo dieselbe sich gar zue praesump-
tuos und insolent bezaigten, und itzo alles, alß wan es von des Oxenstirn
willen dependire und ihme in seiner bettlägerigkeitt auffwartten mueße,
scheine. W: Will Trauttmansdorff nochmal zusprechen. In der heute
von den Ksl. erwarteten protestantischen Gravaminaerklärung soll einige
moderation gebraucht worden sein. Der Schwedischen hochmuth zeigt sich
auch in Oxenstiernas Äußerung gegen Buschmann, daß sie die cron Franck-
reich nicht hoch achteten, und hetten sie deroselben assistentz und alleanz
nit gesucht, were bey der cron Schweden angebracht und angebotten wor-
den. Es würde sich auch Franckreich dießer stiffter halber nicht separiren;
würde sich aber Franckreich separiren, und daß man weiters kriegen
müßte, so geschähe es eben so mehr wegen der stiffter alß anderer ursachen
halber. Comte d’Avaux: Wegen ihrer resolution in puncto gravaminum
weren die protestirende eben itzo bey den Schwedischen, und hette er die
nachrichtung, daß sie woll nichts darinn vermilttert, sondern ihre postulata
weiters hinaußgesetzet. Sie woltten auch in der Pfalzischen sach nichts,
bevorn die gravamina und punctus satisfactionis Hassicae erlediget, weiters
eingehen oder schließen. I. H. G.: Die auß dem Niedersächßischen craiß
machten die sach in gravaminibus also schwer. Es ließen sich auch die
Hessen Casselische dabey iuxta spiritum Calvinisticum gewalttig brauchen.
Die Schwedische bezaigten sich in der Pfältzischen sach Ihrer Churfürst-
lichen Durchlaucht in Bayern gahr zuwieder zue sein, und würde dardurch
alles schwärer gemacht und der friedensschluß auffgehalten, weiln die
Casselische sich auch nicht contentiren oder begnügen laßen wollen.
Comte d’Avaux: Die Hessen Casselische ließen sich gegen ihnnen ver-
nehmmen, daß sie sich in puncto gravaminum neutral hieltten. In der Pfäl-
zer Sache hat Oxenstierna geklagt, Bayern wolle den Kronen leges vor-
schreiben, obwohl es zu weiterem Kampf nicht mehr imstande sei. Den
Protestanten hat er zu ihrem Festhalten an der Autonomie geantwortet,
daß Frankreich dem Kaiser bezüglich der Erblande nichts vorzuschreiben
hätte, würden also die Kayserlichen gesandten damitt pure gewehren laßen.
Wegen beeder stiffter Oßnabruck und Minden weren verscheidene vor-
schlägh, Minden woltten sie gantz behaltten, wegen Oßnabruck redete man
de pensione aliqua, oder doch I. H. G. solches mitt den taffelgüetteren ad
dies vitae zu laßen, deroselben soll der Gustavus succediren, und under-
deßen eben so viell von der landschafft jahrliches contribuirt werden, alß
die fürstliche taffelgüetter sonsten einbrächten. I. H. G.: Dies weren
woll seltzsame vorschläg, daß man episcopum a sede sua relegiren woltte.
Oxenstierna hat irrig vor kurzem Johann von Hoya
Bischof von Osnabrück erwähnt. Übergabe einer schon Trauttmansdorff
zugestellten Aufstellung der Osnabrücker Bischöfe in der Hoffnung,
Franckreich würde eine so gerechte, Gott und die religion concernirende
sach nit verlaßen, und wan sich die Kayserliche, wie von dem herrn Vol-
mari angezeigt, auch eyfferig und standthafftig bezaigten, so würde der
stifft Minden woll zue conserviren sein. Comte d’Avaux: Wegen des
stiffts Oßnabruck hette sich der Vollmari woll behertzet bezaigt, wegen des
stiffts Minden aber keine guette anzaigh bey ihme vernohmmen. Er woltte
sein bestes dabey thuen und gern 50 000 reichsthaler auß seinem beuttel
hergeben, daß man den stifft Minden auch erhaltten möchte. Wegen Osna-
brück hat er den Schweden das Schreiben des französischen Residenten in
Stockholm gezeigt, wonach die Königin auf die Vermittlung einer Geldent-
schädigung für Gustafsson eingeht und also nicht auf dem Stift besteht. In
der Pfälzer Sache hat er den Ksl. gesagt, daß wan man Churbayern von
seiner liquidirter schuld etwas abnehmmen oder herzugeben anhaltten woltte,
daß Franckreich alßdan pro Bavaro satisfaction begehren würde, weyln es
debitum liquidum et confessatum, darüber Churbayern die verschreibung
in handen, würde also einmahln in causa Palatina Franckreich vor Chur-
bayern recht sprechen. – [...]