Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
128. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1646 Februar 1
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Osnabrück 1646 Februar 1
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 50b fol. 2–3’, 12.
Ständische Beratungen der Repliken. Vergleich der Gravamina. Krankheit Trauttmans-
dorffs. Sonderberatungen des münsterschen Fürstenrats. Folgen bayerischer Sonderver-
handlungen.
Ewer Kayserliche Mayestät werden von dero hochlöblichsten ertzhauses
abgesandten zu Munster ungezweivelt bey dieser ordinari berichtet wer-
den , waß man den 29. nechtverwichenen monats Januarii alda uber beeder
frembden cronen replicas, circa ordinem deliberandi consultirt und bene-
bens auch ratione compositionis gravaminum sowohl, alß der unlengst
durch die Frantzösische gesandten gesuchter deputation halber resolvirt
unnd geschlossen worden
Das Protokoll der Sitzung des Fürstenrates in Münster vom 29. Januar 1646 ist noch
ungedruckt. Kopie: RK , FrA Fasz. 94 I nr. 136 S. 530–537; a. a. O. nr. 137 S. 537–
546; StK, FrA Ka. 2 fol. 74–91. Zu Verlauf und Ergebnis der Sitzung vgl. Beilage A;
K. Jacob S. 113ff. und F. Dickmann, Westf. Frieden S. 255. Zur Sitzung des Kur-
fürstenrats vom gleichen Tag vgl. APW III A 1,1 nr. 64.
also hab ich ein notturfft zu sein erachtet, nit allein dem graven von
Wolckhenstein zuezuschreiben, wie sub littera A zu ersehen, sondern auch,
weiln zu dieses praecipitantz allem ansehen nach die Churbayrische
gesandten nit wenig ursach und anleittung gegeben haben werden, meinen
mitabgesandten zu Munster ebener gestalt meine gedanckhen zu eröffnen,
allermassen die abschrifft littera B. vermag.
Alhie zu Oßnabrugg hat man zwaren am vergangenen montag auch mit der
consultation uber obgedachte replicas einen anfang machen sollen, wan
solche nit durch des Dr. Richterspergers indisposition biß anhero hette ver-
schoben werden muessen. Eß seint gleichwohl zu befurderung der sachen
am vergangenen erichtag, den 30. Januarii, von denen protestirenden
etliche zu mir deputirt worden, welchen ich dan remonstrirt, daß es am
besten sein würde, wan man der gesetzten ordnung nach von puncten zu
puncten verfahren unnd nicht den anfang von dem puncto satisfactionis
machen thete; sodan furs ander, weilen nunmehr die catholischen mit
zusamentragung ihrer gravaminum auch fertig, und ihnen den protestiren-
den solche ehister tagen würden communicirt werden, daß es die compo-
sitionshandlung merckhlich beschleunigen würde, wan man die weitere
schrifftwechslung einstellen und hinfuro mündlich allein handtlen und sich
ie eher, ie besser miteinander vergleichen thete. Sy, die deputirten, haben
solches in beeden puncten nit allein approbirt, sondern sich auch nochmahls
vernehmen lassen, daß sy in puncto gravaminum auff den extremis nit
beharren wolten, mit diesem anhang (wie dan der Lampadius gegen mir nit
allein, sondern auch underschidlichen gesagt), daß sy nichts anders suchten
alß Ewer Kayserlichen Mayestät hoheit, auctoritet und die bevestigung dero
Kayserlichen throns, absonderlich aber dero hochlöblichsten mildesten ertz-
hauses conservation unnd dabey bestendig zu beharren, auch mit denen
catholischen im Reich aequali iure und bey demienigen, waß einem oder
anderm von Gott und rechts wegen zuestendig, ruhig zu leben gedächten.
Eß wirdt diesem nach auff kunfftigen sambstag in consultationibus repli-
carum alhie der anfang gemacht werden. Sonst ist mir anderwerts her die
nachricht zuekommen, alß wan sy, die protestirende, zwar den iustitiae
punct leicht beyseits unnd auff ein ander zeit außgestelt sein lassen werden,
wan sy nur in religions- und geistlichen sachen nicht vor Ewer Kayserlichen
Mayestät reichshoffrath (weiler alda lauter catholische), sondern an dem
Kayserlichen cammergericht, alwo beederseits religionsverwandten bey-
sitzer seyen, litigiren und ihre sach außfündig machen möchten.
Unnd ob ich mich zwar ein tag oder sieben ubel auff und theilß bethlegerig
befunden, auch noch nicht restituirt bin, so hab ich doch dessen unerachtet
mit berueffung der stende zu mir, ertheilung der audientzen, negotiiren und
allem anderm, warinnen ich Ewer Kayserlichen Mayestät dienst befurdern
hette können, nicht ein viertel stundt versaumbt, werde auch forters hin an
mir nichts erwinden lassen, waß nur darzue ersprießlich unnd verträglich
sein wirdt. Sonst seint die Schwedische, alß sy vernommen, daß ich auff ein
tag oder etlich zu befurderung und communicirung der catholischer standt
gravaminum nacher Munster zu verraisen vorhabens gewesen, in die ge-
danckhen gerathen, ich würde zwar nach Munster, aber von dannen nicht
wieder zuruckh hieher, sondern nach Ewer Mayestätt Kaiserlichen hoff
verreisen.
Rezepisse auf ein kaiserliches Schreiben von 1646 Januar 8 . Wegen der
Evakuation der Stadt Hamm wäre es einerseits gut, bis nach dem Friedens-
schluß zu warten, andererseits muß man bedenken, welche politischen Rück-
wirkungen dies auf die Haltung Kurbrandenburgs am Kongreß haben
kann.
A Trauttmansdorff an Wolkenstein, Osnabrück 1646 Februar 1. Kopie: RK , FrA Fasz.
50b fol. 4–5 = Druckvorlage, Ebenda Fasz. 92 VII fol 346–347.
Daß der Fürstenrat in Münster ohne Kommunikation mit den Ständen in Osnabrück
beschlossen hat, sowohl die Beratungen nach Form und Inhalt der schwedischen und
französischen Replik vorzunehmen, als auch die von den Franzosen gewünschte stän-
dische Deputation abzuordnen, ist gegen den vereinbarten Verhandlungsmodus und für
den Frieden höchst gefährlich. So hette sich gleichwohl gebührt, da in den Frantzösi-
schen replicis einige obscuriteten vorhanden, die einer mehrern erleutter- und erklerung
bedörfften, daß solches von denen ständen an die Kayserlidien gesandten und von
diesen hinwiderumb an die herren mediatores zu dem endt gebracht were worden, daß
dieselben herauff alßdan in krafft ihres mitlerambts von denen Frantzösischen pleni-
potentiariis die verlangte erleutterung begert und wieder zuruckhgebracht betten, aller-
massen dan die replica durch diesen weg an die ständt gebracht worden. Auff diese
weiß aber werden nit allein wir und ermelte herren mediatores, sondern auch die
alhie anwesende ständt, welche gleichwohl auch das ihrige darzue zu sagen haben,
gantz und zumahln vorbeygegangen und außgeschlossen.
Wolle derowegen mein herr graff an seinem orth daran sein und verhuetten helffen,
damit nit allein diese deputation auß vorangezogenen ursachen, so es ohne grosse con-
fusion geschehen kan, ruckhstendig und die erleutterung durch mittel der Kayserlichen
plenipotentiariorum per mediatores von der cron Franckhreich begert werde, sondern
auch kein schluß hinfuro gemacht, viel weniger zu eintziger re- und correlation
geschritten werde, man habe dan auch die hiesige ständt mit ihrer meinung eben so
wohl vernommen, und da endlich durch die maiora in dem fürstenrath hie und dort
ein schluß außgefallen, selber sodan referirt und da einige differentz vorfallen solte,
solche alda beratschlagt und wieder hieher geschickht, und man also eins werde; und
dan furs ander, wan zwo oder mehr underschidliche mainungen auß fallen, daß bey
ieder, derienige nahmen, welche selbiger mainung sein, zuegesetzt und wan man beeder
räth und orth vota hat, solchem nach der schluß per maiora umb so viel besser
gemacht werden möge.
B Trauttmansdorff an Nassau und Volmar, Osnabrück 1646 Februar 1. Ausfertigung:
RK , FrA Fasz. 92 VII fol. 344–345 = Druckvorlage – Kopie: RK , FrA Fasz. 50b
fol. 10–11 – Druck: Doc. Boh. VII nr. 762 [ Regest].
Die Vorgänge im Fürstenrat zu Münster sind Euch bekannt. Hinweis auf Beilage A.
Ich stelle Euch anheim, weyln dieser modus procedendi dem in anno 1636 ihrer
Kayserlichen mayestätt uberreichten churfürstlichen bedencken und deroselben
daruber gefasten Kayserlichen resolution zuewieder laufft, ob sie auch ihres orths
gegen denen Churbayerischen dienliche erinnerung thuen wolten, daß man sich gegen
ihnen versehe, sie würden ya ihres theilß darwieder nichts zu thun gesonnen sein, dan
da sie auff dem bestehen wolten, das der punctus satisfactionis ante compositionem
gravaminum und wieder der protestirenden gegebenen versicherung (daß, wan nemblich
die gravamina vorher verglichen, es mit yetzgedachtem puncto satisfactionis kein so
grose difficultet mehr haben werde), zum ersten vor die handt genohmmen und
erörttert werden müste, so möchten sie, die Churbayerische, bey denselben nicht allein
in den wahn gerathen, samb sie allein umb ihres privati willen, wieder ihre maye-
stätt und das Reich mit und vor Franckreich parte machten, sondern es dörfften
auch die protestirende ursach undt anlass nehmen, da sie verspühren solten, das ihre
gethane synceration undt erklerung anderer und besserer gestalt nicht auffgenohmmen
und beobachtet werden wolte, sich gar an die cron Schweden zu hencken oder, weyln
man ihrer unbefragt, mit diesem satisfactionis punct furgeeylet hette, sich gar der
concurrentz zu entziehen und das onus allein uff ihre Kayserliche mayestätt und
dieyenige, welche darauff getrungen, daß solche am ersten vor die handt zu nehmen,
zu erweisen. Zudeme so würdt man auch den hiesigen chur-, fursten und ständen ihr
freyes votum in der Pfaltzischen sach, wie und uff was weiß solche beyzulegen, nicht
nehmen können; solten sie nun verspühren, das Churbayeren so starck uff die satisfac-
tion, sonderlich der cron Franckreich, tringen und solche der compositioni gravaminum
vorsetzen wolte, würde eß ihrer churfürstlichen durchlauchtt wenig favors bey denselben
machen.
Man ist nit in abredt, daß der friedt nothwendig, und wier laßen ya unsers theils ahn
unß das geringste nicht erwinden, man muß aber in der gesetzten ordnung bleiben,
und, wie der cron Schweden plenipotentiarii selbst melden, die gravamina zum ersten
vor die hand nehmen, und wan man sich derentwegen verglichen, alßdan uff den
punctum satisfactionis kommen. Dieser intention und meinung könte auch der Chur-
mainzische canzler Reigersperger erinnert und ersucht werden, das er in die correlation
nicht tringen wolte, es wehre dan von hiesigem und dortigem collegio geschlossen,
dann hierahn ligt gewiss die separation oder union der ständt. Die meisten, so uff daß
jus suffragii getrungen, seindt alhier, solten sie solcher gestalt vorbeygegangen werden,
hette er, Reigersperger, leicht zu erachten, waß hierauß fur ein verwirrung entstehen
würde. Beilage: Beilage A.