Person

Acta Pacis Westphalicae III A 3,3 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 3. Teil: 1646 / Maria-Elisabeth Brunert
101. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica VII) Osnabrück 1646 Februar 3/13

21
101

22

Sitzung des Fürstenrats (sessio publica VII)


23
Osnabrück 1646 Februar 3/13

40
Das Protokoll trägt in keiner Überlieferung einen Diktatvermerk.

24
Braunschweig-Lüneburg-Calenberg B I fol. 77–88’ (= Druckvorlage); damit identisch
25
Baden-Durlach A I fol. 71’–81’, Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 83–95, Braun-
26
schweig
-Lüneburg-Celle A I unfol., Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel A I
27
fol. 93–93’, 96–106’, Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel B I fol. 71’, 74–81’, Frän-
28
kische
Grafen A II fol. 65–73’, Hessen-Kassel A XIII fol. 79–90’, Magdeburg E fol.
29
105’–120, Magdeburg Ea fol. 103–117’, Pommern A I fol. 68–77’, Sachsen-Altenburg

[p. 105] [scan. 237]


1
A II 1 fol. 84’–98’, Sachsen-Gotha A II fol. 537–550’, Sachsen-Lauenburg B S. 155–181,
2
Sachsen-Weimar A II fol. 189–193’, Sachsen-Weimar B III fol. 236–248’, Grafen von
3
Schwarzburg A I fol. 52–60’, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg) C 1 fol.
4
100–113), Wetterauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken) A III 1 fol. 401–412’, Wetter-
5
auer
Grafen ( Ysenburg) A I unfol., Württemberg A I S. 144–165, Druck: Meiern II,
6
338–347; vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol., Magdeburg D fol. 68’–78. Zu den
7
Überlieferungen Österreich A II (XXXII), Österreich B I und Österreich B Ia siehe
8
Nr. 101a.

9
Aufzeichnung der „Meinung“ des Fürstenrats Münster von 1646 II 10 über die Amnestie
10
und die pfälzische Restitution

36
Text, nicht datiert: Österreich A II (XXXII) fol. 157–158, von Wolkenstein und Goll an
37
den ksl. Hof überschickt; enthält die drei im FRM proponierten fragen und jeweils die erste
38
und die andere mainung, darunter die Namen der Reichsstände.
. Französische Replik von 1646 I 7, zu Art. 1 (Soll ein Junktim
11
eines französischen Friedensschlusses mit Spanien für den Frieden Frankreichs und Schwe-
12
dens
mit Kaiser und Reich bestehen?). Bitte der evangelischen Reichsstände des Fürstenrats
13
Osnabrück, ihre abweichenden Voten über die Amnestie dem künftigen Bedenken des Für-
14
stenrats
einzufügen.

15
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Bayern, Würzburg, Mag-
16
deburg, Basel, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sach-
17
sen-Eisenach, Braunschweig-Lüneburg-Celle, Braunschweig-Lüneburg-Grubenhagen,
18
Braunschweig-Lüneburg-Calenberg, Württemberg, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Ba-
19
den-Durlach, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow, Pommern-Stettin, Pommern-
20
Wolgast, Sachsen-Lauenburg, Anhalt (durch Sachsen-Weimar), Wetterauer Grafen.

21
Österreichisches Direktorium. Praemissis praemittendis, wie man
22
alhier in puncto amnestiae die meinungen zusammengetragen unndt
23
nach Münster hinübergeschicket

40
Diese Aufzeichnung wurde nicht ermittelt. Siehe aber die wahrscheinlich textidentische,
41
von Wolkenstein und Goll an den ksl. Hof überschickte, undatierte Aufzeichnung der
42
„Meinung“ des FRO von 1646 II 8 zur Amnestie: Österreich A II (XXXII) fol. 155.
, dabey auch kürzlich attingiret, waß ei-
24
nen und anderen gesanten mainung gewesen, also were zu Münster am
25
sambstag, [dem 10. Februar 1646], auch darüber deliberiret, unnd sey
26
das conclusum

43
Gemeint ist die „Meinung“ des FRM über die Amnestie und die pfälzische Restitution (s.
44
Anm. 2). Aus ihr ergab sich unter Hinzurechnung der im FRO abgegebenen Voten (s. Nr.
45
98) das Conclusum des Gesamt-FR, das ebenfalls per maiora im hier referierten Sinne aus-
46
fiel.
per maiora dahin gefallen, [1.] es sey den herrn Kayserli-
27
chen plenipotentiarien durch gutachten an die handt zu geben, daß es auß
28
erheblichen uhrsachen bey der zu Regenspurgk anno 1641 publicirten
29
amnestia

47
Die Regensburger Amnestie von 1641 VIII 20 ( APW III A 3/1 [Nr. 19 Anm. 83] ).
und deren termino, in weltlichen sachen uf annum 1630, in
30
geistlichen aber uf annum 1627, zu laßen, doch mit dem anhang, daß die-
31
iennigen, so dadurch beschweret zu sein vermeinten, darüber zu hören
32
und deren beschwerung in deliberation zu ziehen. Dabey auch [2.] die
33
andere frage wegen der Pfalzischen sache in gemeltem concluso dahin re-
34
solviret worden, daß dieselbe zwart uf particulartractaten zu stellen, die
35
aber doch bey werenden diesen generaltractaten anzufahen unnd zu end

[p. 106] [scan. 238]


1
zu bringen. Ita omnes praeter Heßen Caßel; Culmbach und Würtenberg
2
aber weren indifferent gewesen. Addebat hic incidenter, wen es erst des
3
termini wegen dergestalt richtig, folge dieses von sich selbsten. 3. Hetten
4
sie hierauf subiungiret, was dan hierüber ihr Kayserlichen mayestät ein-
5
zurahten etc., welche frage aber sich selbst aus der ersten resolviret hette.
6
Damit man nun weiter zu den materien der Französischen replic schreite,
7
befinde sich articulo 1. replicae Gallicae eben die frage, so albereit bey der
8
Schwedischen debattiret worden

31
Siehe Nr. 97.
, da sie nicht gestendig sein wollen, das
9
dieser krieg wieder das Römische Reich unnd deßen stände geführet wer-
10
de

32
Siehe frz. Replik, zu Art. 1 ( Meiern II, 200 ).
. Sey aber unnötig, alhier alles zu wiederholen, weil schon bey der
11
Schwedischen replic darüber consultiret unnd geschloßen worden.

12
Zum andern finde sich diese difficultet

33
Siehe ebenda.
, das sie von den Kayserlichen
13
herrn plenipotentiariis wißen wollen, ob man ohne Hispanien friede zu
14
machen bedencken habe unnd warumb Spanien mit in der Kayserlichen
15
resolution

34
Gemeint ist die ksl. Responsion an Frk. von 1645 IX 25, zu Art. 1 ( Meiern I, 628 ).
genennet worden.

16
Österreich. Wegen des hochlöblichen erzhauses Österreich vermeine
17
man für allen dingen, diese frage sey noch zu frühezeitig. Dan obzwar
18
bekandt, das es generaltractaten sein, darzu die cron Spanien principaliter
19
ihre gesanten

35
Span. Ges. waren Don Diego de Saavedra y Fajardo (1584–1648), der im April 1646 ab-
36
berufen wurde; Gaspar de Bracamonte y Guzmán, conde de Peñaranda (1596?–1676); Dr.
37
Joseph(us) Bergaigne OFM (1588–1647), Ebf. von Cambrai; Dr. Antoine Brun (1599–
38
1654), s. APW [II B 3/1 Nr. 3 Anm. 15] ; 3/2 [Nr. 208 Anm. 10] .
geschicket, auch würcklich in tractaten mit Franckreich
20
begriffen sey

39
Substantielle Verhandlungen zwischen Spanien und Frk. begannen erst am 21. März 1646
40
mit Übermittlung der span. Proposition an Frk. (APW II A 3, 249 Z. 19f.; Bosbach, in
41
APW II B 3/1, LXXf; Ruppert, 153f.; Tischer, 334–338).
, so halte man doch nicht rahtsamb, dieses zu fragen oder
21
darauf zu antworten etc. Dan man würde die materiam satisfactionis bey
22
Franckreich schwerer machen, wan man ihnen einen undt den andern ihr
23
mayestät adhaerenten an die seiten sezen wolte, sondern, wan es in den
24
terminis stünde, das unter diesen beyden cronen ganz kein friede zu hof-
25
fen, so werde alsdan den ständen freystehen, ob sie ohne die cron Spanien
26
friede machen wollen. Für sich sey bekand, das die cron Spanien wegen
27
Burgundt ein fürnehmes gliedt und standt des Reichs sey

42
Zur Reichszugehörigkeit Burgunds s. APW III A 3/1 [Nr. 24 Anm. 58] .
, die auch ihr
28
Kayserlicher mayestät und dem Reich wieder den Türcken und sonst
29
große assistenz unnd mehr alß ein einiger anderer standt geleistet hette

43
Der Hg. von Burgund war verpflichtet, zu den Kosten eines Türkenkrieges so viel wie drei
44
Kf.en beizutragen (Burgundischer Vertrag von 1548 VI 26; Text: UARW I, 439–447, hier
45
443f.).
.
30
So sey auch bekandt, das die cron Hispanien in warheit ein adhaerent ihr

[p. 107] [scan. 239]


1
Kayserlicher mayestät sey unnd daher pillich zu benennen gewesen

38
Die ksl. Responsion an Frk. führt den span. Kg. an der Seite des Ks.s bei Nennung der
39
Kriegsgegner auf (zu Art. 1, Meiern I, 618 , letzter Absatz, beginnend Placet ut bellum ).
.
2
Ihre mayestät könten auch noch nicht umbhin wegen der coniunction
3
sowol des geblühts als der necessitet. Und weil nun dieses generaltracta-
4
ten sein sollen, könne man ia Spanien nicht ausschließen, sondern were
5
pillich dahin zu sehen, wie ein algemeiner friede der ganzen christenheit,
6
auch mit zuthun der cron Spanien alß dem nicht geringen theil derselben,
7
zu erheben. Da sich auch chur-, fürsten und stände ehe erkleren solten,
8
würden sie dadurch bezeugen, das sie ein oder der andern cron adhaeriren
9
oder mehr favorisiren und also einestheils die tractaten schwerer machen.
10
So bekenneten ia die Franzosen selbst, das sie mit ihr Kayserlicher maye-
11
stät unndt dem hauß Österreich friede machen wolten

40
Bezug auf die frz. Proposition II von 1645 VI 11, Art. 1 ( Meiern I, 446 ).
; daraus dan
12
nichts anders geschloßen werden könte, als das sie auch mit Spanien pa-
13
cificiren müsten, weil Spanien und Österreich ein hauß sey. Imgleichen
14
setzten sie articulo 3 § „postquam“

41
Frz. Proposition II, Art. 3 ( Meiern I, 446 ).
expresse, das sie mit Spanien friede
15
zu machen begerten, das man sich also über dieser frage im ersten articul
16
desto mehr zu verwundern hette. Derowegen sich Franckreich nicht alte-
17
riren könne, daß man Spanien inter adhaerentes etc. benennet, sondern
18
dahin außgestellet sein muß, biß man sehe unnd erwarte, ob auch zwi-
19
schen den beyden cronen friede zu hoffen unnd ob alsdan beym beschluß
20
unnd außgang der tractaten die cron Spanien mit zu benennen.

21
Bayern. Agebat gratias pro communicatione des zu Münster per maiora
22
gemachten conclusi, deme er seinestheils adhaerire, und hette im übrigen
23
vernommen, was der newligsten verahnlaßung nach

42
Siehe Nr. 100, Ende des Protokolls.
anizo proponiret
24
worden. Weil er sich dan erinnere, daß newligst

43
Am 6. Februar 1646 (s. Nr. 97).
bey durchgehung der
25
Schwedischen replic fast insgemein dafürgehalten worden, es werde sich
26
diese frage in progressu tractatuum selbst erleutern, so laße er es dahin-
27
gestellet sein. Und wiewol zu wünschen were, das in der ganzen christen-
28
heit friede gemachet und die vires wieder den Türcken coniungiret wer-
29
den müchten, woferne aber diese streitigkeiten zwischen Franckreich und
30
Spanien nicht so baldt unnd völlig accommodiret werden könten, wolle er
31
hoffen, daß sich deswegen, wan sonst alles richtig were, der liebe friede
32
nicht zerstoßen werde.

33
Würzburg. A parte Würzburg bedancke man sich gleichsfals des per
34
maiora gemachten conclusi, und were im übrigen ad quaestionem pro-
35
positam nicht zu zweifeln, das, wan man im Heyligen Römischen Reich
36
einen volkommenen und bestendigen frieden zu machen begere, so müße
37
man pillich eine sonderbahre reflexion uf die cron Spanien mit richten.

[p. 108] [scan. 240]


1
Dan weil die funcken von demselben fewer auf uns geflogen

35
Nach der Kriegserklärung Frk.s an Spanien/Habsburg am 19. Mai 1635 hatte sich der
36
Bruch zwischen Ks. und Frk. trotz fortgeführter diplomatischer Bemühungen nicht ver-
37
meiden lassen; durch die Abberufung der gegenseitigen Residenten im Frühjahr 1636 war
38
er offenkundig geworden (Anja V. Hartmann, 234–241; Tischer, 188f.). Ein älteres Bei-
39
spiel: Ks. Ferdinand II. war 1628 in den Mantuanischen Erbfolgekrieg Spaniens hinein-
40
gezogen worden ( Straub, 327–369; Repgen, Krieg, 173; Parrott; Tischer, 182f.; Ex -
41
ternbrink, 87–96).
, so müße
2
man sehen, wie nicht allein das inwendige, sondern auch daßelbe fewer,
3
davon dieses entstanden, zugleich gedempfet und geleschet werde. Weiter
4
sey auch ihr mayestät und des hauses Österreich nahe verwandtnüß mit
5
Spanien wol zu betrachten, wie imgleichen, daß der Burgundische crayß
6
ein vornehmes gliedt sey des Römischen Reichs. Die wort aber und der
7
nahme eines adhaerenten, auch ob die quaestio itzo zu resolviren, möch-
8
ten eben die weitleufftigkeit veruhrsachen, die newligst

42
Am 6. Februar 1646 (s. Nr. 97).
circa istam
9
quaestionem, ob die cronen wieder das Reich krieg geführet, befahret
10
worden. Weil nun damahls gut befunden worden, dießelbe quaestion zu
11
decliniren unnd deshalben sich auch in keinen streit einzulaßen, so sey er
12
auch wegen dieser quaestion unnd des worts „adhaerent“ eben der mei-
13
nung, das darüber nicht viel zu disputiren, sondern vielmehr in den trac-
14
taten tam in genere quam in specie schleunig fortzufahren. Doch were
15
dabey nicht zu feyren, sondern eußerst zu bemühen, das auch der cron
16
Spanien friede geschafft und dadurch pax communis et universalis stabili-
17
ret werde. Und weil gleichsfals Österreich unnd Bayern dafürgehalten,
18
das es mit dieser quaestion noch zu frühe unnd dieselbe ad progressum
19
tractatuum verwiesen werden möchte, so könte er sich denselben gar woll
20
conformiren.

21
Magdeburg. A parte Magdeburg habe er angehöret, was daß hochlöb-
22
liche Österreichische directorium referiret, daß, gleichwie unlengst

43
Am 8. Februar 1646 (s. Nr. 98).
hier,
23
also auch zu Münster super amnestia deliberiret und per maiora dahin
24
geschloßen were, das es bey der zu Regenspurg anno 1641 publicirten
25
amnesti und deren terminis etc. zu laßen, doch mit dem anhang etc. (wel-
26
chen er aus des directorii fürtragk verbotenus repetirete), 2. das die causa
27
Palatina ad tractatus particulares coniunctim tamen cum his tractatibus et
28
inchoandos et finiendos etc. verwiesen worden. Dieweil nun aber dieses
29
conclusum so gar different von der hiesigen mainung gefallen und er nicht
30
befünde, daß das friedensnegotium per maiora zu erheben sein werde, so
31
halte er dafür, das auch das hiesige bedencken begriffen und mit in das
32
conclusum gebracht oder absonderlich übergeben werde, wie er dan das
33
hochlöbliche directorium daßelbe abzufaßen und nachmahls zu verlesen
34
wolle gebeten haben.

[p. 109] [scan. 241]


1
Ad quaestionem propositam: Halte er a parte Magdeburg dafür, das
2
gleichwie allen christlichen königen und potentaten bestendiger friede,
3
ruhe und wolstand gerne zu gönnen unnd herzlich zu wünschen, also
4
können ihr fürstliche durchlaucht

42
Hg. August von Sachsen, Adm. von Magdeburg.
auch wol zufrieden sein, das man
5
nach geendigten diesen tractaten und erhaltenen friede im Römischen
6
Reich auch zu der auswertigen beruhigung trewlich cooperiren helffe.
7
Were auch durantibus adhuc tractatibus und ohne hindernüs derselben
8
etwas gutes dabey zu würcken, würden es ihr fürstliche durchlaucht ihr
9
gleichsfals nichts zuwieder sein laßen. Solte aber dahero einiges impedi-
10
mentum zu befahren sein, wolte nicht rahtsamb erscheinen, deswegen
11
sich aufzuhalten und die friedenstractaten zu hindern oder wol gar ins
12
stecken zu bringen.

13
Basel. Wie Würzburgk.

14
Sachsen-Altenburg. Bedancke sich anfangs pro communicatione de-
15
ßen, waß drüben zu Münster deliberiret worden, könne aber, wie schon
16
von Magdeburg berühret, nicht dafürhalten, das es pro concluso per
17
maiora zu achten; dan es weren einmahl tractaten mit den cronen, und
18
der stände vota weren anders nichts alß vorschläge. Laße sich dahero per
19
maiora nicht schließen, sondern man müße sehen, was sich mit den cro-
20
nen am besten practiciren laße, sonst würde die rechnung ohne den wirth
21
gemachet sein, und möchte das werck vielmehr schwerer werden. Con-
22
cludire demnach mit Magdeburg, das, wan man nach absolvirung einer
23
class ein bedencken abfaßen würde, sowol der Münsterischen alß auch
24
der hiesigen stände vota unnd rationes darein gebracht und also den Kay-
25
serlichen herrn plenipotentiariis übergeben werden müchten. Bitte dabe-
26
neben, die tractaten zu befordern, und das nicht allein uf die general-,
27
sondern auch, wie Würzburg gedacht, auf die specialreichstractaten gese-
28
hen werde.

29
Ad quaestionem propositam wiederhole er das Magdeburgische votum.
30
Der cron Spanien werde ihre beruhigung von herzen gerne gegönnet,
31
und werde man nichts unterlaßen, das dieselbige befürderen müchte.
32
Aber allein, das es darumb generalfriedenstractaten weren, das alle auß-
33
ländische kriege dareingezogen und zugleich abgehandelt, auch ehe kein
34
friede im Römischen Reich werden solte, biß auch alle die differentien der
35
auswertigen potentaten componiret unnd beygeleget weren, daß würde
36
dem armen, wolbeplagten Teutschlande eine harte mainung sein etc.
37
Und halte er vielmehr dafür, es hießen und weren darumb generalfrie-
38
denstractaten, weil zwischen ihr Kayserlicher mayestät, den ständen
39
unnd den cronen, auch derer adhaerenten, tractiret, ganz Teutschlandt in
40
fried unnd ruhe gesetzet und alle causae huius belli dareinkommen unnd
41
aus dem grunde gehoben werden solten. Wolte sich sonst wol gerne den-

[p. 110] [scan. 242]


1
iennigen votis conformiren, so diese frage noch für frühzeitig gehalten
2
und das sie ad progressum etc. hinauszustellen, besorge aber, die cronen
3
unnd sonderlich Franckreich werde sich damit nicht abweisen laßen, son-
4
dern wißen wollen, mit weme sie paciscirten, das es also doch izo beant-
5
wortet werden müste. Halte demnach dafür, es were ihr Kayserliche
6
mayestät allerunterthenigst zu bitten, das sie die Französischen unnd Spa-
7
nischen kriege in die Teutsche sache nicht mischen, sondern zuforders
8
dem lieben vaterlande ruhe unnd friede wolten schaffen laßen. Darbey
9
dan kein moment zu verseumen, dan er sey von herzen erschrocken
10
über dem schreiben, so ihr excellenz herr graf von Trautmansdorf etc.
11
wegen der abschewlichen starcken armatur des Türcken nach Münster
12
gethan und alhier ad dictaturam bringen laßen

36
Trauttmansdorff an die ksl. Ges. in Münster, Osnabrück 1646 II 8, diktiert (unter Aus-
37
lassung des PS) 1646 II 10 (Text der diktierten Fassung: Meiern II, 221 f., vollständiger
38
Text: APW II A 3 Nr. 145). Dem Brief lag ein ebenfalls diktierter Auszug aus einem
39
Schreiben des ksl. GR Prickelmeyer von 1646 I 26 bei mit Nachrichten aus Konstantinopel
40
über türkische Rüstungen (Text: ebenda).
. Were demnach pillig da-
13
hin zu arbeiten, wie zuvorderß Teutschland zu helffen unnd ruhe zu
14
schaffen, alß welches diese große gefahr am allerersten treffen müchte.
15
Künte man aber auch der cron Spanien zuguten etwas mit cooperiren,
16
geschehe es willig und auch pillich.

17
Sachsen-Coburg. Praemissa itidem gratiarum actione für die besche-
18
hene apertur, weil er auch vernommen, das das Münsterische directorium
19
ad maiora gezielet, die aber hierinnen nicht praevaliren können, so con-
20
formire er sich mit Magdeburg und Altenburgk und ersuche das hochlöb-
21
liche directorium, daß abgeredetermaßen die discrepantia vel singularia
22
vota dem bedencken mit eingerücket unnd ihr mayestät herrn plenipoten-
23
tiariis außgehendiget werden müchten.

24
Die quaestion von den Spanischen unnd Französischen kriege betreffend
25
unnd ob nicht ehe die Teutschen kriege hinzulegen, biß auch diese aus-
26
wertige mit vertragen werden, sey er eben der mainung, auch, wie iüngst
27
gedacht

41
Am 10. Februar 1646, s. Nr. 100 (S. 97 Z. 1–5).
, dahin austrücklichen instruiret, das man sich in die causas ex-
28
teras, so mit diesem Teutschen kriege keine verwantnüß noch ihren an-
29
fang davon genommen, nicht zu mischen, weil zu besorgen, daß durch
30
deren streitigkeit unnd weitleufftigkeit die tractaten nicht nur remoriret,
31
sondern wol gar dissolviret und aufgehoben werden möchten. Dan obwol
32
ihr fürstliche gnaden

42
Hg. Friedrich Wilhelm II. von Sachsen-Altenburg und -Coburg.
auch den exteris ihre beruhigung gerne gönnen,
33
weil aber gewiße gradus dilectionis

43
Anspielung auf Augustinus, wonach die geordnete Liebe (amor ordinatus ) allem das sei-
44
nem
Rang entsprechende Maß an Liebe gibt ( Kuhn, 297f.).
und zuvorderst uf die beruhigung
34
des vaterlandes zu sehen, so müße man sich vor allen dingen dahin bear-
35
beiten, daß dem lieben vaterlande Teutscher nation ein sicherer, bestendi-

[p. 111] [scan. 243]


1
ger unnd durchgehender frieden erhalten werde. Solten alsdan chur-, für-
2
sten unnd stände auch zu beruhigung der cron Spanien und anderer
3
christlichen königreiche etwaß cooperiren können, werde man es gerne
4
thun und an ihme nichts erwinden laßen. Conformire sich schließlich
5
mit Altenburg, das diese quaestio nicht allein zu frühezeitig, sondern
6
auch ihr mayestät deswegen also, das sie sich darein nicht einmischen
7
wolten, beyzurahten sein werde.

8
Sachsen-Weimar. Agit gratias pro communicatione, und weil clahr
9
unnd am tage, das man es bey diesen tractaten nicht mit ihrer mayestät
10
noch die stände unter sich allein, sondern mit den auswertigen cronen zu
11
thun habe, die sich gewiß ad maiora nicht werden astringiren laßen, so
12
bethe er das directorium gleichsfals, die vota allerseits zu comportiren
13
und den Kayserlichen herrn plenipotentiariis zu übergeben.

14
Ad quaestionem propositam: Halte er dieselbe auch zwar etwas frühezei-
15
tig, weil dieser convent fürnemblich dahin angesehen, das zuvorders
16
Teutschland beruhiget werden müchte etc. Es heiße zwar: „nam tua res
17
agitur, paries cum proximus ardet“

41
Horaz, ep. 1,18,84 ( Préaux, 187).
, doch pflege man das fewer in des
18
nachpars hause nicht ehe leschen zu helffen, bis man seinem aigenen erst
19
rettung geschaffet habe etc. Wie es nun hergegen heiße: „pluribus intentus
20
minor est ad singula sensus“

42
Sprichwort; schon im Mittelalter gebräuchlich ( Walther III, 842, Nr. 21629).
, also würde sich’s auch hierüber so lang
21
verweilen unnd unterdeß Teutschland also zugrund gerichtet werden,
22
das demselben der friede weiter nichts nüze sey etc. Conformire sich
23
also mit Magdeburg, Altenburg und Coburgk, und ebendaßelbe auch we-
24
gen Sachsen-Gotha und -Eisenach sowol auch wegen Anhalt suo
25
loco et ordine.

26
Braunschweig-Lüneburg-Celle. Negst beschehener dancksagung
27
für die communication hette er wahrgenommen, das daß Münsterische
28
directorium sich unternommen, aus den hiesigen votis ein conclusum zu
29
formiren etc. Stelle dahin, ob es demselben einzureumen, und halte sei-
30
nestheils dafür, quod non. Sonst, wie von den vorsitzenden schon gesche-
31
hen, als hette er auch zu bitten, das die vota zusammen in einen aufsatz
32
gebracht und, wan sie discrepant, beyderley müchten übergeben werden,
33
zumahl sicher unndt gewiß sey, daß die cronen sich an die maiora durch-
34
aus nicht werden binden laßen, die auch in keinerley wege behaubtet wer-
35
den könten. Concludire also nochmahls, daß hochlöbliche directorium
36
möchte die vota discrepantia dem bedencken einverleiben, wo nicht,
37
würde man die evangelischen nicht verdencken, wan sie sich zusammen-
38
theten, ihre vota unnd gutachten selbst abfaßeten unnd a part übergeben.
39
Es weren gleichwol an diesem ohrt über zwanzig vota also gefallen und
40
dieselben alle von hohen, alten unnd ansehnlichen fürstlichen heusern,

[p. 112] [scan. 244]


1
denen es fürwahr zu nicht geringem despect gereichen würde, wan ihre
2
vota so gar nicht attendiret werden solten.

3
Der vorgestelten frage halber könte er sich woll uf seine vörige vota

32
Siehe Nr. 97 (S. 47 Z. 20f.).

4
referiren. Er erinnere sich aber daneben, das in anderthalb hundert jahren
5
mehr dan zwanzigmahl zwischen Franckreich und Spanien frieden unnd
6
vergleich getroffen worden

33
Siehe die Liste der Verträge zwischen Frk. und Spanien in Flassan I, 498–526; II, 403–
34
420; III, 451–459.
, es were aber nie kein bestand darbey gewe-
7
sen, wie dan die Navarrische sache meistentheils ausgesetzet

35
Die frz. Kg.e erhoben Anspruch auf das gesamte Kgr. Navarra, dessen südlich der Pyre-
36
näen gelegener Teil 1512 von Ferdinand dem Katholischen von Aragón (1479–1516) be-
37
setzt und dem Kgr. Kastilien inkorporiert worden war. In den frz.-span. Verträgen von
38
Cambrai (1529), Crépy (1544) und Cateau-Cambrésis (1559) wird Navarra nicht nament-
39
lich genannt, doch sind die Rechtsansprüche der Vertragsparteien in vertraglich nicht ge-
40
regelten Fragen in allgemeiner Form vorbehalten. Der Vertrag von Vervins von 1598 V 2
41
enthält einen Rechtsvorbehalt hinsichtlich Navarras (Text: DuMont V.1, 561–564, hier
42
563 [Art. 23]; Bertrand Haan, 16–27, hier 22 [Art. 22]; dazu APW I.1, 165 Z. 2f. und
43
Anm. 1; APW II B 3/1 [Nr. 64 Anm. 28] ; APW II B 4 [Nr. 64 Anm. 11] ; Bernecker /
44
Pietschmann, 80, 403; Tischer, 340f.).
unnd ge-
8
meiniglich daher newe kriege entstanden weren. Solte nun das affligirte
9
Teutschland nicht ehe zur ruhe kommen, es were dan ein bestendiger,
10
unwandelbahrer friede zwischen den beeden cronen gemachet, so dürffte
11
in Teutschland wol nicht ehe friede werden, bis man Teutschland zu
12
grabe trüge etc. Derowegen nicht[s] beßer, als das man die Spanische sa-
13
che von dem Teutschen wesen nur ganz separire. Wan aber die Teutsche
14
unruhe erst verglichen unndt beygeleget, würden chur-, fürsten und
15
stände gerne cooperiren, damit auch die beyden cronen miteinander ver-
16
glichen werden etc. Und were freylich auch dieses hierbey zu bedencken,
17
was von Würzburg angezogen, das die funcken des Spanischen krieges
18
herüber in Teutschland gesprungen weren etc. Könten nun auch seine
19
gnedige fürsten und herrn

45
Die Hg.e Friedrich und Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg.
nach geschloßenen Teutschen frieden hier-
20
unter etwas cooperiren, würden sie es gerne thun, das man aber deswegen
21
die Teutschen friedenstractaten im geringsten aufhalten solle, wolle gar
22
nicht zu rahten sein.

23
Und ebendieses wiederhole er auch wegen Braunschweig-Lüne-
24
burg-Grubenhagen und -Calenberg.

25
Österreichisches Direktorium. Ratione directorii erinnere er nur
26
dieses: Weil es an beyden orten nur ein fürstenraht und ein collegium, so
27
sey es auch nur ein directorium. Nun hetten sie die vota conferiret und
28
gesehen, wo die maiora hingangen, und weil man hier damit erst fertig
29
geworden, hette er die vota zu einrichtung eines conclusi ihnen zuge-
30
schicket unnd heimbgegeben. Wan sie aber etwan quaestiones, die alhier
31
noch nicht fürkommen weren, proponiren möchten, würden sie alsdan

[p. 113] [scan. 245]


1
ihre vota hieherschicken unnd die conclusa an diesem ohrte machen la-
2
ßen. Die directoria könten anders nicht, als die vota einander zu commu-
3
niciren, damit sie es hernach in eine re- und correlation bringen könten.
4
Wan man beysammen were, würde es desto weiniger difficulteten geben,
5
sondern wüste man schon, wie der sachen zu thun were. Weil’s aber nicht
6
hette sein wollen, müße man es machen, wie man könte.

7
Sachsen-Altenburg. Were es dan nicht eine sache, daß die herrn
8
Münsterischen drüben ihre vota auch aufsetzten unnd herüberschickten?

9
Österreichisches Direktorium. Daß were geschehen, und weren
10
die stimmen zu Münster vierzig an der zahl gewesen. Darauf hetten sie
11
die conclusa gemachet und nur dahin gesehen, wie die maiora gefallen.
12
Wan’s aber zur re- und correlation komme, werde sich’s wegen der diver-
13
sarum opinionum doch wol schicken.

14
Sachsen-Altenburg. Es könten wol sölche sachen per maiora geschlo-
15
ßen werden, daß wol gar ein newer krieg daraus entstünde.

16
Österreichisches Direktorium. Man wiße wol, das man es mit den
17
auswertigen cronen zu thun habe, da die maiora nicht alzeit gelten noch
18
sie sich daran kehren werden. Unterdeßen müße es gleichwol im fürsten-
19
raht nur ein conclusum sein.

20
Braunschweig-Lüneburg. Habe die mainung nicht, das man die
21
maiora gar verwerffen wolle, sondern nur, weil die vota plane discrepan-
22
tia weren, das auch die hiesigen in das conclusum oder bedencken und
23
iedeß nahmen hinzugesetzet werden möchten. Man könne doch woll dar-
24
bey andeuten, wohin die maiora gefallen weren. Die cronen würden sich
25
doch an die maiora nicht binden laßen, zumahl wan sie vernehmen, das
26
die vota so discrepantia gewesen, wie dan bekand sey, das bey hundert
27
oder mehr jahren super maioribus were concertiret worden

40
Siehe dazu APW III A 3/2 [Nr. 94 Anm. 16] .
. Er impu-
28
gnire zwar die maiora allerdings nicht, sonsten müchten die reichscollegia
29
wol ganz dissolviret werden etc. Ob aber per maiora friede zu machen,
30
zweifele er gar sehr. Bethe derowegen nochmahls, wan so gar discrepi-
31
rende mainungen fürfallen, beyderley hineinzurucken, oder sie, die evan-
32
gelischen, müsten es selbst übergeben.

33
Österreichisches Direktorium. (Hierauf gefielen etliche interlocuta
34
und darunter a parte directorii:) Waß würde es dan für ein conclusum
35
sein, so weren es ia nur vota, und gebe nur lauter ungewißheit. Die unter-
36
schiedtliche mainungen würden sich doch wol finden, wan es künfftig zur
37
re- und correlation kehme. Wan es mit Kayserlicher mayestät allein zu
38
thun were, könte man balt darauskommen, so hette man es aber auch
39
mit den cronen zu thun.

[p. 114] [scan. 246]


1
Württemberg. Dem hochlöblichen directorio gebüre danck pro com-
2
municatione, und dieweil nicht allein in den votis, sondern auch im discurs
3
wichtige uhrsachen angeführet worden, das nicht allein die maiora, son-
4
dern auch die discrepantia vota in das conclusum zu bringen, als confor-
5
mire er sich und bitte das directorium, den aufsatz also einzurichten.

6
Waß die fürgelegte quaestion anlange, weren zwar die Österreichischen
7
rationes wichtig, die würden auch soweit acceptiret, quatenus et in quan-
8
tum Spanien ein stand des Reichs und vom Teutschen wesen dependire.
9
Weil aber viel particularsachen mit unterlauffen, so hieher nicht gehören
10
unnd newlich

38
Der Ges. bezieht sich auf das öst. Votum vom 10. Februar 1646, in dem sich Richtersber-
39
ger gegen die Erteilung von Geleitbriefen für die portugiesischen Ges. ausgesprochen hatte
40
(Nr. 100 bei Anm. 14).
Österreich selbst angeführet, daß die auswertige sachen
11
mit den reichssachen nicht zu confundiren, so wiederhole er dieiennigen
12
vota, daß zwar nicht allein christlichen königreichen unnd provincien ihr
13
ruh und wolstandt zu gönnen und zu wünschen, sondern auch das fewer
14
mit leschen zu helffen unnd hierzu, wie die vorsitzenden votiret, vel du-
15
rantibus vel finitis his tractatibus zu cooperiren, daß aber deßwegen die
16
reichsfriedenstractaten zu remoriren und aufzuhalten, wolte nicht zu rah-
17
ten sein, quia ordinata caritas incipit a se ipsa

41
Anspielung auf Thomas von Aquin, Summa theologica II.2, quaestio 26,4: […] Et ideo
42
homo ex caritate debet magis seipsum diligere quam proximum ( Thomas-Ausgabe 17
43
A, 134f.; Völkl, 264–290; Kühn, 301).
. Wan alle auswertige kriege
18
zu diesen tractaten gezogen werden solten, müste man, wie newligst vom
19
directorio selbst erwehnet

44
Siehe Nr. 100 bei Anm. 13 und 14.
, auch den itzigen Türckischen, item den Eng-
20
lischen unndt andere kriege mit darzuziehen etc. Weil aber Teutschland
21
ohnedes mit ihme selbst gnug zu thun habe und fast agonizire, so könne
22
man zwar, soviel ohne abbruch unnd hindernüß der tractaten, so Teutsch-
23
land immediate concerniren, geschehen kan, der cron Spanien, sofern die-
24
selbe ein reichsstandt, sich mit annehmen, wan es aber einige weitleufftig-
25
keit und hinderung geben solte, daßelbe nur aussetzen.

26
Hessen-Kassel. A parte Heßen Caßel sage er gleichsfals danck pro
27
communicatione und, wie schon von Magdeburg, Altenburg, Coburg
28
unnd Braunschweig Lüneburgk angeführet, das der sachen notturft erfor-
29
dere, das auch die hiesigen vota ins bedencken gebracht und verlesen wer-
30
den; also wolle er dieselbe hiermit repetiret haben.

31
Ad quaestionem propositam: Halte er zwar auch dafür, daß der cron Spa-
32
nien ihre beruhigung wol zu gönnen. Weil aber der betrübte status Impe-
33
rii bekandt, der Spanische krieg nicht mit oder von dem Teutschen seinen
34
anfang genommen und ebendieses auch wieder Portugal pro ratione an-
35
geführet worden, so wolle er sich mit den vorgehenden votis conformiret
36
haben, und were mehr uf salutem Germaniae zu sehen, als durch sölche
37
aliena die tractaten ins stecken zu bringen.

[p. 115] [scan. 247]


1
Hessen-Darmstadt. Sage gleichsfals danck, und weil gleichwol, wie
2
Altenburg angeführet, diese handtlung nicht allein das Römische Reich,
3
sondern auch die frembden cronen concernire, dahero diese vota für an-
4
derß nichts als vorschläge zu achten, so würde zu erhaltung beßern ver-
5
trawens dienlich sein, das auch die vota discrepantia dem bedencken ein-
6
verleibet werden etc. Die quaestio aber de maioribus könne wol zur an-
7
deren zeit verschoben pleiben.

8
Die itzige haubtfrage betreffend, conformiere er sich mit Würtenberg,
9
sintemahl die cron Spanien duplicem respectum habe, das er nicht sehe,
10
wie Teutschlandt ohne dieselbe zu beruhigen, weil sie nicht allein ratione
11
Burgund, alß ein reichsstand, interessiret unnd in diesen krieg impliciret,
12
sondern auch noch viel feste öhrter und plätze in ihrer gewalt und handen
13
habe

38
Span. besetzt waren vor allem Frankenthal (Kurpfalz), Hammerstein (Kurtrier) und Jü-
39
lich, dazu die burgundischen Lehen Württemberg-Mömpelgards, Clerval und Passavant
40
( Oschmann 28, 501 Anm. 9, 540, 558; zu Hammerstein s. auch [Nr. 105 Anm. 36] ).
. Was aber andere deroselben absonderlichen königreiche unndt
14
lande angehe, daß were pillig davon zu separiren, und würde gut sein,
15
hiesiger stände mainungen zu suspendiren. Weil nun aber zu besorgen,
16
die herrn Franzosen möchten es weiter urgiren und hart darauf bestehen,
17
auch weiter nicht tractiren wollen, so sey er in eventum auch der mei-
18
nung, man solle ihr mayestät einrahten, daß die Spanische sache nur
19
ganz auszustellen etc., damit der algemeine friede desto ehe restabiliret
20
und dan dem Türcken desto beßer begegnet werden könte etc. Was man
21
iedoch unterdeßen vel durantibus vel finitis his tractatibus cooperiren
22
könne, werde man nicht unterlaßen.

23
Baden-Durlach. Praemissa gratiarum actione, weil zu vermuthen, das
24
die maiora keinen plaz haben werden, sondern die cronen auch dabey
25
interessiret sein unnd sich daran nicht möchten binden laßen, so confor-
26
mire er sich den vorsizenden, daß auch die vota discrepantia et singularia
27
(dabey auch unterschiedtliche fürstliche heuser interessiret) dem be-
28
dencken inseriret werden.

29
Ad quaestionem propositam: Weil die cron es selbst also setzet

41
In der ksl. Responsion an Frk., zu Art. 1, wird vom span. Kg. gesprochen, nicht vom Hg.
42
von Burgund als Reichsstand. Das hat die frz. Replik, zu Art. 1, aufgegriffen ( Meiern I,
628 ; II, 200).
, so halte
30
er dafür, das diese quaestio wol außzulaßen oder auf eine andere zeit zu
31
differiren. Weil aber, wie Würtenberg und Heßen Darmbstad angeführet,
32
die cron Spanien duplicem respectum habe, so conformire er sich, wan sie
33
als ein reichsstand consideriret werde, denselben votis, und könte mit dar-
34
zugezogen werden, doch daß es citra praeiudicium et remoram tracta-
35
tuum Germanicorum etc. geschehe.

36
Mecklenburg-Schwerin. Ratione Mecklenburg sage er danck pro
37
communicatione deßen, was die herrn Münsterischen für ein conclusum

[p. 116] [scan. 248]


1
zu machen ihnen wollen belieben laßen. Und weil vom hochlöblichen
2
directorio selbst angeführet, wan ihr mayestät es allein mit den ständen
3
zu thun hette und die cronen nicht dabey interessiret weren, so würde es
4
weiniger difficulteten geben, weil nun aber daßelbe nicht sey, so wolle das
5
directorium ihme gefallen laßen, die hiesigen vota dem concluso ein-
6
zurücken, daß aller stände mainungen ihr Kayserlichen mayestät zur diiu-
7
dication übergeben und im wiedrigen den exteris nicht anlaß gegeben
8
werde, ut ferro maiora faciant

38
Ähnlich die dt. Redensart: etwas mit dem Schwerte erlangen : nur durch Gewalt Erfolg
39
haben ( Röhrich IV, 1448).
.

9
Ad quaestionem propositam: Erinnern sich fürsten und stände sambt und
10
sonders, das nun eine geraume zeit hero Teutschland theatrum belli Eu-
11
ropae gewesen etc., und weil nun, wie Würzburg angereget, allemahl
12
funcken vom Spanischen kriege in Teutschland herübergeflogen, so halte
13
er auch dafür, das seposito isto discrimine, wie Würtenberg und Heßen
14
Darmstadt angeführet, die sachen zwischen Franckreich und Spanien alß
15
Spanien zwart nicht einzumischen, hergegen aber, wan es ratione Bur-
16
gund consideriret werde, deßen interesse hiebey nicht zu negligiren. Con-
17
formire sich also mit Würzburg, Würtenbergk, Heßen Darmstadt und
18
anderen dahin zielenden.

19
Mecklenburg-Güstrow. Ebendaßelbe.

20
Pommern-Stettin. Im nahmen ihr churfürstlichen durchlaucht alß
21
herzogs in Pommern

40
Kf. Friedrich Wilhelm von Brandenburg.
sage er gleichsfals danck und halte gentzlich dafür,
22
die zu Münster anwesende fürsten unnd stände werden der hiesigen in-
23
tention genugsamb vernommen haben, das nemblich erst reiffe delibera-
24
tiones zu beeden theilen zu halten, hernach, wie die vorsitzenden an evan-
25
gelischer seiten der einmüetigen mainung gewesen, die erste classis in
26
forma eines bedenckens abzufaßen und demselben die in dem Magdebur-
27
gischen unnd anderen votis extense super amnestia und sonderlich ratione
28
termini angeführte rationes einzurücken etc., wobey er dan auch an seiten
29
ihrer churfürstlichen durchlaucht nochmalß wiederhole, waß beim statu
30
politico des königreichs Böhmen wegen des herzogthumbs Jägerndorf er-
31
innerung von ihm geschehen

41
Siehe Nr. 98 bei Anm. 71 und Nr. 99 bei Anm. 35.
. Daß nun aber die herrn Münsterischen per
32
maiora ein conclusum gemachet, müße man a parte Pommern propter
33
rationes adductas ansehen, ob es sich also gepüret habe, welche rationes
34
dan dem bedencken gleichsfalß einzurücken, damit sie stracks sehen, das
35
die maiora hier nicht gelten würden. „In omni actione duo esse conside-
36
randa, finem et media etc.“ Weil nun communis finis pax sey, so müsten
37
auch adaequata et proportionata media gebrauchet werden.

[p. 117] [scan. 249]


1
Weil nun 1. bekandt, das der friede weder durch den Prager schluß noch
2
die Regenspurgische amnesti

33
Siehe Anm. 6.
, noch auch die cassationem effectus sus-
3
pensivi zu heben gewesen, auch die cronen ihre reflexion dahin nicht
4
machen, 2. zu Regenspurg

35
Die Mehrheit der Protestanten hatte sich auf dem Regensburger RT mit ihrer Forderung
36
nach einer auf den Status von 1618 bezogenen Amnestie nicht durchsetzen können ( Bier -
37
ther, 160f., 164f.).
und Franckfurth fast alle

38
Die Ges. Braunschweigs und Pommerns, der fränkische Ges. und andere hatten auf dem
39
Frankfurter RDT auf die Gewährung einer Universalamnestie gedrungen, sich aber der
40
Mehrheit angeschlossen, die nur zur Aufhebung der Suspension der Regensburger Amne-
41
stie riet ( Philippe, 41–46; Text des Mehrheitsbeschlusses des FR zur Amnestie vom 12.
42
August 1643: Sattler VIII, 100 [= Beilage 23 Teil 2]).
evangelische
5
stände auf eine universalem et illimitatam amnestiam getrungen, 3. da
6
man gleich dem reichsherkommen und bekanten reguln nachgehen und
7
die maiora gelten laßen wolte, welches dahinzustellen, so versire man
8
doch hirunter mit den cronen, da beyder theile considerationes unnd vor-
9
schläge in acht zu nehmen, hiesige vota nun 4. uf eine sölche amnestiam
10
gehen, wie sie die cronen begeren, deme auch 5. ihr Kayserliche mayestät
11
in dero resolutionibus so groß nicht entgegen gewesen, so weren al-
12
sölche

43
alsolch bedeutet von solcher Art, so geartet, so beschaffen ( Frühneuhochdeutsches
44
Wörterbuch I, 857).
rationes den herrn Münsterischen zu repraesentiren, das auf die
13
maiora pro statu praesenti nicht zu sehen.

14
Ad quaestionem propositam: Könte man sich mit denen wol vergleichen,
15
so dafürgehalten, das die frage noch etwas unzeitig, stehe aber mit Sach-
16
sen Altenburg an, ob die cronen sich damit würden vergnügen laßen. Zu
17
verhüetung nun undienlicher weitleufftigkeit were es per modum prae-
18
occupationis modice et caute dahin einzurichten, damit nicht die außwer-
19
tigen kriege mit den reichssachen confundiret werden. Wan alsdan
20
Teutschland erst wieder zur ruhe und frieden gebracht, so würden chur-,
21
fürsten unndt stände ihnen angelegen sein laßen, nicht allein der cron
22
Spanien, sondern auch der ganzen christenheit zu ihrer beruhigung bey-
23
rähtig zu sein.

24
Pommern-Wolgast. Idem.

25
Sachsen-Lauenburg. Demnach ihr Kayserlicher mayestät und dem
26
ganzen Reich damit nicht gedienet, was an diesem oder iennem ohrt per
27
maiora geschloßen, sondern was von ein und andern beygerahten, so zu
28
befürderung des friedenwercks dienlichen, sogar daß auch singulare vo-
29
tum zu attendiren, zumahl die leidige erfahrung erwiesen, daß die vorige
30
amnestia

45
Die Regensburger Amnestie (s. Anm. 6).
, welche suo modo per maiora geschloßen worden, den frieden
31
gar nicht erheben, sondern sölche maiora nun so viel jahr mit fewer und

[p. 118] [scan. 250]


1
schwerd impugniret worden, so were wol nicht darauf zu sehen, waß die
2
maiora gegeben, sondern was zu diesem friedenswerck zulanglichen.
3
Wolle derowegen auß seiner und anderer vorsizenden considerationibus
4
gleichsfals der mainung sein, daß den Münsterischen votis auch die dißeits
5
fallende gute gedancken außführlich beyzusezen und beyderley in ein be-
6
dencken zu bringen weren.

7
Ad quaestionem propositam: Weiln die königlichen propositiones undt
8
Kayserlichen declarationes

42
Gemeint sind die frz. Replik und die ksl. Responsion an Frk. (s. Anm. 39).
selbst es resolviren, indem die cron Spanien
9
nicht als hertzog zu Burgundt, sondern alß könig in Hispanien benennet
10
wirt, unndt weil dan daß Teutsche wesen ohnedes mehr als zu general, so
11
were die generalitet dieser tractaten nicht also zu verstehen, daß darumb
12
alle und iede außwertigen sachen und sonderlichen der Spanische krieg
13
mit dareingezogen werden müste, unnd das umb soviel mehr, weil
14
Franckreich unndt Spanien so leicht und so offt wieder in krieg mitein-
15
ander gerathen und umb liederlicher ursachen willen newe motus entstan-
16
den etc. Solte nun Teutschlandt gleichsamb davon dependiren unnd nicht
17
ehe oder lenger frieden erlangen unndt behalten, als Franckreich und Spa-
18
nien miteinander friede hetten, würde es demselben fürwahr eine gefehr-
19
liche consequenz sein. Were demnach ihr mayestät dahin einzurahten, das
20
erst das Römische Reich wieder beruhiget und die anderen tractaten lie-
21
ber so lang außgesetzet werden müchten etc., doch also, daß, wan
22
Teutschlandt wieder befriediget und beyden theilen es beliebig, sölche
23
tractaten reassumiret unndt befordert werden etc., zumahln es, wie
24
Würzburg angeführet, nicht ohne sey, das mehrmahls die funcken von
25
dannen in Teutschland herübergestoben.

26
Im übrigen conformire er sich.

27
Wetterauer Grafen. Praemissa gratiarum actione für die beschehene
28
apertur etc., soviel die maiora anlange, hielten sie gleichfalß dafür, daß die
29
cronen alß tertii intervenientes sich an die maiora nicht würden binden
30
laßen und derowegen dieselben auch nicht zu attendiren weren etc. Bete
31
derowegen, daß bedencken dieses augustissimi consessus in einen ufsaz
32
zu bringen undt nachmahls nach Münster zu schicken, darbey aber des
33
Wetterauischen graffenstandes tam generalia quam specialia in specie mit
34
einzurücken, zu dem ende sie dan copiam voti in puncto amnestiae ad
35
protocollum ubergeben hetten

43
Siehe Nr. 98 bei Anm. 90.
etc.

36
Ad quaestionem propositam: Were unter dem hauß Spanien alß einem
37
reichsstande und als einer frembden cron distinguiret worden. Soviel Spa-
38
nien ratione Burgund anlange, habe es seine wege, und hette man sich
39
deßen gleich anderen ständen anzunehmen etc. Was aber die cron selbst
40
betreffe, wiederholen sie die in vorsitzenden votis angeführte rationes,
41
warumb diese quaestio noch zurückzusetzen unndt erst in progressu der

[p. 119] [scan. 251]


1
tractaten zu reassumiren etc. Halten sonsten gleichsfals für billig, wan der
2
liebe Gott Teutschlandt so gnedig ansehen unndt mit dem lieben frieden
3
besehligen möchte, daß alsdan nicht allein die christliche liebe, sondern
4
auch der respect gegen ihr Kayserliche mayestät unndt dem hause Oster-
5
reich erfordere, dahin beyzurahten, damit auch zwischen diesen beeden
6
cronen frieden gestifftet werde etc.

7
Österreichisches Direktorium. Auß den votis komme entlich diese
8
mainung herauß:

9
Es sey den Kayserlichen herrn plenipotentiariis einzurahten, daß, ob man
10
wol diese quaestion noch etwas zu frühezeitig halte, auch dem hause Spa-
11
nien ratione Burgund seine ruhe gerne gönne unndt nach beruhigten
12
Teutschlande zu cooperiren nicht unterlaßen wolle, so were doch, wan
13
deswegen Franckreich die tractaten verzögern wolte, hierinnen mit ein-
14
mischung frembder händel sich nicht aufzuhalten, sondern vielmehr der
15
friede in Teutschlandt zu befordern etc.

16
Fragete darauff, ob noch etwas dabey zu erinnern.

17
Alle. Tacebant

36
17 etc.] Pommern A I: omnes.
etc.

18
Österreichisches Direktorium. Nun weren noch zwey quaestiones,
19
so biß folgenden tages differiret wurden etc.

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