Person

Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
123. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXVIII) Osnabrück 1646 Juni 1/11

2

Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXVIII)


3
Osnabrück 1646 Juni 1/11

19
Diktiert 1646 VI 23/VII 3.

4
Braunschweig-Calenberg B I fol. 329–336 (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
5
Durlach A I fol. 343–349’, Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 329–334’, Braunschweig-
6
Celle A I unfol., Braunschweig-Wolfenbüttel A I fol. 364–372’, Braunschweig-Wol-
7
fenbüttel
B I fol. 236–240’, Braunschweig-Wolfenbüttel C I fol. 322–329, Hessen-
8
kassel A XIII fol. 365–371’, Magdeburg E fol. 405–412, Magdeburg Ea fol. 425–433,
9
Pommern A I fol. 422–431’, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 353–359’, Sachsen-Gotha A
10
III fol. 499–502’, Sachsen-Lauenburg B S. 691–701, Sachsen-Weimar A III fol. 231–234’,
11
Grafen von Schwarzburg A I fol. 243–248, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg )
12
C 2 fol. 20–27’, Wetterauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken) A III 3 fol. 67–73’, Wet-
13
terauer
Grafen ( Ysenburg) A I unfol. (stark gekürzt), Württemberg A I S. 677–692,
14
Druck: Meiern III, 533–538; vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol., Magdeburg
15
D fol. 263–268 (Mitschrift), Österreich A II (XXXIV) fol. 154’–157’, Würzburg A I 1
16
fol. 173–174.

17
Beratungsvorlagen: Schreiben und Memorial des RKG von 1646 V 12

20
An die rst. Ges. Text, diktiert 1646 V 20: Meiern III, 122 f., mit vier Beilagen (Briefwechsel
21
zwischen dem RKG und dem Gouverneur Frankenthals): ebenda, 124ff. Inhalt: Sorge vor
22
frz. Verstoß gegen den eigenen Schutzbrief; Forderung nach Freigabe der in Frankenthal
23
zurückgehaltenen Waren und einem Generalpaß zur Einfuhr des Eigenbedarfs. Bitte um
24
Beschleunigung der angekündigten Maßnahmen zum Unterhalt des RKG , besonders der
25
Judenkopfsteuer. Das Schreiben bezieht sich auf eine vorläufige Antwort, die der KFR
26
am 25. April 1646 beschlossen hatte ( APW III A 1/1, 582 Z. 28f.) und die am 26. April
27
ausgefertigt wurde; der Text konnte nicht ermittelt werden. – Zum frz. Schutzbrieffür das
28
RKG vom 26. Februar 1645 s. [Nr. 122 Anm. 65] , zur span. besetzten Festung Frankenthal
29
(nordwestlich von Speyer) APW III A 3/2 [Nr. 94 Anm. 54] .
und 19

30
An die rst. Ges. Text, falsch datiert auf III 9/19, diktiert Osnabrück 1646 V 30 durch
31
Kurmainz: Meiern III, 530 . Inhalt: Bericht über den beiliegenden Befehl des frz. Kg.s an
32
den Kommandanten von Speyer und die Befürchtung der Kameralen, daß sie unter die
33
Einwohner Speyers gerechnet werden und damit ihre Privilegien verlieren; wiederholte
34
Bitte, für die Sicherheit und den Unterhalt des RKG zu sorgen. Beilage: Befehl des frz. Kg.s
35
an den Kommandanten von Speyer betreffend die Behandlung aller Einwohner Speyers.
36
Text, Paris 1645 VIII 2, praes. 1646 III 16, diktiert Münster 1646 VI 1: Meiern III, 531 .
. „Meinung“
18
des FRM von 1646 VI 2

37
Text: Meiern III, 532 . Inhalt: Bitte an die ksl. Ges. , 1. mittels der frz. Ges. oder der
38
Mediatoren eine Beeinträchtigung des frz. Schutzbriefs für das RKG auszuschließen; 2. im
39
Friedensvertrag Vorkehrungen für einen allgemeinen schadenfreien Truppenabzug zu tref-
40
fen; 3. die Judenkopfsteuer in die Wege zu leiten unter Zusage der Rst. , bei Solvenz das
41
ausstehende Kammerzieler zu zahlen; 4. die span. Ges. wegen der Beschwerde gegen den
36
Kommandanten Frankenthals einzuschalten. KFR und FRM hatten am 2. Juni 1646 über
37
die Anliegen des RKG beraten; der SRO beriet gleichzeitig mit dem FRO darüber ( APW
38
III A 1/1 Nr. 90; 6 Nr. 59).
.

[p. 28] [scan. 144]


1
1. Sorge des RKG vor französischen Übergriffen; 2. Sicherstellung seines Unterhalts, insbe-
2
sondere
durch Erhebung einer Judenkopfsteuer; 3. Herausgabe der im spanisch besetzten
3
Frankenthal vorenthaltenen Waren; 4. allgemeine Vorkehrungen für einen schadenfreien
4
Truppenabzug nach Abschluß des Friedensvertrags.

5
Eine Umfrage sowie Rechtsvorbehalt Hessen-Kassels und Hessen-Darmstadts wegen der
6
Judenkopfsteuer; Protest Württembergs wegen seines RKG -Anschlags.

7
Beschluß, einstimmig: Übereinstimmung mit dem FRM , wenige Zusätze.

8
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Bayern, Würzburg,
9
Magdeburg, Basel, Pfalz-Lautern, Pfalz-Simmern, Pfalz-Zweibrücken, Sachsen-Alten-
10
burg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach, Braunschweig-
11
Celle, Braunschweig-Grubenhagen, Braunschweig-Wolfenbüttel (durch Braunschweig-
12
Calenberg), Braunschweig-Calenberg, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Baden-Dur-
13
lach, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow,
14
Württemberg (votiert auch für Pfalz-Veldenz), Sachsen-Lauenburg (durch Württemberg),
15
Anhalt, Wetterauer Grafen. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personen-
16
register.)

17
Österreichisches Direktorium. Praemissis praemittendis, es würden
18
dieselbe sich zu erinnern wißen, wasgestalt iüngst bey der dictatur das-
19
iennige, was das Kayserliche cammergericht wiederholet, communiciret,
20
imgleichen, was sie weiter besorglich anbringen und die Französische gene-
21
ralordre beylegen laßen, daraus sie sich besorgen, das die zuvor gehabte
22
königliche salvaguardia möchte cassiret und sie darüber mit einquartierun-
23
gen undt dergleichen beschweret werden. Weil nun diese sache zu Münster
24
schon in deliberation kommen und gleichwol in alle wege zu bedencken,
25
was für ein remedium zu conservation des Kayserlichen cammergerichts
26
zu ergreiffen, als würden fürsten und stände, weil ihnen sonder zweifel die
27
sache aus den dictirten schrifften bekandt sey, mit ihren gedancken sich
28
vernehmen laßen. Sonst habe das Österreichische directorium

39
Im FRM führte Wolkenstein für Österreich das Direktorium.
herüber-
29
geschicket, was fürsten und stände zu Münster dißfals für eine meinung
30
gehabt, welche er izo verlesen wolte.

31
(Finita lectione:) Dieses sey also dort uf alle puncten für gut gehalten
32
worden. Stünde fürsten undt ständen anheimb, ob sie darwieder einiges
33
bedencken haben oder sich demselben conformiren wollen.

34
Österreich. Weil Österreich schon zu Münster votiret, so wolle man die
35
abgelesene mainung repetiren und laße es dabey allerdings bewenden.

[p. 29] [scan. 145]


1
Bayern. Habe sich in denen ad dictaturam gebrachten sachen ersehen und
2
befunden, das der herrn cameralium begeren vornemblich uf 4 puncten
3
bestehe:

4
1. Betreffend die besorgende cassation der salvaguardi, halte er gleichs-
5
fals dafür, das ihnen nicht beßer zu helffen, als wan durch die herrn
6
Kayserlichen

26
Nassau und Volmar.
und die herrn interponenten

27
Chigi und Contarini.
die königlichen Französi-
7
schen herrn plenipotentiarii

28
Longueville, d’Avaux und Servien (zu ihnen s. jetzt Tischer, 99–126).
ersuchet würden, es dahin zu vermitteln,
8
damit die alte salvaguardia effective conserviret werde. Dieweil sie aber
9
doch noch besorgen, es möchte durch die königliche generalordre ange-
10
regte salvaguardia cassiret werden, so were zu benehmung sölches dubii
11
wol der negste unnd beste weg, wan eine newe salvaguardi ertheilet und
12
erhalten würde.

13
2. In puncto salarii sey vorhin zu Franckfurth uf die iüdencapitation
14
geschloßen

29
Ks. Ferdinand III. hatte die Vorschläge des Frankfurter RDT , mit der Erhebung einer
30
Judenkopfsteuer zur Finanzierung des RKG beizutragen, abgelehnt bzw. noch nicht beant-
31
wortet (s. [Nr. 122 Anm. 67] ).
, dahero man sich noht halber zu befleißen und den Kayserli-
15
chen herrn plenipotentiariis dahin einzurahten, damit sölch conclusum ad
16
effectum gebracht werde.

17
3. Was anlange die zu Franckenthal vorenthaltene früchte, referirete er
18
kürzlich (wiewol unvernemblich) das factum, wie sölches in den dictirten
19
schreiben zu finden

32
Gemäß dem in Anm. 2 genannten Schreiben waren „Früchte“ (Getreide), die das RKG und
33
(auf besondere Bestellung) ein Prokurator desselben gekauft hatten, nicht vollständig gelie-
34
fert worden, weil ein Teil in Frankenthal zurückbehalten wurde. Da das RKG und seine
35
Angehörigen für den Eigenbedarf zur freien Wareneinfuhr berechtigt waren, befürchteten
36
sie eine Mißachtung ihrer Privilegien. Die Darstellung des ganzen Vorgangs ist dadurch
37
kompliziert, daß mit verschiedenen Maßeinheiten (Speyrer, Frankenthaler Malter, Frank-
38
furter Achtel) gerechnet wurde.
. Weil man nun dafürhalte, wan der commendant

39
Giulio Antonio Frangipani (1606–1656), s. ABI 1436, 206–214; ABI II 253, 189; Valori,
40
155; Oschmann, Exekutionstag, 25, 470.

20
recht informiret were, werde er denen herrn cameralibus dieselbe nicht
21
aufhalten, so laße er ihme auch gefallen, das derselbe durch die herrn
22
Spanischen

41
Peñaranda, Bergaigne und Brun (zu ihnen jetzt APW II B 5/1 [Nr. 1 Anm. 42] , 44).
dahin disponiret werde, damit er dieselbe folgen laße

42
folgen laße bedeutet hier verabfolge ( Grimm III, 1878 s. v. folgen Punkt 7).
.

23
4. Indeme sie sich besorgen, es müchte künfftig beim abzug der guarni-
24
soun ihnen dasiennige, was sie bishero sorgsamb unnd mit großer mühe
25
zusammenbehalten, mit gewalt hinweggenommen werden, so würde ein

[p. 30] [scan. 146]


1
gut expediens sein, wan man sölches in dem instrumento pacis praecavirte
2
unnd hinneinrückte. Conformire sich also in effectu und allerdings mit
3
dem Münsterischen concluso.

4
Würzburg. Habe nichts sonderliches dabey zu erinnern, dan sonst seines
5
befindens einige andere mittel nicht zu ersinnen weren, den dingen abzu-
6
helffen. [1.] Zuforderst weren die herrn Französischen plenipotentiarii wie
7
auch die Spanischen wegen des commendanten zu Franckenthal durch
8
die herrn Kayserlichen abgesanten zu ersuchen, damit das Kayserliche
9
cammergericht mit der geklagten kriegesbeschwerung und vorenthaltung
10
verschonet werde.

11
[2.] Die iüdencapitation were schon lengsten zu Franckfurth geschloßen,
12
und mangele nur daran, das man sie zum effect bringe. Wolten nun die
13
herrn Kayserlichen sölches auf sich nehmen, so würde den herrn camera-
14
libus geholffen.

15
Wegen der restanten laße man es a parte Würzburgk bey der Münsteri-
16
schen meinung bewenden und conformire sich in dem übrigen mit den
17
vorsizenden etc.

18
Magdeburg. Hette auß der dictatur empfangen unndt verlesen, was die
19
herrn camerales in puncto securitatis et salarii abermahls eingegeben, auch
20
izo angehöret, wohin der herrn Münsterischen gedancken dißfals gegan-
21
gen. [1.] Wiewol es nun das ansehen habe, das, wan die alten salvaguardien
22
in vigore erhalten oder, wie Bayern votiret, newe conferiret und ertheilet
23
würden, were dem cammergericht dadurch gerahten

35
gerahten bedeutet hier geholfen ( Grimm XIV, 176 s. v. raten Punkt 2d).
, so scheine doch
24
am besten unnd fürträglichsten zu sein, wan die stadt Speyer sambt dem
25
Kayserlichen cammergericht in würckliche neutralitet

36
Schon auf dem Regensburger RT 1640–1641 und auf dem Frankfurter RDT 1643–1645
37
wurde über eine Neutralisierung der Stadt Speyer und des RKG beraten, wie im pommer-
38
schen Votum (s. unten) näher ausgeführt ist.
gesezet würde.
26
Derowegen [seien] die Kayserlichen plenipotentiarii zu ersuchen,

30
26–29 sie – mügen] Herzogtum Bayern A I 1: daß sie vermitls der herrn mediatorn solche
31
neutralitet bei den Franzößischen herrn plenipotentiarien nit allein erhandlen, sondern
32
auch verfiegen wolten, das an seithen der Kaiserlichen und reichsarmeen die statt Speyr
33
nachmahls von aller einquartirung und in ander weeg von aller beschwerung befreyet,
34
also auch disseits die neutralitet observirt werde.
sie wol-
27
ten nebst den herrn mediatoren dahin cooperiren helffen, damit sölche
28
neutralitet erlanget und sie dadurch in bestendige sicherheit gesezet wer-
29
den mügen.

[p. 31] [scan. 147]


1
[2.–4.] Ratione salarii, abfolgung der früchte undt was sonst weiter gesu-
2
chet, conformire er sich mit den herrn Münsterischen und vorstimmenden
3
und bethe darneben, den Münsterischen aufsaz zu communiciren.

4
Basel. Wie Würzburgk, und laße ihme das von Magdeburgk fürgeschla-
5
gene expediens der neutralitet nicht mißfallen, wan das es könte erhoben
6
werden.

7
Pfalz-Lautern, -Simmern und -Zweibrücken. [1.] Könte sich
8
mit den vorhergehenden votis leicht conformiren, und wan die neutralitet
9
erhoben werden künte, were es wol am besten; doch were in alle wege
10
dasiennige zu ergreiffen, was am ersten zu practiciren.

11
[2.] Bey der salariirung müste er nochmahls erinnern

27
S. das Votum Pfalz-Lauterns, -Simmerns und -Zweibrückens vom 7. Mai 1646 mit dem
28
Verweis auf das Votum Anhalts (s. Nr. 122, letzte Umfrage). Anhalt wurde vom RKG für
29
den Fall mit der Reichsacht bedroht, daß es sein überfälliges Kammerzieler nicht zahlte (s.
30
[Nr. 122 Anm. 75] ).
, das man ihnen
12
zwar die salaria wol gönne, doch das auch in die stände, sonderlich dieien-
13
nige, welche bishero mehr als sie ausgestanden, nicht so sehr von ihnen,
14
wie sie bishero zum öfftern unnd ohne einigen respect gethan, getrungen
15
werde, wie dan exempla verhanden weren, das sie wol wegen eines einzigen
16
quartals einem vornehmen stande des Reichs mit achtsprocessen und deren
17
execution getröhet hetten.

18
Sachsen-Altenburg. [1.] Conformire sich in allen vier stücken mit den
19
herrn Münsterischen, doch mit dem anhang, das man sich eußerist zu
20
bemühen, wie die stadt Speyer in volkömbliche exemtion zu bringen, damit
21
sie von keinem theil besezet werde. Die stadt Speyer habe hiebevorn von
22
den evangelischen fürsten unnd ständen dergleichen intercession begeret

31
Ein Memorial, in dem um die Befreiung der Stadt Speyer von den damaligen und künftigen
32
kriegsbedingten Belastungen gebeten wurde, war am 2. Februar 1646 im SRO und FRO
33
Beratungsgegenstand. Da damals neben dem SRO auch der FRO ausschließlich ev. besetzt
34
war, konnten die beschlossenen Maßnahmen als Initiativen des CE angesehen werden. Zur
35
teils schriftlichen, teils mündlichen Interzession von FRO und SRO bei den ksl., schwed.,
36
frz. und span. Ges. s. APW III A 3/2 [Nr. 94 Anm. 60] , 61 und Nr. 94b; zum Inhalt des
37
Memorials s. ebenda, 592 Z. 1–6.
,
23
die dan auch erfolget. So weren auch die herrn Franzosen nicht ungeneigt
24
darzu gewesen, wan sie nur versichert weren, das von den Spanischen und
25
Kayserlichen deßgleichen geschehe unnd die stadt gleichsfals unbesezet
26
bliebe

38
Servien hatte bereits vor 1645 V 13 Lampadius gegenüber die Bereitschaft Fkr.s zur Neu-
39
tralisierung Speyers signalisiert und sie am 9. September 1645 dem Sekretär Mazarins,
40
seinem Onkel Hugues de Lionne, empfohlen ( APW III A 3/1, 179 Z. 24–29, 187 Anm. 60–
33
61; zu Lionne, marquis de Fresnes et de Berny, 1611–1671, s. APW II B 5/1, 24 Anm. 38; zu
34
Lampadius s. jetzt Lehsten II, 51f.; Pahlmann, 18–21). Der FRO hatte sich schon am 14.
35
September 1645 und am 2. Februar 1646 für die Neutralisierung der Stadt ausgesprochen,
36
doch kam sie während des WFK wegen des gegenseitigen Mißtrauens der Kriegsparteien
37
nicht zustande ( APW III A 3/1 Nr. 11; 3/2 Nr. 94; Hausmann, Kameralfreiheiten, 93f.).
. Wan nun die herrn Kayserlichen es in die wege richten hülffen,

[p. 32] [scan. 148]


1
würde es von den herrn Franzosen auch wol zu erhalten sein, so würde
2
beyden aus dem fundament geholffen. Dan obwol die salvaguardia auch
3
gut were, so möchte sie doch weinig gelten, wan nicht die exemtion von
4
allen theilen mit darzukehme etc.

5
[2.] Ratione salarii habe er nichts zu erinnern, ohne was von Pfalz wegen
6
der schimpflichen achtsprocesse wieder die restirenden stände angereget,
7
das nemblich die herrn Kayserlichen es dahin vermittelen und die herrn
8
camerales disponiren wolten, damit sie gemach gehen und fürsten und
9
stände damit verschonen, sintemahl, wan sie gleich wüsten, das die stände
10
zu grund verderbet, führen sie doch mit der execution fort, welches gleich-
11
wol schimpflich unnd eine unfreundtliche sache were etc.

12
[3.–4.] Wegen der von den Franckenthalischen vorenthaltenen früchte habe
13
er gleichsfals nichts hinzuzusezen, wie imgleichen wegen der des auszugs
14
halber tragenden beysorge. Könne es wol in künfftigem instrumento pacis,
15
oder wen immittels die neutralitet zu erhalten, bey abhandtlung derselbi-
16
gen praecaviret werden, wiewol am allerbesten were, wan das haubtfrie-
17
denswerck schleuniger befürdert würde etc.

18
Sachsen-Coburg. Wie Sachsen Altenburgk.

19
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Conformire sich gleichs-
20
fals mit den vorsizenden unndt [den] Münsterischen gedancken. [1.] Halte
21
aber auch für nötig, weil die Französische salvaguardia in Französischer
22
sprach begriffen unnd also bey der dictatur nicht wol nachgeschrieben wer-
23
den könne, das dieselbe, auch fürters dergleichen, vom Churmaynzischen
24
reichsdirectorio in die Lateinische gebracht unndt hernach dictiret werde.
25
Laße sich sonst den Magdeburgischen vorschlag wegen der neutralitet
26
gefallen. [2.-3.] Repetire auch dasiennige, waß wegen der herrn camera-
27
len unterhalts unndt hergegen deren ungleichen proceduren gedacht wor-
28
den.

29
Braunschweig-Lüneburg. [1.] Es sey pillich, auch unlengst schon
30
resolviret worden, daß das Kayserliche cammergericht in sicherheit und
31
neutralitet gesezet und dabey erhalten werde, worzu dan die herrn Franzo-
32
sen nicht ungeneigt sich erkleret, wan nur von Kayserlich[er], Spanischer

[p. 33] [scan. 149]


1
und Churbayerischer seiten desgleichen geschehe

24
Als Lampadius im September 1645 instruktionsgemäß mit den ksl. und frz. Ges. über eine
25
Neutralisierung Speyers gesprochen hatte, waren die Franzosen unter der Bedingung dazu
26
bereit, daß die Ksl. sich ebenfalls dazu erböten ( APW III A 3/1, 179 Z. 25–31). Wie die
27
Franzosen auf das Interzessionsschreiben des FRO und SRO von 1646 I 23/II 2 reagiert
28
haben, wurde nicht ermittelt (Text des Schreibens: Meiern II, 766 , s. dazu APW III A 3/2
29
[Nr. 94 Anm. 61] ).
. Es were auch seines
2
behalts mit ihrer excellenz herrn grafen von Trautmansdorf oder doch
3
mit den andern Kayserlichen herrn plenipotentiariis daraus communici-
4
ret worden

30
Deputierte von FRO und SRO hatten am 5. Februar 1646 mit Trauttmansdorff über eine
31
Neutralisierung Speyers gesprochen ( APW III A 3/2 Nr. 94b).
. Aldieweil nun durch die salvaguardi allein dem cammer-
5
gericht nicht geholffen sey, dan sölchergestalt bliebe doch die stadt in
6
der steten gefahr, das sie von den Kayserlichen, Spanischen oder Bayeri-
7
schen völckern

32
Die ksl., bay. oder span. Truppen stellten 1646 für Speyer, das bis Juli 1650 frz. besetzt blieb,
33
keine akute Gefahr dar: Die ksl., bay. und schwed. Truppen agierten in Süd-Nord- bzw.
34
Nord-Süd-Bewegungen im rechtsrheinischen Raum, wobei es nur bei Gießen (am 10. Juni)
35
zu einem Gefecht kam. Spanien hielt 1646 neben Hammerstein zwar Teile der Unterpfalz
36
(darunter Frankenthal) besetzt, entfaltete aber keine größeren militärischen Aktivitäten
37
( Ruppert, 139–144; Maier, 408–412; Hartwich, 8; Oschmann, Exekutionstag, 537;
38
Immler, Kurfürst, 255, 309–316; APW II A 4, XLVff.; III A 3/3 [Nr. 105 Anm. 36] ).
angegriffen unndt feindtlich occupiret werden müchte,
8
so ginge auch die salvaguardi allein uf der herrn cameralen persohnen
9
unnd befreyung von der einquartierung, die contributiones und andere
10
executiones aber blieben ihnen einen weg als den andern übern halse,
11
als were das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburgk nochmahls in den
12
gedancken

39
Lampadius hatte am 2. Januar 1646 im FRO für Braunschweig-Celle, -Grubenhagen und
40
-Calenberg votiert, daß dem RKG -Personal am besten durch die Neutralisierung der Stadt
41
Speyer geholfen sei ( APW III A 3/2, 593 Z. 14ff.).
, daß das hochlöbliche cammergericht anderergestalt nicht in
13
sicherheit gesezet werden könte, es were dan, das die neutralitet für sie
14
erhalten würde. Gehe also sein votum dahin, das man uf zulangliche mit-
15
tel zu gedencken unndt demnach die Kayserlichen herrn plenipotentiarios
16
zu ersuchen habe, das sie sich umb die neutralitet sowol vor die stadt als
17
cammergericht bemühen unnd entweder selbst oder per mediatores oder
18
durch fürsten unndt stände die herrn Franzosen darumb ersuchen wolten,
19
dan gewiß mit der salvaguardi alleine würde ihnen nicht gar viel gedienet
20
sein.

21
[2.–4.] Wegen des salarii unnd übriger puncten conformire er sich mit
22
den herrn Münsterischen, doch das man mit den unvermögenden ständen
23
gedult trage undt dieselben nicht so stracks mit der acht oder bann betröhe.

[p. 34] [scan. 150]


1
Unndt dieses alles sowoll wegen des fürstenthumbs Braunschweig-
2
Celle und -Grubenhagen alß wegen -Wolfenbüttel (weil der eine
3
gesante etwaß unpaß), imgleichen auch wegen -Calenberg.

4
Hessen-Kassel. [1.] Erinnere sich, was hiebevorn in dieser sachen für-
5
gangen, wie er dan von ihr fürstlicher gnaden befehl gehabt hette, ihrent-
6
wegen bey den königlich Franzosischen legatis die neutralitet unnd secu-
7
rität zu sollicitiren

32
Hessen-Kassel war vom RKG ersucht worden, sich bei Frk. für das RKG und die Stadt
33
Speyer zu verwenden. Lgf.in Amalia Elisabeth hatte dies (vor 1646 II 2) schriftlich getan
34
und zusätzlich ihre Ges. instruiert, sich bei den frz. Ges. für die Sicherheit von RKG und
35
Stadt einzusetzen ( APW III A 3/2, 595 Z. 6–10).
. Darzu [sei] man auch an seiten Franckreich nicht
8
ungeneigt gewesen, allein von der andern seiten hette es nicht erhalten
9
werden können etc. Wiße nun zwar nicht, waß die herrn Franzosen izo
10
gesinnet, zweifele aber nicht, sie würden es gerne endern, wan sie nur von
11
den andern theilen dergleichen versichert weren etc. (Reliqua circa hunc
12
passum propter interlocutoria non recte audiri poterant.)

13
[2.] Die salaria betreffend, were sölches zwar pillich, doch cum modera-
14
tione, wie die vorsizenden angeführet.

15
De modo collectandi Iudaeos habe von ihr fürstlicher gnaden er keinen
16
befehl, sey res nova

36
Der FRO hatte bislang noch nicht über eine Judenkopfsteuer beraten. Allerdings hatte
37
schon der Frankfurter RDT 1644 eine Judenkopfsteuer zur Finanzierung einer Gehaltser-
38
höhung für das RKG -Personal vorgeschlagen ( [Nr. 122 Anm. 67] ).
unnd gereiche einen oder andern stande zu praeiudiz.
17
Wolle derowegen ihr fürstlicher gnaden iura reserviret haben.

18
Im übrigen conformire er sich mit den vorsizenden.

19
Hessen-Darmstadt. Einmahl sey hochnötig, dahin zu sehen, damit das
20
Kayserliche cammergericht nicht vollents zugrund gehe, und bestehe der
21
herrn cameralium petitum vornemblich auf zwey puncten, alß 1. uff der
22
securität und 2. uf dem unterhalt.

23
Ad 1.: Halte er auch für rahtsamb, das man sich umb die neutralitet zu
24
bemühen, deswegen er sich dan mit Magdeburg unnd gleichstimmenden
25
conformire.

26
Ad 2.: Könne er auch leicht erachten und für billig befinden, das dieienni-
27
gen stände, so notorie verderbet und denen unmüglich, daß ihrige abzutra-
28
gen, mit scharffen processen zu verschonen etc. Die iüdencapitation aber
29
betreffendt, erinnere er sich zwar gar woll, was deswegen zu Franckfurth
30
fürgangen und was dißfalß per maiora geschloßen werden wollen

39
Mehrheitsbeschluß des FR auf dem Frankfurter RDT von 1643 VIII 9[/19]: Judenkopf-
40
steuer von 1 fl. jährlich bis zum nächsten RT mit Zustimmung des Ks.s, der Kf.en und der
24
deputierten Fürsten und Stände. Von den referierten Gegenargumenten (Z. 1–9) wurden
25
das erste und vierte von Österreich vorgebracht, das auch wegen der Besteuerung der
26
Juden durch den Ks. (s. [Nr. 139 Anm. 20] ) dessen ausdrückliche Zustimmung vorbehielt, die
27
noch ausstand ( Meiern, ACR II, 177*f, 181*; [Nr. 122 Anm. 67] ; zum öst. Votum s. auch
28
Götte, 117f.).
, wiße
31
aber auch, was für feine rationes in contrarium fürkommen, waß es nemb-

[p. 35] [scan. 151]


1
lich (1.) für eine inaequalitet sein würde, weil es sölchergestalt nur dieienni-
2
gen stände treffe, welche lüden unter sich haben, die andern aber frey unnd
3
lehr außgingen. (2.) Würde es ein selzamb ansehen haben, wan die iustitia,
4
utpote res sanctissima, unndt deren sacerdotes et ministri per infideles et
5
infames erhalten werden müsten. (3.) Were es species contributionis, wor-
6
innen dan, dem evangelischen voto nach

29
Wahrscheinlich sind die Gravamina Evangelicorum gemeint, die den Ksl. und Schweden am
30
25., den Kurmainzern am 26. Dezember 1645 übergeben wurden. Punkt VII enthält die
31
Forderung, daß die Mehrheit in Religions- und Kontributionssachen nicht ausschlaggebend
32
sein solle (Text: Meiern II, 522 –537, hier 531; zur Überlieferung s. APW III A 3/2 Nr. 59
33
Anm. 3).
, maiora gar nicht gelten noch
7
praevaliren könten. (4.) Würde deriennigen fürsten unndt stände, die lüden
8
unter sich haben, zustendiger iurisdiction eingegriffen, wan vom Reich
9
immediate dieselbe mit dergleichen anlage beschweret werden solten. Die-
10

20
10–12 Dieweil – haben] Österreich A II (XXXIV): Reserviere deßwegen seine vernere
21
erclerung, sonderlich auch, weill seinem fürsten hierdurch in sein jurisdiction ein eingriff
22
beschehe; were es ein eingriff, d〈a〉 mediate, were es ein onus. So stehe er noch an, ob
23
man per maiora des andern underthanen all〈ein〉 belegen könne in communi causa.
weil dan sein gnediger fürst unnd herr hierunter auch etwas interessiret
11
sey

34
Lgf. Georg II. von Hessen-Darmstadt erhielt von den Juden der Lgft. jährlich Schutz-
35
geld. Die Modalitäten waren in Art. [18] der Judenordnung von 1629 II 20 geregelt (F.
36
Battenberg, Judenverordnungen, Nr. 13, hier S. 78).
, alß wolle er ihr fürstlicher gnaden iura bestermaßen reserviret haben.

12
Baden-Durlach. Ratione securitatis et neutralitatis conformire er sich
13
mit Magdeburgk, ratione salarii mit den herrn Münsterischen, doch mit
14
der von Pfalz unnd vorsizenden angehengten moderation, undt würden ihr
15
fürstliche gnaden nach erlangter restitution

37
Baden-Durlach forderte die Wiedereinsetzung in die Mgft. Baden-Baden (= Oberbaden),
38
wie sein Ges. schon am 8. Februar 1646 im FRO dargelegt hatte (s. APW III A 3/3, 66
39
Z. 8–26; zu den Hintergründen s. ebenda, 56 Anm. 29).
sich auch schon der gebüer
16
zu bezeigen wißen, ratione capitationis Iudaeorum aber mit Heßen Caßell
17
unnd Darmbstadt.

18
Pommern-Stettin und -Wolgast. [1.] Die protocolla würden es ge-
19
ben, wie trewlich seine churfürstliche durchlaucht zu Brandenburg sich

[p. 36] [scan. 152]


1
deß Kayserlichen cammergerichts sowol zu Regenspurg als auch zu
2
Franckfurth angenommen

21
Wesenbeck hatte sich als Ges. Kf. Friedrich Wilhelms in dessen Eigenschaft als Hg. von Pom-
22
mern auf dem Regensburger RT am 21. März 1641 dem hgl. bay. Votum angeschlossen,
23
dem zufolge das RKG nach Erhalt einer ksl. Verschonungserklärung selbst mit Schweden
24
und Frk. wegen der Einquartierungsfreiheit verhandeln sollte ( Londorp V, 166f.; Haus -
25
mann, Kameralfreiheiten, 91; zu Wesenbeck s. Bahl, 618f.). Auf dem Frankfurter RDT
26
sprach er sich am 31. Juli 1643 für eine Anfrage beim RKG aus, was es gemäß der Emp-
27
fehlung des Regensburger RT für seine Neutralisierung getan habe. Am 5. August 1643
28
stimmte er wiederum für die Neutralisierung Speyers (und gegen die Verlegung des RKG in
29
eine weniger gefährdete Reichsstadt) und hielt am 13. Juni 1644 die erneut vorgeschlagene
30
Verlegung des RKG für nicht durchführbar ( Meiern, ACR II, 162*, 165*, 168).
. Da [sei] zwar auch vors beste unnd sicherste
3
befunden worden, er auch seinestheils wegen ihr churfürstlicher durch-
4
laucht iederzeit dahin votiret, wan die neutralitet für die stadt unndt cam-
5
mergericht zu Speyr erhalten werden künte. Das aber [sei] nachmahls
6
aus beysorge, ihr Kayserliche mayestät darein nicht willigen möchten, in
7
suspenso verplieben

31
Die Beratungen des RDT über eine Verlegung des RKG oder eine Neutralisierung Speyers
32
(s. vorige Anm.) waren dadurch überholt, daß Speyer seit Ende August/Anfang September
33
1644 von den Franzosen besetzt war. Das RKG erhielt am 28. August 1644, noch vor der
34
Besetzung der Stadt, einen frz. Schutzbrief, der die Weiterarbeit des Gerichts ermöglichte
35
und den Kameralen die Beachtung ihrer Privilegien und Freiheiten versprach (Text, aus-
36
gestellt im Feldlager vor Philippsburg: Meiern, ACR II, 230).
. Nun vernehme er aus den vorhergehenden votis
8
soviel, das von den meisten nochmahls uf die neutralitet gezielet werde.
9
Dahero er dan a parte Pommern sich soferne damit conformire, daß, wo
10
nicht nominetenus die neutralitet (deß verhaßeten nahmens wegen

37
Neutralität gegenüber den Kriegsgegnern war den Rst. n durch §§ 86–87 des Regensbur-
38
ger RA von 1641 X 10 unter Hinweis auf die Pflicht jeden Rst. s zur Verteidigung des
39
Reichs gegen äußere und innere Feinde als unzulässig verboten, da sie dem Feind nutze
40
( Sammlung III, 564f.).
),
11
doch etwan eine exemtion oder befreyung von contribution unnd ein-
12
quartierung zu suchen.

13
[2.] Ratione salarii unnd sonderlich der vorgeschlagenen iüdencapitation
14
stelle er dahin, was etliche darwieder wegen angezogener inaequalitet unnd
15
sonst eingewendet. Weil es aber ein actus merae facultatis

41
facultas bedeutet hier im juristischen Sinn die Krafft, Macht, welche uns in Rechten zugelas-
42
sen, und erlaubt ist zu gebrauchen, damit wir unser eigen Recht erhalten, und conserviren
43
( Oberländer, 298 s. v. Facultas ).
, sehe er nicht,
16
wie eine sölche anlage dem Reich zu machen verwehret werden könne, wie
17
er dan disfals die notturfft reservire, wan es weiter für- und in umbfrage
18
kommen möchte.

19
Wiederhole im übrigen dasiennige, was von den vorsizenden wegen ge-
20
bührender moderation unnd bescheidenheit in exigirung des cammerge-

[p. 37] [scan. 153]


1
richtlichen unterhalts erinnert, wie dan auch ihr churfürstlicher durch-
2
laucht deswegen zimblich hart zugesezet und vor zweyen iahren öffentlich
3
dergleichen patenta im hoflager angeschlagen, ungeachtet er alß gesanter
4
damahls zu Franckfurth ein groß stück geldes in abschlag erleget unndt
5
abgestattet

24
Das RKG hatte am 29. Februar 1644 einen offenen Brief mit einer gestaffelten Strafandro-
25
hung für den Fall, daß Kurbrandenburg das ausstehende Kammerzieler (etwa 1.800 Rt.)
26
nicht zahlen sollte, am Rathaus der kfl. Residenzstadt Cölln anschlagen lassen, woraufhin
27
der Kf. am 3. März 1644 im GR beschloß, daß zum nächsten Termin, der Frühjahrsmesse
28
in Frankfurt (einem der beiden üblichen Zahlungstermine), etwa ein Drittel der Summe
29
zu zahlen sei ( Meinardus II, 334f., 337; zu den Zahlungsmodalitäten s. Hausmann,
30
Kameralfreiheiten, 85f.; zur Dauer der Frühjahrsmesse im Jahr 1644 – 13. bis 29. März
31
– s. Brübach, 135). Die Zustellung von RKG -Prozeßbriefen durch öffentlichen Anschlag
32
war eigentlich für Friedensbrecher vorgesehen und nur für Fälle, in denen die persönli-
33
che Ladung mit Gefahr verbunden war, gewohnheitsrechtlich anerkannt ( Smend, 363ff.;
34
Sellert, 226; Dick, 136).
, wobey auch sonderlich wegen des herzogthumbs Pom-
6
mern remonstration geschehen

35
Der Kf. von Brandenburg sah sich als Erbe des letzten Hg.s von Pommern (gest. 1637) als
36
rechtmäßiger Herrscher des Hgt.s an, erhielt seinen Anspruch trotz der schwed. Absichten
37
auf Pommern aufrecht ( APW III A 3/1 [Nr. 7 Anm. 16] ; 3/3, 296–303) und war prinzipiell
38
bereit, das pommersche Kammerzieler zu übernehmen, lehnte dies aber wegen der schwed.
39
Besetzung Pommerns ab. Das Verzeichnis des RKG mit den säumigen Rst. n von 1646 XI
40
29 ( [Nr. 130 Anm. 4] ) nennt für Pommern-Stettin einen Rückstand von 37, für Pommern-
41
Wolgast von 38 und für Kurbrandenburg von 25 Kammerzielern (= ca. 4140, 4060 und
42
6750 fl.; s. ThStA Altes Hausarchiv Klasse I E 6 fol. 56, 58’).
, das, weil ihr churfürstliche durchlaucht
7
sölches noch derzeit nicht in besiz oder genoß habe, sie auch davon nichts
8
contribuiren oder zu gedachtem des cammergerichts unterhalt conferiren
9
könten, sondern uf allen fall die cron Schweden deswegen zu belangen sein
10
würde.

11
Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow. [1.] Das daß Kayserliche
12
cammergericht alß ein edtles kleinoht des Heyligen Römischen Reichs
13
conserviret unnd erhalten werde, sölches sey pillich und hochnötig, wie
14
aber unnd welchergestalt es zu erhalten unnd zu versichern, halte er mit
15
Magdeburg dafür, das es nicht beßer als durch eine neutralitet oder exemp-
16
tion geschehen könne.

17
[2.-4.] Wegen der salariirung unnd übriger puncten conformire er sich mit
18
den herrn Münsterischen, achte es auch dafür, daß wegen etlicher weiniger
19
ziele die ohnedes außgemergelten stände mit schimpflichen achtsprocessen
20
unnd executionen nicht zu übereylen.

21
Soviel die capitation der Iuden anlange, halte er mit Pommern dafür, das
22
es ein actus merae facultatis sey unnd demnach gesambten ständen des
23
Reichs, dergleichen anzulegen, freystehe.

[p. 38] [scan. 154]


1
Württemberg. [1.] Gleichwie dem Kayserlichen cammergericht seine
2
ruhe unnd sicherheit wol zu günnen, also würde dieselbe per exemtionem
3
am fügligsten unnd ehisten können erlanget werden.

4
[2.–4.] In den übrigen dreyen puncten conformire er sich mit den vorsi-
5
zenden, wie auch mit der wegen bescheidentlicher exaction des unterhalts
6
gethanen erinnerung.

7
Wiederhole danebenst seine vorige protestation

32
S. die Beschwerde Württembergs vom 7. Mai 1646 wegen der unvollständigen Restitution
33
Hg. Eberhards III. (Nr. 122 bei Anm. 72).
, das nemblich, weil ihr
8
fürstliche gnaden bishero kaum ein drittell ihres landes behalten unndt
9
innengehabt, sie auch zu einem mehrern an dem unterhalt des Kayserlichen
10
cammergerichts unnd andern anlagen sich nicht verstehen könten.

11

28
11–12 Pfalz-Veldenz-Lauterecken ] Druckvorlage, identische Überlieferungen und
29
Magdeburg D: Pfalz Lautereck.
Unnd dis votum repetire er auch suo loco et ordine wegen Pfalz-Vel-
12
denz
-Lauterecken

34
Das Veldenzer Votum wurde gelegentlich, wie auch hier, nach der Residenz Lauterecken
35
genannt. Zu den Gründen s. [Nr. 129 Anm. 105] .
wie imgleichen wegen Sachsen-Lauenburg ,
13
so ihme dismahl sein votum ufgetragen hette.

14
Anhalt. Wie Pfalz Lautern.

15
Wetterauer Grafen. [1.] Conformirten sich mit der Münsterischen mai-
16
nung und wiederholeten in specie, soviel die stadt Speyr betrifft, die vota,
17
welche pro obtinenda neutralitate gefallen.

18
[2.] In puncto des unterhalts unnd der deswegen wieder die stände erho-
19
benen process repetirten sie ihr voriges votum

36
Geißel und Heidfeld bezogen sich auf ihr Votum vom 7. Mai 1646 (Nr. 122 bei Anm. 77).
, dan es hette theils ihrer
20
herrn principaln noch vor weinig wochen gar hart deswegen zugesezet und
21
in sie getrungen werden wollen. Ratione capitationis Iudaeorum hetten sie,
22
wie schon newligst

37
Am 5. Mai 1647 (s. S. 25 Z. 27ff.).
angedeutet, keine instruction. Etliche gräfliche heu-
23
ser weren starck dabey interessiret

38
Die Gft.en Hanau, Nassau, Solms und Ysenburg hatten einen jüdischen Bevölkerungsanteil
39
( Haarscher, 43; Marzi, 18–23, 28–32, 63ff., 427; J. F. Battenberg, Juden, 13).
, etliche aber gar nicht, dahero sie
24
dißfals ihr votum suspendiren müsten.

25
Österreichisches Direktorium.

30
25 Pro concluso] Österreich A II (XXXIV): Mainung.
Pro concluso: Lauffen also

31
25 die] Sachsen-Lauenburg B: viel.
die mai-
26
nungen dahinnauß, daß man es bey der im fürstenraht zu Münster belieb-
27
ten mainung allerdings verpleiben laße; doch bey dem 1. punct, der secu-

[p. 39] [scan. 155]


1
ritet, hinzuzusetzen für gut erachtet worden, das, wo es möglich, die Kay-
2
serlichen herrn plenipotentiarii diese securität bey allen kriegenden theilen
3
dahin zu richten sich unbeschwert bemühen wolten, damit die stadt Speyer
4
sambt dem cammergericht in eine genzliche verschonung unnd befreyung
5
aller einquartierung unnd kriegeslasts gesezet werde.

6
Bey dem 3. punct [der „Meinung“ des Fürstenrats Münster], der salari-
7
irung, aber were hinzuzurucken, daß dieiennige churfürsten, fürsten unndt
8
stände, welche soviel oder mehr als das cammergericht selbst erlitten, mit
9
so geschwinden executionprocessen unndt achtserklehrungen so hart nicht
10
betrenget werden.

Dokumente